Bremen-Sportdirektor Allofs: 'Arnautovic hat den richtigen Weg eingeschlagen'
Vier Österreicher stehen im Kader des SV Werder Bremen. Im Interview mit 90minuten.at spricht Sportdirektor über Sebastian Prödl, Zlatko Junuzovic, Marko Arnautovic und Nachwuchsgoalie Richard Strebinger. Er erklärt den Systemwechsel von 4-4-2 auf 4-1-4-1
Vier Österreicher stehen im Kader des SV Werder Bremen. Im Interview mit 90minuten.at spricht Sportdirektor über Sebastian Prödl, Zlatko Junuzovic, Marko Arnautovic und Nachwuchsgoalie Richard Strebinger. Er erklärt den Systemwechsel von 4-4-2 auf 4-1-4-1 und beschreibt, warum das Duo Klaus Allofs/Thomas Schaaf schon so lange arbeitet: „Es gibt eine Geschäftsführung, die die sich nicht kurzfristig von Phasen, in welchen man nicht so erfolgreich ist, vom Konzept abbringen lässt."
Das Gespräch führte Georg Sander
90minuten.at: Wie haben Sie als Sportdirektor, der drei Spieler für das Ländermatch gegen das Heimatland abstellen konnte, das Spiel zwischen Österreich und Deutschland gesehen? Von der Wertigkeit der „eigenen" Spieler her und auch emotional.
Klaus Allofs: Ich bin da ganz ehrlich und da kann ich auch für viele hier in Bremen sprechen, dass ganz, ganz viele auch den Österreichern die Daumen gedrückt haben. Natürlich gilt das dann vor allem den eigenen Spielern, dass sie ein gutes Spiel machen. Deutschland hätte auch ganz gut mit einem Unentschieden leben können. An dem Tag waren wir bei Werder Bremen ein großes Stück auch Österreicher.
Wie zufrieden sind Sie allgemein mit den Österreichern im Team des SV Werder Bremen? Neben Marko Arnautovic, Sebastian Prödl und Zlatko Junuzovic gibt es ja noch Nachwuchs-Tormann Richard Strebinger.
Klaus Allofs: Wir sind sehr zufrieden. Wir haben den Vertrag mit Sebastian Prödl gerade verlängert, mit Marko Arnautovic sind wir auch von der Entwicklung her sehr zufrieden. Es wissen alle, dass das am Anfang etwas holprig losging, aber jetzt im Moment sieht das sehr positiv aus. Bei „Zladdi" Junuzovic, der ja mitten in der Saison kam, war es so, dass er sicher eine Zeit gebraucht hat, um sich zu Recht zu finden, aber jetzt macht er das sehr, sehr gut. Man konnte auch bei der Nationalmannschaft verfolgen, dass er in sehr guter Verfassung ist. Mit diesen Drei sind wir sehr zufrieden, dann haben wir noch mit Richard Strebinger (Anm.: U19-Nationalteamtormann, seit Mai 2012) einen jungen Torwart geholt, der auch ein viel versprechendes Talent ist.
Konkret zu Sebastian Prödl. Wie war die Situation? War die Vertragsverlängerung mehr oder weniger klar? Immerhin wurde er ja mit 20 geholt.
Es stand eigentlich relativ früh fest, dass wir weiter machen wollen, weil wir auch der Meinung waren und noch immer sind, dass er noch nicht sein ganzes Potential ausgeschöpft hat. Nur Basti wollte auch wissen, wie wir planen, ob er nur die Nummer vier oder fünf ist – das verstehe ich aus Spielersicht. Als wir ihm dann die Perspektiven aufgezeigt hatten und die eine oder andere Verhandlungsrunde hinter uns gebracht haben, hat es funktioniert. Er zeigt eigentlich in all seinen Äußerungen, dass er sich in Bremen wohlfühlt.
Zlatko Junuzovic spielte bei der Austria meistens links im Mittelfeld, zuletzt agierte er eher zentral, sogar auf der Sechs. Hat man diese Vielseitigkeit gesehen? Zwar ist er sehr laufstark, aber dennoch vielleicht nicht robust genug für das defensive Mittelfeld.
