Renato Gligoroski: „Ich habe den Transfer von Shaydaev nicht verbockt“

Im Exklusiv-Interview mit 90minuten.at spricht Renato Gligoroski über die aus seiner Sicht unwahren Medienberichte, die zu seiner Kündigung bei Mattersburg geführt haben sollen.

Das Gespräch führte Michael Fiala

 

Oft überholen die Ereignisse die Gegenwart. Während das Gespräch mit Renato Gligoroski über die fragwürdigen Umstände seiner Entlassung bei Mattersburg aufgezeichnet wird, flattert die Info über den Bildschirm, dass nun auch SVM-Trainer Gerald Baumgartner seinen Hut nehmen muss.

 

Doch zurück zum Thema: Es war der 18. August, kurz vor dem Spiel des SV Mattersburg gegen den WAC, das die Mattersburger so bitter mit 0:6 verloren haben. Über Sky und die APA wird vermeldet, dass SVM-Co-Trainer Renato Gligoroski entlassen wurde. Wirklich konkret äußern wollte sich Klubboss Martin Pucher dazu nicht. Es verwunderte daher nicht, dass erste Gerüchte die Runde machten: Gligoroski habe seine Kompetenzen überschritten, sein Ende soll auch mit dem nicht zustande gekommenen Transfer von Ramil Sheydaev zusammenhängen.

 

Gastarbeiterkind mit Uni-Karriere

Wer ist eigentlich Renato Gligoroski? Er ist als Gastarbeiterkind mazedonischer Eltern in Österreich geboren, zu Hause wurde nur mazedonisch gesprochen, erst in der Schule lernte er Deutsch. Er maturierte in Österreich, sein Vater verstarb früh, weshalb er sich schon bald selbst um viele Dinge des Lebens kümmern musste. Er schloss danach zwei Studien (BOKU, TU Wien) ab, hat schon während des Studiums immer wieder in Ziviltechniker-Büros gearbeitet, hat die Ziviltechnikerbefugnis und hatte jahrelang ein eigenes Ziviltechnikerbüro. Zudem erlernt er sechs weitere Sprachen, bei internationalen Projekten arbeitete er in Israel oder auch an einer Station in der Nähe des Nordpols. Bei einer Prüfung auf der Uni ist Gligoroski übrigens nie durchgefallen. „Ich bereite mich immer auf alles vor. Im Endeffekt bin ich dadurch sehr gut gefahren. Ich weiß, wie man Themen angeht.“ Das ist ihm wichtig zu sagen, weil es auch mit seiner Arbeit als Co-Trainer in Mattersburg zu tun hat.

Fußball war aber auch schon immer seine Leidenschaft, auch wenn ihn viele Verletzungen immer wieder zurückgeworfen haben. Bereits 2001/2002 absolvierte er erfolgreich die UEFA-A-Lizenz, auch die UEFA-Pro-Lizenz nennt er sein eigen. 2003 kam er dann erstmals mit dem ÖFB in Kontakt: Gerhard Hitzel holt ihn als Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendfußball zum Verband, dort hat er auch mit dem U17-Nationalteam und Hermann Stadler zu tun. Als Trainer von St. Pölten sucht Gerald Baumgartner dann kompetente Co-Trainer. Über Stadler wird die Brücke zu Gligoroski gebaut – das neue Trainerteam steht, das seit dem Zeitpunkt immer wieder zusammenarbeitet, so auch etwa bei der Austria und zuletzt bei Mattersburg.

Doch die harte Realität sieht derzeit weniger erfreulich aus. Bisher hat Gligoroski zu den Medienberichten rund um seine Person geschwiegen, doch jetzt ist es ihm wichtig, einige Themen ins richtige Licht zu rücken. 90minuten.at gibt er sein erstes Interview nach den turbulenten Ereignissen.

 

90minuten.at: Kurz vor dem verheerenden 0:6 des SVM gegen den WAC kam die Meldung auf, dass Sie von Mattersburg-Klubboss Martin Pucher entlassen wurden. Er selbst wollte sich nicht dazu äußern. Wie ist das Ganze aus Ihrer Sicht abgelaufen?

