TSV Hartberg-Präsidentin Brigitte Annerl: "Die Miettribünen stehen in Mattersburg nach wie vor"
Plötzlich rüttelt der TSV Prolactal Hartberg an der Tür zur Bundesliga. Wer nach 27 Runden vorne dabei ist, muss sich Gedanken machen, wie man in der kommenden Saison ganz oben mitspielen will. 90minuten.at hat Hartberg-Präsidentin Brigitte Annerl dazu befragt.
Von Georg Sander
Im Zivilberuf ist Brigitte Annerl Eigentümerin des Unternehmens Lenus Pharma. Schon seit vier Jahren unterstützt sie den TSV Prolactal Hartberg, seit einem Jahr ist sie Präsidentin. Nun rückt die Gesundheitsmanagerin in den Fokus der Öffentlichkeit, geht es doch darum, aus einem Verein, der vor einem Jahr noch in der Regionalliga gekickt hat, einen Bundesligisten zu machen. Zumindest schaut es nach 27 Runden gut aus, die Steirer gehen in der Pole Position hinter Wacker Innsbruck in den Kampf um den zweiten Direktaufstiegsplatz. Doch wie soll aus dem kleinen Klub aus der kleinen Gemeinde ein Bundesligist werden? 90minuten.at hat nachgefragt.
Wir sind noch in Gesprächen mit der Bundesliga. Wir werden jedenfalls die Mindestanforderungen in der Sommerpause umsetzen.
90minuten.at: Der TSV Prolactal Hartberg hat die Lizenzunterlagen eingereicht. Glauben Sie, dass Sie die Lizenz bekommen?
Brigitte Annerl: Wir arbeiten gegenwärtig auf Hochtouren, um die notwendigen Rahmenbedingungen herzustellen. Wir haben am kommenden Montag einen Termin mit der Bundesliga, es sind noch einige Dinge nachzureichen, das werden wir bis nächste Woche machen. Wir gehen davon aus, dass wir Ende April die Lizenz erhalten.
90minuten.at: Es gibt drei Säulen: Sport, Infrastruktur, Wirtschaft. Beginnen wir mit dem Sport. Man ist überraschend dort, wo man steht. Schafft Hartberg es sportlich, gegen Sturm statt Kapfenberg, gegen Salzburg statt Liefering zu spielen?
Annerl: Eigentlich schon. Die Mannschaft spielt seit mehreren Jahren zusammen und wir haben ein starkes Kollektiv. Aber ich gebe Ihnen Recht: Wir sind erst aus der Regionalliga aufgestiegen, ich finde es sensationell, was wir innerhalb so kurzer Zeit erreicht haben. Man hat uns ja als Abstiegskandidat gehandelt. Wir haben jede Herausforderung Schritt für Schritt gemeistert. Aber es gibt in der neuen Zwölferliga mit dem Playoff-System auch für kleinere Vereine sportliche Perspektiven, über den klassischen „Nicht-Abstiegskampf“ hinaus gehend.
90minuten.at: Aber hängt der Erfolg nicht ein bisschen stark von Trainer Christian Ilzer ab? Ist es nicht schwierig, wenn der, der für den sportlichen Erfolg verantwortlich ist, auch schon für Vereine weiter oben interessant ist? Da verschwindet doch viel, wenn er geht.
Annerl: Der Christian ist Teil unseres Erfolgs. Ich will den Weg mit ihm weiter gehen und werde alles daran setzen, dass er bleibt. Christian Ilzer ist ein „Ur-Hartberger“, es ist sein Heimatverein. Dass es Begehrlichkeiten gibt, ist völlig klar. Ich bin auch davon überzeugt, dass er durch Erfolg in der Bundesliga auf sich aufmerksam machen wird. Den Aufstieg in die Bundesliga mit seinem Heimatverein zu machen, ist schwer überbietbar. Also gehe ich davon aus, dass wir ihn dann halten können.
90minuten.at: Haben Sie auch mit ihm gesprochen? Gibt es ein Agreement a la „Steigt Hartberg auf, bleibt er“?
Annerl: Momentan finden immer wieder Gespräche statt. Aber er fokussiert sich von Spiel zu Spiel auf den Sieg und den Aufstieg. Das macht wohl auch seinen Erfolg aus. Es ist wahnsinnig schwierig, dass er sich Zeit nimmt, um ganz klar Perspektiven zu definieren. Wir gehen davon aus, dass er bei einem Aufstieg bleibt – aber es gibt kein klares Committment zu niemandem.
90minuten.at: Bei kleinen Vereinen scheitert es dann öfters auch am eigenen Nachwuchs. Wie sieht es in Hartberg aus? In der Steiermark gibt es mit Sturm und Kapfenberg zwei Profivereine, der GAK hat nach wie vor einen guten Namen. Es wird auf lange Sicht ja nicht gehen, sich einen Kader zusammen zu kaufen.
