Markus Schopp: „Der Verein hat zu definieren, wie man spielen will.“

Hartberg-Trainer Markus Schopp spricht im Interview mit 90minuten.at über seine Entwicklung als Trainer, seine Zeit mit Pep Guardiola und seinen Weg beim TSV Hartberg.

Als Markus Schopp Anfang der 90er Jahre bei Brescia kickte, hieß einer seiner Mitspieler Pep Guardiola. Dass der etwas Besonderes ist, wusste er schon damals. Schopp selbst ist zwar nur drei Jahre jünger als der Trainerstar, wählte aber fast notgedrungen einen anderen Weg, um Cheftrainer einer Erstligamannschaft zu werden. Auch für österreichische Verhältnisse ist es für ehemalige Legionäre und Nationalspieler ungewöhnlich, als Trainer im Kinderfußball anzufangen und sich nicht gleich bei der erstbesten Gelegenheit auf einen Cheftrainerposten zu stürzen. Und Hartberg, das ist überhaupt alles andere als ein typischer Aufsteiger.

 

90minuten.at: Wissen Sie noch, was am 24. Mai 2003 war?

Markus Schopp: (denkt nach) Das dürfte gegen Saisonende in Italien sein, das letzte Spiel gegen Modena, wo wir in der Liga geblieben sind. Ist das richtig?

 

Ich habe der Vereinsführung gleich gesagt, dass ich nur für den Übergang bereit bin. Dieses Nicht-Bereitsein ist insofern spannend, als dass man als ehemaliger Profi die Last und Bürde, sofort mit einer großen Erwartungshaltung konfrontiert zu sein. Die ist einerseits die, dass sich die Leute erwarten, dass er so gut wie als Spieler sein wird. Und andererseits hat man selbst auch die Last, wenn man nicht davon überzeugt ist, bereit zu sein.

Markus Schopp

90minuten.at: Sie liefen mit Pep Guardiola und Roberto Baggio auf. Es war Guardiolas letztes Ligaspiel für Brescia. In einem Interview mit dem Ballesterer sagten Sie damals, er hätte damals schon gecoacht.

Schopp: Diese Spieler gibt es heute auch noch. Das war ja kein Novum. Es gibt immer wieder den verlängerten Arm am Platz und damals war das Pep Guardiola. Er hat eine Schule durchlaufen, da hat er die Dinge schon sehr konkret am Platz wahrgenommen, vor allem die taktischen Positionen und Räume erkannt. Das hat ihn von allen anderen unterschieden, die ich damals kennen gelernt hatte. Für mich war damals interessant, mit welcher Intensität er Dinge von Mitspielern am Platz eingefordert und gecoacht hat. Das hatte ich in der Form nicht erlebt. Es ist aber in vielen Mannschaften so, dass es solche Spieler gibt.

 

90minuten.at: Sie waren später auch einer dieser Spieler?

Schopp: Ich habe natürlich schon vorher, in Hamburg und auch mit Sturm in der Champions League, versucht, gewisse Dinge mitzunehmen und Teil meiner Persönlichkeitsentwicklung werden zu lassen. Das habe ich in Salzburg auch probiert. Man merkt natürlich, dass dieser Prozess nicht von heute auf morgen passiert. Cruyff hat viele Jahre lang mit Guardiola zusammen gearbeitet und auf dieser Position vor der Abwehr entwickelt, ihm Insights in seine Denke gegeben. Er hat vieles am Platz verstanden und konnte so mitcoachen. Mit mir ist das nicht zu vergleichen. Ich wollte schon mehr Persönlichkeit auf den Platz bringen, aber ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, dass mir das in der kurzen Phase meiner Restkarriere gelungen wäre. Ich wollte präsenter sein und meinen Mitspielern das Gefühl geben, dass es da einen Rückhalt gibt. Gepaart mit Peps technisch-taktischen Fähigkeiten hat ihm das in der ersten Phase seiner Trainerzeit sicherlich massiv geholfen.

