Günter Kreissl: “Die ersten Wochen war viel Schmerz da”
Viele Wochen war es still um Günter Kreissl. Wider erwarten ist er nicht zu Sturm zurückgekehrt und hat seine Pause unfreiwillig verlängert. Jetzt ist er wieder bereit für neue Aufgaben und erzählt, wie der Abschied von Sturm für ihn war.
Ich habe diesem Wunsch entsprochen, weil mir Sturm in den letzten Jahren schon so weit ans Herz gewachsen ist, dass das über meine persönlichen Interessen hinausgeht. Und wenn es Zweifel gibt, wenn es wirtschaftliche Notwendigkeiten gibt und wenn einige Leute meinen, es würde nicht mehr passen, dann wäre es außerdem auch nicht mehr in meinem Interesse, diese Arbeit zu machen.
+ + 90minuten.at Exklusiv + + Das Gespräch führte Jürgen Pucher
Günter Kreissl war vier Jahre lang sportlicher Leiter beim SK Sturm in Graz. Es war eine turbulente und intensive Zeit. Eigentlich wollte er letzten Sommer nur eine Pause einlegen, um im Herbst in neuer Rolle wieder durchzustarten. Dazu sollte es nicht mehr kommen. Im Herbst gaben der Klub und Kreissl bekannt, dass die Wege sich trennen werden. Wie ist es ihm seither ergangen? Wie kam es zur Trennung und wie sieht er mittlerweile mit ein wenig Abstand seine Zeit in Graz? Zwischen täglichem Workout, Hausumbau und Zeit mit der Familie, haben wir mit Kreissl über das und einiges mehr gesprochen.
90minuten.at: Seit Juni sind Sie nicht mehr in Graz aktiv. Wie ist es Ihnen seither ergangen?
Günter Kreissl: Es hat gedauert, bis ich in die Regenerationsphase gekommen bin. In der Meistergruppe, als es eine Niederlage nach der anderen gab, war ich zwar nicht mehr vor Ort, habe aber alles verfolgt und habe mitgelitten. Ab Anfang August habe ich dann verstärkt Dinge getan, die für mich und meine Familie gut waren. Viel Sport hat meine Fitness verbessert, ich habe auch viel abgenommen. Ich war im Haushalt aktiv, habe Zeit mit den Kindern verbracht und habe mich dann ab September auch um schulische Dinge gekümmert. Meine Eltern und andere Verwandte haben auch in einigen Bereichen meine Hilfe gebraucht. Trotzdem habe ich mich ab Anfang September gut erholt gefühlt. Ich wäre dann auch bereit gewesen und gerne zu Sturm zurückgekehrt, es ist aber anders gekommen.
90minuten.at: Wieso ist es anders gekommen? Bei unserem letzten Telefonat vor der Pause, war es im Prinzip klar, dass Sie im Oktober zurückkehren. Über den Sommer gab es in Graz schon die eine oder andere relativierende Wortmeldung und schließlich war im Herbst eine Pressekonferenz, wo das Ende der Zusammenarbeit verkündet wurde.
Kreissl: Mir ging es in der Abfolge eigentlich so ähnlich. Nach und nach habe ich gerüchteweise vernommen, dass man sich bei Sturm nicht mehr so sicher ist, ob meine Rückkehr so eine gute Idee sei. Es ging im Wesentlichen um zwei Dinge. Corona und die damit eingeschränkten finanziellen Mittel und um viel verloren gegangene Energie am Ende der letzten Saison, wo ich aber nicht einmal mehr vor Ort war, wie ich anmerken möchte. Trotzdem ist diese schlechte Meisterrunde stark an meinem Namen hängen geblieben. Es ging dann auch noch um das Thema Emanzipation für den neuen Geschäftsführer Sport Andreas Schicker. Kurzum, all das habe ich gehört und habe im September den Klub kontaktiert und um Klarheit gebeten.
90minuten.at: Wie haben die Verantwortlichen reagiert?
Kreissl: Ich habe sehr schnell eine Antwort bekommen. Ich bin einmal nach Graz gefahren, habe mit beiden Geschäftsführern gesprochen und den Wunsch geäußert, nicht ein paar Tage vor Dienstantritt zu erfahren, dass es vielleicht doch nicht mehr so optimal wäre. Kurz darauf hat sich Präsident Christian Jauk gemeldet und wir haben im Rahmen eines persönlichen Treffens ein langes, wertschätzendes Gespräch geführt. Er hat mich gefragt, ob ich mir aus den bereits erwähnten Gründen vorstellen kann, darauf zu verzichten mein Amt anzutreten. Ich habe diesem Wunsch entsprochen, weil mir Sturm in den letzten Jahren schon so weit ans Herz gewachsen ist, dass das über meine persönlichen Interessen hinausgeht. Und wenn es Zweifel gibt, wenn es wirtschaftliche Notwendigkeiten gibt und wenn einige Leute meinen, es würde nicht mehr passen, dann wäre es außerdem auch nicht mehr in meinem Interesse, diese Arbeit zu machen.
90minuten.at: Das wirtschaftliche Argument kann aber nicht das entscheidende gewesen sein, oder? Eine Personalie - Corona hin oder her - kann nicht Gedeih oder Verderb eines Bundesligisten ausmachen. Und die Art der Zusammenarbeit mit Andreas Schicker muss ja auch vor der Pause in den Grundzügen schon definiert worden sein. Der Meinungsschwenk über den Sommer kommt da schon überraschend.
Kreissl: Das war auch alles besprochen und es wäre aus meiner Sicht kein Problem gewesen in neuen Rollen zusammenzuarbeiten. Wir haben natürlich gewusst, dass eine Umkehr der Hierarchie nicht üblich ist. Ich habe aber mit Andi Schicker viele Jahre gemeinsam gearbeitet. Wir waren damals der Meinung, dass wir das hinkriegen können. Aber wie das öffentlich und im Umfeld wahrgenommen wird, ist eine andere Geschichte. Da hat es offenbar einige gegeben, auch Journalisten, die die Meinung vertreten haben, Günter Kreissl würde ohnehin im Hintergrund weiter die Fäden ziehen. Vielleicht haben wir das alle unterschätzt, dass es so eine Entwicklung geben wird.
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