Austria Salzburg-Manager Gerhard Stöger: ‚Nicht direkt aufsteigen? Das ist sportlicher und wirtschaftlicher Nonsens!'
Am Samstag steigt in Salzburg-Maxglan das Spiel des Jahres in der Regionalliga West – das Derby zwischen dem SV Austria Salzburg und dem FC Liefering. Im Zuge des Derbys stand Austria Salzburg-Manager Gerhard Stöger 90minuten.at Rede und Antwort. Dass die
90minuten.at: Das Derby gegen den FC Liefering steht am Samstag an, die Fans sind elektrisiert, Karten vergriffen – aber wie geht die Mannschaft damit um?
Gerhard Stöger: Der gesamte Verein ist auf dieses Spiel fokussiert. Es ist kein Spiel wie jedes andere, das lockt die Massen an und wir merken es im Kartenvorverkauf. Innerhalb kürzester Zeit waren alle Sitzplatzkarten vergriffen und gleich auch ein Großteil der Stehplätze. Man darf ja nicht vergessen, dass im Frühjahr 2012 gegen die Red Bull Juniors in Wals-Siezenheim knapp 7.000 Personen im Stadion waren. 80 Prozent waren Violette, zehn Prozent Neutrale. Das ist eine Dimension, die wir hier in Maxglan nicht beheimaten können. Das ist eine wirtschaftliche Geschichte und wir schauen, das Bestmögliche daraus zu machen. Es ist ein irrsinniger logistischer Aufwand und wir wollen das auch transparent rüber bringen. Es sind alle bis in die Haarspitzen motiviert, das fängt beim Trainerteam und mir an. Bis zum Auswärtssieg in Bregenz hat sich alles in Grenzen gehalten, jetzt passt alles genau, wie als ob es ein Regiebuch geben würde. Es ist angerichtet und jeder Spieler brennt darauf in den Kader zu kommen.
Besteht aber nicht Gefahr, durch die große Motivation gehemmt zu sein?
Natürlich und diese Arbeit liegt im Bereich des Trainerteams. Wir haben eine gute Mischung zwischen erfahrenen und jungen Rookies, etwa fifty-fifty. Eventuell gibt es auch beim FC Liefering den einen oder anderen Kicker, der damit noch nicht so gut umgehen kann. Ich rede da aber nicht von Routiniers wie Rene Aufhauser und Wolfi Mair, die sind ganz anderen Geschichten gewohnt. Aber wie gehen die Jungen damit um? Wir haben absichtlich nicht auf den Heimvorteil verzichtet. Wirtschaftlich dürfte man keine Sekunde überlegen, aber es passt nicht zu unserer Philosophie. Wir bleiben in Maxglan, denn das gehört zur Marke und dem Verein Austria Salzburg. Das wird am Samstag eine coole, geile G'schicht.
"Jeder, der sich Fan nennt, darf in meiner Denke am Platz seinem Verein never ever Schaden zufügen."
Der Tiroler Verbandspräsident Sepp Geisler nutzte den medialen Fokus für die Aussage: „Viele Städte und Gemeinden wollen die Austria nicht mehr." Haben Sie mit den heißblütigen Fans noch intensiver geredet?
Wir sind oft in Kontakt mit den Fangruppierungen und letzte Woche gab es wieder ein Treffen mit Fanclubs und Nicht-Fanclub-Mitgliedern. Letztere gibt es ja auch viele. Wir wollen alle aus erster Hand informieren und nicht nur per Newsletter. Wir haben generell sensibilisiert. Der TFV hat die Teilnahme an der Regionalliga West ab übernächster Saison aufgekündigt. Aber es ist auch allgemein ein Thema, nicht nur in Bezug auf Liefering. In Bregenz wurde ein kleiner Teil der dortigen Fans mit Stadionverboten belegt und die Situation hat sich in Wohlgefallen aufgelöst. Zu Stadionverboten kann man aber so oder so stehen. Ich glaube nicht, dass es der Stein der Weisen ist, aber von Vereinsseite her ist es vielleicht in einzelnen Fällen ein notwendiges Mittel.
Und was wurde da konkret kommuniziert?