Er ist mitten in der letzten Saison gekommen, da lief es bei uns auch nicht so gut, als dass man da abschließende Erkenntnisse haben konnte. Seine Leistungen haben sich in den letzten Wochen und Monaten sprunghaft nach oben entwickelt. Er ist auf jeder Position einzusetzen, aber wo dann seine beste sein wird, wird sich herausstellen. Es stimmt auch, dass er nicht der Größte ist, aber er hat einen unheimlich großen Aktionsradius und ich denke, dass er sich inzwischen auch an die Zweikampfführung in der Bundesliga gewöhnt hat.
Zu Marko Arnautovic: Er war ja nicht gerade billig und waren Sie da vielleicht auch ganz froh, dass mit Eljero Elia der Mann am Markt verfügbar war, mit dem er damals in Enschede bei Twente sehr gut harmoniert hat?
Es stand nicht im Vordergrund, dass wir mit Marko Arnautovic zurück in diese Zeit gehen müssen, um das zu reproduzieren. Das war nicht unsere Überlegung. Arnautovic muss sich unabhängig von Elia weiter entwickeln, er muss seine Fähigkeiten und Talente immer wieder gewinnbringend einbringen. Und da macht er Fortschritte. Er hat grundsätzlich das Zeug für einen außergewöhnlichen Spieler. Aber man muss immer wieder an sich arbeiten und das tut er jetzt. Ich glaube, dass er den richtigen Weg jetzt eingeschlagen hat.
Aber sagt man dennoch, dass er nun im dritten Jahr wirklich sehr viel zeigen sollte? Hat man ihm das so kommuniziert?
Im Profisport bzw. der Bundesliga haben wir sowieso keine Zeit. Eigentlich muss es immer sofort funktionieren. Andererseits muss man auch der Realität ins Auge blicken. Ich beziehe das jetzt nicht nur auf Marko Arnautovic: Der eine oder andere Spieler braucht eben auch mehr Zeit, um sich zu entwickeln. Natürlich erwarten alle hier, dass er jetzt den Durchbruch schafft und das vor allem auch konstant macht. Alle haben darauf gewartet und wir waren zuversichtlich, was das angeht. Die Geburt des Kindes und die Hochzeit kommen ergänzend dazu, aber ich glaube, dass er einfach an Erfahrung gewonnen hat und nun auch Verantwortung innerhalb der Mannschaft übernehmen muss. Viele, viele Dinge kommen da zusammen und die müssen weiterhin dazu kommen, um ihn noch stabiler zu machen. Das benötigt er für sein Spiel.
Spätestens seit der Zeit von Andreas Herzog blicken wir alle gerne nach Bremen. Seit - im Zusammenhang mit Fußball – Ewigkeiten gibt es das Gespann mit Ihnen und Thomas Schaaf. Glauben Sie, dass alle Stehsätze bezüglich „Wie lange kann ein Trainer wo arbeiten?" oder „Wie lange kann ein Team erfolgreich zusammen arbeiten?" eigentlich egal sind, so lange die vorgenommenen Ziele erreicht werden? Oder sind Sie sich der Außergewöhnlichkeit der Bremer Konstellation bewusst?
Wenn man die Vielzahl an anderen Konstellationen in Klubs sieht, ist es tatsächlich außergewöhnlich, dass ein Trainer so lange da ist und dazu auch noch jemand in meiner Funktion. Einmalig ist es nicht. Im Prinzip gibt es da schon Parallelen. Ich denke an Arsène Wenger und Alex Ferguson, vielleicht noch ein paar mehr. In Deutschland hatten wir Volker Finke (Anm.: von 1991 bis 2007 Trainer des SC Freiburg) und bei Werder zuvor Otto Rehhagel und Willi Lemke. Wir wissen, dass das in Bremen eine außergewöhnliche Konstellation ist, die sich aber auch über den Erfolg definiert. Man darf nicht vergessen, dass wir hier 1999 begonnen haben, als Werder Bremen knapp vor dem Abstieg stand. Daraus entwickelten sich sechs Champions League-Teilnahmen, Meister und Pokalsieger, UEFA-Pokalendspielteilnahme. Ich glaube, dass das im Endeffekt die Grundlage dafür ist, dass wir so lange da sind. Aber auf der anderen Seite gibt es in Bremen traditionell eine Geschäftsführung, die die sich nicht kurzfristig von Phasen, in welchen man nicht so erfolgreich ist, vom Konzept abbringen lässt. Wir sind und waren davon überzeugt, dass Thomas Schaaf auch da eine gute Arbeit abgeliefert hat. Und als Verein macht man eben auch Zeiten durch, in denen es einfach nicht so gut läuft.
