Tino Wawra: "Technischer Direktor? Habe zuerst googeln müssen"
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Tino Wawra: "Technischer Direktor? Habe zuerst googeln müssen"

Tino Wawra ist beim GAK gelandet und soll dabei helfen, den Verein weiterzuentwickeln. Im 90minuten-Interview spricht er auch über Sturm Graz, bittere Momente und die Entwicklung von Blau-Weiß Linz.

Nach einer rundum enttäuschenden Saison zog sich Sportdirektor Tino Wawra im Mai 2024 vom SKN St. Pölten zurück, in den vergangenen Monaten hatte der 45-jährige Linzer viel Zeit für Fortbildungen, zum Nachdenken und für seine Familie.

Am 30. Jänner 2025 wurde Wawra als Neuzugang des GAK präsentiert. Es ist seine erste Bundesliga-Station als Funktionär, bei Blau-Weiß Linz konnte er über Jahre erfolgreiche Arbeit in der 2. Liga vorweisen. Auch Wawras Rolle - Technischer Direktor - war im ersten Moment etwas Neues. Warum er sich für diesen Weg entschieden hat und was an Gerüchten über ein mögliches Engagement bei Sturm Graz dran war, erzählt er im 90minuten-Interview.

90minuten: Es hatte sich schon angekündigt, dass demnächst eine neue Aufgabe auf Sie zukommt - seit zwei Wochen ist der Wechsel zum GAK offiziell. Wie kam das zustande?

Tino Wawra: Didi Elsneg hat sich im Herbst schon einmal bei mir gemeldet und mich gefragt, was ich jetzt mache. Er hatte schon damals vor, sein Team zu vergrößern und den GAK noch mehr zu professionalisieren  - durch den Trainerwechsel hat alles ein bisschen länger gedauert, als erwartet. Inzwischen ist der Verein wieder in ruhigeren Gewässern, im Jänner ist es jetzt eigentlich relativ schnell gegangen. Vor zwei Wochen waren wir in finalen Gesprächen, danach war ich gleich im Trainingslager dabei. Ich glaube, dass das Projekt sehr gut zu mir passt. Im Verein wurde über die letzten Jahre viel Aufbauarbeit geleistet, es gibt aber auch noch viel Potenzial. Es ist ein Traditionsverein, es gibt eine Fankultur, die Stadt ist cool. Ich freue mich extrem, dass ich jetzt da bin.

Der Didi ist als Sportdirektor der Chef. Ich bin eine Art rechte Hand.

Tino Wawra

90minuten: Sie sollen eng mit der Mannschaft, dem Trainerteam, der Scouting-Abteilung und dem Sportdirektor Didi Elsneg zusammenarbeiten. Was ist Ihr konkretes Jobprofil als Technischer Direktor?

Wawra: Ich habe auch zuerst googeln müssen, wie das eigentlich genau definiert ist. Es deckt sich aber mit dem, was ich früher auch schon gemacht habe - nämlich die Schnittstelle zwischen dem Trainerteam und der sportlichen Leitung zu sein. Da geht es auch um den Blick von außen im Training, so wie ich es früher bei Gerald Scheiblehner oder Ronald Brunmayr angelegt habe. In Richtung Sommer steht gleich die Kaderplanung an. Ich werde mir viele Spiele anschauen, viel unterwegs sein und das Scouting vorantreiben. Gemeinsam mit dem Sportdirektor soll ich Spielerprofile erstellen, nach denen Chefscout Andi Lienhart und ich dann auf dem Markt suchen werden.

90minuten: Wie unterscheiden Sie sich dann konkret im Alltag von Didi Elsneg?

Wawra: Der Didi ist als Sportdirektor der Chef. Ich bin wahrscheinlich sein engster Mitarbeiter, eine Art rechte Hand. Es gibt sicher Themen, die sich überschneiden werden oder bei denen wir gemeinsam agieren. Man muss es sich so vorstellen: Die Anforderungen an den GAK sind in der Bundesliga größer geworden. Für den Sportdirektor gibt es viele Medientermine, Gespräche mit dem Trainerteam, dem Vorstand und so weiter.

