Max Hagmayr: ‚Ich biete die Spieler nicht wie ein warmes Semmerl an'
Sind Spielerberater an schnellen Transfers interessiert, um die Provision abzucashen? Max Hagmayr spricht im Interview mit 90minuten.at, dass österreichische Spieler im Ausland vor allem im mentalen Bereich aufholen müssen, warum die Beurteilung über ein
90minuten.at: Wie ist die Arbeit gerade eben? Immerhin laufen laut transfermarkt.at bei einigen ihrer Klienten die Verträge 2014 aus, etwa bei Marko Stankovic, Stefan Hierländer oder Markus Berger!
Max Hagmayr: Bei Markus Berger läuft der Vertrag erst im Dezember 2014 aus. Bei Marko Stankovic gibt es eine vereinsseitige Option, bei der ich davon ausgehe, dass sie von der Austria gezogen wird. Bei Hierländer läuft der Vertrag aus.
< blockquote> Das heißt, Sie sind schon jetzt viel unterwegs? Sie haben viele Talente unter Vertrag und Österreich wartet auf die nächsten großen Transfers. Wann kommen die? Wie wird aber so ein Transfer abgewickelt? Vereinfacht ausgedrückt: Gehen Sie zu Ihren Kontakten und sagen: „Schau dir den an, der ist gut."? Hat sich dieses Anbieten in den letzten Jahren durchs Internet stark verändert? Es gibt immer wieder diese Youtube-Videos, die Gustostückerl zeigen... < blockquote> Also nicht alles für eine gute Provision? Weil Sie die Gründe ansprechen, warum Transfers nicht klappen: Seit der Napoli-Misere rund um Jimmy Hoffer sind viele Fans nicht gut auf Max Hagmayr zu sprechen. Viele, die gegangen sind, sind wieder zurückgekommen. Beichler oder Elsneg zum Beispiel. Gibt es bei allen Spielern Gemeinsamkeiten? Taktik, Ausbildung, Mentales? Das wird konkret so gesagt? Woran scheiterte es konkret bei Grödig-Stürmer Didi Elsneg? < blockquote> Und Daniel Beichler? Ist da die öffentliche Meinung – Facebook, Twitter, Foren – sehr vorschnell mit der Meinungsbildung? Vielleicht gibt es einen Zeitungsredakteur, mit dem Sie sich nicht verstehen und dann ist die Stimmung negativ? Vergessen sollte man auch nicht, dass der nun gehypte Diego Costa zunächst von Atletico (Anm.: wegen der EU-Ausländerregelung beim ersten Mal) in die Segunda Division verliehen und den Durchbruch dann mit 24 Jahren geschafft hat? < blockquote> Aber es ist manchmal schwer nachzuvollziehen. Warum Robert Gucher in der dritten italienischen Liga spielt, können Sie sicher erklären? So wie Martin Harnik etwa? Wie ist denn der Markt für Österreicher Ihrer Einschätzung nach derzeit? Wie sieht es, zum Abschluss, mit dem Image von Spielerberatern aus? Können Sie nachvollziehen, dass Spielerberater aufgrund der mit Spielertransfers verbundenen Provisionen ein negatives Image haben? Wir danken für das Gespräch!
Unabhängig davon, ob Spieler transferiert werden – das werden sie auch, ohne dass ein Vertrag ausläuft – sind wir trotzdem unterwegs. Der Transfer ist das Endprodukt. Um einen Transfer zu vollenden sind viele Vorarbeiten zu leisten. Du musst bei den Vereinen sein, mit den Entscheidungsträgern reden, mit Scouts sprechen, Spieler beobachten, neue Kontakte schließen, alte pflegen. Es ist ein Ganzjahresjob. Früher hat man ja gesagt, dass man im Winter ein Monat, im Sommer zwei Monate arbeitet. Davon sind wir so weit weg wie die Erde vom Mond. Es gibt natürlich verschiedene Berater mit verschiedenen Arbeitsweisen. Ich kann nur von meiner Firma sprechen: Wenn du das ordentlich machen willst, musst du das ganze Jahr unterwegs sein und arbeiten. Um international erfolgreich zu sein, muss man das ganze Jahr vollen Einsatz zeigen.
Ich kann sagen, dass es in Österreich sicherlich einige Spieler gibt, die auch für das Ausland interessant sind. Jetzt aber vorauszusagen, dass dieser oder jener fix im Winter geht, wäre verfrüht. Ich finde es auch nicht gut, Gerüchte in die Welt zu setzen. Die großen Transfers funktionieren alle im Geheimen und werden dann bekanntgegeben, wenn es so weit ist. Ich bin ohnehin keiner, der in der Öffentlichkeit plaudert, lasse lieber die Taten meines Unternehmens sprechen.
