"Müssen froh sein, wenn wir überhaupt den Grunddurchgang spielen können"

Die Regionalliga Ost stand in den letzten Wochen im Fokus, nun einigte man sich auf einen 13-Liga-Kompromiss. Obmann Werner Trost spricht im 90minuten.at-Interview über die letzten Wochen, finanzielle Fragen und über die Frage, ob die Liga überhaupt alle Runden spielen wird können.

Es geht schon darum, die Regionalliga anders zu verwalten. In den letzten vier Jahren, die wir dabei sind, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir das professioneller machen könnten.

Werner Trost, Obmann FCM Traiskirchen

Die Zuschauer bleiben aber aus, es gibt Champions- und Europa League. Aber: Ich muss in den Stadien etwas bieten, den Nachwuchs in das Stadion bringen.

Werner Trost, Obmann FCM Traiskirchen

+ + 90minuten.at Exklusiv + + Das Gespräch führte Georg Sander

 

Nun startet die Regionalliga Ost nach wochenlangem Hin und Her zwischen den Vereinen und den Landesverbandspräsidenten doch mit einer 13er-Liga. Dafür mit mehr Spielen. Man einigte sich letztlich am Mittwoch, zwei Tage vor dem heutigen Ligastart, auf einen Grunddurchgang und Playoffs - ohne Punktehalbierung, mit sechs Teams oben, mit sieben unten. Eine österreichische Lösung, aber wohl das Beste, was es ohne mutige Entscheidungsträger, so sagen manche, oder Rechtssicherheit, das sagen ebendiese, zu erreichen gab. 

FCM Traiskirchen-Obmann Werner Trost blickt auf die letzten Wochen zurück und weiß auch, dass damit Schluss sein muss. Im Interview mit 90minuten.at spricht er nicht nur über die neue Liga in den berühmten "Zeiten von Corona", sondern auch darüber, dass sich in der Ostliga einiges zu ändern hat. Schließlich sei das die dritte Liga, für viele Klubs das Höchste der Gefühle. Dennoch gibt es einiges an fußballerischer Qualität. Nicht wenige aktuelle Bundesliga-Kicker machten sich in der dritten Liga einen Namen, etwa Ercan Kara (von Mauerwerk via Horn zu Rapid) oder Christoph Monschein (von Ebreichsdorf via Admia zur Austria). Wie in vielen Bereichen auch zwingt die Situation rund um Covid-19 auch die Ostliga zu einem Um- und Neudenken. Denkanstößte gibt es von Trost.

90minuten.at: Die Ostliga, das wissen wir seit Mittwoch, wird mit 13 Teams, Grunddurchgang und Play-Offs gespielt. Blicken wir zurück. Die Beschneidung der Liga begann mit dem Rückzug von Ebreichsdorf, bereits Ende April. Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Werner Trost: Es fängt damit an, dass in den Statuten nirgends festgelegt ist, wenn einer sich zurückzieht. Die Wiener haben den Platz beansprucht, die Burgenländer und natürlich die Niederösterreicher. Man hat sich gegenseitig niedergestimmt. Wir haben die Entscheidung damals hingenommen, weil wir gesagt haben: Dann gibt es eben 14 Spiele, damit muss man eben leben lernen. Dann sind die Dinge rund um Mattersburg aufgekommen und die Nachbesetzung der 2. Liga mit Rapid II. Als Klassenausschuss haben wir gesagt, dass wir wohl nur 13 sein werden. Wenn es rechtlich nicht funktioniert, dann müssen wir etwas unternehmen, damit wir für die Regionalliga das Beste rausholen. Dann kam es zu einem öffentlichen Hickhack. Von einem Boykott war aber nie die Rede, nur, dass man eben vielleicht nicht die erste Runde spielt. Wir haben versucht, Klageverzichtserklärungen der Landesligisten zu bekommen, um die Verbandschefs rechtlich zu überzeugen, dass niemand klagt, wenn wer in die Ostliga geholt wird.

 

90minuten.at: Man konnte die Problemlage irgendwie von allen Seiten nachvollziehen. Aber warum hat man nicht miteinander geredet?

Trost: Das habe ich auch nicht verstanden. In der Regionalliga Mitte hat man es geschafft, da war es für mich unverständlich, dass wir es in den zwei größten Bundesländern nicht schaffen. Auch ich als Vereinschef habe Verpflichtungen gegenüber meinen Spielern, schon seit März. Wir haben 14, 15 Spieler angemeldet, nur bei einem Drittel konnten wir die Kurzarbeit beantragen. Wir mussten die Verträge erfüllen, haben aber keine Einnahmen. Es musste etwas unternommen werden. Einfach so über uns drüberfahren und sagen, dass wir nur zwölf Spiele haben, obwohl wir für 15 Heimspiele Einnahmen einplanen, das wird sich nicht ausgehen.

