Oliver Glasner: „In Wahrheit ist das aktuell die österreichische Fußballlandschaft“ [Teil 1]
Oliver Glasner, Trainer des LASK, geht mit seinem Team als Tabellenführer in das Frühjahr. Im Interview mit 90minuten.at äußert er sich unter anderem zur abgelaufenen Vorbereitung, dem Auftaktspiel gegen Liefering und die angepeilte Rückkehr in die Bundesliga. Das Gespräch führte Stefan Berndl
90minuten.at: Einleitend zur Winterpause und Vorbereitung: Einzig Alexander Riemann wurde als Verstärkung für die erste Mannschaft geholt, Mario Reiter hat den Verein verlassen. Welcher Erwartungen hat man an den Neuzugang?
Oliver Glasner: Wir kennen ihn gut, weil er schon eineinhalb Jahre in der Liga ist. Und gerade in der letzten Saison hat er viel dazu beigetragen, dass Innsbruck so einen tollen Herbst gespielt hat. Er ist ein schneller, sehr dynamischer Spieler, der mit rechts und links einen sehr starken Abschluss hat und der auch Tore vorbereiten kann. Das Gesamtpaket - mit seiner Dynamik, seiner Schnelligkeit, seiner Torgefahr - hat den Ausschlag gegeben, dass wir versucht haben, dass er zu uns kommen kann. Aber es war gar nicht so, dass wir aktiv auf der Suche waren, sondern es hat sich eher durch die Situation in Innsbruck ergeben.
Die Mannschaft hat sich im Winter nicht wirklich verändert. Inwieweit ist das von Vorteil für das Frühjahr?
Das haben wir ja im Sommer schon sehr ähnlich gehandhabt. Wir hatten, als ich vor eineinhalb Jahren gekommen bin, einen kleinen Umbruch eingeleitet, wollten uns neu ausrichten. Wir haben sehr viele Spieler aus unserer Amateurmannschaft integriert, haben mittlerweile zehn Spieler, die vor oder auch während meiner Zeit noch in der Amateurmannschaft gespielt haben und jetzt ein fixer Bestandteil vom Profikader sind. Und wir haben eben im Sommer schon nur drei Spieler dazugeholt: Rajko Rep, Paulo Otavio – den eigentlich keiner gekannt hat – und Marko Raguz, der von den Amateuren kam und dem wir einen Jungprofi-Vertrag gegeben haben. Und haben gleichzeitig mit Huspek, Dovedan, Hinum, Drazan und Erbek sehr viele erfahrene Spieler abgegeben. Der Kern der Mannschaft ist jedoch gleich geblieben. Das haben wir jetzt im Winter fortgesetzt, denn wir setzen auf Kontinuität. Wir stehen in der Tabelle vorne, haben einen Zwei-Punkte-Schnitt. Deshalb haben wir auch keinen großen Handlungsbedarf gesehen. Uns ist auch wichtig, dass wir die tolle Chemie, die wir in der Mannschaft haben, nicht durch Einflüsse von außen gefährden, indem wir viele Spieler dazuholen, sondern wir setzen auf den Faktor Teamgeist.
Inwiefern spielt es dem LASK in die Hände, dass beim Hauptkonkurrenten aus Lustenau der Stürmer abgegeben wurde, der mit Abstand die meisten Tore in der Liga erzielt hatte?
Das weiß ich nicht, keine Ahnung. Wir haben auf Lustenau null Einfluss. Deswegen beschäftigt mich das eigentlich gar nicht. Natürlich habe ich das vernommen, aber sie haben im Sommer mit Seifedin Chabbi auch ihren Topstürmer verloren und konnten diesen sehr gut ersetzen. Und sie haben auch jetzt wieder vier neue Spieler dazu geholt. Wir schauen, dass wir unsere Leistung bringen, das können wir beeinflussen und was die anderen machen, nehmen wir wahr, aber darauf haben wir keinen Einfluss.
Kurz noch zur Vorbereitung: Wo lagen die Schwerpunkte im Winter und wie zufrieden sind Sie mit der abgelaufenen Vorbereitung?
Sehr zufrieden. Wir konnten eigentlich das durchziehen, was wir uns vorgenommen hatten. Die Schwerpunkte sind dabei immer ähnlich, weil wir unseren Fußball nicht groß verändern wollen. Wir sind die ganze Zeit dabei, an Details zu feilen, vielleicht die eine oder andere Idee miteinfließen zu lassen. Unsere Grundidee, wie wir Fußball spielen wollen, verändert sich nicht. Aber es ist natürlich ein permanenter Prozess, wo wir versuchen uns weiterzuentwickeln und weiterzukommen, Spieler zu integrieren und verbessern. Und das haben wir die ganze Vorbereitung über versucht. Wir hatten einmal vor dem Trainingslager eine schwierige Woche, in der wir vier oder fünf kranke Spieler hatten, ein paar Verletzte. Aber sonst ist alles sehr, sehr gut verlaufen und jetzt haben wir den gesamten Kader zur Verfügung.