Wegen der Spiele in Bregenz, Kufstein und gegen Liefering haben wir darauf hingewiesen, dass es nicht um den Gegner, den Tiroler Verband oder die Regionalliga geht, sondern einzig und allein um unseren Verein. Jeder, der sich Fan nennt, darf in meiner Denke am Platz seinem Verein never ever Schaden zufügen. Es geht darum, stimmgewaltig und positiv für die eigene Mannschaft aufzutreten. Es ist nicht jedes Spiel super und Kritik muss auch sein, aber für mich ist der Fokus 24 Stunden, sieben Tage die Woche auf dem eigenen Verein. Alles andere schadet dem Verein wirtschaftlich und Image-mäßig. Gerade in der Regionalliga spürt man das Monate und Jahre. In der Bundesliga ist das ein Tagesgeschäft, da ist das ein, zwei, drei Tage ein Thema. Hier begleitet das einen bei den Behörden, den Verbänden und das ist schwierig. Die Vereine bekommen dann Auflagen und da verstehe ich die andere Seite auch, dass das wirtschaftlich mit 150 Polizisten, professionellen Ordnern und Vereins-eigenen Ordnen nicht geht. Das geht in den fünfstelligen Euro Bereich. Das tut uns weh und wir haben die Fans auf diese drei besonderen Spiele hingewiesen. Wir dürfen niemandem Munition liefern. Wir wollen zeigen, was uns von Vereinen unterscheidet, hinter denen ein Konzern steht.
"Der Schritt von der Regionalliga in die Heute für Morgen-Erste Liga ist für mich in Fußballösterreich der schwierigste Sprung, von der höchsten Amateurliga in den bezahlten Fußball"
Ist die Austria schon diese Saison bereit, um aufzusteigen? Wie weit ist man bei der Lizenzierung?
Erstens ist der Schritt von der Regionalliga in die Heute für Morgen-Erste Liga für mich in Fußballösterreich der schwierigste Sprung, von der höchsten Amateurliga in den bezahlten Fußball. Das gilt für Ost, Mitte und West. Von zweiter in die erste Leistungsstufe ist es auch ein großer Schritt, aber die Hürde, die die Lizenzierung verursacht, ist hoch. Ich bin aber komplett dafür, dass diese für Österreich passt, über das Ausmaß kann man geteilter Meinung sein. Viele Punkte sind sehr positiv. Und da geht es nicht mehr um ein Hobby, sondern man ist ein Wirtschaftsunternehmen: Fernsehgelder, Gastro, Merchandising – das ist für mich keine Sache, die nebenher so läuft. In der Baric-Ära ging der Merchandisingbereich von ein paar zehntausend Schilling mit Meistertitel und Champions League rauf auf 15 bis 20 Millionen Schilling. Das zeigt, was möglich ist. Für uns gibt es grundsätzlich aber drei Eckpfeiler bei der Lizenzierung: Sportlich, finanziell, infrastrukturell.
Was ist aus Manager-Sicht das Schwerste?
Regionalligameister zu sein heißt, nicht direkt aufzusteigen. Das ist sportlicher und wirtschaftlicher Nonsens. Da hinterfrage ich die Lizenzierung. Ich bewundere jeden Verein, denn wie kalkuliert man das? Innerhalb einer Woche ist man entweder wieder in der Regionalliga oder im bezahlten Fußball. Man muss mit Spielern sprechen, die Infrastrukur, ein dementsprechendes Budget haben. Da muss man zwei- bis dreigleisig fahren. Aufstieg – klar. Nichtaufstieg – auch klar. Aber ich brauche auch einen Puffer dazwischen.
Gibt es schon einen Grundstock von Profis bei der Austria? Immerhin müssen ansonsten für die Lizenz 18 Profis aus dem Hut gezaubert werden.
Aktuell haben wir das nicht. Profis haben heißt, ihnen den Kollektivvertrag zu geben. Wir haben Teilzeitangestellte und in der Bundesliga gibt es nur Vollzeit angestellte Spieler. Wir haben junge Spieler und Studenten, die die 540 Euro verdienen. Ich weiß, was in anderen Ligen bezahlt wird, unsere Burschen sind da echt toll! Es hält sich bei uns die Waage. Es ist aber eine Frage, wie man aus manchen Kickern Profis macht. Hat der Student ein Stipendium, das er durch einen Profivertrag verlieren könnte? Es gibt Arbeitsstellen, die Entscheidungen fordern, weil die Dienstgeber können ein zweites Dienstverhältnis ausschließen. Aber im Zehnerligaformat mit Dienstag- und Freitagspielen ist es ein frommer Wunsch, solche Dienstgeber zu finden, die da mitziehen.
Also wo hakt es derzeit, selbst wenn am Samstag gewonnen wird?
