Fränky Schiemer: 'Es gehört zu mir, ab und zu mit Turban zu spielen'

 Fränky Schiemer sagt im Gespräch mit 90minuten.at sehr oft „wir": Das Team ist ihm, dem Abwehrhaudegen, sehr wichtig. Im Interview spricht er über Fehler, die gemacht wurden, dass er sich in der Innenverteidigung sehr wohl fühlt und analysiert die kommen

 franz_schiemer_GEPA_picturesFränky Schiemer sagt im Gespräch mit 90minuten.at sehr oft „wir": Das Team ist ihm, dem Abwehrhaudegen, sehr wichtig. Im Interview spricht er über Fehler, die gemacht wurden, dass er sich in der Innenverteidigung sehr wohl fühlt und analysiert die kommenden Aufgaben für Red Bull Salzburg und das österreichische Nationalteam.

Das Interview führte Georg Sander

 

90minuten.at: Düdelingen. Ist da einfach alles schief gelaufen? Gibt es eine andere Möglichkeit, als das abzuhaken und nach vorne zu blicken?

Fränky Schiemer: Es bleibt einem nix anderes über. Irgendwann muss man das abhaken, weil wenn es immer irgendwie herumschwirrt, dann kann sich nichts zum Positiven verändern. Und die Meisterschaft ist ja noch nicht vorbei, deshalb müssen wir das so hinnehmen und trotzdem Sachen mitnehmen, die nicht so funktioniert haben.


Kann man auch sagen, dass sich das „Fußball-Karma" gerächt hat? Im Heimspiel gegen Paris St. Germain (Svento-Tor in der Nachspielzeit zum 2:0) oder auswärts in Bratislava (Eigentor von Had zum 3:2) war das Glück auf Ihrer Seite.

Gerade im internationalen Fußball ist es sehr eng, das muss man sagen. Wir sind zwar besser als Düdelingen, aber wenn es einmal schlecht läuft, dann kann so etwas passieren. Wir sind davor nicht gefeit gewesen und müssen das so hinnehmen. In den letzten drei Jahren haben wir in der Europa League sehr gute Ergebnisse gehabt und jetzt müssen wir damit leben, dass das nicht so gut funktioniert hat. Wir haben uns die Saison zwar anders vorgestellt, aber es hilft nix, es geht weiter.


Glauben Sie, dass sich noch einige Spieler bis zum 31. August entscheiden, ohne Champions League Salzburg zu verlassen? Das hing ja nicht von F91 ab, Maribor hätte erst besiegt werden müssen und auch über Q4 muss man erstmals drüber kommen.

Da bin ich, glaube ich, die falsche Ansprechperson. Aber wir haben einen guten und großen Kader, vielleicht ist er auch zu groß, um nur in zwei Bewerben zu spielen. Wir haben Gott sei Dank Verantwortliche, die sich da sicher Gedanken drüber machen werden. Wir werden sehen, was raus kommen wird und ich kann nur aus Spielersicht sagen, dass wir eine sehr gute Mannschaft haben, mit der wir auf alle Fälle das Ziel haben, Meister und Cupsieger zu werden.


Es könnte ja ohne Dreifachbelastung auch ein deutlicher Sieg der Meisterschaft werden!

(lacht) Schlussendlich muss man Meister sein, mit wie vielen Punkten ist eigentlich egal. Wir müssen schauen, dass wir am Schluss oben stehen und das ist auch heuer unser Ziel – und nicht, dass wir zehn Punkte Vorsprung haben. Das ist nicht unser Anspruch.


Sie hatten nun schon einige Trainer in Salzburg – Huub Stevens, Ricardo Moniz, nun Roger Schmidt – und im Nationalteam – Josef Hickersberger, Karel Brückner, Didi Constantini, nun Marcel Koller – und haben immer wieder auf anderen Positionen gespielt: Innenverteidigung, defensives Mittelfeld, Außenverteidiger. Schmidt sieht Sie als Innenverteidiger. Fühlen Sie sich endlich angekommen?

Ich hoffe. Das Gute ist, dass mich der Trainer auf anderen Positionen nicht kennt. Er hat fast alle Spieler neu kennen lernen müssen. Der Fokus auf die österreichische Bundesliga ist in Deutschland sicher nicht so groß, dass man über jeden Spieler Bescheid weiß. Er hat sich einige Spiele vom Ende der Saison angeschaut und da habe ich auch in der Innenverteidigung gespielt und Gott sei Dank bin ich wieder auf dieser Position. Es ist, denke ich, meine stärkste Position und ich bin froh, quasi angekommen zu sein. Irgendwann muss man sich bewusst sein, sich auf eine Position zu spezialisieren um Woche für Woche immer die beste Leistung abzurufen. Das ist nicht so einfach, wenn man immer hin und her geschoben wird.


franz_schiemer_gepaDenken Sie dennoch, dass Ihnen der Zug nach vorne, den ein Außenverteidiger haben muss und die Spieleröffnung, die ein Sechser haben muss, nun auf Ihrer angestammten Position entgegenkommen?