Renato Gligoroski: Das ist bereits ein sehr wunder Punkt: Der Zeitpunkt der Entlassung war weit vorher, es war über eine Woche vorher, das war schon vor dem Hartberg-Spiel. Das ist auf eine Art und Weise passiert, die ich nicht kommentieren will. Am Donnerstag, den 9. August, hat mich Martin Pucher zu einer Unterredung gebeten. Und wie ich erst Tage später herausfinden sollte, war dieser Tag auch das Datum meiner Kündigung.

Offiziell wurde ich am Donnerstag, den 9. August gekündigt. Zugestellt wurde mir diese Kündigung erst am 13. August mit der Post, davor habe ich es nicht erfahren, ich war ja auch noch auf der Bank gegen Hartberg mit dabei.

Renato Gligoroski

Die Kündigung kann mir gefallen oder nicht, mir ist nur wichtig, dass ich die von den Medien falsch überlieferten Themen gerade rücke, denn das sind ja nur Mutmaßungen und keine offiziellen Aussagen.

Renato Gligoroski

90minuten.at: Was war der Inhalt dieses Gesprächs?

Es war kein angenehmes Gespräch, da gehört die zweite Geschichte dazu, die um den Transfer von Shaydaev. Da kann ich schwer etwas kommentieren. Das war eine Arbeit von vielen Monaten, es gab sehr viel Schriftverkehr, die Situation hat sich jedes Mal immer ein wenig verändert. Ich hatte dabei Kontakt mit dem Klub, den Beratern, dem Verband, habe alles akribisch aufgearbeitet und Martin Pucher natürlich immer informiert.

 

In Medienberichten wurde geschrieben, dass Sie die Schuld tragen, dass der Transfer mit Shaydaev nicht zustande gekommen ist. Was sagen Sie dazu?

Herr Pucher hat das so niemals gemeldet, aber in den Medien stand es so drinnen, dass ich daran Schuld war, dass der Transfer nicht zustande gekommen ist: Das war nicht so, ich habe alles versucht, dass der Transfer doch noch zustande kommt. Ich habe alles Menschenmögliche versucht. Ich habe den Transfer von Shaydaev nicht verbockt. Die Signale waren immer gleich: Der Spieler kommt ganz sicher. Ich habe schon Flüge rausgesucht, es ist aber nicht dazu gekommen. Pikanterie am Rande: An dem Tag, an dem ich gekündigt wurde, hat Shaydaev seinen Vertrag auflösen können. Unterschrieben hat er ein paar Tage später in Russland. Das ist nicht die Schuld von mir oder von Mattersburg, das kann man niemanden vorwerfen.

 

Das heißt zum Zeitpunkt des Gesprächs mit Ihnen und Martin Pucher hätte der Transfer noch stattfinden können?

Darüber möchte ich nicht spekulieren. Unterschrieben hat er dann allerdings erst am 17.8.

Dass Sie gekündigt worden sind, wurde am 18. August bekannt. Wann war es jetzt wirklich?

Auch hier haben die Medien falsch berichtet, denn offiziell wurde ich am Donnerstag, den 9. August gekündigt. Zugestellt wurde mir diese Kündigung erst am 13. August mit der Post, davor habe ich es nicht erfahren, ich war ja auch noch auf der Bank gegen Hartberg mit dabei. Mir ist es schon auch wichtig zu sagen, dass die sportliche Bilanz vor dem Hartberg-Spiel nicht so schlecht war: Gegen Altach und im Cup haben wir gewonnen, gegen Salzburg verloren. So weit war eigentlich alles ok.

 

Das heißt: Martin Pucher hat Ihnen die schriftliche Kündigung geschickt, Ihnen aber vorab nichts gesagt und Sie sind gegen  Hartberg noch auf der Bank gesessen mit dem Glauben, weiterhin Co-Trainer zu sein?

Genau so stellt es sich dar. Martin Pucher war beim Spiel gegen Hartberg sogar mit dabei. Die Vorbereitung auf das Match ist ganz normal abgelaufen. Erst am Montag war die Kündigung in der Post. Ich habe dann sofort Gerald Baumgartner informiert, dann ist alles seinen Weg gegangen, die Mannschaft hat es auch erfahren, ich habe mich dann am Mittwoch von der Mannschaft verabschiedet.

 

Gab es danach noch ein Gespräch mit Martin Pucher?

Ich habe versucht, ihn zu erreichen, um den Grund zu erfahren und mich persönlich zu verabschieden, doch das ist leider nicht zustande gekommen.

