Jörg Jakobs: 'Ich glaube nicht, dass jetzt alle anfangen vermehrt nach Österreich zu schauen'

Jörg Jakobs holte Peter Stöger zum 1. FC Köln, aktuell plant der promovierte Sportwissenschaftler den Kader für die Bundesliga. Ein Gespräch über die Gründe für Stögers Verpflichtung, wie interessant der österreichische Trainermarkt generell ist und warum

 

Jörg Jakobs gibt selten Interviews. Und seit dieser Saison darf er das auch. Offiziell ist er der Kaderplaner des 1. FC Köln. Davor musste er interimsweise Sportdirektor sein. Nicht, dass Jakobs ungern an den Schrauben des Vereins dreht, aber lieber arbeitet der promovierte Sportwissenschaftler im Hintergrund, nicht als öffentliches Sprachrohr. Besonders in Köln hat ein Sportdirektor mehr mit Öffentlichkeitsarbeit zu tun, als ihm lieb ist. Jakobs, der auch die Fußballlehrer-Lizenz besitzt, teilte das dem Verein mit. Seitdem ist Jörg Schmadtke Sportdirektor des Traditionsvereins. Schmadtke und Jakobs kennen sich seit Jahren, bei Hannover arbeiten sie bereits gemeinsam, lieferten einige Transfertreffer. Jörg Jakobs war es auch, der Peter Stöger nach Köln holte. Im Gespräch mit 90minuten.at erklärt er die Gründe dafür.


90minuten.at: Wie sind Sie auf Peter Stöger als möglichen Trainer für den 1. FC Köln gekommen?
Jörg Jakobs: Wir hatten uns vergangenen Sommer mit Roger Schmidt als potenziellen Trainerkandidaten beschäftigt. In diesem Zusammenhang haben wir auch die Gesamtsituation in Österreich noch ausführlicher betrachtet als ohnehin schon. Sprich: Red Bull spielt eine Rekordsaison was die Punkteausbeute angeht, aber am Ende reicht es doch nicht, weil es jemanden gibt, der noch einen Tick besser war. Das war die Austria. Schließlich haben wir auch zu Peter Stöger Kontakt aufgenommen. Wir wollten die Möglichkeit nutzen, den Trainer kennen zu lernen, der noch einen Tick besser war als Red Bull.


Das heißt: Peter Stöger hat Sie überzeugt, weil er vor Red Bull Salzburg Meister wurde?
Ein Aspekt war, dass die Austria gegen die vermeintlich schwächeren Mannschaften der Liga sehr wenige Punkte liegen gelassen hat. Und das mit einer Mannschaft, die vom Individuellen her nicht das Potenzial hatte wie Red Bull, aber es dennoch schaffte, mit wenigen Punkteverlusten durch die Saison zu gehen.


Was sagt Ihnen das als Fachmann, wenn eine Mannschaft gegen die kleinen Mannschaften sehr konstant punktet?
Wir wussten, dass wir als Favorit in die Liga gehen und es vorwiegend mit vermeintlich kleineren Mannschaften zu tun haben werden. Und da war es genau unsere Aufgabe, uns von der Spielausrichtung so zu verhalten, dass wir als Favorit auftreten. Wir hatten auch keinen ausgewiesenen Erstligakader, sondern viele Spieler, die ausbaufähig sind. Da wollten wir einen Trainer, der in der Lage ist, dieses Potenzial zu entwickeln.

 

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Wir haben uns mit Peter Stöger über Spielanlage und Spielsysteme unterhalten. Es war uns wichtig, dass der Trainer unter Taktik kein Dogma versteht< /div>< /div>< /blockquote >


Wie sehr hat man die Spielanlage der Austria in Köln durchleuchtet?
Wir haben uns mit Peter Stöger über Spielanlage und Spielsysteme unterhalten. Es war uns wichtig, dass der Trainer unter Taktik kein Dogma versteht. Wir wollten wissen, wie flexibel er ist. Passt er sich ans Spielermaterial an oder spielt er 4-3-3, komme was wolle. Das sind Sachen, die in der Kennenlernphase sehr wichtig sind, um herauszufinden, ob es für beide Seiten passt. Schlussendlich erhöht ein flexibler Ansatz, der sich an den Gegebenheiten und der Situation ausrichtet, die Chancen, dass man Erfolg haben wird.


Ein Beispiel wäre Salzburg, wo das anders läuft. Dort definiert Sportdirektor Rangnick die Spielphilosophie und verpflichtet demnach Trainer und Spieler. In Köln macht man es umgekehrt. Warum?
Es war klar, dass wir nicht dazu in der Lage sind, eine Mannschaft komplett nach den Wünschen des Trainers zusammenzustellen. Das ist auch nicht die Philosophie des Klubs, der da auch eine langfristige Entwicklung verfolgen muss. Der 1. FC Köln hat sich nach dem Abstieg 2012 auf die Fahnen geschrieben, mit jungen Spielern zu arbeiten, nach Möglichkeit aus dem eigenen Nachwuchs. Wir wollen Spieler entwickeln, aber trotzdem unsere Ziele wie den Aufstieg erreichen. Aber wir holen natürlich keine Spieler, die der Trainer überhaupt nicht haben will.