Annerl: Ich würde es nicht wollen, nur Spieler zu holen. Wir können hier nachhaltig arbeiten. Unsere Nachwuchsarbeit ist ausgezeichnet. Wir sind in der Ausarbeitung der nächsten Schritte Richtung Akademiestatus. Wir haben 280 Nachwuchskicker in 15 Teams mit einem ordentlichen Nachwuchsmodell. Das größte Nachwuchscamp Österreichs, das Styria-Camp, findet bei uns in der Region statt. Mit einer ausgebauten Profertil-Arena könnten die Spiele der Camps dann auch bei uns stattfinden. Zusätzlich können dann hier auch die ÖFB-Nachwuchs-Länderspiele abgehalten werden.
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90minuten.at: Sie sprechen die Arena an. Es gibt hier Vorgaben. Wie soll die Hartberger Arena die Anforderungen an die neue Bundesliga erfüllen?
Annerl: Wir werden keinen Neubau machen, sondern werden schrittweise erweitern. Die Infrastruktur muss auch zum Verein passen. Im ersten Schritt richten wir die jetzige Sportstätte her: Rasenheizung, Eingänge, Flutlicht, Kabinen. Das sind die Mindestanforderungen, damit wir gleich starten können. Wir wollen kein Ausweichstadion und gehen davon aus, dass wir die Rasenheizung in der Spielpause schaffen. Bei den Tribünen werden wir Miettribünen nehmen. Es geht um ein schrittweises gesundes Wachstum. Die Miettribünen stehen in Mattersburg nach wie vor und das ist der größte Finanzbrocken.
90minuten.at: Ich weiß nicht, ob Mattersburg ein Vorbild für die Infrastruktur ist.
Annerl: Ich meine, dass es so auch geht.
90minuten.at: Ist das alles mit der Bundesliga abgeklärt? Es fehlen ja ein paar Plätze, Überdachungen und so weiter.
Annerl: Wir sind noch in Gesprächen mit der Bundesliga. Wir werden jedenfalls die Mindestanforderungen in der Sommerpause umsetzen. Nächste Saison wäre dann die Fertigstellung der Tribünen geplant, des VIP-Merkzwecksraums und Kraftraum.
90minuten.at: Wer zahlt das?
Annerl: Eine Kombination aus Bund, Land, Stadt, Verein und Investoren.
90minuten.at: Was sagt die Gemeinde dazu?
Annerl: Die Gemeinde hat ja auch etwas davon. Es ist für sie ja auch wichtig. Es geht ja nicht nur um den TSV Hartberg. Mit internationalen Freundschaftsspielen vom ÖFB-Nachwuchs, Spielen im Rahmen des Sommercamps – das ist für die Gemeinde wichtig, darum stehen sie auch voll und ganz dahinter. Das kann der ganzen Region einen massiven Push geben. Hartberg ist die einzige moderne Sportstätte im Umkreis von 50 Kilometern. Wir haben ein relativ großes Einzugsgebiet, das darf man nicht unterschätzen.
90minuten.at: Bleibt noch die wirtschaftliche Säule. Auf Basis meiner Erfahrung wird es wohl ein Budget um die zwei Millionen Euro in der zweiten Leistungsstufe, in der Bundesliga wohl mindestens das Doppelte. Was haben Sie jetzt, womit budgetieren Sie?
Annerl: Unser Budget war eines der geringsten der zweiten Liga, noch unterhalb der von Ihnen genannten Zahl. Uns ist bewusst, dass wir ein höheres Budget in der Bundesliga brauchen, das ist klar. Wir arbeiten sehr stark mit Sponsoren aus der Region, es wurde uns von denen schon eine Budgeterhöhung für die Bundesliga zugesagt. Ein paar werden das diese und nächste Woche tun. Dann haben wir das Budget für die höchste Spielklasse.
90minuten.at: Können Sie Zahlen nennen?
Annerl: Nicht gerne. Wir warten noch auf Unterschriften von Sponsoren. Darum können wir jetzt nichts sagen.
90minuten.at: Das klären Sie auch noch mit der Bundesliga ab? Fehlende Unterschriften führten in der Vergangenheit zu Lizenzverweigerungen.
Annerl: In der Wirtschaft ist das völlig normal, da müssen auch alle Unterlagen ordentlich vorgelegt werden. Das geht nicht nur mit einer mündlichen Zusage.
90minuten.at: Mit welchem Budget wollen Sie in der Bundesliga antreten? Altach war da sehr offen, die hatten so 3,5 Millionen Euro Spielerbudget.
Annerl: Es wird eines der niedrigsten der Liga sein. Aber das Budget ist nicht das Wesentliche. Wir werden uns in dem Bereich bewegen, aber nicht so hoch.
90minuten.at: Wird das, was unter Ilzer angefangen hat, als Vereinsphilosophie weiter getragen werden, auch wenn er geht?
Annerl: Das ist ein guter Punkt. Der Trainer ist sportlich wichtig, auch punkto Sozialkompetenz. Das werden wir beibehalten, damit der Spirit bestehen bleibt.
90minuten.at: Unabhängig vom Aufstieg und der Person Ilzer wird dieser Weg weiter bestritten werden?
Annerl: Ja. Wenn wir jetzt nicht aufsteigen, werden wir jedes Jahr eine Profimannschaft stellen, die um den Aufstieg mitspielen wird. Natürlich gibt es heuer eine einmalige Chance mit bis zu drei Aufsteigern. Wir wollen jedes Jahr weiter kämpfen. Das ist ein langfristiges Ziel, kein Schnellschuss.