Vienna-Aufstieg? "Sollte es passieren, sind wir ready"
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Vienna-Aufstieg? "Sollte es passieren, sind wir ready"

Bis spätestens 2026 will die Vienna wieder in der Bundesliga mitspielen. Im 90minuten-Interview erklärt Sportdirektor Andreas Ivanschitz seine Pläne für die nächsten Wochen und darüber hinaus.

Vienna-Sportdirektor Andreas Ivanschitz war gerade noch im Urlaub. Der zweite Sommer seiner Amtszeit verläuft bisher deutlich ruhiger als der erste, die dringendsten Transfers hat der Zweitligist schon im Juni hinter sich gebracht. Wie entspannend kann so eine Pause in seinem Beruf überhaupt sein?

"Urlaub in diesem Job ist immer kompliziert und es gibt keinen idealen Zeitpunkt, aber man kann viele Gespräche am Telefon führen und Vorarbeit leisten. Trotzdem ist es wichtig, auch einmal abzuschalten. Ich hatte die Möglichkeit, mit meiner Familie wegzufliegen und habe es geschafft, das Handy tagsüber auch bewusst im Zimmer liegenzulassen", beschreibt der 40-Jährige. Inzwischen ist Ivanschitz wieder voll eingespannt und hat mit seinem Verein einiges vor.

90minuten.at: Ihr habt dieses Jahr schon im Juni mehrere Transfers getätigt, unter anderem Patrick Schmidt, David Ungar und Gontie Junior Diomandé geholt. Seitdem ist nicht mehr viel passiert. Wolltet ihr bewusst früh fertig werden?

Ivanschitz: Es ist wichtig, immer im Auge zu haben, was der Kader braucht. Ich stehe in engem Austausch mit dem Trainerteam und unserem Chefscout, um zu überlegen, welche Spieler zu uns passen. Dieses Jahr wollten wir unsere Mannschaft bewusst zusammenhalten, weil wir von der Qualität überzeugt sind.

Bei unseren Neuzugängen konnten wir uns in dieser Saison sehr schnell entscheiden, weil wir früh mit der Vorarbeit begonnen haben. Das Bild war dementsprechend klar, das hilft bei den Entscheidungen. Zu tun gab es jetzt vor allem deshalb, weil wir uns um Leihen gekümmert haben, um einigen Spielern mehr Einsätze zu ermöglichen. Es kann sich aber noch etwas tun, wir halten die Hände noch nicht komplett still.

90minuten.at: Das heißt, euer Transferprogramm ist noch nicht abgeschlossen?

Ivanschitz: Es wird davon abhängen, ob sich der Kader noch verändert oder wir das Gefühl bekommen, noch nachlegen zu müssen. Der ganze Scoutingprozess läuft durchgehend, wir halten jetzt schon Ausschau für Winter und nächsten Sommer, aber eben auch für die nähere Zukunft. Auch in dieser Phase haben wir aber noch Zeit, um etwas zu tun.

90minuten.at: Das klingt nicht unbedingt so, als wäre es wichtig, den Kader vor Ligastart fertig beisammen zu haben.

Ivanschitz: Die Transfers, die wir vor dem Ligastart und vor der Vorbereitung machen wollten, haben wir durchgezogen. Wir sind froh, dass wir die Neuzugänge beim Trainingsstart dabei hatten und sie inzwischen gut in die Mannschaft integriert sind.

Mario ist topfit und hat einen guten Eindruck hinterlassen. Mal schauen, wie sich das in den nächsten Wochen entwickelt.

Ivanschitz über Trainingsgast Mario Pavelic

90minuten.at: Einen prominenten Trainingsgast - Mario Pavelic - habt ihr letztendlich nicht verpflichtet.