Sportlich sind wir topp unterwegs. Wir haben einen Zweijahresplan ausgegeben. Ich bilde mich weiter, etwa bei deer Bundesligaakademie. Wir sind ein junger Verein und müssen Informationen bekommen, wie es andere gemacht haben. Wirtschaft und Infrastruktur sind große Baustellen, um die Anforderungen der Lizenz zu erfüllen. Es gibt einen Vorstandsbeschluss, um die Lizenz anzusuchen, auch als Probegalopp. Wir wollen wissen, wo wir schon weit genug sind und wo nicht. Das kostet ja alles auch Geld. Für uns ist es eine wichtige Sache, das wollen wir den Spielern und Fans nicht vorenthalten, denn das Ziel heißt Meistertitel und Aufstieg.
"Die SV Ried macht aus dem Kosten/Nutzen-Faktor das Nonplusultra. Die sind bezüglich der Ausnutzung der Gegebenheiten on the top."
Was für Möglichkeiten gibt es in Bezug auf die Infrastruktur, also das Stadion?
Die SV Ried macht aus dem Kosten/Nutzen-Faktor das Nonplusultra. Die sind bezüglich der Ausnutzung der Gegebenheiten on the top. Das Stadion passt und es ist auch unser Ziel, so eines zu bekommen. Wenn wir eine Spielstätte für fünf- oder sechstausend Zuschauer haben, dann kommen wir durch die zweite Liga und auch knapp 50 Prozent der ersten Liga. Nichts gegen den WAC, Mattersburg oder Wiener Neustadt, aber ich hänge lieber das „Ausverkauft"-Schild auf und habe drinnen einen Hexenkessel mit 6.000 Fans, bevor ich in einem Riesenstadion mit einem Fassungsvermögen von 15.000 bis 20.000 vor genauso vielen Zuschauern spiele.
"Meine persönliche Meinung ist, dass es im Falle eines Relegationsduells FC Pasching gegen FC Liefering die Oberösterreicher den Vorzug bekommen."
Aber wie soll das finanziert werden? Wie sollte das politisch in Bezug auf Förderungen in Zeiten der Krise argumentiert werden können? Es gibt Grödig, für Spitzenspiele geht man nach Wals-Siezenheim, könnte man entgegnen.
Sportlich gesehen ist die Kavallerie um 50 Prozent voraus galoppiert, jetzt kommt die Infanterie. Da ist die Frage legitim, hinsichtlich der Infrastruktur. Vertraglich könnte eine zweite Profimannschaft im EM-Stadion spielen, da müsste der Liefering unten bleiben, dann wäre es eine Möglichkeit. Wirtschaftlich wäre das ohne Subventionen nicht stemmbar. Grödig spielt selber zweite Liga, da geht es um die Rasenverhältnisse. Und das Stadion gehört der Gemeinde, ich weiß nicht, ob die eine große Freude damit hätten, wenn wir auch dort spielen. Wir müssen mit beiden Verantwortlichen Gespräche führen. Das Hauptstadion muss im Umkreis von 20 Kilometern vom Vereinssitz sein, das Ausweichstadion in einem Umkreis von 100 Kilometern und das eröffnet Möglichkeiten. Wir können in die Überlegungen Schwanenstadt, Vöcklabruck, Grödig und das EM-Stadion mit einbeziehen.
Sprechen wir noch zum Abschluss kurz über den FC Liefering. Wie stehen Sie dazu?
Einer der beiden Vereine FC Lieferung und FC Pasching wird den Ligen erhalten bleiben. Pasching hat ein Bundesliga-taugliches Stadion und meine persönliche Meinung ist, dass es im Falle eines Relegationsduells FC Pasching gegen FC Liefering die Oberösterreicher den Vorzug bekommen. Dort ist das neutraler als hier. Eine indirekte Amateurmannschaft wird aufsteigen, eine Geschichte der Verantwortlichen und der Bundesliga, ich äußere mich dazu nicht. Es gibt ja auch noch die Spielgemeinschaft der Juniors und Anif, selbst wenn wir intern unsere Aufgaben machen, gibt es jetzt zwei Konstrukte in unserer Liga. Persönlich komme ich zu folgendem Schluss: Sechzehnerliga in der zweiten Leistungsstufe mit maximal drei Amateurmannschaften. Dann ist das ehrlich und nicht so eine wischi-waschi-Geschichte.
Wir danken für das Gespräch!