Das ist sehr vereinfacht. Ich mache eines sicher nicht: Ich biete die Spieler nicht wie ein warmes Semmerl an. Es ist aber schon ein Teil unserer Arbeit, dass wir die Vereine auf interessante Spieler aufmerksam machen. Das gehört genau so dazu, neue Spieler zu akquirieren, die bestehenden zu betreuen. Die Betreuung ist übrigens ein eigenes Thema, da die Spieler auch mit vielen privaten Dingen zu dir kommen.
Es ist intensiver geworden. Durch das Internet ist der Fußball und sein Umfeld verändert worden. Man kann heute überall alles nachschauen, es gibt über fast alle Spieler Aufzeichnungen. Man kann kaum etwas verheimlichen. Ich bekomme jeden Tag 40, 50 Mails, unter anderem immer wieder Spieler, die mir angeboten werden, bei denen ersucht wird, dass ich den Spielern oder auch anderen Beratern bei der Vermittlung helfe. Das gab es früher nicht, diese Fülle an Informationen und Mails. Das geht auch an die Vereine. Die kriegen in der Transferzeit jeden Tag 200 Spieler angeboten. Ich bediene mich des Internets, es ist aber nicht das alleinige Mittel, um meine Spieler anzubieten. Ich lasse meine Kontakte spielen und bin natürlich selber vor Ort und rede mit dem Verein über den Spieler. Nur dann kann man einen Spieler auch gut vermarkten. Wenn ich persönlich nicht an einen Spieler glaube, kann ich ihn auch nicht vermitteln. Ich bin jetzt 14 Jahre national und international im Fußball tätig. Es braucht eine Vertrauensbasis, Fachkenntnisse und weitere Qualitäten, um international ernst genommen zu werden. Sonst wäre ich nicht schon so lange im Geschäft. Das bedeutet auch, dass man auf das Wort und Empfehlungen von mir und meinem Unternehmen seitens der Vereine hört.
Ich bin nicht der Typ Berater, der einen Transfer nur um des Geldes Willen macht, wenn ich nicht selber davon überzeugt bin, dass ein Spieler zum Verein passen kann. Hundertprozentig kann man es ohnehin nie wissen. Im Nachhinein ist man oft gescheiter. Die Voraussetzungen für einen Transfer können sich ändern, der Trainer, der den Spieler geholt hat, kann ausgetauscht werden, der neue Trainer will mit dem Spieler nicht arbeiten, das Spielsystem wurde geändert, und vieles mehr. Vielleicht aber hat auch der Spieler nicht funktioniert, weil er nicht hundertprozentig gearbeitet hat, oder es gibt ein mentales oder familiäres Problem. Manche geben sich in kurze Zeit auf, weil er es nicht gleich zum Stammspieler geschafft hat. Damit ein Transfer zu 100 Prozent funktioniert, gehören sehr viele Dinge dazu. Das stellen sich Außenstehende zu einfach vor. Wir verkaufen keine Produkte, sondern Menschen, die ihre Probleme, ihr eigenes Umfeld haben.
Jimmy, der mir sehr am Herzen liegt, wird oft in ein falsches Licht gerückt. Er hatte ein Riesenpech, das jeden Spieler treffen kann. Er kam zu einem großen Verein und nach zwei Monaten waren Trainer und Manager, die ihn geholt haben, weg. Dann kam ein neues Management mit ihren eigenen Vorstellungen. Jimmy hat nach Napoli bei tollen Klubs gespielt, bei Eintracht Frankfurt und Kaiserslautern in der Bundesliga, jetzt ist er bei Fortuna Düsseldorf, das ist auch ein toller Klub. Man kann ja nicht sagen, dass er keine Karriere gemacht hat. Wir würden uns natürlich wünschen, dass er mehr spielt.
Über österreichische Spieler sagen viele ausländische Vereine, dass sie zwar gute Fußballer sind, aber ein mentales Problem haben.
Leider ja, seit Beginn meiner Tätigkeit habe ich dagegen im Ausland angekämpft.
Er war mit 19 Jahren einer von drei Spielern, die in der Serie B in Italien durchgehend gespielt haben. Das bedeutet nicht nur in Italien etwas. Er wechselte dann zu Sampdoria Genua in die 2. Mannschaft. Neun von elf Spielern, mit denen Didi in der 2. Mannschaft in Genua gespielt hatte, sind jetzt in der Serie A. Didi war einer der drei Besten in dieser Mannschaft. Ich bin davon überzeugt, dass auch er den Sprung geschafft hätte. Genua wollte, dass er bleibt. Didi ist aber aus privaten Gründen nach Österreich zurückgekehrt. Ich habe diese Entscheidung respektiert. Aber zu sagen, Didi hat's nicht geschafft, ist schlicht und ergreifend falsch.