Ivanschitz: Aktuell nicht. Wir hatten den ein oder anderen Probespieler dabei, bei Mario wussten wir schon, welche Qualität er hat. Im ersten Schritt haben wir entschieden, nichts zu machen. Der Vorteil, falls wir Bedarf haben ist, dass wir ihn schon kennen und persönlich gesprochen haben. Mario ist topfit und hat einen guten Eindruck hinterlassen. Mal schauen, wie sich das in den nächsten Wochen entwickelt.

90minuten.at: Ein großer Glücksgriff war in der letzten Saison Noah Bischof als Leihspieler vom SK Rapid. Sind Leihen wieder eingeplant?

Ivanschitz: Das schließe ich bei uns grundsätzlich nicht aus. Der Vorteil liegt auf der Hand: Man bekommt Qualität, an die wir sonst nicht herankommen. Andererseits wissen wir natürlich, dass wir dem Spieler kurzfristig eine Plattform geben und er im nächsten Transferfenster schon wieder weg sein kann.

Bei Noah war es so, das wussten wir auch im Vorhinein. Das war eine Geschichte, die für beide Seiten sehr gut gepasst hat. Wir hätten uns definitiv gewünscht, dass er länger bei uns bleiben kann. Die Vienna hat jedenfalls gezeigt, dass wir uns auch wirklich um die Jungs kümmern. Es kann durchaus sein, dass noch etwas passiert, wir müssen die nächsten Wochen abwarten.

Der Austausch ist immer sehr gut, wir sind schnell auf einer Wellenlänge. Aber auch zu den anderen Vereinen ist Kontakt da.

Ivanschitz über laufenden Kontakt mit Markus Katzer

90minuten.at: Vor allem die Verbindung zu Rapid und Markus Katzer liegt ja auf der Hand. Wie intensiv ist der Kontakt zwischen euch Sportdirektoren im Sommer?

Ivanschitz: Natürlich verbindet mich und Markus Katzer viel, wir kennen uns lange, haben zusammen gespielt und bei der Vienna zusammengearbeitet. Der Austausch ist immer sehr gut, wir sind schnell auf einer Wellenlänge. Aber auch zu den anderen Vereinen ist Kontakt da. Selbst wenn wir für uns sagen, dass kein Bedarf mehr für neue Spieler besteht, müssen wir versuchen Spiele zu schauen, Scouting zu betreiben, uns auszutauschen. Das gehört neben anderen Aufgaben im Verein einfach dazu.

90minuten.at: Ihr habt euch sichtlich bemüht, einigermaßen junge Spieler zum Verein zu holen. David Ungar ist 24, Patrick Schmidt seit kurzem 26, Gontie Junior Diomandé ist 21. Viele Nachwuchstalente gibt es im Kader aber aktuell nicht, kommt aus der eigenen Jugend genug nach?

Ivanschitz: Ja, es kommt definitiv etwas nach. Wir haben den Kader etwas verkleinert, dafür sind aber vier, fünf Spieler im täglichen Training dabei, die aus dem eigenen Nachwuchs kommen. Wir sehen uns als Ausbildungsverein und Sprungbrett, natürlich ist das Ziel, den ein oder anderen in den Profifußball zu bringen.

Es ist uns auch wichtig, dass die Amateure in der vierten Liga spielen. Auch da haben wir bewusst nur junge Spieler mit dabei, die sich dort empfehlen können. Ich bin im Nachwuchsbereich nah dran, mir ist wichtig, dass wir bei der Ausbildung Gas und den Jungs dann auch bei den Profis Chancen geben. Derzeit liegt das Durchschnittsalter bei rund 24 Jahren. In der Altersstruktur braucht es eine gesunde Mischung zwischen erfahrenen und jungen Spielern.

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Mehmet Sütcü geht in seine erste volle Saison als Vienna-Cheftrainer. Roman Kienast ist als Assistent dabei.

90minuten.at: Die Vienna hat einen Trainer- und Systemwechsel hinter sich, Mehmet Sütcü geht in seine erste volle Saison als Profi-Cheftrainer. Habt ihr auf die ganze Saison gesehen den Kader, den er sich vorstellt?