 

90minuten.at: Um welche Summen geht es da konkret? Was lukriert man bei einem Heimspiel?

Trost: Es gibt eine Matchpatronanz um 1.000 Euro, bei 200 zahlenden Gästen hat man 2.000 Euro, die Kantine bringt 3.-4.000 Euro, von dem man den Materialeinsatz abziehen muss. Es beläuft sich auf 7.000, 8.000 Euro. Dann kommt es auf die Verträge an. In Traiskirchen haben wir schon den meisten Teil der Punktprämien im Lohn enthalten. Aber es gibt wahrscheinlich auch Vereine, die höhere Punktprämien haben und weniger Fixum.

 

90minuten.at: Das wäre dann doch eine fünfstellige Summe, wenn man 12 statt 14 oder 15 Heimspiele hat, die fehlt. In einem sechsstelligen Budget wäre das ein nicht zu vernachlässigender Posten.

Trost: Natürlich. Man kann schon sagen, dass das zwei Spieler sind, wenn einer 700, 800 Euro verdient. Ein Klub, der einen Hauptsponsor hat, der die Sponsorsumme erhöhen kann, ist das wohl kein so großes Problem. Aber Klubs wie wir, die 70, 80 Kleinsponsoren und Gemeindesubventionen haben, ist das nicht leicht, 15.000 oder 20.000 Euro herzubekommen. Da braucht man dann zehn neue Sponsoren, wie soll das in der jetzigen Zeit gehen? Bei uns in der Gegend gibt es viele Gastronomiebetriebe, die selbst auch von Corona betroffen sind. Wir müssen uns jetzt schon überlegen, ob wir im Winter den Kader reduzieren, um im Frühjahr geringere Fixkosten zu haben.

 

90minuten.at: Das ist jetzt durch die Play-Off-Regelung anders.

Trost: Es gibt nun die Sechsergruppe oben und unten eine Siebenergruppe. Es gibt zudem nur dann einen Absteiger, wenn in der 2.Bundesliga auf dem letzten 2 Plätzen Wiener oder Niederösterreicher sind. Sonst wird mit den Landesligameistern aufgefüllt. Wir haben keine Punktehalbierung, aber nur eine Runde. Jeder in der Aufstiegsrunde hat dann mindestens zwei Heimspiele. Das wird zugeordnet und gelost. Wichtig war, dass wir das jetzt vor dem Meisterschaftsstart hinbekommen haben. Das Gespräch am grünen Tisch war sehr gut. Aber man muss ohnehin froh sein, wenn wir aufgrund der Corona-Situation überhaupt den Grunddurchgang spielen können.

 

90minuten.at: Aber man kann ja auch in den Sommer hineinspielen, das kann die Bundesliga wegen der Euro nicht.

Trost: In der Ostliga gibt es viele Profis, wir können auch englische Runden spielen. Wir haben einige, die nur Fußball spielen, andere studieren oder gehen arbeiten. Es sollte aber jederzeit möglich sein, die Spiele nachzuholen, wenn die Regierung mit ihren Verordnungen mitspielt.

 

90minuten.at: Wenn man sich die Struktur ansieht, dann wirkt es so, als ob man die Ostliga halt jahrelang laufen hat lassen, nun will man sich ohnehin professioneller aufstellen. Hat man das in den letzten Jahren einfach verpasst und ist jetzt dazu gezwungen?

Trost: Es geht schon darum, die Regionalliga anders zu verwalten. Die Bundesliga hat das damals gemacht, weil man nicht wirklich eine Einstimmigkeit mit neun Landesverbänden bekommt, auch mit unseren drei Landesverbänden ist es schwer. Man braucht meiner Ansicht nach einen Manager, der sich um die Regionalliga kümmert. Die Landespräsidenten müssen sich ja auch um ihre Vereine kümmern. Es gibt eine ungerade Paritätische Kommission. In den letzten vier Jahren, die wir dabei sind, bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir das professioneller machen könnten. Wir brauchen uns aber vor der 2. Liga nicht verstecken. Die Ostliga ist sportlich sehr interessant.

 

90minuten.at: Wobei man schon auch anmerken muss, dass die Diskussion nicht so groß gewesen wäre, wenn es nicht um die Vienna gegangen wäre sondern Elektra oder Austria 13.

