Momentum am Montag: Schopp - Von der Provinz zum Großklub war gestern
Eigentlich will es das Gesetz des österreichischen Fußballs so: Trainer in der Provinz ist erfolgreich, also muss er nach Wien, Graz, Salzburg. Mit dieser Tradition bricht TSV Hartberg-Trainer Markus Schopp.
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Die Vertragsverlängerung von TSV Hartberg-Trainer Markus Schopp beim Neo-Europa League-Qualifikanten ist unser Momentum am Montag.
Wer über Salzburg gestolpert ist, der sei noch daran erinnert, dass Adi Hütter mit dem SV Grödig in die Bundesliga aufstieg und nach Rang 3 zu Red Bull Salzburg zurück kehrte. Das war 2014 und es hat geklappt – er holte das Double. Auch das Projekt Didi Kühbauer bei Rapid, gekommen vom SKN St. Pölten, scheint erfolgreich zu sein. Doch es gibt eine Reihe anderer Beispiele, wo das Modell „Provinzklubtrainer geht zu Großklub“ nicht funktionierte. Der Neo-Sportchef des SKN St. Pölten, Georg Zellhofer, scheiterte 2006 nach erfolgreichen Jahren in Pasching beim SK Rapid. An selbigem Ort scheiterte Damir Canadi, der 2016 von Altach kommend bei den Hütteldorfern anheuerte. Gerald Baumgartner, gerade mit Ried im Aufstiegsrennen, betreute 2013/14 den SKN St. Pölten, ging nach Wien zur Austria und scheiterte. Roman Mählich erging es von Wiener Neustadt kommend beim SK Sturm Graz ähnlich. Das jüngste Beispiel ist Christian Ilzer, der seine Ideen in Favoriten nicht umsetzen konnte. Vielleicht wird sich Markus Schopp an diese Beispiele erinnert haben, als er bei Hartberg verlängerte.
Schopp macht nicht mit
Vermutlich wird in den nächsten Monaten zu lesen sein, welchen Klub Markus Schopp hätte übernehmen können, letzte Woche war der Cheftrainer-Sessel in Graz frei, die Austria hat Christian Ilzer aus Notwehr nicht nachbesetzt. Vielleicht wäre Schopp zu einer Alternative für den angeschlagenen Großklub aus Favoriten geworden. Zudem gab es Gerüchte, er könnte nach Italien gehen, wo er schon als Kicker bei Brescia unter anderem an der Seite von Pep Guardiola gekickt hatte (>> Schopp über Guardiola). Doch er ließ per Klubaussendung wissen: „Meine Mission in Hartberg ist noch nicht beendet. Wir haben verschiedene Bereiche, in denen wir uns verbessern können. Ich freue mich auf eine weitere Saison mit dem Club in der ersten Bundesliga und die ein oder andere spannende Europa League-Partie.“ Eine kluge Entscheidung.
Abwarten, Tee trinken
Denn Schopp kann jetzt ganz entspannt in Hartberg weiter arbeiten. Dort muss man nichts, wenn man es 2020/21 nicht in die Meistergruppe schafft, dann ist auch wenig verloren, jedes Tor in der EL-Quali ist ein Bonus für die gerade abgelaufene Saison.Vermutlich könnte nicht einmal ein Abstieg Schopps Vita beschädigen – es ist ja immerhin 'nur' der TSV Hartberg. Er hat schlichtweg Zeit. In den bisherigen zwei Spielzeiten beim TSV hat er sich als versatiler Trainer etabliert. Und es ist eben, siehe oben, ein Unterschied, ob man in der beschaulichen Fußballprovinz ist oder in den großen Fußballzentren. Dort wird jeder Schritt beobachtet, so ein Trainerstuhl wackelt eben schneller als bei einem kleinen Verein. Die mediale Aufmerksamkeit wird nun wachsen, Schopp hat sich durch die Vielseitigkeit des Hartberger Fußballs, noch dazu mit sehr wenig finanziellen Mitteln, ins Gespräch gebracht. Egal, wo in Österreich nun zukünftig ein Trainer entlassen wird: Der Name Markus Schopp wird fallen.
Der Fußball ist anders geworden
Doch Schopps Verbleib in Hartberg hat noch einen weiteren Aspekt: Der Fußball hat sich eben verändert, die Landkarte in Österreich muss neu bewertet werden. Hinter Salzburg hat sich der LASK, auch wenn er letztlich Vierter wurde, festgebissen. Der WAC hat es in die Europa League geschafft, zum zweiten Mal. Und deren Kurzzeitcoach Gerhard Struber bekam dann auch gleich einen Kontrakt in der zweiten englischen liga. Rapid kehrt auf den logischen zweiten Platz zurück, dieser muss aber auch bestätigt werden. Der Fußball ist nun anders geworden. Und dann bleibt ein Markus Schopp dann eben in Hartberg. Das wäre vor ein paar Jahren noch relativ undenkbar gewesen.