Daniel wechselte nach Berlin und hatte in der Vorbereitungszeit zwei Leistenoperationen. Wenn man die Trainingsvorbereitungszeit nicht mitmachen kann, dann hat man in der Herbstsaison wenig Chancen, zumal du dich bei dem neuen Klub erst beweisen musst. Daniel hatte so viel Pech in den drei Jahren im Ausland, dass die Entscheidung richtig war, erst wieder mal in Österreich Fuß zu fassen. Er ist noch jung und die Fußball-Welt steht ihm offen. Es hat in Deutschland keiner gesagt, dass der Daniel kein guter Spieler ist. Er hatte so viele Verletzungen und Krankheiten, dass es schwer war, immer wieder von vorne beginnen zu müssen. Irgendwann zermürbt dich das und du willst zu deiner Familie und dich stabilisieren.
Grundsätzlich ist man in Österreich zu schnell mit dem Urteil, dass es ein Spieler im Ausland nicht geschafft hat, ohne die genauen Hintergründe zu kennen. Ich finde, dass es keine verlorene Zeit ist, wenn junge Menschen ins Ausland gehen und dann wieder zurückgehen. Allgemein bekommt ein Spieler eine gute Ausbildung, lernt auf eigenen Füßen zu stehen, entwickelt sich in der Persönlichkeit, erlernt vielleicht eine neue Sprache, das ist ja nicht grundsätzlich schlecht.
In Österreich hätte man schon längst gesagt, dass er es nicht geschafft hat. Die Klubs gehen nicht nur in Österreich den Weg junge Spieler zu fördern. In England, Italien ebenso, in Deutschland schon länger. Aber man muss auch Geduld haben um dem Spieler Zeit zur Entwicklung geben. In Österreich sind wir oft zu ungeduldig und vorschnell in unseren Beurteilungen.
Er ist glücklich in Frosinone. Der Verein fördert ihn, er spielt regelmäßig. Ich bin überzeugt davon, dass Robert in der nächsten Saison zumindest in die Serie B oder vielleicht auch in die Serie A wechselt. Für Robert ist der Spielstil des italienischen Fußballs der richtige.
Martin ist ein gutes Beispiel. Martin hat sich aus der zweiten Bundesliga in die erste gespielt. Für den deutschen Verein ist es einfacher eine gute Leistung in der zweiten deutschen. Bundesliga zu beurteilen als in der österreichischen Liga. In Österreich erkennt man das meines Erachtens noch nicht richtig und die Spieler glauben, dass es einen sportlichen Abstieg bedeutet. Zumal die Gehälter bei den Durchschnittsvereinen in der zweiten deutschen. Bundesliga nicht die sind, die sich ein österreichischer Spieler bei einem Transfer vorstellt. Und dann kommt es schon vor, dass ein österreichischer Spieler nicht dorthin gewechselt hat, da er dort 2.000 Euro im Monat weniger erhalten hat als in Österreich.
Imagemäßig haben wir uns gesteigert, sicherlich auch wegen der guten Leistungen der Nationalmannschaft. Die ist das Aushängeschild eines Fußballlandes. Zu Beginn meiner Tätigkeit habe ich als Antwort beim Anbieten eines österreichischen Spieler scherzhaft die Antwort erhalten: „Österreicher? Das sind doch alles Schifahrer?" Mittlerweile hat sich die internationale Meinung positiv geändert. Nicht zuletzt durch die guten Leistungen unserer Spieler im Ausland und auch der Erfolge der Nachwuchsnationalmannschaften. Österreich hat gute Fußballer, wenn man aber nicht bereit ist, Fußball als Arbeit anzusehen, dafür zu leben und auch auf gewisse Dinge zu verzichten, hat man heutzutage im internationalen Fußball keine Chance mehr. Es gibt nicht nur Cristiano Ronaldos, die schon aufgrund ihres Talents einen Vorteil haben. Aber auch der arbeitet hart und professionell. Profifußballer zu sein ist ein Privileg, man kann sein Hobby zum Beruf machen. Das sollte den Spielern bewusst sein und die Ausübung des Berufes ist zeitlich begrenzt. Das heißt auch, dass man schon während der Profilaufbahn sich auf das Leben nach der Karriere vorbereiten sollte. Nur wenige können von ihrem verdienten Geld nach der Karriere gut leben ohne wieder arbeiten gehen zu müssen.
In Wirklichkeit weiß keiner, was wir tatsächlich leisten und wie viel Arbeit dahinter steckt. Ich rede jetzt ganz bewusst von meinem Unternehmen, welches ich beurteilen kann. Schwarze Schafe gibt es in jedem Berufsstand, aber deswegen den gesamten Berufsstand zu verunglimpfen, halte ich für falsch. Und es kann nicht immer alles klappen, niemand ist vor Fehlern gefeit. Ich muss nur versuchen, das Beste zu machen.