Stöger im Interview: Über Gladbach endlich ins Nationalteam?
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Stöger im Interview: Über Gladbach endlich ins Nationalteam?

Der Österreicher gibt im Interview Einblicke in sein neues Gladbach-Abenteuer und äußert sich zur frustrierenden Nationalteam-Thematik.

Kevin Stöger hat ereignisreiche Monate hinter sich.

Nach schwachem Saisonfinish rutschte der Österreicher mit dem VfL Bochum noch auf den Relegationsplatz ab. Dort sollte Fortuna Düsseldorf eigentlich keine große Hürde darstellen, doch das Hinspiel ging völlig überraschend im eigenen Stadion mit 0:3 verloren.

Im Rückspiel gelang schließlich doch noch das Comeback, auch dank eines furios aufspielenden Stöger, der seine Mannschaft mit zwei Vorlagen und einem eigenen Treffer in ein finales Elfmeterschießen rettete, in dem er ebenfalls verwandelte.

Bochum blieb somit erstklassig, für den gefeierten Held sollte es jedoch das letzte Spiel im VfL-Dress gewesen sein. Stöger wechselte zur neuen Saison zu Borussia Mönchengladbach und wagt damit einen weiteren Schritt in seiner bewegenden Karriere.

Im Interview erzählt der 30-Jährige über die Erlebnisse der vergangenen Monate und äußert sich zudem zur Nichtberücksichtigung im österreichischen EM-Kader.


90minuten: Hallo Kevin! Erstmal Gratulation zu deinem Transfer, hast du dich schon gut eingelebt?

Kevin Stöger: Hallo und vielen Dank! Ich habe ja schon einige Vereinswechsel hinter mir, von dem her wusste ich, was auf mich zukommt. Ich muss sagen, dass der Verein es mir sehr einfach gemacht hat. Zu Beginn muss man natürlich erst jeden kennenlernen, aber mittlerweile habe ich mich sehr gut eingelebt und es macht extrem viel Spaß.

90minuten: Du hast in einem Interview von einer "bewussten Entscheidung" für Gladbach gesprochen. Wie lief dieser Prozess ab?

Stöger: Ich wollte ja erstmal mit Bochum die Klasse halten, das haben wir geschafft, wenn auch über Umwege. Dann wollte ich mir bewusst etwas Zeit lassen. Ich wollte mir viel anhören und anschauen und dann für mich und meine Familie die beste Entscheidung treffen. Gladbach ist ein extrem geiler Klub mit einer krassen Geschichte, überragenden Fans und toller Infrastruktur. Und auch die Mannschaft hat enorme Qualität. Ich freue mich einfach und hoffe, dass wir eine großartige Zeit haben werden.

90minuten: Spielt in diesen Überlegungen dann auch die Distanz eine Rolle (Die Entfernung zwischen Bochum und Mönchengladbach beträgt knapp 60 Kilometer, Anm.)?

Stöger: Klar, es ist schon wichtig zu wissen, dass man nicht alleine ist und immer jemanden hat, den man kennt. Aber das hat eher eine untergeordnete Rolle gespielt.

90minuten: Bei einem Wechsel ins Ausland wäre das unter Umständen nicht der Fall. Hätte dich dieser Schritt dennoch gereizt?

Stöger: Es war kurz Thema. Ich habe dann aber auch schnell gesagt, dass ich in Deutschland noch nicht fertig bin und nach der guten Saison noch einmal zeigen möchte, was ich kann. In Deutschland gab es auch die eine oder andere Option, aber ich habe mich dann mit voller Überzeugung für Gladbach entschieden.

90minuten: Lass uns noch kurz über deine Zeit in Bochum sprechen, die am Ende an Dramatik kaum zu überbieten war. Haben diese Relegationsspiele den Abschied doch noch erschwert?

Stöger: Nein, eigentlich nicht. Im Fußball ist es leider so, dass sich manchmal Wege trennen. Irgendwie war es auch ein guter Zeitpunkt, zu gehen, weil etwas Schöneres kann man gefühlt gar nicht schaffen. Ich bekomme heute noch Nachrichten von Bochum-Fans, die sich bedanken und freuen, wenn ich am zweiten Spieltag sozusagen als Gegner wiederkomme. Ich denke, ich bin da gegangen als Einer, der immer Gas gegeben hat und eine sehr wichtige Rolle gespielt hat.

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Stöger hatte mit einem Tor und zwei Vorlagen großen Anteil am Comeback-Sieg des VfL Bochum in der Relegation.

90minuten: Du verlässt den Verein als gefeierter Held, die Allermeisten akzeptieren und gönnen dir den Wechsel. Welchen Wert hat das für dich?

Stöger: Das ist schon ein schönes Gefühl und auch die vielen Nachrichten schätze ich sehr. Das Relegations-Rückspiel selbst ist natürlich eines, welches für immer in Erinnerung bleibt. Selbst heute, mit ein bisschen Abstand, kann man gar nicht richtig die Worte finden, was man da so gefühlt hat.

90minuten: In Gladbach bist du jetzt bei einem am Papier und auch in der Realität größeren Verein, bei dem in den letzten Jahren jedoch ein deutlich Abwärtstrend zu erkennen war. Wie hast du das als Außenstehender wahrgenommen und stehst jetzt, quasi als Teil davon, dazu?

