Sonnleitner: "Bin kein Fan davon, auf die Praxis zu vergessen"
Foto © FAC Wien

Sonnleitner: "Bin kein Fan davon, auf die Praxis zu vergessen"

Mario Sonnleitner ist neuer Co-Trainer bei 2. Liga-Klub FAC. Das ist der erste Schritt auf der Karriereleiter im Profifußball. Im Interview mit 90minuten erklärt er, wie es dazu kam und was für ein Trainer er sein will.

Als Abwehrspieler beim GAK, Sturm, Rapid und zuletzt Hartberg hatte Mario Sonnleitner das Spiel oft im Blick. Das macht er nun auch als Co-Trainer beim Floridsdorfer AC, seiner ersten Station als Betreuer im Profifußball.

Über Erfahrung verfügt er: 436 Mal lief Sonnleitner zwischen 2004 und 2023 alleine in der Bundesliga auf, dazu kommen unter anderem noch 41 Spiele in der Europa League und sogar ein paar Einsätze im UI-Cup.

Wie kam es dazu, dass der 38-Jährige Trainerrookie ist? Wer ist sein Vorbild? Für welchen Fußball will er stehen? All das erklärt er im 90minuten-Interview.

90minuten: Mario, du bist seit 1.1.2025 neuer Co-Trainer beim FAC, deine erste Station als Betreuer im Profifußball. Wie waren denn die ersten Monate nach knapp zwei Jahrzehnten Profifußball?

Mario Sonnleitner: Ich muss gestehen, dass die echt schwierig waren, weil man natürlich in diesem "Hamsterrad" drin war. Es hat sich ja alles nur um den Fußball gedreht, vom Urlaub über Fitness, Essen, Schlafen und so weiter. Auch wenn ich danach eine Pause gebraucht habe, war da ein Loch und ich habe erst wieder neue Ziele formulieren, Motivation finden und das Feuer entfachen müssen. Das halbe Jahr habe ich gebraucht.

Für die A-Lizenz hätte ich "Urlaub" gebraucht und das wollte ich nicht, weil ich die Dinge immer hundert Prozent mache.

Mario Sonnleitner

90minuten: Du hast beim damaligen Landesligisten ASV 13 als Co angefangen, zuletzt warst du Kampfmannschaftstrainer, nach dem Abstieg in die 2. Landesliga zuletzt nicht unerfolgreich.

Sonnleitner: Mein Sohn hat im Verein gespielt und sie haben mich im Winter gefragt, ob ich noch spielen will, aber das hat mich nicht gereizt, es war doch weit unten. Aber ich wollte als Co-Trainer helfen, nach dem Abstieg war ich Cheftrainer. Das war zwar "nur" ein Amateurverein, aber trotzdem habe ich da meine Dinge schon umsetzen können und habe auch schon gesehen, was möglich ist und was nicht. Ich komme aus dem Sport, aber auch wenn man so lange Profi war, ist es etwas anderes, die Dinge von außerhalb zu vermitteln.

90minuten: Aber Trainer war immer dein Ziel, oder?

Sonnleitner: Ich habe die B-Lizenz während meiner aktiven Karriere gemacht, die Kurse waren oft in den Länderspielpausen. Für die A-Lizenz hätte ich "Urlaub" gebraucht und das wollte ich nicht, weil ich die Dinge immer hundert Prozent mache. Nach dem Karriereende war mir dann schon klar, dass ich mir zutraue, Trainer zu sein und ich glaube, dass ich viele Dinge, die Vereine brauchen, habe, also das Fachliche, aber auch die soziale Kompetenz.

90minuten: Was sind deine Aufgaben, du wirst ja nicht nur Hütchen aufstellen.

Sonnleitner: Die genauen Aufgaben werde ich erst erfahren, da zwei Co-Trainer gegangen sind. Als Co ist man ja für viele Dinge verantwortlich, Analyse, Offensive und Defensive.

Mario Sonnleitner im Jahr 2016 im Dress des SK Rapid
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Mario Sonnleitner im Jahr 2016 im Dress des SK Rapid

Es ist immer Teamarbeit, so habe ich das in den Gesprächen auch wahrgenommen. Nun wird sich das herauskristallisieren. Ich bin zwar schon ein bisschen älter, aber als Trainer noch ein Rookie. Ich bin dankbar, dass ich die ersten Schritte nun mit Mörec und dem gesamten Trainerteam und der sportlichen Leitung machen kann. Für mich zählt jetzt nur der FAC und da habe ich einen hundertprozentigen Fokus drauf.

90minuten: Wie kam der Kontakt zustande? Die Floridsdorfer hatten in den letzten Monaten Probleme, die es davor jahrelang nicht gab.

