WSG Tirol: In 15 Punkten zum "neuen" Stadion
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WSG Tirol: In 15 Punkten zum "neuen" Stadion

Das Gernot Langes Stadion in Wattens soll endlich bundesligatauglich gemacht werden - im 90minuten-Interview zeigt sich Julian Heiss einigermaßen optimistisch.

Seit dem Bundesligaaufstieg im Jahr 2019 spielt die WSG Tirol ihre Heimspiele "auswärts" im Innsbrucker Tivoli.

Emotional wie wirtschaftlich ist der Verein mit dieser Situation unzufrieden, Pläne für einen Umbau der eigentlichen Heimstätte, dem Gernot Langes Stadion in Wattens, liegen schon länger in der Schublade - eine Umsetzung scheiterte aus unterschiedlichen Gründen.

Schon vor einem halben Jahr gab Julian Heiss, Geschäftsführer Wirtschaft bei der WSG, gegenüber 90minuten (zum Bericht >>>) zu verstehen: "Nächste Saison muss etwas passieren". Das ist jetzt der Fall, wie er im Interview erklärt.

90minuten: Julian, wir haben vor einem halben Jahr über das Thema Stadion bei der WSG gesprochen. Gemessen daran, wie viel bei solchen Projekten in Österreich generell weitergeht, erwarte ich mir wenig Gutes. Trotzdem die Frage: Was hat sich bei der WSG seitdem getan?

Julian Heiss: Ich muss deine Erwartungen ein bisschen enttäuschen (lacht). Natürlich ist das ganze noch nicht so weit, dass wir schon den Termin für den Spatenstich festlegen können. Es gibt aber einige Faktoren, die Schwung hineingebracht haben: Der neue Trainer, der schon hinterfragt hat, woran es eigentlich scheitert. Dann haben wir Martin Weissenbrunner neu in den Vorstand geholt, ein ehemaliger Kapitän der WSG, der sich in dieser Thematik sehr engagiert.

Wenn wir die Finanzierung haben - im ersten oder vielleicht zweiten Quartal 2025 - gehen wir zur Wattener Politik.

Julian Heiss über die Stadionpläne

Im Sommer haben wir uns eine To-Do-Liste gesetzt, auf der 15 Punkte stehen. Weit oben haben wir zum Beispiel ein Verkehrskonzept oder ein Informationsgespräch mit Anrainern, daran arbeiten wir gerade. Wenn wir die ersten 13 Punkte erledigt haben, geht es um die Finanzierung, da tut sich parallel auch jetzt schon etwas. Es ist wichtig, ein Paket zu schnüren, das auf 10 oder 15 Jahre ausgelegt ist, aber auch berücksichtigt, dass wir vielleicht im dritten oder vierten Kreditjahr einmal in der 2. Liga spielen müssen. Ich habe viel Respekt davor, welche Auswirkungen das haben kann, weil es schnell schwierig wird, den Kredit dann noch tilgen zu können.

Wenn wir das fertig haben - im ersten oder vielleicht zweiten Quartal 2025 - gehen wir zur Wattener Politik, die uns dann hoffentlich keine Steine in den Weg legen wird. Ich kann nicht versprechen, dass wir in einem Jahr schon mit dem Bauen beginnen. Ich kann aber versprechen, dass wir uns intensiv bemühen.

90minuten: Aus wirtschaftlicher Sicht wäre es ja auch ein wirklich wichtiger Schritt, das Ausweichen ins Tivoli kann sich für euch nicht rechnen.

Heiss: Im Herbst haben die WSG Tirol Juniors in Wattens vor fast 2.000 Zuschauern ein Topspiel um die Tabellenführung gespielt. Obwohl das die vierte Liga ist, haben wir damit 20.000 Euro verdient. Wenn man das auf Bundesliga-Topspiele umlegt, wäre das eine wirklich gute Benchmark. Im Tivoli ist das einfach nicht gegeben. Jeder im Verein weiß, dass wir das Thema angehen müssen, wenn wir im Jahr 2030 auch noch in der Bundesliga spielen wollen.

90minuten: Grundsätzlich sprechen wir aber immer noch von einem Umbau des Gernot Langes Stadions? Oder gibt es inzwischen neue Ideen?

Heiss: Es gibt immer wieder Gespräche darüber, ob eine "Optimallösung" mit rund 8.000 Plätzen auf dem Swarovski-Gelände machbar ist. Das wäre aber ein langfristiges Projekt. Wenn wir in der Bundesliga bleiben wollen, sollten wir jetzt etwas tun. Ich sehe das pragmatisch: Wir haben vor der Türe ein Zweitligastadion, bei dem es nicht soviel Arbeit brauchen würde. Das hat einen Zeithorizont von einem bis zu drei Jahren, das ist für mich greifbar. Natürlich hätte ich auch gerne eine neue Arena wie Blau-Weiß Linz, das würde aber viel Kraft kosten, die wir eher ins Gernot Langes Stadion stecken sollten.

