Stefan Schwab: "Die Spieler sind weitsichtiger geworden"
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Stefan Schwab: "Die Spieler sind weitsichtiger geworden"

Der Griechenland-Legionär ist bereits bestens auf die Zeit nach seiner Profilaufbahn vorbereitet. Noch soll aber nicht Schluss sein. Welche Pläne er hat und ob er noch einmal in Österreich spielen wird.

Seit 2020 kickt Stefan Schwab für PAOK. Die Karriere des 34-Jährigen neigt sich langsam, aber sicher gen Ende.

Zumindest zwei Jahre will er noch spielen, wie er 90minuten verrät. Pläne für die Zeit danach hat er auch schon. Im Jahr 2023 hat er seinen Master in Sportmanagement abgeschlossen.

Noch ist dahingehend aber vieles offen, wie der Ex-Rapidler erklärt, der auch andere Optionen in zumindest zwei Ländern sieht. Gedanken darüber hat er sich schon vor vielen Jahren gemacht. "Das war so mit Ende 20, Anfang 30. Da habe ich mir gedacht: Was kann ich jetzt schon machen, das mir nachher hilft?", erklärt Schwab.

Außerdem spricht er darüber, wie sich die Situation für Spieler seit seiner Zeit in der Akademie verändert hat, ob er noch einmal in Österreich spielen wird und sein außergewöhnliches Standing bei PAOK.

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90minuten: Du spielst seit mittlerweile fast fünf Jahren für PAOK. Wie blickst du auf deine bisherige Zeit dort zurück?

Stefan Schwab: Ich blicke sehr positiv darauf zurück. Wir haben je einmal den Cup und die Meisterschaft gewonnen. Das ist für PAOK etwas ganz Großes und für mich persönlich natürlich auch. In Österreich ist mir nur mit der Admira in der 2. Liga ein Titel gelungen, mit Rapid gab es in den beiden Cup-Finals leider Niederlagen. Die Vizemeistertitel waren aber besonders, denn wenn man jetzt auf die Zeit von damals zurückblickt, versteht man erst, wie gut Salzburg zu dieser Zeit eigentlich war. Die Zeit bei PAOK war kein Abenteuer, so wie es viele anfangs vielleicht vermutet haben. Ich habe bei meinem Transfer schon alle Parameter so weit wie möglich abgesteckt und habe festgestellt, dass es ein Verein ist, der für etwas steht und mit dem etwas möglich ist. Auch für die menschliche Entwicklung war es sehr hilfreich, im Ausland zu spielen.

"Unser Präsident hat gesagt, dass er unsere Namen im Stadion mit goldener Schrift verewigen wird."

Schwab über die zwei Meistertitel und den Cup-Triumph mit PAOK

90minuten: Julian Baumgartligner hat vor Kurzem über dich und deinen Status dort gesagt: "Er ist Kapitän und Legende. Er hat sich in die Geschichtsbücher eingetragen." Wie würdest du deine Bedeutung für den Klub selbst beschreiben?

Schwab: Es freut mich sehr, dass das in Österreich und auch von Julian so wahrgenommen wird. PAOK ist ein großer Verein, der größte in Nordgriechenland mit irrsinnig vielen Anhängern. Das hat sich auch gezeigt, als wir heuer in der Europa League gespielt haben, da waren zwischen fünf- und sechstausend Auswärtsfans dabei. PAOK steht historisch nicht so sehr für Titel und Erfolge, weil es da andere Vereine gibt, die wesentlich mehr gewonnen haben.

Es ist in Nordgriechenland wesentlich schwieriger, Titel zu gewinnen, als mit den Athener Vereinen. Darum war meine Zeit mit einem Cup- sowie Meistertitel besonders. PAOK hat nur vier Meisterschaften gefeiert und wir haben die bisher letzte davon geholt. Da sind wir in den Geschichtsbüchern, weil es nicht so viele Spieler gibt, die mit PAOK Titel gewonnen haben. Unser Präsident hat gesagt, dass er unsere Namen im Stadion mit goldener Schrift verewigen wird. Deswegen ist das besonders und das haben dich die Leute auch spüren lassen.