 

90minuten.at: Nach der Karriere haben Sie bei den Kindern angefangen, haben es von der Pike auf gelernt. Andere Trainer, wie Didi Kühbauer, sind recht schnell Cheftrainer geworden. Was hat es Ihnen gebracht, das so zu lernen, wie sie es haben? Abgesehen von dem Intermezzo als Kurzzeit-Sturm-Trainer nach Hyballa.

Schopp: Ich habe damals schon immer gesagt, dass ich mich noch nicht in der Position sehe, Cheftrainer bei einer Kampfmannschaft in der österreichischen Bundesliga zu sein. Es war für mich ein Entgegenkommen gegenüber dem Verein, der mich gebeten hatte, für diese sechs Spiele zu helfen. Ich habe der Vereinsführung gleich gesagt, dass ich nur für den Übergang bereit bin. Dieses Nicht-Bereitsein ist insofern spannend, als dass man als ehemaliger Profi die Last und Bürde, sofort mit einer großen Erwartungshaltung konfrontiert zu sein. Die ist einerseits die, dass sich die Leute erwarten, dass er so gut wie als Spieler sein wird. Und andererseits hat man selbst auch die Last, wenn man nicht davon überzeugt ist, bereit zu sein. Ich habe schon als Spieler Dinge ernsthaft und lange hinterfragt, wollte alles verstehen. Das ist klarerweise sehr mühevoll, weil das eine detaillierte und aufwendige Arbeit ist. Aber mein Erfolg als Spieler basiert auf sehr detaillierten Analysen meiner Persönlichkeit, wo meine Stärken und Schwächen waren. So bin ich es auch als Trainer angegangen. Ich war darauf bedacht, einen Schritt nach dem anderen zu machen, habe ganz unten in der U10 angefangen. Dann habe ich den Individualtrainer gemacht, bin in die Akademie gegangen, habe die U18 übernommen. Erst im Zuge dessen wurde ich Amateurtrainer und dann ergab sich die kurzfristige Möglichkeit, als Cheftrainer zu arbeiten. Ich bin ganz bewusst wieder einen Schritt zurück gegangen.

 

90minuten.at: Warum?

Schopp: Ich wusste, dass es für mich noch so viele Dinge gab, die ich noch besser entschlüsseln wollte, bessere Antworten wollte. Ich habe die Zeit als Amateurtrainer sehr genossen, konnte da viele Dinge probieren und die Jungs waren offen für Input. Ich wollte Dinge ausprobieren, die im Erwachsenenbereich so nicht möglich sind. Es war eine Suche danach, wofür ich stehe, welches Spiel mich als Trainer definieren soll. Erst aufgrund der Erfahrungen im Jugendbereich war für mich klar, wie mein nächster Schritt ausschauen kann. Was ich aus meiner Zeit aus Italien sehr intensiv und konkret verfolgt habe, sind die Spielanalysen. Die sind in meiner Herangehensweise eine massive Unterstützung. Ich habe in Deutschland auch die Ausbildung zum Spielanalysten gemacht, habe bewusst den Schritt in den Profibereich gewählt. Ich wollte nicht in die erste Reihe, sondern unterstützen. Es war für mich sehr wichtig, weil ich da zunächst mit einem jungen und sehr interessanten Trainer zusammen arbeiten durfte, mit Oliver Lederer. Er hatte interessante und tolle Ansätze. Aufgrund der Erfahrung in St. Pölten ist mein Bild noch um einen großen Bereich gewachsen. Für mich ist es jetzt toll und interessant, die Möglichkeit in Hartberg zu bekommen und all die Sachen, die ich über Jahre als Trainer gelernt habe, step by step umzusetzen. Für den Werdegang vom Spieler zum Trainer gibt es unterschiedliche Wege. Manche kommen schnell in diese verantwortungsvolle Position. Meine Erfahrung sagt, dass das meistens nur die sind, die am Platz schon absolute Leader waren, wie Pep Guardiola. Es gibt Ausnahmen, die diese Fähigkeit mitbringen, die Kompetenzen, die sie als Spieler haben, auch als Trainer sofort umzusetzen. Ich wusste, dass ich das nicht sofort hatte. Das war nicht mein strategischer Plan. Nie.

 

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