Aber à la longue wird der gesamte österreichische Fußball und die Vereine nicht daran vorbeikommen, dass sie sich ordentliche Stadien zulegen. Das passiert eh jetzt: Salzburg hat es schon, Rapid hat es erst gebaut, die Austria baut jetzt gerade um, Altach investiert Millionen in den Ausbau des Stadions. Es geht nicht mehr anders.
Ein Rückblick auf den Herbst: Die Mannschaft hat Zuhause kein einziges Spiel verloren, dabei die meisten Tore erzielt und die wenigsten erhalten. Was macht das Team Ihrer Ansicht nach gerade in den Heimspielen so stark?
Warum genau es so ist, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass wir uns daheim extrem wohlfühlen. Wir haben auch dieses Selbstvertrauen, dass wir dort, so glaube ich, seit über einem Jahr nicht verloren haben. Die Mannschaft merkt das, geht mit diesem Selbstvertrauen ins Spiel. Die Gegner kommen und wissen, der LASK ist extrem heimstark. Und so ist das vielleicht zu erklären. Aber woran es genau liegt, weiß ich nicht. Wir spielen Zuhause nicht anders als auswärts, aber daheim haben wir natürlich schon eine tolle Serie.
Wie schade ist es dann, dass trotz der starken Leistungen und der Tabellenführung in den Heimspielen nicht mehr Zuschauer ins Paschinger Waldstadion kamen?
Wir sind eigentlich im Großen und Ganzen zufrieden mit den Zuschauern. Ich glaube, das ist ja im gesamtösterreichischen Fußball ein Problem. Man muss Rapid mit dem neuen Stadion etwas ausklammern, aber es ist ja insgesamt rückläufig, beziehungsweise stark rückläufig. Unser Schnitt liegt ja, glaube ich, bei knapp unter 3.000 (Anm: Der LASK hatte im Herbst einen Zuschauerschnitt von 2.653). Ich habe eine Runde aus dem Herbst in Erinnerung, in der Austria Wien gegen Red Bull Salzburg (das Spitzenspiel in der Bundesliga) im Happel-Stadion vor rund 5.000 Zuschauern gespielt hat (Anm: 5.373 Zuschauer) und wir gleichzeitig gegen Blau Weiss Linz vor ebenfalls rund 5.000 Zuschauern (Anm: 5.196 Zuschauer). Man kann sich immer beschweren, dass es zu wenig ist, aber in Wahrheit ist das aktuell die österreichische Fußballlandschaft. Siehe Mattersburg, siehe Ried. Von St. Pölten braucht man gar nicht reden, die ja eigentlich aufgestiegen sind. Wir haben eigentlich kaum weniger als 2.500, das ist unser Stamm. Der Stamm kommt, um den LASK zu sehen, ganz wenige um den Gegner zu sehen. Weil ganz wenige kommen, um den FAC oder Horn zu sehen – ohne jetzt abwertend zu klingen. Aber wenn ich jetzt gegen Rapid spiele, kommen viele auch, um den Gegner zu sehen. Und das fällt halt bei uns oft weg. Diesen Stamm von 2.500 wollen wir natürlich immer erhöhen, aber da liegen wir jetzt in der Ersten Liga, bzw. im österreichischen Fußball sehr gut. Und wir spielen auch einen sehr attraktiven Fußball nach vorne. Trotzdem hoffen wir natürlich, dass es mehr wird.
Wie wichtig ist bei dieser Thematik auch, gerade beim Blick in die Zukunft und auf die Bundesliga-Reform, ein eigenes Stadion für den LASK?
Das ist aus mehreren Gründen wichtig. Das ist nicht nur, um die Zuschauerzahlen zu erhöhen. Ich habe es in Ried als Spieler selber mitgemacht, als wir ins neue Stadion übersiedelt sind, dass dann einfach mehr Zuschauer gekommen sind, aber auch die Vermarktungsmöglichkeiten sind dann ganz andere. Aber à la longue wird der gesamte österreichische Fußball und die Vereine nicht daran vorbeikommen, dass sie sich ordentliche Stadien zulegen. Das passiert eh jetzt: Salzburg hat es schon, Rapid hat es erst gebaut, die Austria baut jetzt gerade um, Altach investiert Millionen in den Ausbau des Stadions. Es geht nicht mehr anders. Aus Vermarktungsgründen und auch den Zuschauern gegenüber. Es ging in der Bundesliga am 11. Februar los, da muss man den Zuschauern auch einen gewissen Komfort bieten, damit sie überhaupt kommen.
In Teil 2 des Interviews spricht der LASK-Trainer über die Nicht-Dramaturgie von Auftaktspielen und seine persönlichen Ziele als Trainer (siehe Box unten)!