90minuten: Dein Vertrag bei PAOK läuft im Sommer aus. Wirst du noch einmal verlängern?

Schwab: Wir stehen kurz vor dem Playoff-Start. Ich habe letztes Jahr nach dem Meistertitel erst im Urlaub verlängert. Wir haben einen sehr guten Austausch, ich glaube beide Seiten können sich das gut vorstellen. Es wird dann gegen Ende der Saison noch ein konkretes Gespräch mit PAOK geben. Sie haben mir auch schon mitgeteilt, dass sie mich gerne längerfristig im Verein behalten möchten. Ich bin aber noch nicht soweit, weil ich noch spielen will. Ich bin fit und hatte in den letzten Jahren wenige Verletzungen. Noch ist aber alles offen.

Sieht man Schwab nochmal im Rapid-Trikot?
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Sieht man Schwab nochmal im Rapid-Trikot?

90minuten: Das heißt, eine Rapid-Rückkehr bleibt eine Möglichkeit?

Schwab: Ausschließen darf man das nie. Ich habe lange dort gespielt, aber ich kenne natürlich die Planung bei Rapid nicht genau. Sie setzen ja mittlerweile auch vermehrt auf jüngere Spieler. Wenn es irgendwann den Tag gibt, an dem ich zurück nach Österreich gehe, ist es natürlich schön, falls Rapid der erste Ansprechpartner ist. Dann muss man schauen, was Rapid vorhat und ob das passt. Und wenn es von der Seite her nicht passt, werde ich in Österreich vielleicht noch einmal woanders Fußball spielen. Ich bin mir auch bewusst, dass es mit jedem Jahr mehr im Ausland schwieriger wird, noch einmal für Rapid zu spielen.

"Ich sage einmal: Zwei Jahre sicher noch. Danach muss ich schauen, wie es mir geht."

Schwab darüber, wie lange er noch spielen will

90minuten: Du hast gesagt, dass du deine Karriere noch fortsetzen willst. Wie lange sehen wir Stefan Schwab noch als aktiven Kicker?

Schwab: Ich möchte es nicht auf ein Jahr herunterbrechen, aber ich sage einmal: Zwei Jahre sicher noch. Danach muss ich schauen, wie es mir geht, wie fit ich noch bin und wie viel Motivation ich noch habe.

90minuten: Wenn wir schon beim Thema sind: Du hast ja vor zwei Jahren deinen Master für Business Administration und Sport gemacht. Welche Pläne hast du für die Zeit nach deiner aktiven Karriere?

Schwab: Ich habe das aus dem Grund gemacht, dass ich es mir vorstellen kann, im Sportmanagement oder im Hintergrund zu arbeiten, sei es im Fußball oder anderswo. Andererseits reizt mich auch das Trainergeschäft. Deswegen werde ich mir auch das einmal ansehen und auf jeden Fall die Trainerlizenzen machen. Um ehrlich zu sein, möchte ich mir alles offenhalten. Für mich ist wichtig, dass ich in beide Richtungen gebildet bin. Ich möchte vermeiden, dass ich ein gutes Angebot absagen muss, weil mir das Know-How oder die Lizenz dafür fehlt.

90minuten: Du hast auch schon angedeutet, dass ein Verbleib bei PAOK in einer anderen Funktion ein mögliches Szenario ist.

Schwab: Es kommt natürlich darauf an, was passiert und wie es weitergeht. Wir haben noch nicht so konkret darüber gesprochen, aber wenn ich wirklich will und daran interessiert bin, besteht sicher die Möglichkeit bei PAOK etwas zu machen.

90minuten: Wann hast du begonnen, dir über die Zeit nach deiner Karriere Gedanken zu machen?

Schwab: Das war so mit Ende 20, Anfang 30. Da habe ich mir gedacht: Was kann ich jetzt schon machen, das mir nachher hilft? Eine Trainerlizenz zu machen, während du bei einem Verein spielst, der auch international vertreten ist, ist einfach nicht möglich. Ich kann ja nicht einfach sagen, dass ich drei Tage nicht zum Training komme, weil ich beim Trainerkurs bin. Das geht für mich gar nicht, wie soll ich das meinen Teamkollegen und dem Trainer verkaufen? Du bist gut bezahlt und zu hundert Prozent Profi und dem musst du alles unterordnen.

