Markus Kraetschmer: „Wir sind derzeit in einem gewissen Teufelskreis gefangen“
Im Interview mit 90minuten.at spricht Austria-Vorstand Markus Kraetschmer über Medienberichte, wonach die finanzielle Situation der Austria derzeit nicht rosig sei, wie der Finanzplan der Austria derzeit aussehe und wie man aus der Spirale wieder herauskommen möchte.
Das möchte ich heute noch nicht sagen. Der Geschäftsbericht ist so wie mit der Bundesliga vereinbart, abgegeben worden. Wir werden auch so wie schon letztes Jahr einen Geschäftsbericht öffentlich publizieren, das wird im November oder Dezember passieren.
Die Beschlusslage erlaubt, einen oder mehreren Partner zu finden, die zusammen maximal 24,9 Prozent der Austria-Anteile erwerben.
Aktuell gibt es bei Transfers keinen Finanzpolster. Aber wie schon von Peter Stöger erwähnt, arbeiten wir daran, diesen Polster zu bekommen. Uns ist klar, dass die Mannschaft umgebaut werden muss.
++ 90minuten.at-Exklusiv ++ Das Gespräch führte Michael Fiala
Die Aufregung war durchaus groß: Laut einem Kurier-Artikel droht der Austria im schlimmsten Fall sogar ein Punkteabzug, wenn der Klub aus Favoriten die finanziellen Auflagen der Bundesliga nicht einhalten kann. 90minuten.at hat daher den Austria-Vorstand, der derzeit im Ausland weilt, und Gespräche für eine bessere Austria-Zukunft führt, am Telefon erreicht und mit den wichtigsten Fragen zu diesem Thema konfrontiert.
90minuten.at: Die Austria musste bis zum 15. Oktober aufgrund der Finanzauflagen einen überarbeitenden Budget- und Liquiditätsplan für 2019/20 abgeben. In wenigen Worten zusammengefasst: Wie sieht der Ausblick aus?
Markus Kraetschmer: Der Ausblick sieht so aus, dass wir die aktuelle Situation kennen, das Sommertransferfenster hinter uns gebracht ohne jedoch einen größeren Transfer von der Austria weg getätig zu haben und uns leider auch nicht der Einzug in die Gruppenphase gelungen ist. Der finanzielle Ausblick, den wir auch bei der Bundesliga abgegeben haben inklusive der Bilanz für die abgelaufene Saison 2018/19 zeigt, dass die Austria in der aktuellen Saison 2019/20 ausfinanziert ist. In diesem Konzept gibt es natürlich gewisse Prämissen wie den sportlichen Erfolg oder auch das Zuschauerinteresse. Dieses Konzept hat der Senat der Bundesliga jetzt zu beurteilen. Wir warten jetzt ab, wie der Senat darauf reagiert.
90minuten.at: Haben Sie Bedenken, dass der Senat negativ reagiert?
Nein, ich habe keine Bedenken. Wir haben das Konzept nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Aber es ist klar, dass die Situation der Austria mit dem Star Projekt mit der Finanzierung der Infrastruktur aber auch mit dem Viola Park speziell ist. Wenn sich für den Senat, der im November dazu tagen wird, Nachfragen ergeben sollten, werden wir diese natürlich beantworten.
90minuten.at: Können Sie die Gerüchte, die im Kurier erwähnt wurden, wonach die finanzielle Situation der Austria „nicht rosig sei“, nachvollziehen? Oder anders gefragt: Wie interpretieren Sie „nicht rosig“?
Es ist ein Faktum, dass wir uns mit den Investitionen ins Star Projekt einer größeren Herausforderung gestellt haben. Hier ist es wichtig, dass Fristen eingehalten werden, sei es, wenn wir Zahlungen leisten müssen oder auch Zahlungen an uns zu leisten sind. Zudem, wie schon eingangs erwähnt, haben wir uns leider nicht für die Gruppenphase qualifiziert, die Transfererlöse sind auch nicht eingetreten und der Sponsoringmarkt hat auch noch Potenzial.
90minuten.at: Sie haben vorher die Geschäftsbilanz 2018/19 erwähnt. Wie hat die Austria das Geschäftsjahr 2018/19 abgeschlossen?
Das möchte ich heute noch nicht sagen. Der Geschäftsbericht ist so wie mit der Bundesliga vereinbart, abgegeben worden. Wir werden auch so wie schon letztes Jahr einen Geschäftsbericht öffentlich publizieren, das wird im November oder Dezember passieren. Ich möchte aber im Vorfeld noch nicht darüber sprechen, weil wir mit dieser Sonderkonstellation mit dem Thema Infrastruktur noch Themen aufarbeiten.
90minuten.at: Aber können Sie sagen, dass das Geschäftsjahr 2018/19 positiv abgeschlossen wurde?
Wie vorher schon erwähnt, möchten wir das jetzt noch nicht kommunizieren, sondern dann, wenn der Geschäftsbericht für alle vorgestellt wird.