Ist es auch notwendig gewesen, vom 4-4-2 mit Raute Abstand zu nehmen? Wie viel Einfluss nehmen Sie als Sportdirektor auf die Umstellung auf ein 4-1-4-1?
Wir konstruieren die Mannschaft gemeinsam. Es geht nicht darum, neue Dinge zu machen, sondern die Dinge besser zu machen. Wenn man den Eindruck hat, man kann das wie in der Vergangenheit von Saison zu Saison mit ein und demselben System hinbekommen, dann macht man das. Aber wenn man den Eindruck hat, dass man Spieler bekommen kann, die interessant erscheinen aber vielleicht in einem anderen System besser aufgehoben sind, dann muss man es so machen. Es geht nicht zwingend darum, die Spieler um das System zu bauen, das System sollte auf die vorhandenen Spieler ausgerichtet sein. Zu Beginn unserer Maßnahme haben wir auch gesagt, dass wir mit schnellen Spielern noch mehr Tempo im Spiel haben wollen. Und wenn wir die Möglichkeit haben Elia und Arnautovic auf den Außenpositionen einzusetzen, ist das sicherlich einen Versuch wert und das haben wir dann umgesetzt.
Kommen wir noch einmal konkret auf Ihre Tätigkeit als Sportdirektor im Zusammenhang mit den vier Österreichern im Kader zu sprechen. Wie zufällig ist das? Oder ist die Lage so, dass österreichische Spieler mit einigen Abstrichen gut ausgebildet sind, aber der Preis stimmt?
In gewisser Weise ist es Zufall, dass jetzt vier da sind. Wir sagen nicht, dass es ein Österreicher sein muss, wir wollen einfach gute Spieler haben, bei denen auch das Preis/Leistungs-Verhältnis stimmt. Die Spieler sind – das hat man auch bei der Nationalmannschaft gesehen – gut ausgebildet und es sind nicht nur drei vier, sondern dass auch in der Breite einiges geschehen ist. Und dann ist es die logische Konsequenz, dass diese Spieler für uns interessant sind. Und wenn man auf die Suche geht und nicht in Deutschland fündig wird, dann muss man auch sagen, dass Österreich für uns logisch ist. Es sind Spieler, die eine ähnliche Mentalität haben, bei denen die Sprache keine Rolle spielt. Das sind schon Vorteile, die sie gegenüber Spielern aus dem anderssprachigen Ausland haben.
Wie wichtig ist die sprachliche Komponente eigentlich bei Transfers? Die Nation sagt zwar wenig über die Muttersprache aus, aber um wie viel schwerer hat es zum Beispiel ein Brasilianer?
Es erleichtert die Integration und das spielt natürlich auch eine Rolle, wenn wir jemand nach Bremen holen. Der Spieler soll sich schnell zu Recht finden und sich wohlfühlen. Wir haben auch einige Brasilianer bei uns gehabt, die sich gut eingewöhnt haben. Aber man muss ganz deutlich sagen, dass die Gefahr besteht, dass das länger dauert. Das habe ich bei einem Spieler aus Österreich nicht. Man weiß, was einen erwartet, sowohl der Spieler, als auch Werder Bremen. Das ist aber nur ein Mosaiksteinchen und nicht hauptsächlich ausschlaggebend für eine Verpflichtung, weil an erster Stelle natürlich die Qualität des Spielers steht. Die Qualität und das Potential abzurufen geht bei einem Spieler aus Mitteleuropa, ich will das gar nicht auf Österreich beschränken, der sich nicht so sehr an die Sprache und Kultur gewöhnen muss, wahrscheinlich schneller.
Wir danken für das Gespräch!
Schon gelesen/gesehen?