Philip Thonhauser: "Ich sehe als meine Verantwortung, für die kleinen Klubs aufzustehen"

Bundesliga-Aufsichtsratsvorsitzender Philip Thonhauser im Interview mit 90minuten.at über die Vertrauenskrise einiger Klubs gegen den Bundesliga-Aufsichtsrat.

Wenn einige Großklubs aus der Hauptstadt mit allen Mitteln versuchen, ihre Macht auszubreiten, sehe ich es als meine Verantwortung, für die kleinen Klubs aufzustehen. Dafür bin ich in den Aufsichtsrat gewählt worden, und dafür stehe ich ein.

Philip Thonhauser

++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Von Michael Fiala

Hinweis: Die Fragen wurden aufgrund des Zeitunterschiedes zu New York (Aufenthaltsort von Philip Thonhauser) per Mail übersendet und beantwortet.

 

90minuten.at: Wie werten Sie den Umstand, dass 7 von 12 Bundesliga-Klubs einen Antrag auf Erweiterung des Bundesliga-Aufsichtstrates eingebracht haben? 

Philip Thonhauser: Es wurde eine vorübergehende Erweiterung (24 Monate) zur Bewältigung der Corona-Krise eingebracht. Insofern werte ich den Antrag als Besorgnis vieler Klubs in einer herausfordernden Zeit.


90minuten.at: Denken Sie, dass diese sieben Klubs mit Ihrer Arbeit als Aufsichtsrat nicht zufrieden sind?

Thonhauser: Ich denke, dass viele dieser sieben Klubs - aber vor allem Austria und Rapid - in dieser Krisenzeit nach mehr Information und mehr Einbindung seitens “der Bundesliga” lechzen. Daher habe ich als in der Klub-Konferenz vorgeschlagen, in dieser Krisenzeit alle 12 Bundesliga-Klubs viel stärker einzubeziehen.


90minuten.at: Denken Sie, dass der Umstand, dass Sie sehr viel Zeit in den USA verbringen, für Ihre Position im Buli-Aufsichtsrat hinderlich ist?

Thonhauser: Dieses Argument wird von einigen wenigen Klubs gerne verwendet, um sich selbst als bessere Lösung ins Rampenlicht zu stellen, kommt meistens aus der selben Richtung und ist als politische Taktik einzuordnen. Diese Frage bringt aber eine ganz anderes Thema ans Licht.


90minuten.at: Welche?

Thonhauser: Wie wird die Rolle des Aufsichtsrates verstanden? Es gibt Statuten der Bundesliga, wo ganz klar geregelt ist, welche Aufgaben der Aufsichtsrat hat. Dazu gehört v.a. die Überwachung und Beratung des Vorstandes! Aus Tradition heraus wünschen sich manche Vereine - gerade in Krisenzeiten - eine "BuLi-Präsident” der “alten Schule”, was verständlich ist. Viele Menschen suchen nach der “starken Hand” in Krisenzeiten. Die Bundesliga (und hierfür haben alle Vereine gestimmt) hat sich aber eine moderne, professionelle Struktur verpasst, wo der (hauptberufliche) Bundesliga-Vorstand die Geschäfte führt und die Liga nach außen vertritt. Dennoch habe ich nach der letzten AR-Sitzung vom 14.4., wo der gemeinsame Wunsch nach Unterstützung durch den Aufsichtsrat geäußert wurde, innerhalb von 12h einen Termin mit dem Sport-Ministerium organisiert. Dazu braucht es gute Kontakte und ein Mobiltelefon. Beides habe ich ich. Die Frage, wo ich gerade physisch bin, ist hierzu nebensächlich. Und außerdem es gibt AR-Kollegen, die es auf weniger “Sitzungs-Minuten” bringen, obwohl sie fast ausschließlich in Österreich sind. Also: Die Frage meines Aufenthaltsortes ist nicht entscheidend. Ich bin - gerade in diesen Zeiten - im selben Maße “verfügbar”wie meine AR Kollegen und habe kaum eine Sitzung verpasst.

90minuten.at: Warum hat die Admira aber dann diesen Antrag auf Zulassung zur Tagesordnung am Freitag im Rahmen der Bundesliga-Klubkonferenz abgelehnt?

Thonhauser: Weil hier die gesamte Bundesliga zu fragen ist, also alle 28 Klubs. Der Antrag ist somit im falschen Gremium eingebracht worden. Und hier sehe ich auch das Problem: Wenn einige Großklubs aus der Hauptstadt mit allen Mitteln versuchen, ihre Macht auszubreiten, sehe ich es als meine Verantwortung, für die kleinen Klubs aufzustehen. Dafür bin ich in den Aufsichtsrat gewählt worden, und dafür stehe ich ein. Es wäre eine Geringschätzung unserer Statuten, somit auch unserer Werte, und auch der kleinen Vereine, wenn hier nur die Interessen der “Großen” berücksichtigt werden. Darum habe ich gegen die Zulassung dieses Antrag gestimmt. Und nochmals: Ich bin absolut für eine “Task Force Krisenbewältigung”, der alle 12 Klubs der obersten Spielklasse angehören sollten. Das hat aber nichts mit der Funktion und der Größe des Aufsichtsrates zu tun. Mittlerweile sind alle im Umgang mit TelCo’s vertraut, somit sollte ein regelmäßiger Austausch leicht machbar sein. 

 

90minuten.at: Was sagen Sie zu den Vorwürfen, wonach die Kritik am aktuellen Aufsichtsrat auch darin besteht, dass Klubs wie Admira, LASK oder Wattens nicht 100%ig hinter einer Wiederaufnahme der aktuellen Saison stehen?

Thonhauser: Wäre interessant zu verstehen, wer sowas behauptet. Denn in der Klubkonferenz und im Aufsichtsrat haben sich alle Klubs zum Fußball-Spielen bekannt. Ich kann allerdings für mich sagen, dass es medizinische bzw hygienische Gesichtspunkte gibt, die ich mir erlaube zu beleuchten. Da spielt auch mein beruflicher Hintergrund eine Rolle. Kluge Hygienekonzepte sind zum Beispiel keine Frage des Mutes, sondern der Vernunft. Im Bereich der Wissenschaft gibt es kein „Mehrheiten“, sondern Fakten. Ich denke dass hier unterschiedliche Herangehensweisen existieren, und es gut war, dass das Konzept der BULi von verschiedenen Seiten beleuchtet wurde.

 

90minuten.at-Exklusiv: Bundesliga - Die Coronakrise wurde auch zur Vertrauenskrise