Oliver Egger: "Möchte eigentlich nur Spaß am Sport haben"
Punkto Homophobie braucht es noch Sensibilisierungsarbeit. 90minuten.at hat mit Oliver Egger, dem Ombudsmann der Anlaufstelle gegen Homophobie gesprochen.
Ich hab das ganz plakativ gemacht. Mein damaliger Freund kam auf eine Geburtstagsfeier nach und wir haben einfach vor allen geschmust.
Von Georg Sander
Oliver Egger ist Österreichs erster offen schwuler Fußballer und seit ein paar Wochen der Ombudsmann in Sachen Homophobie im heimischen Fußball. Im Fußballjournal bei 90minutenFM erklärt er sehr eindringlich, was homophobe Beschimpfungen bei einem homosexuellen Spieler auslösen: „Es kommt schon auf die Tagesverfassung an. Manchmal macht es mir gar nichts. Aber an Tagen, an denen ich nicht gut drauf bin, denke ich mir schon: Warum müssen die jetzt genau „schwul“ oder „Schwuchtel“ als Schimpfwort verwenden. Generell: Warum ist das mit was Negativem behaftet?“ Es tue weh. Man verletze Menschen damit, sagt der Gratkorn-Kicker. Es habe sogar Gegenspieler gegeben, die ihn vor und während dem Spiel „auf tiefste“ homophob beschimpft hatten. „Ich möchte mich aber eigentlich nur auf die 90 Minuten konzentrieren und Spaß am Sport haben. Das ist dann echt nicht einfach.“
Abstufungen?
Es ist natürlich schade, dass es 2019 eine derartige Stelle oder überhaupt noch Kampagnen gegen Homophobie braucht. Aber die Stelle ist in Europa einmalig, was auch sehr viel aussagt. Und Fußball ist eben leider nach wie vor ein Sport, in dem es 'echte Männer' gibt, die 'Eier aus Stahl' brauchen und nicht 'wie Mädchen' spielen sollen – solche oder ähnliche Aussagen, Gesänge und Beschimpfungen sind leider nach wie vor Gang und Gebe. Im Unterschied zu rassistischen Äußerungen, die in Österreichs (höheren) Ligen nur noch in Ausnahmen vorkommen.
Egger sieht hier unterschiedliche Maßstäbe: „Da gab es einmal ein Derby zwischen Dortmund und Schalke. Weidenfeller hat Asamoah geschimpft, nannte ihn ein 'schwarzes Schwein'. Der Keeper bekam vom DFB sechs Wochen Strafe. Dortmund verteidigte sich, er habe nur 'schwules Schwein' gesagt. Die Strafe wurde reduziert.“ Eggers Reaktion: „What the fuck, was geht in euch vor? Das eine ist genau so verachtenswert wie das andere. Es wird aber nach wie vor abgestuft.“ Das habe wohl auch die UEFA verschlafen. Und am Ende gehe es bei allen derartigen Beschimpfungen darum, den Beschimpften zu 'entmännlichen' – Was auch immer das bezwecken soll, denn was ist denn eigentlich überhaupt 'männlich'? Wie auch immer: Egger wünscht sich, dass Schwulen- und Lesbenhass wie Rassismus und Antisemitismus auch geahndet werde. Er bezweifelt zudem, dass das Thema auf Funktionärsebene überhaupt schon so verankert sei.
Der eigene Weg
Für Oliver Egger war es ein vergleichsweise weiter Weg zum eigenen Coming Out. Dieser soll kurz illustriert werden, um eine Ahnung davon zu erhalten, wie es sich für einen schwulen Kicker in der Jugend anfühlt. . „Ich hätte mich mit 16, 17 Jahren nicht getraut, mich zu outen. Ich war schüchtern und ängstlich“, blickt er zurück, „ich war unsicher hoch zehn und habe mich bis 22 versteckt. Ich hatte Angst, hatte das Gefühl, nicht dazu zu gehören oder ausgegrenzt und beschimpft zu werden.“ Irgendwann war aber der Zeitpunkt da, es „konnte so nicht weiter gehen, mir ging es so nicht gut. Seitdem geht es mir richtig gut.“
Nach dem Outing bei Familie und Freunden folgte 2016 das Outing vor den Mannschaftskollegen des FC Gratkorn. „Ich hab das ganz plakativ gemacht. Mein damaliger Freund kam auf eine Geburtstagsfeier nach und wir haben einfach vor allen geschmust. Ich wollte mich dann doch nicht hinstellen und sagen: Ich bin schwul.“ Bei der Mannschaft war es dann kein großes Thema. Es gab später eine TV-Dokumentation und nun die Ombudsstelle. Oliver Egger will durchaus ein Vorbild sein, damit andere diese Leidensgeschichte nicht durchmachen müssen. Denn: „Schwule oder lesbische Jugendliche sind nicht alle gestandene Persönlichkeiten. Die sitzen auf der Tribüne neben einem und das kann sehr prägend sein, wenn geschimpft wird.“
Schwule Superstars? Das gesamte Gespräch mit Oliver Egger auf 90minutenFM:
Weiterführende Links:
FUSSBALL FÜR ALLE - http://www.fussballfueralle.at/
Die Hotline für alle Menschen im Fußball, die aufgrund ihrer Sexualität Diskriminierung erfahren haben.
ombudsstelle@fussballfueralle.at
0664 378 83 98
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Tel.: 142 (Notruf), täglich 0–24 Uhr
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Ambulanz zur Bewältigung von akuten psychosozialen Krisen. Telefonische, persönliche oder E-Mail-Beratung
Online unter www.kriseninterventionszentrum.at.
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Tel.: 01 31330, täglich 0–24 Uhr
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Online unter www.psd-wien.at.