Matthias Seidl: "Habe nicht wirklich an Profifußball gedacht" [Interview]
Aus der Jugend von Red Bull Salzburg runter bis in die Landesliga, dann über das Sprungbrett Regionalliga zurück nach oben. Im Gespräch mit 90minuten.at blickt Matthias Seidl zurück.
Ich habe bei einigen Vereinen Probetrainings gemacht, bei vielen hat es nicht gereicht. Jetzt stehe ich da wo ich stehe und bin sehr glücklich, dass ich den Weg gegangen bin.
Man ist 15 Jahre alt und spielt auf einmal gegen einen 30-Jährigen, das ist am Anfang nicht so leicht.
Egal wie gut man in der vierten Liga spielt, da schauen die Profivereine nicht einmal hin.
Nach ein paar Spielen habe ich gemerkt, dass da etwas drinnen ist, dass ich meine Leistung gut abrufen kann. Dann denkt man natürlich auch nach oben.
++ 90minuten.at PLUS- das Gespräch führte Daniel Sauer ++
Matthias Seidl wird in der kommenden Saison Bundesliga spielen. Auch für das Nationalteam hätte es schon fast gereicht - bemerkenswert, der 22-Jährige kickt in der 2. Liga bei Blau-Weiß Linz. Vor ein paar Jahren waren diese Sprünge noch nicht unbedingt absehbar, auch für ihn selbst nicht.
90minuten.at: Dein Weg hat dich über die Jugend von Red Bull Salzburg, über Grödig zum SV Kuchl geführt. Wie hat sich das ergeben?
Matthias Seidl: Von der U8 bis zur U14 war ich bei Red Bull. Dann hat es nicht mehr ganz gereicht, ich habe wenig gespielt. Bei Grödig hatten wir einen guten Trainer und eine gute Mannschaft, der Sprung direkt aus der U16 in die Regionalliga war dann aber zu groß. Der Schritt zurück in die vierte Liga zu Kuchl, meinem Heimatverein, war für mich logisch. Da habe ich auch nicht viel an Profifußball gedacht.
Im zweiten Jahr sind wir in die Regionalliga aufgestiegen, im dritten Jahr waren wir sogar Erster, bevor in der Coronapause abgebrochen wurde. Durch gute Leistungen und Ergebnisse hat es sich dann doch ergeben, dass Profifußball ein Thema wird. Wenn man in die Regionalliga kommt und dort gute Leistungen bringt, ist das möglich. Mir ist dann der Sprung zu Blau Weiß gelungen – ich muss aber sagen, dass der Sprung von der Regionalliga in die 2. Liga nicht leicht gewesen ist. Ich habe bei einigen Vereinen Probetrainings gemacht, bei vielen hat es nicht gereicht. Jetzt stehe ich da wo ich stehe und bin sehr glücklich, dass ich den Weg gegangen bin.
90minuten.at: Wie schwerfallen solche Schritte zurück – zu Grödig, zu Kuchl in die Landesliga – wenn man bei Red Bull Salzburg in der Jugend dabei war?
Seidl: Natürlich, wenn man im Nachwuchs bei Red Bull spielt, hat man dort auch viele Freunde. Dann ist es nicht leicht, dass man von einem Topverein weggehen muss und nicht weiß, wie es weitergeht. Wenn man nicht zum Zug kommt, ist ein Schritt zurück oft besser. Das war in der U14 der Fall, zu Grödig war es dann aber kein großer Schritt zurück. Wir haben in Testspielen gegen AKAs gespielt und oft gewonnen. Der Sprung von der U16 in den Erwachsenenfußball ist nicht leicht, aber in der vierten Liga viel spielen zu können, war auch sehr wichtig.
90minuten.at: Du hast erwähnt, dass der Sprung aus der Jugend in den Erwachsenenfußball nicht leicht ist. Was sind dafür deiner Erfahrung nach die Gründe?
Seidl: Da geht es vor allem ums Körperliche. Wenn größere Spieler daherkommen, hauen sie dich schnell einmal um. Die Zweikämpfe sind robuster, als junger Spieler ist man da meistens Zweiter. Es ist wichtig, dass man sich an den Erwachsenenfußball herantastet. Man ist 15 Jahre alt und spielt auf einmal gegen einen 30-Jährigen, das ist am Anfang nicht so leicht. Wenn man neben den Trainings etwas für den Körper macht, ist das aber möglich.