Sonnleitner: Sie hatten eine lange Liste, aus der ist eine Shortlist geworden, sie haben Kandidaten näher beleuchtet. Mit mir wurden zwei Gespräche geführt, ich und ein weiterer haben eine Videoanalyse gemacht und mussten diese quasi verteidigen. Im Endgespräch habe ich eigentlich sofort gespürt, dass das genau der richtige Schritt für mich ist und das war es auch für die Gegenseite. Ich bin höchst motiviert und will natürlich meinen Teil dazu beitragen, dass man wieder in die Erfolgsspur kommt.

90minuten: Hast du ein Vorbild?

Sonnleitner: Früher habe ich den Spielern zugeschaut, jetzt beobachte ich die Trainer, wie sie auf Pressekonferenzen agieren, wie sie bestimmte Situationen behandeln, wie sie die Spieler managen beziehungsweise wie sie coachen oder taktische Veränderungen vornehmen. Orientieren muss man sich da an den Großen, auch wenn man sie nie kopieren kann.

Als ich bei Kapfenberg war, gab es einen Chef und einen Co-Trainer sowie einen Athletiktrainer – letzteres war schon extrem innovativ. Videoanalysen gab es kaum.

Mario Sonnleitner

Ich glaube, das Wichtigste ist, immer authentisch zu sein. Trainer wie Jürgen Klopp, Pep Guardiola oder Hansi Flick haben sich immer neu erfunden – das kann man mitnehmen, weil Fußball sehr dynamisch ist.

90minuten: Was kann ein Ex-Profi in dem Zusammenhang mit Mitte/Ende 30 besser oder anders als einer, der mit Mitte 20 schon Trainer wurde?

Sonnleitner: Man muss da immer die Mitte suchen. Es gibt Vorteile, wenn man lang gespielt hat oder wenn man sich Fähigkeiten und Fertigkeiten anders aneignet, aber kein Weg bietet hundert Prozent Erfolg. Ein Verteidiger ist aber eher ein bisschen analytischer Spieler als vielleicht ein Stürmer, der sehr viel am Instinkt arbeitet, der einen guten Riecher hat. Am Ende muss aber jeder einzelne Trainer für sich herausfinden, wie er seine Mannschaft erreicht. Jeder, der im Fußballgeschäft ist, muss Leidenschaft für den Sport haben, sonst entwickelt man sich nicht weiter und wird nicht besser.

90minuten: Dein erstes Bundesligaspiel war 2004 für den GAK, gegen Schwarz-Weiß Bregenz. Das war noch die Zeit von "Geht's raus und spielt's". War das damals a) überhaupt so und b) hat der Fußball durch die vermehrte Kommerzialisierung, die Professionalisierung bedingt, etwas verloren?

Sonnleitner: Ganz so, war es auch nicht (lacht). Ich bin froh, dass ich auch so früh schon Fußball gespielt hab und diese ganze Entwicklung miterlebt habe. Als ich bei Kapfenberg war, gab es einen Chef und einen Co-Trainer sowie einen Athletiktrainer – letzteres war schon extrem innovativ. Videoanalysen gab es kaum.

Sonnleitner in Wien-Hütteldorf, aber im TSV-Trikot
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Sonnleitner in Wien-Hütteldorf, aber im TSV-Trikot

Wir haben schon ganz anders Fußball gespielt, es wurde nicht so detailliert gearbeitet, jetzt wird viel mit Daten gearbeitet. Mittlerweile ist der Spieler extrem gläsern. Das macht etwa das Scouting schneller. Ich bin aber kein Fan davon, alles überzuanalysieren und auf die Praxis zu vergessen. Wir müssen versuchen, das Spiel, das man sehr kompliziert sehen kann, für die Spieler einfach zu gestalten.

90minuten: Vielleicht ist das eine Pendelbewegung. Es ist halt so in unserer Welt, die Reichen werden immer reicher und das setzt auch einen Zweitligisten unter Druck.

Sonnleitner: Als kleiner Verein muss man kreativ sein, auch bei Transfers. In der 2. Liga werden kein Messi und Ronaldo spielen, aber es gibt immer Möglichkeiten, junge talentierte Spieler zu fördern, die vielleicht den Weg dann zu einem großen Star vor sich haben, die noch nicht Champions League oder Bundesliga spielen. So kann man auch mit geringerem Etat sehr weit kommen. Das sieht man ja auch bei Hartberg, die sich mit sehr kleinen Mitteln jahrelang in der Bundesliga festsetzen.

90minuten: In der ersten Hälfte deiner Karriere gab es fünf verschiedene Meister, in der zweiten Hälfte nur noch Salzburg. Wird das so bleiben, dass es ein, zwei Dominatoren gibt?