Trost: Man muss schon sagen, dass im Burgenland die landesweiten Nummer eins und zwei spielen mit Neusiedl und Draßburg. In Niederösterreich spielen ab Platz fünf bis zehn die Klubs in der dritthöchsten Liga. In Wien gibt es Austria, Rapid, den FAC, die zwei Zweitvertretungen und dann kommt schon der Sportclub, die Wiener Viktoria, Wiener Linien, Mauerwerk die Vienna. Das ist ja alles meiner Meinung nach nicht uninteressant. Wien und Niederösterreich sind von der Einwohnerzahl her die größten Bundesländer, somit gibt es auch die meisten Fußballspieler, abseits von Salzburg und Linz. Außerdem wollten viele die Vienna nicht rauf lassen. In der Wiener Liga spielen sie normalerweise vor ca. 100 Zuschauer, kommen die Döblinger, sind es 700 da schaut es dann finanziell natürlich anders aus. Da steht man in Niederösterreich und Burgenland besser da.

 

90minuten.at: Aber es ist schon so, dass man die Ostliga eben laufen ließ und jetzt eben was ändern muss.

Trost: Sicherlich wurde jetzt vieles aufgedeckt. Aber was ist denn das Problem hier im Osten? Ebreichsdorf hat gegen Salzburg mehr Fans in die Südstadt gelockt als die Admira. Im Osten gibt es sehr viele Vereine. Jetzt spielen alle am Freitag. Rund um Traiskirchen spielen zehn Vereine am Freitag ein Heimspiel. Da sind in den unteren Klassen pro Spiel hundert bis 120 Menschen auf den Plätzen. Die würden auch zu einem höherklassigen Spiel gehen, wenn es mehr Freiheit gebe. Außerdem hat sich die Zeit verändert. Wer sich für Fußball interessiert, kann mit DAZN oder Sky die ganze Woche Barcelona und Co. schauen. Früher sind die Leute auf den Fußballplatz gegangen, in ihrer Heimatgemeinde.

 

90minuten.at: Das meine ich. Die Grundsätze der Regionalliga sind in die Jahre gekommen.

Trost: Das muss mit Sicherheit überarbeitet werden. Wenn drei Verbände die Ostliga als Anhängsel haben, wie soll das funktionieren? Viele Köche verderben den Brei. Wir müssen daran arbeiten. In der Bundesliga gibt es solche Streitereien nicht. Klar gibt es dort auch Diskussionen, aber am Ende gibt es eine klare Entscheidung. Irgendetwas muss man sich überlegen. Man muss sich das ja so vorstellen: Ich bin ganz normal angestellt im Berufsleben und leite den Verein nebenbei als Hobby. Das ist viel schwerer als in der Bundesliga, wo auch die Politik mehr mithilft und man die Arbeitskraft ganzen Tag aufwenden kann. Da ist es leichter Manager zu sein als in einer Regionalliga.

 

90minuten.at: In den nächsten Monaten wird sich also einiges tun rund um die Ostliga?

Trost: Es sind bei einem Heimspiel in Dortmund mehr Fans als in unserer Bundesliga in allen Stadien. Und wenn man sich die Schlachtgesänge anhört, geht man als Familie nicht hin. Die Zeiten von so einer Sprache sind vorbei. Die heutige Jugend hat iPhones, geht Tennis und Golf spielen. Der Standard ist höher. Es gibt auch mehr verschiedene Sportvereine. In Traiskirchen gibt es 200 Kinder in der Basketballbundesliga, 80 beim Baseball und bei uns 200 Kindern im Nachwuchs. Die Zuschauer bleiben aber aus, es gibt Champions- und Europa League. Aber: Ich muss in den Stadien etwas bieten, den Nachwuchs in das Stadion bringen. In Deutschland fühlen sich Eltern mit ihren Kindern wohl, da werden die zukünftigen Stadionbesucher herangezüchtet. Wo gibt’s das in Österreich? Es braucht viele neue Strukturen, die Vereine müssen sich da gemeinsam bemühen. Es kommt aber immer auch drauf an, was die Verbände zulassen. Wir können als Ostligisten nur aufzeigen. Dazu braucht es auch eine Einigkeit. Offiziell gibt es das, aber hinter den Rücken dann nicht. Wenn ich für oder gegen etwas bin, dann sage ich es auch wenn mir etwas nicht passt! Auch wenn von Verband dann wer anruft und sagt: Werner, spiel dich nicht so auf, das fällt auf dich zurück, dann bekommst du Probleme. Ich will meine Meinung sagen können, es geht um den Fußball und um die Gesundheit beim Sport nicht um persönliche Befindlichkeiten. Wir müssen lernen besser zu kommunizieren die Vereine und Verbände für die Zukunft unseres geliebten Fußballs