Ivanschitz: Wichtig ist, dass wir Spieler dazugeholt haben, die Qualität mitbringen. Alle Transfers, die wir machen, passieren in Abstimmung mit dem Trainerteam. Außerdem haben wir noch einen Christoph Monschein, der uns in der letzten Saison für mehrere Runden gefehlt hat und jetzt langsam wieder auf den Platz zurückkehrt. Für uns ist das fast wie ein Neuzugang. Unsere Spielweise hat sich verändert, wir denken eine Spur offensiver und mutiger. Ich habe aber viel Vertrauen in den Kader, viele Spieler haben auch in der letzten Saison schon gezeigt, dass sie es können und voll mitziehen.

90minuten.at: Für dich war es in deiner Karriere als Sportdirektor überhaupt das erste Mal, dass du einen Trainer austauschen musstest. Wie blickst du auf die Entscheidung zurück?

Ivanschitz: Es ist immer eine schwierige Situation. Wir haben uns noch während der Saison entschieden, um vorarbeiten zu können. Sportlich hat es sich ausgezahlt, weil wir einige Plätze gut gemacht haben und eine Philosophie festigen konnten. Mein Vertrauen in Mehmet Sütcü, Roman Kienast und Patrick Kostner ist groß. Mit Nikola Zivotic haben wir zusätzlich einen Athletiktrainer dazugeholt, das gab es davor auch nicht.

Es gab einen engen Austausch mit Geschäftsführung und Präsidium, wir haben mehrere potenzielle Kandidaten besprochen.

Ivanschitz über die Trainersuche

90minuten.at: Bevor ihr euch wirklich endgültig festgelegt habt, sind aber auch einige Monate vergangen. Ihr habt mit mehreren Kandidaten gesprochen, hast du dir für den Prozess Hilfe geholt?

Ivanschitz: Ich habe neben mir noch unseren Chefscout und natürlich den ein oder anderen Kontakt. Den ganzjährigen Austausch, den es wegen Spielern braucht, gibt es abgeschwächt auch für den Trainermarkt. Es gibt viele Möglichkeiten, um sich mit dem ein oder anderen auszutauschen und ein Gefühl zu bekommen, ohne aktiv zu suchen. Das gilt auch intern im Verein: Wer arbeitet bei uns im Nachwuchs? Wie entwickeln sich Trainer? Es gehört zum Job dazu, immer wieder hineinzuhören und genau hinzuschauen.

90minuten.at: War die Trainersuche bei euch also weniger intensiv, als man es von anderen Vereinen kennt?

Ivanschitz: Nein. Wenn du vorgearbeitet hast, tust du dir natürlich leichter. Es gab einen engen Austausch mit Geschäftsführung und Präsidium, wir haben mehrere potenzielle Kandidaten besprochen.

90minuten.at: Mehmet Sütcü wurde mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet, was waren die Gründe dafür?

Ivanschitz: Es ist ein Vertrauensvorschuss. Außerdem hilft es dabei planen zu können, wir wollten ein gewisses Vertrauen aussprechen und zeigen, dass wir den Weg gemeinsam gehen möchten. Auch, damit der Trainer in Ruhe und konzentriert arbeiten kann.

Es wird nicht nur das Trainerlizenzthema, sondern auch das Thema Infrastruktur aufpoppen. Natürlich müssten wir uns dann an einen Tisch setzen und überlegen, was wir machen.

Andreas Ivanschitz

90minuten.at: Der Aufstieg wird bis 2026 anvisiert, sollte es früher soweit sein, werden die aktuell nicht ausreichenden Trainerlizenzen zum Problem. Seid ihr darauf vorbereitet?