90minuten.at: Peter Stöger meinte zuletzt, dass man daran arbeite, um einen finanziellen Spielraum für Transfers im Winter zu haben. Wie sieht der Spielraum aus?
Aktuell gibt es bei Transfers keinen Finanzpolster. Aber wie schon von Peter Stöger erwähnt, arbeiten wir daran, diesen Polster zu bekommen. Uns ist klar, dass die Mannschaft umgebaut werden muss. Wir basteln täglich an der Zukunft, das ist auch der Grund, warum ich viel unterwegs bin im In- und Ausland, um alternative Finanzierungsformen zu finden bzw. zusätzliche Gelder zu lukrieren.
90minuten.at: Alternative Finanzierungsformen heißt konkret was?
Eines der Themen sind Investoren, also eine Beteiligung an der Aktiengesellschaft. Es gibt dazu eine klare Beschlusslage des Präsidiums, dass sich Präsident und Vorstand um potenzielle Aktionäre bemühen sollen und dürfen. Da wurde ein Prozess aufgesetzt, diese Gespräche laufen nun im In- und Ausland. Ziel ist es, zusätzliche Finanzierungsmittel zu schaffen, um in den Sport bzw. in die erste Mannschaft investieren zu können. Und natürlich arbeiten wir auch daran, weitere Sponsorenpartner zu finden. Wir müssen aber vorsichtig sein und können jedenfalls nicht in Vorleistung gehen.
90minuten.at: Wie konkret sind die Gespräche bzgl. eines Aktionärs bei der Austria?
Wir versuchen, diese Gespräche voranzutreiben. Es gibt aber derzeit kein konkretes Angebot, aber laufende Gespräche. Man muss dazu auch wissen, dass die Findung eines großen Aktionärs in der Regel zwischen sieben und zwölf Monate dauert. Man kann daher nicht erwarten, dass wir in Kürze hier zu einer Entscheidung kommen. Angebote gibt und gab es immer wieder, aber wir müssen hier natürlich auch die Seriosität prüfen. Ein Pyrrhussieg mit einem Partner, der zwar kurzfristig finanziell lukrativ erscheint, aber strategisch nicht passt, wäre fatal. Wir wollen einen Partner gewinnen, der den strategischen Weg der Austria mitgehen will.
90minuten.at: Die Grenze bei der Beteiligung liegt weiterhin bei 25 Prozent?
Die Beschlusslage erlaubt, einen oder mehreren Partner zu finden, die zusammen maximal 24,9 Prozent der Austria-Anteile erwerben.
90minuten.at: Der Blick in die Wintertransferzeit erlaubt aus heutiger Sicht welche Perspektive?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Wir schaffen es, zusätzliche Geldquellen zu lukrieren, etwa durch Sponsoren. Wir können auch darauf schauen, dass wir durch Transfers im Winter Gelder hereinholen. Oder wir geben Spieler ab, die unter Vertrag sind, die auch wieder Geld frei machen. Derzeit arbeiten wir, Peter Stöger und ich, intensiv daran. Stöger redet dazu mit den Spielern und ich auf meiner Seite kümmere mich darum, neue finanzielle Mittel aufzustellen.
90minuten.at: Aber Stand heute, 24. Oktober, sieht der Spielraum wie aus?
Stand heute hat sich der Spielraum nicht riesig verändert. Wir müssen nun mit kleinen oder großen Schritten den Weg gehen, um den Spielraum zu ermöglichen.
90minuten.at: Was sind die Hauptgründe, warum es für die Austria finanziell angespannter läuft als vor ein, zwei Jahren noch geplant?
Wir haben immer ein sehr ambitioniertes Ziel gehabt, auch speziell mit Blick auf die Einnahmenpotenziale durch die neue Arena. Wir haben nach dem ersten Jahr in der Arena auf der Kosten- und Aufwandseite einiges gelernt. Es gibt Bereiche, wo wir sehr vorsichtig und übertrieben geplant haben. Es gibt aber auch andere Themen, die wir unterschätzt haben. Was uns natürlich am meisten weh gut, sind fehlende Einnahmen aus Europacup und Transfers. Da sind wir derzeit in einem gewissen Teufelskreis gefangen.
90minuten.at: Zudem gibt es immer wieder Gerüchte, dass das Stadion viel teurer war als ursprünglich geplant. Was sagen Sie dazu?
Es gibt viele Gerüchte. Wir haben bewusst während der Bauzeit die ursprüngliche Kalkulation nachgeschärft, inklusive Finanzierungskonzept. Das ist jetzt in Form von Zinsen, etc. zu zahlen. Parallel arbeiten wir daran, auch die laufenden Einnahmen zu erhöhen. Jetzt mit Peter Stöger als zweiten Vorstand habe auch ich mehr Kapazitäten, mich darum zu kümmern.
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