90minuten: Nach kurzer Zeit im Amt ist das wahrscheinlich schwer zu sagen - gibt es irgendeine konkrete Idee oder ein Projekt, dass Sie als erstes anstoßen wollen?

Wawra: Für mich geht es in den ersten Monaten darum, meinen Teil dazu beizutragen, dass wir auch im nächsten Jahr noch Bundesliga spielen. Das kann ich zum Beispiel sofort von der Trainerbank machen, ich habe mich in letzter Zeit in den Bereichen Video- und Spielanalyse weitergebildet und sitze an Spieltagen neben unserem Videoanalysten. Der Klassenerhalt ist jetzt das Wichtigste für den Verein, für alles andere war die Zeit noch zu kurz. Ich bin hier ganz neu und muss erst einmal die Leute kennenlernen, das wird ein bisschen dauern. Dann werde ich sehen, wo wir uns noch besser aufstellen können.

Wir planen grundsätzlich für die Bundesliga. Natürlich kann man vieles erst fixieren, wenn der Klassenerhalt feststeht.

Tino Wawra

90minuten: Das Transferfenster im Sommer haben Sie schon angesprochen, für den GAK wird das wahrscheinlich herausfordernd, weil der Verein stand jetzt ins untere Playoff muss. Müssen Sie gleich zweigleisig planen?

Wawra: Wir planen grundsätzlich für die Bundesliga. Aber natürlich kann man gewisse Sachen erst fixieren, wenn der Klassenerhalt feststeht - vor allem was die Spieler betrifft. Wenn es um eine Top-Verstärkung geht, hängt das klar davon ab, in welcher Liga wir spielen. Einen Plan zurechtlegen kann man sich trotzdem und das machen wir. 

90minuten: Sie werden es mir wahrscheinlich nicht genau verraten können, aber welche Ansatzpunkte im Kader sehen Sie denn für die kommende Saison?

Wawra: Es ist schon sehr viel passiert. Didi hat gute Schlüsse aus dem Herbst gezogen und im Winter hart gearbeitet. Hut ab dafür, ich weiß, wie schwer das ist. Wir haben Plätze für Spieler gefunden, die bei uns nicht oder wenig gespielt hätten, auch das ist nicht immer einfach. Und wir haben fünf Spieler geholt, von denen jeder einzelne eine Verstärkung ist. Jetzt müssen wir beobachten, wie gut die Fünf auf welchen Positionen funktionieren, das wird seine Zeit brauchen.

Nachdem er zu Hoffenheim gegangen ist, hat er meinen Namen bei Sturm fallen gelassen. Das ehrt mich.

Wawra über Andi Schicker

90minuten: Was Ihre Person betrifft, war es in den letzten Monaten eher ruhig. Gerüchten zufolge war Sturm Graz interessiert, auch dort ging es um die Position als Technischer Direktor. War da etwas dran?

Wawra: Ich glaube, das ist daraus entstanden, dass Andi Schicker und ich uns immer wieder ausgetauscht haben. Wir kennen uns schon sehr lange, ich habe auch bei ihm hospitiert. Der Andi hat einen ähnlichen Weg wie ich genommen, damals hat er in Wiener Neustadt sehr gute Arbeit geleistet und ist in der zweiten Reihe hinter Günter Kreissl gewachsen.

Nachdem er zu Hoffenheim gegangen ist, hat er bei Sturm Graz intern meinen Namen als Idee für die Position als Technischer Direktor fallen gelassen, weil er Paul Pajduch ja mitnehmen wollte. Mich ehrt, dass er eine so gute Meinung von mir hat. Ich bin aber schon davon ausgegangen, dass der neue Sportdirektor seine eigenen Vertrauensleute installieren will und so ist es ja auch gekommen. Mir taugt es extrem, dass ich jetzt beim GAK bin, das passt gut so.

