Karl Daxbacher: "Alle sagen: Es wird scho kumman. Jetzt müssen wir aber punkten."
Der Saisonstart des Aufsteigers Wacker Innsbruck ist punktemäßig so wie jener vom SKN St. Pölten - der Trainer beide Male: Karl Daxbacher. 90minuten.at hat ihn interviewed und wollte wissen, wie mehr Punkte aufs Konto kommen können.
Das Gespräch führte Georg Sander
90minuten.at: Mit dem SKN St. Pölten standen Sie nach fünf Spielen ungefähr so da wie jetzt mit Innsbruck. Kann man das vergleichen?
Karl Daxbacher: (denkt nach) Das finde ich nicht. Beim SKN gab es damals einen größeren Umbruch, jetzt hatten wir wenig Änderungen. In den letzten Spielen haben wir nur mit einem Zugang, Dieng, gespielt. Die geholten Spieler damals haben nicht das gebracht, was wir uns erhofft haben. Sonst sehe ich wenig Parallelen - außer, dass wir wenige Punkte haben.
90minuten.at: Gegen Rapid konnten die Schwächen nicht ausgenutzt werden, der SKN hat in Innsbruck selbst kaum gewusst, wie man gewonnen hat, zudem zwei Niederlagen mit nur einem Tor Unterschied. Was fehlt zu mehr Punkten?
Daxbacher: Jedes Mal nach dem Spiel sage ich, dass die Leistung ok war, die Chancen da waren, dass man nie das Gefühl hatte, klar unterlegen zu sein. Die großen Chancen finden wir aber immer erst, wenn wir schon in Rückstand sind. Oft kann man das alles gar nicht richtig bewerten. Der Gegner hat meist Chancen, wenn wir ins Risiko gehen. Natürlich hat man nichts davon, wenn man eine positive Leistung abliefert, aber keine Punkte holt. Das ist sowie so klar. Das Team versucht alles, es passt innerhalb der Mannschaft, das Gefüge ist schwer ok. Wir hoffen, dass sich das bald umdreht, sonst bekommen wir große Probleme. Aber mit der Halbierung der Punkte ist es vielleicht ein bisschen einfacher. Wir haben nach fünf Runden aber mit mehr Punkten gerechnet.
90minuten.at: Jetzt haben Sie mir die Frage nach der Halbierung erspart. Es wird hinten vermutlich eng.
Daxbacher: Wir haben die Spiele gegen Admira, Hartberg und Mattersburg noch ausständig. Da müssen wir punkten. Schaffen wir das nicht, sind wir ganz hinten. Altach hat unerwartete Schwierigkeiten. Aber die gezeigten Leistungen geben uns Hoffnung. Alle sagen: Es wird scho kumman. Jetzt müssen wir aber punkten.
Wir haben das Gefühl, gegen keinen chancenlos zu sein. Es ist halt doch um einiges schwieriger als in der zweiten Liga.
Ich habe auch immer betont, dass der Klassenerhalt das vorangigste Ziel ist. Alles andere ist kein Thema.
90minuten.at: Taktisch haben Sie viel ausprobiert - zuerst mutig, dann wieder gesicherte Defensive. Haben Sie Dinge falsch eingeschätzt?
Daxbacher: Wir haben gegen die Austria mit einer Dreier-/Fünferkette begonnen, das ist eine eher defensive Ausrichtung gewesen, wir haben knapp verloren. Gegen Sturm habe ich uns zu viel zugemutet, mit dem 4-3-3. Das war wohl zu offensiv. Die anderen Spiele haben wir mit unserer Aufstiegstaktik bestritten, die auch nicht unbedingt offensiv ausgerichtet ist, sondern auf das Kommenlassen. In Altach hat das ganz gut funktioniert, da hat sich die Gegner schwer getan, das Spiel zu gestalten. Gegen den SKN und Rapid haben wir verloren, das kann man aber nicht an der Ausrichtung fest machen. Wir haben beide Male das erste Tor bekommen, St. Pölten danach hat komplett zugemacht. Gegen Rapid haben wir riskiert, weil es nicht anders ging. Wenn man verliert, muss man immer hinterfragen. Wenn Sieg und Niederlage so knapp zusammen liegen, ist die Leistung aber grundsätzlich in Ordnung.
90minuten.at: Wo sehen Sie die Stärken Ihres Teams?
Daxbacher: Wir haben das Gefühl, gegen keinen chancenlos zu sein. Es ist halt doch um einiges schwieriger als in der zweiten Liga. Wir haben die Mannschaft nicht großartig verändert und es geht um Kleinigkeiten, Nuancen, um zu gewinnen. Beispielsweise die erste Torchance zu nützen, gegen Rapid geht ein Kopfball von Baumgartner nicht rein, die Hütteldorfer machen ihr Tor. Da kann man jetzt viel hinein interpretieren, aber ich sehe, dass die Mannschaft alles versucht, selbstbewusst in die Spiele reingeht und keinen Angsthasenfußball praktiziert. Der Kritik, die kommt, wenn man nicht punktet, muss man sich aber stellen. Vielleicht werden wir punkto Aufstellung, Taktik oder System etwas ändern.
