David Wimleitner: "Die neue 2. Liga ist für den Zuschauer definitiv interessanter"

Blau Weiß Linz ließ jüngst aufhorchen: Trotz sehr guter Leistungen und wenig Rückstand auf 2. Liga-Leader WSG Wattens möchte man definitiv nicht aufsteigen. Im 90minuten.at-Interview erklärt Blau Weiß Linz-Vorstand Sport David Wimleitner ganz genau, warum es nicht geht.

Das Gespräch führe Georg Sander

 

Wenn jemand die zweite Leistungsstufe wie seine Westentasche kennt, dann David Wimleitner. Der Keeper stand zwischen 1999 und 2001 26 Mal für den LASK in der Bundesliga im Kasten. Via Schwanenstadt, Windischgarsten und Grieskirchen kam er 2008 zu Blau Weiß Linz. Er begann bei den Landeshauptstädtern in der Regionalliga Mitte, stieg 2011 in die Heute für Morgen-Erste Liga auf und war 2011/12 und 2012/13 Stammtormann. Danach hängte er die Fußballschuhe an den Nagel. Er war zunächst Torwart-Trainer, ab 2014 Sportdirektor und seit 2016 ist er Sportvorstand. Wenn also jemand Expertise in Sachen zweiter Leistungsstufe hat, er.

Im 90minuten.at-Interview spricht er über die neue 2. Liga und was sie seiner Meinung nach interesanter macht. Weiters erklärt er die Entscheidung der Linzer, nicht um eine Bundesliga-Lizenz anzusuchen sowie wie die Liga mit 'echten' Klubs, Profis, Amateuren sowie Kooperations- und Zweitvertretungsmannschaften aus Sicht eines Vereinsverantwortlichen zu bewerten ist.

Wir kommen zurecht. Man hört schon, dass es auch Probleme gibt. Das Fernsehgeld war bei vielen Vereinen so wie ein Hauptsponsor, dass man da zurück stecken muss, ist logisch.

David Wimleitner

90minuten.at: Die 2. Liga ist nun ein paar Monate alt. Sie waren in der Heute für Morgen-Erste Liga Blau Weiß Linz-Tormann, beim zweiten Aufstieg Sportdirektor, sind nun Sportvorstand. Was unterschiedet diese „drei“ Ligen?

David Wimleitner: Die 16 Vereine sind schon etwas ganz anderes. Dadurch ist die Leistungsdichte nicht so hoch wie in der Zehnerliga. Da konnte jeder jeden schlagen. Als ich noch Spieler war, konnte man als Letzter auch auswärts den Tabellenführer schlagen. Das hat sich ein bisschen aufgelockert und ich halte es für den Zuschauer definitiv für interessanter. Wir haben vier Jahre lang in der Zehnerliga gespielt, da gab es bis auf wenig Ausreißer immer knappe Ergebnisse. Das haben mir auch andere sportliche Leiter bestätigt. Da hat dann die Tagesform entschieden oder ein, zwei Spieler. Für die Fans war das sicherlich nicht immer ein Leckerbissen. Das muss man auch ganz offen sagen. Das Spielerische wurde vom Kämpferischen überlagert. Salopp formuliert: Das Tempo war viel zu hoch für das fußballerische Vermögen. Das hat sich jetzt etwas angepasst. Jetzt kann man auch gestalten.

 

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

 

90minuten.at: Sie sind auch studierter Betriebswirt. Die letzten Jahre brauchten Sie viele Profis, jetzt geht es auch mit Amateuren. Was hat sich aus diesem Blickwinkel verändert?

Wimleitner: Dadurch, dass es nur noch 30 Spiele und keine englischen Runden gibt, ist das von der Planung her positiver. Man kann auch den Kader kleiner machen. Letztes Jahr hatten wir 24, 25 Kaderspieler. Jetzt haben wir 17 Feldspieler und zwei Keeper. Das musste sich auch in diese Richtung verändern, weil durch den Wegfall der Fernsehgelder finanzielle Einbußen entstanden sind. Außer bei Wattens und Ried haben alle kleinere Budgets. Wir haben bei den Amateuren auch Spieler aus der Oberösterreich-Liga. Wenn es Verletzungen gibt, können wir die hoch ziehen.

