Peter Schöttel: "Das nervt und macht mich traurig"
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Peter Schöttel: "Das nervt und macht mich traurig"

ÖFB-Sportdirektor Peter Schöttel im Exklusiv-Interview mit 90minuten über Erfolge, Misserfolge und Streitereien im Verband.

Ein Achtelfinale bei der Europameisterschaft mit einem euphorischen Gruppensieg, der verpasste Aufstieg in der Nations League, und zwei nicht erfolgreiche EM-Qualifikationen bei den Frauen und im U21-Team. Die Bilanz der wichtigsten Nationalteams liest sich auch für Sportdirektor Peter Schöttel durchwachsen.

Abgesehen davon war das Jahr 2024 für Schöttel vermutlich auch nicht gerade fad. Wie hat er den Konflikt zwischen Teamchef Ralf Rangnick und Ex-ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer erlebt? Und warum hatte man in dieser Zeit das Gefühl, der Sportdirektor zieht sich komplett aus dem Geschehen zurück? Ist er dabei nur Passagier oder kann er gestalten, wie er es sich vorstellt? Und was hat ihn genervt und ihn traurig gemacht? Warum benötigt der ÖFB neben einer Strukturreform auch eine Kulturreform?

All das und viel mehr erklärt Peter Schöttel im umfangreichen Exklusiv-Interview mit 90minuten.

90minuten: Was war Ihr Fußball-Highlight 2024?

Peter Schöttel: Mein Highlight-Moment war in Berlin nach dem Sieg gegen die Niederlande, als wir erfahren haben, dass wir Gruppensieger auch noch geworden sind. Der Jubel vor den Fans war etwas, das für uns alle in Erinnerung bleiben wird.

90minuten: Wie würden Sie die EURO 2024 aus ÖFB-Sicht bilanzieren?

Schöttel: Nach der Auslosung waren wir nicht wirklich amused, aber wir haben damit gerechnet, dass wir die Vorrunde überstehen. Dass wir die Gruppe gewonnen haben, war überragend. Am Weg zur Europameisterschaft sind uns nicht alltägliche Sachen gelungen, die die Bevölkerung mobilisiert haben – ein Tor nach 7 Sekunden in der Slowakei, das 6:1 gegen die Türkei... Das Team und die Betreuer waren in Deutschland sehr sicher, dass es sehr weit gehen wird. Deswegen hat es sich komplett falsch angefühlt, als wir gegen die Türkei ausgeschieden sind.

90minuten: Was haben Sie nach dem Aus gefühlt?

Schöttel: Die Enttäuschung kam erst später. Es war eher so ein: Das kann gar nicht sein. Dieses Spiel in Leipzig hat Fußball-Österreich in eine tiefe Depression gestürzt.

90minuten: Das Turnier war sicher emotionaler als jenes vor drei Jahren. Nüchtern betrachtet war es zwei Mal ein Aus im Achtelfinale.

Schöttel: Wer es so sieht, hat auch recht. Unterm Strich bleibt, dass wir zwei Mal im Achtelfinale ausgeschieden sind. Einerseits haben wir eine Konstanz entwickelt – was Qualifikationen für Endrunde angeht und das Überstehen der Vorrunden dort. Andererseits haben wir es auch diesmal nicht geschafft, das ganz große Ausrufezeichen zu setzen.

Sportdirektor Schöttel und Teamchef Rangnick
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Sportdirektor Schöttel und Teamchef Rangnick

90minuten: Die UEFA Nations League war wieder ein Hoch und Tief, letztendlich ist der Direktaufstieg in die A Liga nicht gelungen. Sie haben vorher von Konstanz gesprochen. Wird diese Konstanz der gestiegenen Erwartungshaltung noch gerecht?

Schöttel: Die Mannschaft hat sich die Latte hochgelegt, hat eine gute Meinung von sich und ist Druck gewohnt. Dem müssen wir uns alle stellen. Über das ganze Jahr gesehen bleibt aber: Das ist eine Mannschaft, der man gerne zusieht, da ist Energie am Platz, das ist nie fad. Deswegen empfinde ich es als sehr positives Jahr des A-Teams.

90minuten: Kommen wir zum zweiten A-Team. Wie haben Sie die nicht geschaffte EM-Quali der Frauen erlebt?