Ich durfte in den letzten Jahren sehr viele Positionen spielen, das ist immer ein Lernprozess, man muss sich immer auf andere Situationen einstellen. Mir hat das alles aber sicherlich geholfen. Die Innenverteidiger sind nun im Spielaufbau sehr stark eingebunden und das kommt mir zu Gute.


Inwieweit ist man in der Umsetzung der Taktik des Roger Schmidt schon vorangeschritten? Mit Jonathan Soriano klappt es schon sehr gut, mit Stefan Maierhofer nicht so. Wie weit ist die Mannschaft damit alles umzusetzen, was sich der Trainer überlegt? Offensiv klappt es, defensiv manchmal nicht. Hat man den Fokus nach dem letzten halben Jahr, das offensiv nicht allzu erfrischend war, zu sehr auf das Spiel nach vorne gelegt?

Das ist schwer zu sagen. Mit dem neuen Trainerteam ist der Schwerpunkt mehr auf der Offensive. Wir wollen in Salzburg offensiven Fußball spielen und das war sicher einer der Schwerpunkte. In der Vorbereitung gab es viele gute Spiele in der Offensive und der Defensive und da hat auch Maierhofer sehr gute Spiele gemacht. Wir haben einen großen Kader, der viele Möglichkeiten bietet und wir wollen sehr attraktiven Fußball bieten können.


Begrüßen Sie den Umstand, dass am Trainingsplatz wieder mehr Deutsch gesprochen wird oder ist das einem Fußballer eher wurscht? Hat das eine große Auswirkung auf das Training an sich oder muss man so ehrlich sagen, dass lokale Spieler etwas für Fans und Medien sind?

Fußball ist eigentlich eine ziemlich einheitliche Sache. Die wichtigen Wörter lernen unsere Legionäre sehr schnell. Das ist kein Problem. Wir haben sehr gute Legionäre und momentan spielen mehr Österreicher. Der gute Mix ist wichtig und den haben wir zurzeit. Wir hatten in der Vergangenheit Schwierigkeiten, weil das Team nicht so harmonisch war und das ist wirklich momentan sehr gut. Ich habe das Gefühl, dass die Mannschaft und das Trainerteam harmonisch zusammenwachsen. Deswegen glaube ich, dass wir die Saison trotz Ausscheidens in der Champions League-Qualifikation sehr positiv abschließen.


Sie haben es gerade angesprochen: Es war nicht immer alles super. Wie wichtig ist da ein Typ wie Sie, der rennt, schreit und sich offensichtlich selber wenig schont?

In jeder Mannschaft ist es wichtig, Typen zu haben, die das Maul aufmachen. Da zähle ich mich dazu. Gerade von der Verteidigung aus habe ich das ganze Spielfeld vor mir und kann doch durch Kommunikation vieles erleichtern. Solche Spieler braucht man auf alle Fälle aber wichtig ist, dass man als Mannschaft funktioniert. Da geht es nicht darum, Einzelne herauszuheben. Es muss am Platz klappen und jeder Spieler muss sich ins Team einfügen - das ist das Entscheidende.


Bei der Austria haben Sie ein sehr emotionales Publikum erlebt. Die Medien, die Wiener voran, machen es immer wieder zu einem Thema, dass sich Red Bull schwer tut, genau diese Emotionen auf Dauer aufzubauen. Stört das am Feld oder ist es schön wenn viele da sind, aber kein Muss? Spielt es eine Rolle bei der Auswahl des Vereins?

Jeder Spieler will vor einem lauten Publikum und einer tollen Kulisse spielen, das ist ganz klar. Wir haben da sicher Verbesserungsbedarf und müssen versuchen, die Leute zurück ins Stadion zu holen. Wenn ich an das erste Jahr zurückdenke, gab es einen Schnitt von 15.000 und in der Europa League waren teilweise 25.000 Fans im Stadion. Da wollen wir wieder hin. Es ist wichtig, guten Fußball zu zeigen und da ist das Salzburger Publikum sicher ein bisschen verwöhnt.