 

Laut einem Bericht von Sky haben Sie „Ihre Kompetenzen“ überschritten? Was könnte damit gemeint sein?

Das kann ich nicht kommentieren, weil um welche Kompetenz sollte es sich handeln? Das würde bedeuten, dass ich etwas gemacht habe, was ich nicht machen durfte. Ich hätte gegen eine Anweisung handeln müssen. Dass ich an der Kaderplanung beteiligt war, war auch von Martin Pucher und Gerald Baumgartner so gewollt. Man macht eine Kaderplanung im Trainerteam und dann sucht man nach passenden Optionen, da war ich penibel. Ich sichte dann massenhaft Videos, nicht nur die Highlights, sondern ganze Spiele, gegen gute wie schlechtere Gegner, auch Cup-Spiele gegen einen Drittligisten, um den Charakter zu erfahren.

 

Hat sich am Tag des Gesprächs mit Martin Pucher bereits abgezeichnet, dass der Transfer von Ramil Sheydaev doch nichts wird?

Nein, da war noch alles offen.

Zum Zeitpunkt der Kündigung war Mattersburg also sportlich noch auf einem guten Weg. Könnte die Kündigung also auch daran liegen, dass Martin Pucher bereits Ende Mai den Transfer den Medien gegenüber als fix vermeldet hat und er jetzt sein Gesicht verloren hat und Ihnen den gescheiterten Transfer „umhängen“ wollte?

Das ist Ihre Interpretation, die ich nicht kommentieren will. Mir ist nur wichtig noch einmal zu betonen, dass ich alles, aber wirklich alles unternommen habe, diesen Transfer zu ermöglichen. Leider hat es nicht geklappt, wie viele tausende, andere Transfers auch. Aber wird deswegen jedes Mal jemand gekündigt, wenn ein Transfer nicht klappt? Muss Ancelotti gehen, weil Lainer doch nicht gewechselt ist?

 

Wie ist ihr Verhältnis zu Gerald Baumgartner? Gab es Spannungen zwischen ihnen beiden?

Wir arbeiten sehr professionell zusammen. Natürlich haben wir des Öfteren auf fachlicher Ebene unterschiedliche Standpunkte, aber das ist ja ganz normal. Das wird dann intern ausdiskutiert. Wir sind ein gutes Trainerteam, weil wir sehr viel in den  Diskurs gehen.

 

Pucher kündigte an, die gesamte sportliche Führung neu aufstellen zu wollen. Letzte Saison überraschte Mattersburg mit vielen Punkten und beendete die Saison auf Platz 6. In der aktuellen Saison ist man nach vier Runden Vorletzter mit nur drei Punkten. Hat man in Mattersburg die Nerven verloren?

Man darf nicht vergessen: 32 Tore sind gegangen (Anmerkung: Mit den Transfers in diesem Sommer). Im ersten Cup-Spiel haben wir drei Tore geschossen – mit einem Transfer, den auch ich abgewickelt habe. Es hat eigentlich gut angefangen, dann kam Salzburg, das war klar, dass wir da kein Feuerwerk abbrennen. Zu dem Zeitpunkt der Kündigung – vor dem Hartberg-Spiel – war eigentlich alles soweit ok.

 

Danken Sie, dass das 0:6 eine Reaktion auf die Ereignisse rund um Ihre Person war?

Das weiß ich nicht, das kann ich nicht einschätzen. In diesem Business gibt es Emotionen, die muss man aber ausblenden können. Jeder hat private Geschichten, in dem Job muss man trotzdem liefern. Es ist vielleicht menschlich zu verstehen, wenn man eine Ausrede hat, aber im Endeffekt darf es die Performance im Spiel nicht beeinflussen. Das muss man ausblenden.

 

Wie geht es weiter?

Ich habe einen längerfristigen Vertrag bei Mattersburg, ich möchte weiterhin ein Gespräch mit Martin Pucher suchen. Die Entscheidung hat er getroffen, er muss auch die Verantwortung übernehmen.  Die Kündigung kann mir gefallen oder nicht, mir ist nur wichtig, dass ich die von den Medien falsch überlieferten Themen gerade rücke, denn das sind ja nur Mutmaßungen und keine offiziellen Aussagen. Auch wenn ich mich wiederhole: Bis zum Zeitpunkt der Kündigung war noch alles offen, auch sportlich lief es gut.