Sonnleitner: Jetzt ist ja eh Sturm Meister geworden. Salzburg hat Probleme, Rapid und die Austria sind im Kommen. Sie haben sich alle an der stärksten Kraft orientiert. Da geht es nicht darum, Salzburg zu kopieren, es gibt ja viele Wege, die zum Erfolg führen. Aber man kann sich Dinge abschauen.

Ruhe ist wichtig, man sieht ja, dass es nicht viel bringt, Trainer und Sportdirektoren schnell zu wechseln – siehe Salzburg.

Mario Sonnleitner

90minuten: Robert Klauß kann bei deinem langjährigsten Ex-Klub relativ ungestört arbeiten und mit Markus Katzer hat man sich schon einiges aus Salzburg abgeschaut. Hat man sich – auch während deiner Zeit bei Rapid – zu sehr von Salzburg unterscheiden wollen?

Sonnleitner: Es ist wieder Ruhe im Verein, das haben die Verantwortlichen wie Markus Katzer, Rene Gartler, Steffen Hoffmann und Marcus Knipping sehr gut gemacht. Wenn das Werk zu laufen anfängt, kann man schwer dagegenhalten, weil Rapid eine extreme Masse an Fans hat. Und sie akzeptieren den Weg. Klauß kann schon länger arbeiten, Katzers Transfers funktionieren. Die Ruhe ist wichtig, man sieht ja, dass es nicht viel bringt, Trainer und Sportdirektoren schnell zu wechseln – siehe Salzburg.

90minuten: Inwiefern wirkt sich sowas auch auf Spieler aus?

Sonnleitner: Das kriegt man natürlich mit, auch wenn es, als ich angefangen habe, nur Zeitungen, Fernsehen und vielleicht eine Diskussionsrunde gegeben hat. Heute ist alles sehr dynamisch und schnell, es gibt viel mehr Informationsquellen. Dadurch bekommt man halt auch sehr viel mit.

Das kann einen nicht kaltlassen, wenn immer irgendwelche Themen aufpoppen und bei Rapid gibt es so viele Themen, die mit Fußball wenig zu tun haben. Das wird aber mittlerweile schnell abgehandelt. Es ist ja auch ein Sportklub und da geht es darum, Fußball zu spielen.

Dieses Bild von Ulmer und Sonnleitner im Infight ist fast 13 Jahre alt
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Dieses Bild von Ulmer und Sonnleitner im Infight ist fast 13 Jahre alt

90minuten: Und wie findet man die Balance, damit es unabhängig von den handelnden Personen funktioniert? Vor der Herausforderung steht ja dein Ex-Klub Sturm gerade. Welchen Rat gibst du ihnen?

Sonnleitner: Die wissen das schon selber und brauchen keine Ratschläge von einem Ex-Profi, der versucht, im Trainerbusiness Fuß zu fassen. Ich glaube aber, dass der Verein eine gewisse Fußballphilosophie hat, die Ilzer hineingebracht hat und die mit Schicker sehr erfolgreich war. Der Kader ist noch da und dann sucht man einen Trainer, der ähnlich spielen lässt, auch wenn der Charakter immer unterschiedlich ist.

Es wird auch immer Änderungen geben, weil der Fußball dynamisch ist und der Gegner sich auf dein Spiel einstellt. Auch Barcelona hat nach zehn Jahren Tiki-Taka Probleme bekommen, weil sie ohne echten Stürmer keine Tore geschossen haben, also ganz plump analysiert. Es geht aber nicht darum, sich um 180 Grad zu drehen, es braucht eine Grundphilosophie.

90minuten: Wie sieht deine aus?

Sonnleitner: Es macht mehr Spaß, Chancen zu kreieren, als defensiv gut zustehen und zu warten. Es ist besser, wenn man aktiv ist. Man wird nie alle Spiele gewinnen, aber so kannst du den Zufall minimieren. Wenn ich nur reagiere, muss ich hoffen. Ich bin also für offensiven Fußball, der ja auch international immer wichtiger wird. Dazu zählt aber auch eine stabile Defensive, es braucht die richtige Balance.

90minuten: Welche Ziele hast du nun für die nächsten Monate bis Sommer? Aufsteigen wird der FAC wohl so bald nicht.

Sonnleitner: Die genauen Ziele, die wir ausgeben, werden wir besprechen. Mir geht es immer darum, sich weiterzuentwickeln und mehr Spiele zu gewinnen als zu verlieren. Dazu braucht es Konstanz in unseren Leistungen und bei den Ergebnissen. Wenn man hart arbeitet, ist viel möglich, aber jetzt müssen wir erst einmal arbeiten. Ich konzentriere ich mich auf den FAC, im Sommer möchte ich mich dann für den A-Lizenzkurs bewerben.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!


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