Kommen wir zum Nationalteam. Nun sind Sie wieder Innenverteidiger, da gibt es aber mit Sebastian Prödl, Emanuel Pogatetz, Aleksandar Dragovic oder Paul Scharner einige Spieler. Denken Sie, dass ihre Nationalteamkarriere darunter leiden könnte, wenn Sie nur noch in der Innenverteidigung spielen? Obwohl Marcel Koller einen Spieler wie Sie gerne am Feld hat!

Es wird schwierig werden, das ist klar. Gerade auf meiner Position haben wir super Spieler, die im Ausland Woche für Woche tolle Leistungen erbringen. Ich würde mich freuen, wenn ich dabei bin und tue alles dafür, immer dabei zu sein - dann entscheidet der Trainer. Als Spieler kann man es ohnehin nicht beeinflussen. Man kann nur sein Bestes geben. Wir werden sehen, was in Zukunft passieren wird. Mit Deutschland in der Quali-Gruppe ist es sehr reizvoll und es wird eine schwierige Qualifikation werden und ich denke, in naher Zukunft wieder dabei zu sein.


Denken Sie auch, dass sich das Team hinter Deutschland positionieren kann?

Ich glaube, wir haben doch generell Ansehen und werden immer besser. Das zeigen die Legionäre, die bei ihren Vereinen wichtige Spieler sind: Fuchs und Alaba sind Stützen auf Schalke und bei den Bayern. Da sieht man, dass wir nicht nur Legionäre haben, die irgendwo mitspielen, sondern auch echte Größen bei ihren Vereinen sind. Es werden auch immer mehr, das ist ein positives Zeichen und in einigen Spielen sah man, dass die Leistungen besser werden. Nun ist es Zeit, das auch in Ergebnisse umzumünzen. Wir hatten in der letzten Quali eine junge, unerfahrene Mannschaft, nun ist der zweite Platz absolut realistisch.


Gehören Sie vielleicht auch irgendwann zu diesen Legionären? Wo können Sie eine Stütze sein und wo wären Sie gerne eine?

(lacht) 'Wo wären sie gerne?' ist natürlich einfach zu beantworten, es ist ganz klar, dass jeder Fußballer einmal in einer Topliga spielen will. Mich reizt die deutsche Bundesliga sehr. Als ich als Kind Fußball geschaut habe, war ich von Deutschland immer begeistert und habe eine Affinität dafür. Wenn es nochmal passen würde, dann würde ich das machen. Aber auf alle Fälle bin ich jetzt so weit, dass ich sage: ‚Ich mache es nicht um jeden Preis'. Ein Auf- oder Absteiger in der deutschen Bundesliga, wo ich nicht die Möglichkeiten wie in Salzburg habe – Meisterkampf, Umfeld – wäre es nicht. Es müsste ein Mittelständler sein, der nicht dauernd gegen den Abstieg spielt, da bleibe ich lieber in Österreich. Es ist vom Gefühl her etwas anderes, wenn man häufiger gewinnt als verliert. Wenn es nochmal kommen sollte, werde ich es machen. Wenn nicht, dann bin ich in Salzburg auch sehr zufrieden und bin in Österreich sicher bei der richtigen Adresse. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt.


Ihr Verhalten bei Kopfbällen ist sehr gut, Sie gehen da rein und wenn Sie anrauschen, dann wird es schwierig für die Abwehr. Üben Sie die Präsenz im Strafraum oder hat sich das so ergeben?

Die Kopfballstärke hat sich aus der Kindheit entwickelt, weil ich sehr sprungstark bin und auch früher gerne Volleyball und andere Sportarten gespielt habe. In meiner Zeit im Gymnasium auch Basketball. Und da musste man hoch springen und das nahm ich zum Fußball mit. Wenn man Kopfballduelle gewinnt und Tore macht, ist das heutzutage gut und es ist schön, als Verteidiger Tore zu erzielen. Im Laufe der Zeit arbeitet man auch an seinen Stärken. Aber ich schone mich vielleicht auch zu wenig, weil ich mit dem Kopf durch die Wand gehe. Das ist aber so bei mir und das gehört zu mir und ich muss wohl damit leben, ab und zu mit einem Turban zu spielen.

 

Abschließend: Sie haben ja auch im Juni geheiratet. Herzliche Gratulation und danke für das Gespräch ...

Vielen Dank. Das sind sicher Dinge, die dazu kommen, die man mit meinen 26 Jahren bedenken muss, dass die Umstände einfach passen müssen. Das ist ganz klar.

.