Stöger: In der Bundesliga geht es manchmal sehr schnell nach oben, aber genauso schnell wieder nach unten. Das beste Beispiel dafür ist der VfB Stuttgart. Ich denke, man darf gar nicht so sehr in die Vergangenheit schauen. Wir haben die Spieler und das Trainerteam, um etwas Geiles enstehen zu lassen. Und der große Trumpf hier sind auch immer wieder die Fans. Es war als Gegner nie schön, in Gladbach zu spielen, egal wo sie in der Tabelle standen, weil es zumeist eine extrem eklige Partie wurde und du immer unter die Räder kommen konntest.

90minuten: Stichwort "eklig": Genau diese Eigenschaft wurde der Mannschaft in der Vorsaison oft abgesprochen. Das Spiel wirkte oft zahnlos, als würde es um Nichts gehen. Kannst du da helfen?

Stöger: Definitiv! An sich war das ja auch gegeben, aber teilweise wirkt es auf Außenstehende vielleicht so. Ich denke, die Neuzugänge, inklusive mir, haben dieses Gen auch in sich. Wenn man einen Lauf hat, ist alles einfacher und positiver, aber wenn du wie Gladbach in den letzten zwei, drei Jahren immer diesen Abwärtstrend erlebst, ist es in der Bundesliga einfach verdammt schwer.

90minuten: Dein Transfer wurde in Vereinskreisen sehr gut aufgenommen. Du bist aber natürlich kein junger Spieler mehr, sondern muss sofort liefern. Was ist dein eigener Anspruch?

Stöger: Ich habe in den letzten Jahren sehr konstant gespielt. Das ist extrem wichtig. Es bringt nichts, wenn du Spieler holst, die fünf Spieltage sehr gut sind und dafür oft aber abtauchen. Ich denke, dass ich diese Konstanz reinbringe. Ich persönlich setzte mir nicht wirklich Ziele, ich möchte die Scorerpunkte aus der Vorsaison wieder erreichen und ich denke das ist mit dieser Mannschaft möglich. Auch Mannschaftsziele gab es noch nicht. Wir müssen jetzt einmal in die Meisterschaft reinstarten und dann kann sich etwas entwickeln.

90minuten: Ohne deinen bisherigen Vereinen wie Bochum oder Stuttgart etwas absprechen zu wollen, ist Gladbach in Sachen Historie und Tradition doch noch einmal eine andere Nummer. Spürt man das, und sorgt das für zusätzlichen Druck?

Stöger: Druck verspüre ich keinen. Ich hätte bestimmt den ein oder anderen leichteren Weg gehen können, aber das wollte ich nicht. Generell nimmt man von außen gar nicht so wahr, wie groß und traditionsreich der Verein Gladbach eigentlich ist. Da steckt wirklich was dahinter. Das Stadion ist gefühlt jedes Spiel ausverkauft, ins Trainingslager waren mehrere Tausend Fans mitgereist, nur um uns zu sehen. Ich will einfach zeigen, dass ich auch bei so einem großen Verein Leistung bringen und Erfolg haben kann.

90minuten: Du befindest dich in der besten Phase deiner Karriere, was im Alter von bald 31 Jahren nicht selbstverständlich ist. Welche Lehren hast du aus deiner Zeit im Profifußball gezogen und wie arbeitest du an deinem persönlichen Erfolg?

Stöger: Du kriegst natürlich einiges mit, was im Fußball abgeht, sehr viel Negatives wie Positives. Auch mich haben schon Dinge wie Verletzungen oder einfach falsche Entscheidungen zurückgeworfen. Aber ich bin ein Mensch, der darauf baut, dass es immer wieder weiter und nach vorne geht. Und du musst für den Profifußball leben. Du musst auf Vieles verzichten, auf Freunde, Familie, Feiern. Da musst du viel in Kauf nehmen, aber gleichzeitig will ich das alles umwandeln, um noch besser zu werden. Dafür darf man dann vor 50.000 Fans in vollen Stadien spielen.

Ich glaube, wenn du so eine Saison spielst wie ich letztes Jahr, ist es definitiv gerechtfertigt, davon zu träumen. Ich war wirklich sehr traurig und enttäuscht.

Kevin Stöger über seine Nicht-Berücksichtigung im EM-Kader.

90minuten: Zum Abschluss möchte ich noch das Thema Nationalteam ansprechen. Du wurdest von Teamchef Ralf Rangnick nicht in den EM-Kader einberufen, was bei vielen Fans für großes Unverständnis sorgte. Hast du selbst mit einer Nominierung gerechnet?

Stöger: Ich glaube, wenn du so eine Saison spielst wie ich letztes Jahr, ist es definitiv gerechtfertigt, dass man davon träumt, bei der EM dabeizusein. Ich war wirklich sehr traurig und enttäuscht, aber auch da nehme ich irgendwo das Positive mit. Ich hoffe, dass er mich irgendwann einberuft und ich ihm zeigen kann, dass er sich auf mich verlassen kann und dass ich ein Teamplayer bin. Dass ich es auch verdient habe, dabei zu sein.

90minuten: Als Argument gegen deine Nominierung wurde oft das "System Rangnick" genannt, in welches du rein von deinen Anlagen her vielleicht nicht so gut hineinpasst...

Stöger: Natürlich hat jeder Trainer so sein System und seine Taktik, aber man kann sein Spiel ja auch ein wenig anpassen. Ich habe unter einigen Trainern mit verschiedensten Spielideen funktioniert und weiß, wo meine Stärken liegen. Ich habe mir dann auch selbst Gedanken gemacht, zum Beispiel wenn man hintenliegt: Da kann man mich jederzeit einwechseln und ich würde mit meiner offensiven Qualität und meinen Standards möglicherweise helfen können. Aber wie gesagt: Ich gebe Gas und hoffe, dass ich beim nächsten Mal dabei bin!

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