90minuten.at: Sie sagen, Nuancen müssen sich ändern. Aber jede Mannschaft tut sich leichter, wenn man das erste Tor macht. Wie kommt man dorthin? Muss man das, was man nach Rückstand macht - mehr Risiko - von Anfang an machen?
Daxbacher: Auch zu null spielen ist immer wieder ein Thema. Das ist die Basis für den Erfolg. Das sieht man in St. Pölten und beim LASK. Die stehen einmal kompakt. Die kontern uns nicht aus, dann passiert es uns aus einer Standardsituation. Wenn ich Nuancen sag, dann meine ich, dass wir mal kein Tor bekommen und die sich bietenden Chancen nützen. Das ist aber natürlich ein Standardsatz, der aber natürlich seine Gültigkeit hat.
90minuten.at: Ein anderer Trainer würde sagen: Wir müssen durch Vertikalpässe schneller ins letzte Drittel vorstoßen, um Chancen zu kreieren.
Daxbacher: Das habe ich neulich bei einem Pressegespräch ausführlich gesagt, weil ich weiß, dass man das heutzutage gerne hört. 'Spielverlagerung, durch diagonales Spiel den Gegner aufreißen' und so weiter. Das sind auch nur Standardsätze, die man im Moment sehr gerne gebraucht. Es ist einfach notwendig, weiterzumachen und optimistisch zu bleiben. Es bringt ja nichts, auf die Mannschaft draufzuhauen, das hat sie sich nicht verdient. Leistung, Einsatz, Bereitschaft, Klima - das stimmt alles. Der Umschwung wird gelingen.
90minuten.at: Konnte Sie ein gegnerischer Trainer überraschen?
Daxbacher: Das kann ich mit Sicherheit mit Nein beantworten, weil wir uns sehr gut vorbereiten. Wir haben auch immer die Aufstellung erraten, außer bei Rapid durch die Rotation. Auch vom System her wussten wir immer genau, was auf uns zukommt. Dann geht es darum, wer am Feld die stärkere, glücklichere Mannschaft ist. Altach kam genau so, wie wir es erwartet haben. Eine Überraschung gibt es in der Liga kaum, jeder analysiert das und weiß meistens um die Stärken und Schwächen. Das alleine reicht aber nicht. Es kommt auch drauf an, wie das die Teams umsetzen. Die Zeit, da man nicht wusste, was auf einen zukommt, ist lange vorbei. Diese Informationsflut, die man jetzt hat, nützt man natürlich.
90minuten.at: Wie kämpfen Sie sich durch diese? Wie verwerten Sie die Infos?
Daxbacher: Ich schaue mir das selber an, dann kann ich es beurteilen. Aufbereitet wird das Video vom Co-Trainer. Ich versuche schon in der Woche vor dem Spiel auf das System des Gegners einzugehen, die Mannschaft zu informieren. Zuerst im Training, dann kommt ein Video am Tag vor dem Spiel. Das dauert ungefähr sieben Minuten. Da sieht die Mannschaft den Gegner. Taktisch wird das ab Mittwoch im Training eingebaut.
90minuten.at: Sind Sie der Coach, der das Training überblickt, etwa wie ein englischer Manager, oder machen Sie auch mit?
Daxbacher: Den Großteil, außer der Übungen, die vom Fitnesscoach kommen, gebe ich vor. Mitmachen geht überhaupt nicht mehr. Als ganz junger Trainer habe ich fast mehr trainiert als die Spieler, aber diese Zeiten sind lang vorbei. Ich beobachte das Training. Wenn ich es mit 65 Jahren vorzeigen würde, wäre das wohl kontraproduktiv.
90minuten.at: Wichtig sind wohl da die Gespräche mit den Spielern?
Daxbacher: Im Trainingsalltag finden keine langen Gespräche statt. Man geht zum Training, redet mit ihnen. Außer es gibt ein größeres Problem oder man hat das Gefühl, dass es ihm nicht gut geht. Dann spreche ich schon mit ihm. Aber ich rede nicht pausenlos und lang. Es sind eher kurze Hinweise beim Training. Die letzte Spielbesprechung dauert maximal 15 Minuten.
90minuten.at: Würden Sie nun sagen, dass die Meistergruppe nach diesem Saisonstart eher unmöglich ist?
Daxbacher: Das kann man nach den ersten fünf Runden mit Ja beantworten. Ich habe auch immer betont, dass der Klassenerhalt das vorangigste Ziel ist. Alles andere ist kein Thema.