Wie lange haben Sie sich mit Peter Stöger und seiner Spielphilosophie beschäftigt, bevor Sie ihn verpflichtet haben?
Wir hatten beide nach dem ersten Gespräch ein sehr gutes Gefühl. Beide Seiten haben danach signalisiert, dass wir die Gespräche intensivieren wollen. Unsere Eindrücke, die wir gesammelt haben, haben sich verdichtet und dieser Ergebnisstand hat ausgereicht um zu sagen: Das kann sehr gut passen.


Wie wichtig finden Sie den Part von Manfred Schmid in der Trainingsarbeit?
Sehr wichtig. Und das nicht nur, weil Peter Stöger das selbst sagt. Er macht eine sehr gute Trainingsarbeit auf dem Platz, er ist wie Peter Stöger sehr authentisch, er hat eine sehr klare Ansprache an die Spieler. Die Vorschusslorbeeren, die Stöger ihm zugeteilt hat, haben sich vollends bestätigt.

 

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Die Anzahl der Spieler aus Österreich, die Bundesligaqualität haben, ist relativ überschaubar< /div>< /div>< /blockquote >

Ist der Trainermarkt in Österreich generell interessant für Deutschland? Sprich: Denken Sie, dass Peter Stöger anderen Trainern hier die Tür geöffnet hat?
Wichtig ist bei der Trainerwahl erstmal die Sprache. Der Trainer sollte Deutsch sprechen, das ist Voraussetzung. Es ist kein Nachteil, wenn der Trainer aus Österreich kommt. Aber: Ich glaube nicht, dass alle jetzt anfangen, vermehrt nach Österreich zu schauen. Peter Stöger hat eventuell Vorbehalte genommen. Es geht in erster Linie um den Blick auf deutschsprachige Trainer. Die gibt es auch in der Schweiz. Egal wo er herkommt: Entscheidend ist, dass ein Trainer die vielen Anforderungen erfüllt, die dieser Job heutzutage mit sich bringt. Dazu gehört neben der originären Qualität als Fußballehrer auch die Persönlichkeit.


Sie werden jetzt den Kader für die Bundesliga planen. Peter Stöger meinte, dass keine österreichischen Spieler nach Köln wechseln werden. Warum eigentlich?
Zum einen ist die Anzahl der Spieler, die Bundesligaqualität haben, relativ überschaubar. Zum anderen sind die vertraglichen Situationen bei vielen interessanten Spielern nicht so einfach für einen Transfer. So wie im letzten Jahr bei Hoffenheim und Hosiner, wo es aus finanziellen Gründen nicht zu einem Wechsel kam. Sprich: Wenn ein Spieler wirklich mit guten Leistungen auf sich aufmerksam macht, dann muss es für die deutschen Klubs auch noch finanziell passen. Sobald es in sehr hohe Bereiche geht, was die Ablöse betrifft, schaut sich viele nicht mehr in Österreich um, sondern in anderen Ländern. Die Konkurrenz ist da sehr groß.


Das heißt: Wenn ein Spieler günstig zu haben gewesen wäre, hätten Sie schon zugegriffen?
Absolut. Es gibt ja Spieler, die die Qualität haben. Aber Qualitätsspieler gibt es genug und die sind natürlich genauso wie die Trainer in einem brutalen Konkurrenzkampf.

 

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Für uns ist Hosiner aktuell kein Thema< /div>< /div>< /blockquote >

Haben Sie sich bei Hosiner noch einmal erkundigt, was er jetzt kosten würde oder geht man davon aus, was im letzten Jahr verlangt wurde?
Der Spieler befindet sich natürlich in einer Konkurrenzsituation mit deutschen Spielern am großen Markt Bundesliga, die sich in einem ähnlichen Ablösebereich bewegen. Für uns ist er aktuell kein Thema. Grundsätzlich ist die Entwicklung ohnehin eher so, dass viele Spieler aus Österreich bereits im Jugendbereich wechseln. Das bekannteste Beispiel ist Alaba. Aber es gibt auch Kevin Stöger oder Raphael Holzhauser. Das ist schon so ein Trend, dass die 15-, 16- und 17-Jährigen Österreich verlassen, um nach Deutschland zu gehen.


Wie finden Sie den Weg, dass ein junger Spieler früh ins Ausland geht?
Aus der Perspektive der deutschen Klubs ist das sicher gut. Voraussetzung ist aber immer, dass der Spieler und das Familienumfeld diesen Schritt voll und ganz mitgehen. Aber ob es der richtige Weg ist, kann man so pauschal nicht beantworten. Bei einem Talent funktioniert es, beim anderen nicht.

Danke für das Gespräch.