90minuten: Bei Spielern und Trainern ohne Verein kümmern sich meistens Berater darum, einen neuen Platz zu finden. Wie kann man sich das bei einem Sportdirektor - oder jetzt Technischen Direktor - vorstellen?

Wawra: Über die Jahre baut man natürlich Kontakte auf, es gibt schon einige Berater, zu denen ich ein gutes Verhältnis habe. Beim GAK und Blau-Weiß Linz war es so, dass wir über ein paar Jahre "Rivalen" in der 2. Liga waren, wir haben uns gegenseitig ans Limit gepusht. Deswegen hat Didi mich schon ganz gut gekannt und gewusst, was ich mitbringe. Auch Boris Hüttenbrenner (Anm.: GAK-Geschäftsführer) und René Ziesler (Anm: GAK-Obmann) waren bei den Gesprächen dabei, es hat zwischenmenschlich sehr gut gepasst.

So ist das, man trifft im Fußball Entscheidungen, manche davon sind rückblickend falsch.

Tino Wawra

90minuten: Vor einem Jahr waren Sie noch beim SKN St. Pölten tätig, dort hat sich alles anders entwickelt, als erwartet. Wie gehen Sie mit diesem Kapitel um?

Wawra: Im Nachhinein - das Wort möchte ich schon betonen - kann man sicher sagen, dass ich eine falsche berufliche Entscheidung getroffen habe. Zu dem Zeitpunkt, an dem ich sie getroffen habe - das war irgendwann im Februar oder März 2023, noch vor dem Meistertitel mit Blau-Weiß Linz - hat sich alles richtig angefühlt. Mir wurde ein sehr klarer Plan vorgelegt, der auch den Kooperationspartner VfL Wolfsburg einbezogen hat. Wir haben damals gute Gespräche geführt. In der freien Zeit nach der Vertragsauflösung im Mai hatte ich viel Zeit zum Nachdenken.

Es gab schon Momente, in denen es für mich sehr bitter war. Ich sehe Blau-Weiß in der Bundesliga und bin ja eigentlich selbst ein Linzer, das wird immer mein Verein bleiben. Aber so ist das, man trifft im Fußball Entscheidungen, manche davon sind rückblickend falsch. Man weiß aber auch nie, wofür es am Ende gut ist. Inzwischen sehe ich alles schon wieder von einer sehr positiven Seite, weil ich bei einem tollen Klub gelandet bin. 

90minuten: Wie groß ist inzwischen das lachende Auge, weil Blau-Weiß Linz, wo Sie auch viel Aufbauarbeit geleistet haben, jetzt in der Bundesliga um die Meistergruppe mitspielt?

Wawra: Ich blicke schon mit viel Stolz auf meine Zeit dort zurück, auch wenn vielleicht der ein oder andere Fan immer noch böse auf mich ist. Wir sind in drei Jahren zweimal Meister geworden. Wenn ich mir die Mannschaft anschaue - Ronivaldo, Maranda, Briedl, Simon Seidl - das sind schon Spieler, die wir damals noch in der 2. Liga geholt haben. Auch Nici Schmid, Matthias Seidl und Fally Mayulu waren Zweitligatransfers. Auch die Entwicklung von Gerald Scheiblehner als Trainer freut mich. 

90minuten: Eine Abschlussfrage habe ich noch. Nehmen wir einen Zeitraum von fünf Jahren: Wo stehen Sie, wo steht der GAK, was soll sich in dieser Zeit alles entwickelt haben? 

Wawra: Ich hoffe, dass ich meinen Teil dazu beitragen kann, dass der GAK auch in fünf Jahren noch in der Bundesliga spielt - vielleicht auch in einer wichtigeren Rolle als derzeit. Was ich schon gelernt habe, ist, dass es schwierig ist, Prognosen zu machen. Wenn ich irgendwann einmal nicht mehr beim GAK bin, möchte ich, dass die Fans und Mitarbeiter über mich sagen können: Er hat wirklich etwas aufgebaut und sich immer reingehängt. 

Vielen Dank für das Gespräch!


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