Ivanschitz: Mir ist vor allem wichtig, dass wir uns sportlich in diese Richtung entwickeln. Im ersten Jahr waren wir siebter, im zweiten Jahr dritter - jetzt ist das Ziel ein Platz in den Top 3. Falls es in Richtung Aufstieg geht, werden wir eine Lösung finden. Memo ist jetzt im A-Lizenz-Kurs, Roman Kienast schließt ihn gerade ab - die Jungs werden ihre nächsten Schritte machen. Falls wir ganz oben stehen, wird nicht nur das Trainerlizenzthema, sondern auch das Thema Infrastruktur aufpoppen. Natürlich müssten wir uns dann an einen Tisch setzen und überlegen, was wir machen. Die Kommunikation im Verein ist sehr transparent, auch mit dem Trainerteam. Ich bin ein Verfechter der täglichen Arbeit. Jetzt im Moment freue ich mich auf den Saisonstart und darauf, zu sehen, wie wir uns entwickeln.

90minuten.at: Einfach wird der Auftakt jedenfalls nicht. In den ersten Wochen warten Liefering, Admira und FAC. Wie viel Geduld wird es brauchen, bis sich ein klares Bild ergibt?

Ivanschitz: Die Frage wirkt schon ein bisschen negativ (Lacht). Das Auftaktprogramm ist fordernd, definitiv. Wir können das aber nicht beeinflussen, es gilt, das jetzt einfach einmal anzunehmen. Die 2. Liga ist nicht einfach zu spielen, dementsprechend haben wir in den ersten Runden richtig unangenehme Gegner.

Wir sind aber bereit dafür. Wir haben das in der Vorbereitung besprochen und ein Ziel festgelegt: Wir wollen den dritten Platz mindestens bestätigen, vielleicht auch mehr erreichen, damit haben wir auch einen gewissen Druck. Jetzt geht es darum, diese Ziele auf dem Platz mit Leben, mit Energie und mit Leidenschaft zu füllen.

Natürlich sind wir gut beraten, auch dann zusammenzuhalten, wenn es einmal holprig wird.

Andreas Ivanschitz

90minuten.at: So negativ war die Frage gar nicht gemeint. Ich habe vor kurzem mit Trainern gesprochen, denen wenige schlechte Spiele schnell zum Verhängnis geworden sind. Da geht es dann auch um Ruhe in den Strukturen und im Verein.

Ivanschitz: Natürlich sind wir gut beraten, auch dann zusammenzuhalten, wenn es einmal holprig wird. Dafür steht die Vienna auch. Es gehört auch einfach zur Dynamik einer Meisterschaft, mit allen Höhen und Tiefen. Der GAK war in der Vorsaison eher eine Ausnahme. Über 20 Jahre als Spieler musste ich das bei all meinen Vereinen spüren, dass man sich immer wieder aufs Neue bestätigen muss und sich nicht ausruhen kann. Die Ruhe zu bewahren ist ein Thema, das bei mir und dem Präsidium liegt, wir arbeiten sehr eng zusammen. Das gegenseitige Vertrauen ist groß, alle im Verein wissen aber, dass es am Ende des Tages um Leistung und Punkte geht.

90minuten.at: Falls ihr am Ende der Saison dann doch ganz oben stehen solltet, wie bereit sind alle im Verein?

Ivanschitz: Alle, die uns in den letzten Jahren verfolgt haben, wissen, dass wir auf einem guten Weg sind und gute Leute dazugeholt haben. Sollte es passieren, sind wir am Tag X ready.

90minuten.at: Wir haben bei Markus Katzer gesehen, dass die Vienna auch für Funktionäre zum Sprungbrett werden kann. Hast du Vorstellungen dazu, wie deine persönliche Karriere weiterlaufen soll?

Ivanschitz: Ich bin in unserem Projekt tief verankert, habe mich dazu committet, der Vienna zu helfen und fühle mich extrem wohl. Mein Ziel ist, dass wir es schaffen, in den nächsten Jahren in die Bundesliga aufzusteigen. Das ist für mich das einzige, das zählt. Was dann in Zukunft einmal passieren kann, beschäftigt mich aktuell nicht.

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