Für mich war wichtig, etwas zu machen, das mich im Sport überhaupt nicht beeinflusst. Ich habe mir dann angesehen, welche Möglichkeiten es gibt. Christoph Schösswendter (Sportdirektor von Blau-Weiß Linz, Anm.) ist ein guter Freund von mir und hat schon eineinhalb Jahre vor mir bei "Fokus: Zukunft" zu studieren begonnen. Dort werden sehr interessante Themenbereiche angeboten. Das Studium dort war für mich perfekt zugeschnitten, so wie für eigentlich jeden Profisportler.

90minuten: Einen anderen spannenden Schritt in Vorbereitung auf die Zeit nach deiner Karriere hast du vergangenes Jahr getan. Gemeinsam mit Richard Windbichler veröffentlichst du seither den Podcast "Play2Grow". Worum geht es dabei?

Schwab: Im Sommer sind Richard Windbichler und ich endlich mit unserem Projekt Podcast gestartet. Wir hatten uns das letzte Mal 2019 bei meiner Hochzeit in Italien gesehen, sind aber ständig via Sprachnachrichten im Kontakt geblieben. Dadurch, dass wir beide als Fußballer im Ausland aktiv waren und sind, hatten wir uns ständig einiges zu erzählen. Schlussendlich haben wir uns entschieden, unsere Erfahrungen und Gedanken in Form eines Podcasts in der Öffentlichkeit zu teilen. Unter dem Namen "Play2Grow" sind wir bereits auf allen Podcast Plattformen (Spotify, Apple Music) online. Unter anderem findet man uns auch auf Instagram.

Wir greifen Fußballspezifische Themen auf, besprechen und diskutieren diese sehr tiefgründig. Wie unser Name Play2Grow schon verrät, sind wir durch unsere Karrieren sportlich und menschlich gewachsen und können somit einige interessante Themen beleuchten. Der ein oder andere spannende Gast ist natürlich auch bei uns zu hören. Wir freuen uns über weitere neue Zuhörer und Zuhörerinnen und beantworten regelmäßig auch diverse Fragen aus bereits vorhandenen Play2Grow Community.

"Die Zeiten haben sich geändert und die Spieler sind weitsichtiger geworden. Es wird mehr über den Tellerrand geschaut."

Stefan Schwab

90minuten: Die Spieler heutzutage sind sicher besser auf die Zeit nach der Karriere vorbereitet als früher. Aber sind sie, im Großen und Ganzen, schon gut genug vorbereitet und gibt es ausreichend Angebote?

Schwab: Es stimmt, die Zeiten haben sich geändert und die Spieler sind weitsichtiger geworden. Es wird mehr über den Tellerrand geschaut. Vor allem in Österreich hat sich sehr viel getan. Im Ausland sehe ich das noch nicht so, das erlebe ich auch hier in Griechenland. Wenn du es hier zum Profi schaffst, ist alles andere egal. Das ist in Österreich nicht so, weil sich da durch die Akademien viel entwickelt hat. In meinem Jahrgang hat es in den Akademien noch viele Spieler gegeben, die durchgeschummelt wurden, obwohl sie gar nicht mehr zur Schule gegangen sind. Das gibt es heute gar nicht mehr. Wenn du in der Akademie bist, musst du deine Schule oder Lehre durchziehen. Das ist zu hundert Prozent positiv, denn du stehst als Spieler schon einmal mit einem Abschluss da, wenn du Profi wirst. Wenn ein Spieler weitsichtig ist und wirklich etwas machen will, gibt es mittlerweile sehr viele Möglichkeiten in Österreich und es wird auch immer mehr angenommen. Auch ältere Spieler bieten da mittlerweile ein Vorbild.

90minuten: An wen denkst du dabei?