90minuten.at: Für dich ging es nicht direkt in die Regionalliga, sondern noch eine Stufe weiter nach unten, danach ist der Aufstieg mit dem Heimatverein gelungen. Welchen Stellenwert hatte das für dich?
Seidl: Für mich war das essenziell. Auch um in der dritten Liga beweisen zu können, was man drauf hat. Egal wie gut man in der vierten Liga spielt, da schauen die Profivereine nicht einmal hin. Auch in der dritten Liga wird es erst langsam mehr. Man muss sich in der Regionalliga beweisen, damit man vielleicht weiter oben die Chance bekommt. Der Aufstieg war teilweise glücklich, für meinen Weg aber sehr wichtig.
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90minuten.at: Was bei dir dazugekommen ist, war das Nachwuchsnationalteam. Da warst du – mit einer Ausnahme – der einzige Spieler, der nicht direkt von einem Profiverein gekommen ist
Seidl: Für mich war es ziemlich glücklich, dass der Hans Peter Berger damals noch beim SAK im Tor gespielt hat und beim Nachwuchsnationalteam Torwarttrainer war. Er hat den Trainer auf mich angesprochen und vorgeschlagen, sich ein Spiel von mir anzuschauen. Die Nationalteams beschäftigen sich mit den Akademien, was logisch und sinnvoll ist – für mich war es eine coole Sache, dass ich so für meine Leistungen belohnt wurde.
90minuten.at: Was haben deine Nationalteamkollegen dazu gesagt? Alle spielen im Nachwuchs regelmäßig gegeneinander, und dann kommst du aus der Regionalliga daher…
Seidl: Wirklich gesagt hat niemand etwas. Ich war nicht der Außenseiter, aber natürlich hat man sich ein bisschen anders gefühlt. Ich habe wenige gekannt, da muss man sich ins Team erst einmal einfügen. Natürlich ist es am Anfang nicht leicht, wenn man als einzelner Spieler von einer unteren Liga dazukommt.
90minuten.at: Ab wann hat sich dann der Sprung in Richtung Profifußball angekündigt? Hast du dir das konkret als Ziel gesetzt?
Seidl: Ich glaube als Kind möchte jeder Profifußballer werden. Bei mir ist es erst mit dem Aufstieg in die Regionalliga konkret geworden. Nach ein paar Spielen habe ich gemerkt, dass da etwas drinnen ist, dass ich meine Leistung gut abrufen kann. Dann denkt man natürlich auch nach oben. Mein Berater hatte Kontakte für Probetrainings.
90minuten.at: Du hast gemeint, dass es bei ein paar Probetrainings nicht gereicht hat. Woran hat das damals gelegen?
Seidl: Ich war immer eher kleiner und ein bisschen schmächtiger, das war bei einigen Vereinen der Grund. Bei Blau Weiß hat es gereicht. Wenn man spielerisch, technisch und im Kopf bereit ist, kann man noch körperlich aufholen.
90minuten.at: Vorher hast du erwähnt, dass du schon Erfahrung mit robusteren Spielern mitgebracht hast im Vergleich zu Spielern, die aus der Akademie kommen, hattest du dich ja eigentlich schon bewiesen.
Seidl: Darum ist mit der Einstieg bei Blau Weiß Linz auch recht schnell gelungen. Ich glaube schon, dass es für mich ein Riesenvorteil war, dass ich mehrere Jahre im Erwachsenenfußball gespielt habe. Die Körperlichkeit war vielleicht noch nicht ganz da, so haben das die Vereine gesehen. Vielleicht hat auch die Qualität nicht gereicht. Was genau der Grund war, kann ich auch nicht sagen. Ich glaube, für die Akademiespieler ist es auch nicht leicht, in der 2. Liga anzukommen. Ich habe meinen Weg schon ganz cool gefunden und glaube, dass ich in diesem Bereich einen Vorteil gehabt habe. Die anderen spielen auf höchstem Niveau im Nachwuchs und bekommen eine sehr gute Ausbildung, aber Erwachsenenfußball ist dann schon noch einmal etwas anderes.
90minuten.at: Wie lange hast du gebraucht, um dich anzupassen, nach den Sprüngen nach oben?
Seidl: Das kann man pauschal nicht sagen, aber nach ein paar Wochen Training und Spielen ist man die andere Qualität schon gewohnt. Wenn ein Spieler die Qualität hat, kann man sich recht schnell eine Stufe höher anpassen. Von alleine geht es nicht, man muss immer dran bleiben.
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