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Das Gernot Langes Stadion im ÖFB Cup gegen den SK Rapid (2022)

90minuten: Abgesehen von möglichen Förderungen habt ihr vor ein paar Monaten nach längerer Suche einen neuen Hauptsponsor gefunden. Spielt das bei den Stadionplänen eine Rolle?

Heiss: Eigentlich gar nicht. Wir haben im Sommer zwei, drei Monate mit der Firma CATL verhandelt. Den Draht hat uns unsere Präsidentin (Anm.: Diana Langes) gelegt, wofür wir sehr dankbar sind. Es ist ein Dreijahresvertrag herausgekommen, worauf wir als WSG sehr stolz sind. Nachdem sich Swarovski als Hauptsponsor zurückgezogen hat, hatten wir eine Lücke zu füllen, was uns Jahr für Jahr gelungen ist, aber nie nachhaltig. Jetzt haben wir rund 90 Prozent davon aufgefangen, das war auch wirklich wichtig. Wir kommen so wieder in die Nähe des Budgets aus unseren ersten zwei Bundesligajahren, damit können wir vielleicht wieder einen finanziellen Polster aufbauen. Bis jetzt sind alle Seiten zufrieden und auch unser Ausrüster Puma hat eine Freude, weil das Trikot mit dem Logo richtig cool ausschaut.

90minuten: Von außen gesehen, liegt die Partnerschaft ja eigentlich nicht auf der Hand. CATL ist ein chinesischer Batteriehersteller, der nicht direkt an Konsument:innen verkauft. Was kann die WSG einem solchen Unternehmen bieten?

Heiss: Da hast du schon recht, im April habe ich die Firma auch noch nicht gekannt. Sie spielt aber eine große Rolle im Bereich Elektroautos und Energiesparen, das bekommt man nur nicht so leicht mit. Im Prinzip geht es darum, als chinesische Firma in Europa einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Da sind wir als WSG ein kleiner Nadelstich in der Marketingstrategie, um sich hier noch mehr zu etablieren. Das Logo wird groß bei den Kristallwelten positioniert, wo jedes Jahr eine halbe Million Gäste hinkommen, sie sind auf dem Trikot zu sehen und zum Beispiel auf LED-Banden im Stadion. Für sie sind wir ein kleiner Baustein, aber für uns ist es eben der große Hauptsponsor. Momentan überarbeiten wir unser ganzes Vertriebskonzept, um auch wieder neue Klein- und Mittelsponsoren langfristig an den Verein zu binden. Wenn wir das hinbekommen, sind wir auf einem guten Weg - auch weil alle Mehrerlöse, die wir jetzt generieren, beim Stadionthema helfen.

Der Trainer hat mich nach dem zweiten Spieltag gefragt, ob es unser Ernst ist, dass wir die TV-Kamera auf die leere Tribüne im Tivoli zeigen lassen.

Julian Heiss

90minuten: Ich kann mir vorstellen, dass es umgekehrt bei der Sponsorensuche hilft, in einem renovierten Stadion, sprich der eigenen Heimat, zu spielen.

Heiss: Klar. Der Trainer hat mich nach dem zweiten Spieltag gefragt, ob es unser Ernst ist, dass wir die TV-Kamera auf die leere Tribüne im Tivoli zeigen lassen. Wir versuchen seit vier Jahren das zu ändern, es ist aber einfach nicht möglich. Damit würde aber alles ganz anders ausschauen: Wir hatten gegen Altach fast 3.000 Leute im Stadion, davon 600 Kinder, weil wir den Wattener Nachwuchs eingeladen haben. Die Haupttribüne war voll und die Stimmung richtig gut, im Fernsehen sieht man das aber nicht. Für die Sponsoren ist es natürlich auch attraktiver, wenn sie die LED-Bande nicht vor einer leeren Tribüne sehen. In Wattens wäre das anders.

90minuten: Am Samstag spielt ihr im Tivoli gegen Rapid. Wahrscheinlich können sich viele Fans an das Duell im Cup vor zwei Jahren erinnern, damals vor vollem Haus in Wattens. Solche Bilder gibt es aus der Bundesliga nicht.

Heiss: Das ist eigentlich das beste Beispiel, im Büro habe ich ein großes Foto von diesem Rapid-Spiel hängen. Damals wurde die Partie ausgelost und am nächsten Tag sind die Leute vor unserer Geschäftsstelle Schlange gestanden. Sie haben sich bemühen müssen, an eine Kaufkarte zu kommen. Derzeit müssen wir uns für jedes Spiel irgendeine Aktion einfallen lassen und Karten verteilen.