Schwab: Ich ziehe immer ein Beispiel heran: Cristiano Ronaldo. Ich bin kein Fan, aber er ist zu hundert Prozent professionell. Die jungen Spieler nehmen ihn sich zum Vorbild. Und was sehen sie? Wie er trainiert, dass er nichts trinkt, dass er professionell ist. Unabhängig davon, wie er spielt oder sich sonst gibt, aber was seine Einstellung zum Sport betrifft, macht so jemand etwas mit den jungen Spielern. Da hat in Österreich auch der eine oder andere eine Rolle übernommen. Wir bilden uns fort und auch dank euch, die darüber berichten, bekommen das junge Spieler mit und wollen das auch machen.

90minuten: Was würdest du als Routinier einem jungen Spieler hinsichtlich Karriereplanung raten, wenn er dich fragen würde?

Schwab: Wenn du nach deiner Ausbildung Profi geworden bist, konzentriere dich voll auf den Sport und versuche deine Ressourcen, die dir zur Verfügung stehen, zu hundert Prozent auszunutzen. Committe dich zu hundert Prozent mit dem Fußball. Im Fußball ist alles möglich. Das höchste der Gefühle ist Lionel Messi. Jeder kann viel erreichen. Natürlich brauchst du Talent dazu, aber wenn du einmal Profi bist, heißt das ja, dass du welches hast. Dann siehst du ja, wie es sich entwickelt.

Bei mir war es so, dass ich mit Ende 20 gemerkt habe, was sich in meiner Karriere ausgeht und was nicht. Wenn du dann weißt, wo du stehst, widme dich deiner Karriere danach. Ich bin kein Fan davon, dass du als Profi schon mit 24 studieren musst, denn da solltest du dich zu hundert Prozent committen und schauen, wie weit es geht. Ich glaube, du bist in dem Alter auch noch nicht so weit, dass du auf zwei Hochzeiten tanzen kannst.

Ungewohntes Bild: Der blutjunge Stefan Schwab im Trikot des FC Lustenau.
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Ungewohntes Bild: Der blutjunge Stefan Schwab im Trikot des FC Lustenau.

90minuten: Zum Abschluss ein Klassiker unter den Fragen. Wenn du auf deine Karriere zurückblickst, würdest du aus heutiger Sicht irgendetwas anders machen?

Schwab: Natürlich gibt es ein paar Situationen, die man anders hätte lösen können, aber summa summarum würde ich nichts anders machen. Ich würde jetzt nichts finden, wo ich sage, dass es ein kompletter Blödsinn war. Auch wenn du einmal einen Fehler begehst, der hilft dir, etwas Neues dazuzulernen. Deswegen muss man auch Fehler machen. Die Frage ist, wie du darauf reagierst und ob du daraus lernst. Das war auch bei mir so, ich habe immer aus meinen Fehlern gelernt und deswegen haben sie mir geholfen. Deswegen würde ich nichts gravierendes anders machen.

90minuten: Da muss ich nochmal nachhaken: Ist das nicht vielleicht auch etwas, dass uns in Österreich in der Entwicklung hemmt? Sind wir in unserer Fehlerkultur noch nicht so weit, um zu sagen: Fehler gehören dazu und sind wichtig?

Schwab: So ist es. Fehler müssen erlaubt sein. Es geht darum, ob du das wiederholst oder nicht. Man muss aus den Fehlern lernen und wenn du das schaffst, reflektierst und das nicht wiederholst, ist alles gut. Dann werden wieder andere Fallen kommen, in die du hineintappst, aber du kannst da auch einfach wieder rauskommen. Ich mache jeden Tag im Training Fehler, versuche es am nächsten Tag wieder und mache es besser. Was für mich wichtig ist, ist authentisch zu bleiben und sich Kritik nicht zu Herzen zu nehmen. Wichtig ist, dass du dich nicht verbiegen oder dir etwas einreden lässt. Das passiert in einer jungen Karriere natürlich schon. Jeder will dir irgendwas erzählen oder weiß es besser. Darin kann man sich auch verlieren. Du brauchst deine zwei, drei Leute, mit denen du eng bist und die auch ehrlich mit dir sein können. Das kann zwar weh tun, aber es ist besser, das zu hören, als wenn dir jemand Honig ums Maul schmiert und dir dann in den Rücken fällt.

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