Christian Ebenbauer: "Der Fußball darf nicht komplett hinter einer Paywall verschwinden"
Im Interview mit 90minuten.at spricht Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer über nachhaltiges Zuschauerwachstum, die Situation um den TV-Vertrag und über die wachsende Schere zwischen armen und reicheren Klubs in Österreich und Europa.
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90minuten.at: Mit ein bisschen Abstand: Wie fällt das Fazit der abgelaufenen Saison aus Sicht des Bundesliga-Vorstands aus?
Christian Ebenbauer: Das Wichtigste ist, dass wir eine zweistellige Steigerung von 12% bei den Zuschauerzahlen erreichen konnten. Wir kennen alle unser Ziel, dass wir bis 2020 10.000 Fans pro Match erreichen wollen. Besonders positiv ist dabei zu erwähnen, dass bei Rapid trotz der sportlichen Darbietung durchschnittlich über 21.000 Fans bei den Heimspielen waren, zudem sieht man am Beispiel Sturm Graz im Herbst einmal mehr, dass der sportliche Erfolg mehr Fans ins Stadion gebracht hat. Das soll so weitergehen. Ich bin auch davon überzeugt, speziell wenn man in die übernächste Saison auf die neue Generali Arena blickt, dass es auch hier eine Steigerung geben wird. Zudem ist bei Rapid eine weitere Steigerung zu erwarten, wenn es sportlich wieder besser läuft. Wichtig ist aber auch, dass die anderen Klubs im Rahmen ihrer Möglichkeiten gemäß ihrem Einzugsgebiet aufholen. Positiv hervorzuheben ist zudem, dass die es bei sieben Klubs eine Steigerung der Zuschauerzahlen gegeben hat.
Ich wünsche mir natürlich, dass die Entscheidung in der Meisterschaft möglichst in der letzten Runde fällt.
90minuten.at: Meister Salzburg ist jedoch einer der drei Vereine, der ein Minus hinnehmen musste. Wie erklären Sie sich das?
Ebenbauer: Das ist natürlich ein Wermutstropfen, obwohl das Double erneut erreicht wurde. Das Bemühen des Klubs ist jedenfalls groß - beispielsweise mit dem Rahmenprogramm. Die Haupterklärung für mich ist, dass sich Fußballfans aus Oberösterreich oder Salzburg ein Mal im Monat lieber ein Match in der deutschen Bundesliga in München oder Augsburg ansehen als ein Match in der Tipico Bundesliga. Da muss man ansetzen, dass man die Fans im eigenen Land hält.
90minuten.at: Ist es nicht auch eine Frage der Identifikation?
Ebenbauer: Red Bull Salzburg hatte im Jahr 2005 klar die Richtung ausgegeben: Wir sind Red Bull Salzburg und nicht Austria Salzburg. Das ist ein gänzlicher Neuaufbau gewesen. Hätte man damals einen anderen Weg beschritten, wären vielleicht mehr Zuschauer im Stadion. Aber die Klubphilosophie festzulegen, liegt in der Verantwortung der Klubs. Sportlich kann man bis auf den Wermutstropfen Champions League nichts aussetzen. Und selbst hier hat man als bessere Mannschaft verloren. Wenn ich mir überlege, wie das neunte Nicht-Erreichen der Champions-League vor allem medial aufgeschlagen hat, kann ich mir schon auch vorstellen, dass der Frust bei den Fans groß war.
90minuten.at: Was macht Sie zuversichtlich, dass die Zuschauerentwicklung nachhaltig positiv ist?
Ebenbauer: Der Reiz des neuen Stadions bei Rapid ist sicherlich ein Grund für den Boom in Hütteldorf gewesen. Es war klar, dass es hier einen Peak geben wird. Wichtig ist, dass man die Zuschauer dazu bringt, den Stadionbesuch nicht nur vom sportlichen Erfolg abhängig zu machen. Da war Rapid diese Saison sicherlich ein gutes Beispiel. Dazu brauchen wir eine Bewusstseinsbildung und viel Imagearbeit. Wir spielen guten Fußball. Ich muss auch immer predigen: Wir können stolz auf drei Vereine in der Europa League sein. Wenn man sich zum Teil die Budgets der Klubs ansieht, gegen die Rapid, Austria und Salzburg gespielt haben, waren diese uns oft finanziell überlegen. Oft kennt man diese Klubs aber nicht so gut und ist dann der Meinung, man müsste diese Vereine klar dominieren, speziell wenn diese Vereine aus dem östlichen Bereich kommen oder zum Beispiel Klubs aus Belgien, die uns finanziell klar überlegen sind. Das ist für mich auch der zweite erfreuliche Punkt im Rückblick, dass wir den 15. Platz in der UEFA-5-Jahreswertung erreicht haben – diesen wollen wir halten, auch wenn die Fixqualifikation für die Champions League künftig beim 10. Platz angesiedelt sein wird.
90minuten.at: Zuschauerplus, internationale Erfolge als positive Beispiele. Die sportliche Spannung war oben jedoch nicht gegeben …
Ebenbauer: Ich wünsche mir natürlich, dass die Entscheidung in der Meisterschaft möglichst in der letzten Runde fällt. Das ist auch heuer nicht passiert. Ich glaube trotzdem, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern eine relativ spannende Meisterschaft haben. Jeder kann jeden schlagen und nicht deswegen, weil die Teams so schlecht sind, sondern weil alle Teams auf hohem Niveau spielen. Außerdem waren in dieser Saison mehr Zuschauer im Abstiegskampf zu verzeichnen, was uns in Blickrichtung auf das neue Ligenformat hoffnungsvoll stimmt. Alle Klubs, die um den Abstieg gespielt haben, konnten in den letzten Runden deutlich mehr Zuschauer begrüßen als im Herbstdurchgang.
>>> Seite 2 – Christian Ebenbauer: „Die Entscheidung, dass die Champions League gar nicht mehr im Free-TV zu sehen ist, ist zum Beispiel so eine Chance für uns.“