Es war viel Überzeugungsarbeit notwendig, vor allem unser Trainer macht das sensationell, der "Köcki" ist da ähnlich, beide können dieses Menschenfangen richtig gut

Heiss über Neuzugang Jonas David

90minuten: Kommen wir zum Sport - das sollte Spaß machen, weil euch mit Jonas David gerade eine spannende Verpflichtung gelungen ist. In der Presseaussendung hatte Philipp Semlic Lob für Sportdirektor Stefan Köck und dich, weil ihr sehr um den Spieler "gekämpft" habt. Wie viel Überzeugungsarbeit war notwendig?

Heiss: Jonas David ist ein Sonderfall, weil die Verpflichtung in der Form nicht geplant war. Hätte sich David Gugganig nicht das Schlüsselbein gebrochen und Osarenren Okungbbowa am Knie verletzt, wäre es wahrscheinlich kein Thema geworden - obwohl der Spieler schon auf unserer Liste für einen Wintertransfer gestanden ist. Wir haben akut reagieren müssen, weil uns die Innenverteidiger ausgegangen sind.

Es war viel Überzeugungsarbeit notwendig, vor allem unser Trainer macht das sensationell: Er zeigt den Spielern mit einer Präsentation, wie er sie sieht, wie sie sich entwickeln können, wie sie in die Mannschaft passen. Der "Köcki" ist da ähnlich, beide können dieses Menschenfangen richtig gut, sonst würden solche Spieler auch gar nicht zu uns kommen.

Auch Jamie Lawrence ist ein Beispiel. Der spielt das bei uns richtig staubig herunter - wenn er noch 20 Spiele für die WSG macht, wird er sich im nächsten Sommer sicher nicht verschlechtern. Bei Jonas David ist das ähnlich, wenn er das gut herunterspielt, wird er nach der Saison wieder weiterziehen. Wir können leider nicht 25 Spieler holen, die alle uns gehören und Dreijahresverträge haben. Ziel ist ein Kader mit drei oder vier Leihspielern, einigen Stammspielern, die uns gehören und dazu ein paar junge Tiroler Talente.

90minuten: Was den wirtschaftlichen Bereich wieder direkt betrifft, ist der Österreicher-Topf. Jonas David ist ein weiterer Legionär, habt ihr euch über dieses Thema viele Gedanken gemacht?

Heiss: Der Österreicher-Topf steht bei uns nicht zur Debatte. Wenn jeder weiß, dass die WSG auf Österreicher und Tiroler setzt, wird es für uns in Zukunft nur einfacher, die größten heimischen Tiroler Talente für uns zu gewinnen. Wir wissen, dass sie kicken können und wir wissen, dass Philipp ein Trainer ist, der sie gut entwickeln kann. Warum sollten wir von diesem Weg weggehen? Wenn es unter den Legionären einen Konkurrenzkampf gibt, ist das ja eigentlich super.

90minuten: Dabeibleiben ist das eine, es gibt inzwischen aber auch Vereine, die den Österreicher-Topf relativ geschickt zum Geschäftsmodell machen. Hartberg könnte in dieser Saison doppelt soviel damit verdienen, als die WSG.

Heiss: Wir haben viele Spieler im Kader, deren Minuten nicht mehr vierfach zählen, die für uns aber extrem wichtig sind. Wir können stattdessen nicht einfach einen 18-Jährigen bringen, das ist auch nicht unbedingt notwendig. Ziel ist, dass wir sie an die Mannschaft heranführen und sie ein paar Jahre zu Stammspielern werden. Das, was wir aus dem Österreicher-Topf bekommen, nehmen und brauchen wir. Das passt alles schon so, wie es ist.

(Artikel wird unterhalb fortgesetzt)

Ein Faktencheck zur aktuellen Situation im Österreicher-Topf:


90minuten: Wenn ich dich zum Abschluss nach deinen nächsten Zielen frage, jetzt wo das Thema Stadion angestoßen und ein Hauptsponsor gefunden ist - was fällt dir ein?

Heiss: Wir - Stefan Köck, unsere Präsidentin und ich - haben ein Bild davon im Kopf, wie die WSG in fünf Jahren dastehen könnte. Dann wäre sie ein Verein mit einem Budget zwischen acht und zehn Millionen Euro und einer Mannschaft, die um die Meistergruppe mitspielen kann. Im besten Fall springen wir vielleicht sogar ein, zwei Mal in die Top 6, so wie es Klagenfurt auch gelungen ist. Das ist sehr weit gedacht, aber wer weiß. Auch unsere zweite Mannschaft soll in die dritte Liga nachziehen, die dritte Mannschaft in die Landesliga oder Gebietsliga. Dann wären wir ein super Ausbildungsverein, der Talente entwickeln und pro Jahr zwei bis vier Spieler verkaufen kann. Wenn wir das erreichen, darf die WSG sehr stolz auf sich sein.

Vielen Dank für das Gespräch!



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