Martin Hinteregger: ‚Die Austria hat auch das nötige Glück'
Martin Hinteregger hat sich bei Red Bull Salzburg zu einem der besten Defensivakteure der Liga entwickelt. Im Interview spricht der 20-Jährige über Fehleranalyse, den auch einmal lauten Roger Schmidt und seine Karriereziele. Das Interview führte Georg Sa
90minuten.at: Denkt das Team mit 15 Punkten Rückstand oder neun, vorausgesetzt die Nachtragsspiele werden gewonnen?
Martin Hinteregger: In erster Linie denken wir von Spiel zu Spiel. Ich glaube, es ist ganz leicht, wenn man sich nicht auf die 15 Punkte konzentriert. Wir wissen, dass wir jedes Spiel gewinnen müssen, um Meister zu werden. Natürlich ist es nicht schön, wenn man auf die Tabelle blickt, aber wir können es nicht ändern.
Wäre es angenehmer diese zwei Spiele schon in den Beinen zu haben? Irgendwie ist der Wettbewerb jetzt verzerrt, oder wie sehen Sie diese Problematik?
Das ist relativ egal, ob wir dann in einem Monat englische Wochen haben – zumindest für mich. Aus meiner Sicht ist es keine Wettbewerbsverzerrung. Wir haben einen guten Kader und wenn ein Spieler müde ist, kommt ein anderer rein. Diese Qualität haben wir im Kader und für uns ist das kein Problem.
Aber wenn Sie Kaderqualität sagen, muss nach dem 3:3 daheim gegen Rapid Wien auch über die Defensivleistung gesprochen werden. Wie haben Sie dieses Spiel gesehen?
Angefangen hat es mit Fehlern von uns und geendet hat es mit einem guten Spielzug des Gegners. Wenn wir diese Fehler nicht machen, kommt der Gegner nicht dazu. Da müssen wir von den Stürmern angefangen über die Mittelfeldspieler und die Verteidigung bis zum Tormann in der Defensive konsequenter arbeiten.
Wir haben für 90minuten.at in letzter Zeit häufig mit Trainern über die Spielvorbereitung gesprochen. Da geht es ums Toreschießen und die Fehlervermeidung. Wie sieht sie Aufarbeitung von Fehlern aus?
In erster Linie kommen einmal die Emotionen raus. Da wird der Trainer auch schon einmal laut und spricht die Sachen klar an. Am nächsten Tag kommt ein Vier-Augen-Gespräch und da werden die Fehler ganz sachlich besprochen. Direkt nach dem Spiel werden die Fehler aber eben durchaus auch lauter vor der Mannschaft angesprochen.
Werden einzelne Spieler dann auch vor der Mannschaft auf ihre Fehler hingewiesen? Wie bewerten Sie Fehler der Mannschaft, wenn Sie wie am Sonntag zuerst auf der Bank sitzen? Red Bull Salzburg steht immer sehr hoch, da passieren Gegentore leichter. Muss diese Ausrichtung sein oder denken Sie nicht, dass die Bullen manchmal vorsichtiger agieren sollten? Hilft es derzeit, dass der zweite Platz dieses Jahr auch zur Champions League-Qualifikation reicht? Linksverteidiger, Innenverteidiger, Sechser – was sind Sie nun eigentlich am liebsten? Das Debüt ist zwei Jahre her, auf der Visitenkarte stehen Meistertitel, Cupsieger, Europa League-KO-Phase und im September werden Sie 21. Wann wird es Zeit für den Schritt raus aus Österreich? Leipzig würde aber wohl noch ein bisschen dauern ... Mit dem A-Nationalteamdebüt hat es noch nicht geklappt. Was muss passieren, dass Marcel Koller nicht mehr an Ihnen vorbeikommt? Wir danken für das Gespräch!
Das passiert sicher. Wenn die Situationen am Video angeschaut werden, wird gleich darauf hingewiesen. Da kann man schon drüber diskutieren, es aber sicher nicht abstreiten. Er macht aber auf keinen Fall vor der Mannschaft jemanden zur Sau. Wenn er etwas zu sagen hat, bespricht er das persönlich.
Während des Spiels ist man sich mancher Fehler nicht bewusst oder glaubt nicht, dass sie so dramatisch sind. Wenn man es dann auf Video sieht, dann denkt man sich schon: „War das jetzt wirklich ich?" Darum sind Videoanalysen gut und die Kritik auch anzunehmen. Deswegen braucht man nach dem Spiel diese Besprechungen, um das aufzuzeigen und auch gute Sachen anzusprechen.
Unser Spiel ist allgemein sehr risikoreich und das will der Trainer auch so. Dass die Defensive dann darunter leidet, dass wir ein, zwei Tore kriegen, dass muss man einfach hinnehmen. Gegen Rapid haben wir eindeutig zu viele Tore bekommen. Gegen Ende der Herbstsaison hat es da schon sehr gut funktioniert, wir haben in den letzten fünf Heimspielen lediglich ein Gegentor erhalten. Wir müssen zukünftig wieder ein Mittelmaß finden, wann man auf Risiko gehen kann und wann man sich hinten aufstellt und abwartet.
Wir schauen uns die Austria jedes Mal an und sie spielen einen sehr guten Fußball, haben auch das nötige Glück dazu. Trifft Meilinger zum 2:2 bzw. im Gegenzug macht Gebauer den Fehler zum 3:1 – das sind natürlich auch Kleinigkeiten, die dazu beitragen. Aber nach wie vor ist die Meisterschaft unser Ziel.
(lacht) Vor drei Jahren als Linksverteidiger habe ich schon gesagt, dass meine Position im defensiven Mittelfeld ist. Dann bin ich als Innenverteidiger in die Mannschaft gerutscht. Mein Ziel war aber die Sechs, denn da kann man offensiv mehr tun und sich einbringen. Mir ist es aber nicht so wichtig, ob ich im defensiven Mittelfeld oder in der Innenverteidigung spiele, obwohl ich mich eher als Sechser sehe. Natürlich ist noch ein bisschen Bedarf an Spielpraxis da, dass ich mich mehr eingewöhne, aber auf lange Sicht sehe ich mich dort.
Jeder Titel ist immer wieder schön und in Salzburg ist das sehr wahrscheinlich. Aber wenn man jedes Jahr die gleichen Spiele gegen die gleichen Mannschaft gleich vier Mal hat ist sicher der Reiz der deutschen Bundesliga oder von England sehr hoch. Zu Zeit ist aber mein Ziel, mit Salzburg die Champions League zu erreichen. Dann wird man sehen, wohin der Weg geht. Eventuell dann nach Leipzig, wenn sie weiter oben sind oder in Salzburg oder zu einem guten Klub in Deutschland oder England.
Genau.
Er wird dann nicht an mir vorbeikommen, wenn ich in Salzburg einfach immer und konstant gut spiele. Dann kann er nicht mehr vorbeischauen. Aber ich muss konstant spielen, was ich mir immer vornehme. Zu Zeit konzentriere ich mich auf die U21-Quali und die wollen wir schaffen.