 

90minuten.at: Wie gestaltet sich die finanzielle Entwicklung nach den ersten Monaten?

Wimleitner: Wir kommen zurecht. Man hört schon, dass es auch Probleme gibt. Das Fernsehgeld war bei vielen Vereinen so wie ein Hauptsponsor, dass man da zurück stecken muss, ist logisch. Durch die Neuübernahme des Vereins vor eineinhalb Jahren und mehr Sponsoren konnten wir das auffangen. Wir haben kein komplettes blaues Wunder erlebt.

 

90minuten.at: Ein blau-weißes Wunder hat man vorab verunmöglicht – mit der neulich und sehr früh verkündeten Entscheidung, nicht aufsteigen zu wollen. Können Sie konkretisieren, warum man das nicht will?

Wimleitner: Strukturell ist es so, dass der Verein sich mit dieser Führungsriege vor eineinhalb Jahren gestartet ist. Vorher war es eher eine One-Man-Show. Das war bei gewissen Sachen gut, bei anderen nicht so. Vorher hat man sich gefreut, war extrem erleichtert, wenn man die Lizenz für die zweite Liga bekommen hat. So war der Verein auch aufgestellt. Wir haben einige Verbesserungen gemacht und voran getrieben. Das geht nicht von heute auf morgen. Blau Weiß hat ein massives Loch im Nachwuchs gehabt, als ich vor vier Jahren die sportlichen Agenden übernommen habe. Ich habe geschautdass der Nachwuchs und die Amateure aufgewertet werden. Das muss step-by-step passieren. Wir haben im 2005er-Jahrgang sehr gute Buam, die auch schon von Akademien beobachtet werden oder gekommen sind. Unsere Amateure spielen in der 6. Liga, mit einem Altersschnitt von 17,8 Jahren. Wir haben junge aus der Umgebung geholt, vorher hatten wir eher ältere. Davon sehen wir mittlerweile seit drei Jahren ab. In unserem 23-Mann-Kader haben wir nur sechs eigene drinnen. Das sind Löcher, die massiv weh tun. Da kommt auch keiner hoch und wenn ich immer wieder für beide Mannschaften extern befüllen muss, kostet das auch extrem viel Geld. Jetzt haben wir die ersten Schritte gemacht, aber das dauert länger. Das geht seit drei Jahren, man braucht aber fünf, sechs Jahre.

 

90minuten.at: Hartberg hat es aber auch innerhalb weniger Monate geschafft, sich Bundesliga-fit zu machen.

Wimleitner: Das stimmt schon. Ich wäre mit manchen Zahlen aber auch vorsichtig. Ich glaube, dass Hartberg den richtigen Zeitpunkt zum Aufstieg geschafft hat, bevor alle Anforderungen massiv erhöht wurden. Sie haben sich mit der Lizenz auch schwer getan.

 

90minuten.at: Aber Hartberg ist eine kleine Stadt, Linz ist groß …

Wimleitner: ...aber ich gehe davon aus, dass die Infrastruktur in Hartberg wesentlich günstiger ist. Uns kostet das Linzer Stadion viel Geld. Das schaut natürlich schöner aus als in Hartberg und Stadion und Trainingsbedingungen sind toll, wir sind zufrieden, aber es kostet massiv Geld. Das darf man nicht wegleugnen. Bei Innsbruck verschlingt das Stadion auch mehr als ein Dorfplatz, den die Gemeinde zur Verfügung stellt. Da ist man anderen gegenüber gleich 300.000 - 400.000 Euro im Plus. Dann verschieben sich die Relationen. Man muss in Wahrheit ein Budget von 2,5-3 Millionen Euro zusammen bekommen, damit es sinnvoll ist, aufzusteigen. Ried hat 3,4, Wattens Richtung vier Millionen. Das ist eine ganz andere Basis.

 

Auf der zweiten Seite des Interviews geht Wimleitner auf die Reaktionen des Lizenzverzichts der Spieler und Sponsoren ein und spricht über den Glücksfall der vielen oberösterreichischen Vereine in der 2. Liga sowie über Profi- und Amateurtum.

 

>>> Weiterlesen - Seite 2: Was sagen die Sponsoren und Spieler zu dem Nicht-Aufstieg?