Schöttel: Das Ziel war, dass wir uns als Zweiter auf direktem Weg qualifizieren. In der Nations League haben wir gegen Deutschland 2:0 geführt, dann relativ billig verloren. In Polen haben wir nach durchwachsener Leistung gewonnen. Gegen Island haben wir verloren, waren richtig schlecht. Das war der Knackpunkt. In Island und in Deutschland haben wir dann auch verloren. Polen haben wir in Altach geschlagen. In allen vier Playoff-Spielen haben wir uns dann schwer getan. Wir haben uns viel mehr erwartet, hatten die EM fix eingeplant. Das wirft uns in unseren Plänen sehr zurück.

Es war ein Jahr, in dem kein Fortschritt erkennbar war.

Peter Schöttel über das ÖFB-Frauenteam

90minuten: Warum war das Team nicht gut genug?

Schöttel: Wir haben nicht mehr so Fußball gespielt, wie schon vor ein, zwei Jahren. Wir waren bei der letzten EURO als Mannschaft sehr eng beisammen, sehr klar. Das Trainerteam hat wahrscheinlich das eine oder andere falsch eingeschätzt. Die Mädels sind als Team in erfolgreicheren Zeiten enger zusammengestanden. Einige der Top-Generation blicken dem Ende ihrer Karriere entgegen. Vielleicht haben auch wir als Verband nicht alles getan, um der Mannschaft so zu helfen, wie sie es gebraucht hätte.

90minuten: Was wäre das?

Schöttel: Zum Beispiel gibt es aktuell keine Hauptberuflichkeit bei den Co-Trainern des Frauen-A-Teams. Andererseits haben wir die ÖFB Frauen Akademie, die andere Nationen nicht haben.

90minuten: Letztendlich war es ein Jahr des Rückschritts, oder?

Schöttel: Es war ein Jahr, in dem kein Fortschritt erkennbar war.

90minuten: Wie fällt Ihre Bilanz der Ära Irene Fuhrmann, die nicht mehr als ÖFB-Teamchefin arbeiten wird, aus? (Hinweis: Das Interview wurde vor der Bekanntgabe der Ablöse von Irene Fuhrmann geführt)

Schöttel: Die viereinhalb Jahre mit Irene an der Spitze sind für mich sehr positiv zu bewerten. Wir beenden dieses Jahr als 18. der Weltrangliste. Es gab in den ersten Jahren eine spielerische Entwicklung, wir hatten mehr Ballbesitz, haben mehr Chancen kreiert. In den letzten Monaten ist dieser Prozess aber definitiv nicht weitergegangen. Jetzt gilt es, wieder in die Spur zu kommen.

90minuten: Auch bei der U21 gab es eine Veränderung. Warum hat man hier einen neuen Teamchef geholt?

Schöttel: Wir haben schon im Sommer 2023 beschlossen und im Sommer 2024 gemeinsam mit Werner Gregoritsch kommuniziert, dass das seine letzte Qualifikation sein wird. Ich hatte dann sehr lange Zeit, mir Gedanken über die Nachfolge zu machen, welches Profil wir auf dieser Position haben möchten. Ich habe Peter Perchtold beim A-Team oft und lange beobachtet, habe ihn 2020 schon beim Pro-Lizenzkurs kennengelernt. Thomas Eidler hat mich schon damals auf ihn hingewiesen, dass Perchtold einer der zwei, drei besten im Kurs ist. Peter hat seine Aufgabe als Co-Trainer im A-Team sehr, sehr gut gemacht. Schlussendlich ist es auch darum gegangen, dass es für Ralf Rangnick passt. Und auch Peter hat sich für den nächsten Schritt längst bereit gefühlt. Durch diese Besetzung ist die  Durchgängigkeit nach unten besser gegeben als bisher.

90minuten: War es notwendig, Perchtold diesen Job anzubieten, um ihn im Verband zu halten?

Schöttel: Nein, das glaube ich nicht. Wenn er es nicht geworden wäre, wäre er jetzt weiterhin Co-Trainer unter Ralf Rangnick. Da haben wir mit der WM-Qualifikation auch ein großes Ziel vor Augen.

Ich kann nur sagen, dass sich Ralf Rangnick in keinster Weise eingemischt hat.

Peter Schöttel

90minuten: Die Rolle von Ralf Rangnick in dem ganzen Prozedere rund um die U21 klang Ihrer Beschreibung zufolge jetzt eher passiv. Man hat auch gehört und gelesen, dass er die treibende Kraft bei der Ablöse von Werner Gregoritsch gewesen sein soll.

Schöttel: Ich lese auch viel (schmunzelt).

90minuten: Deswegen fragen wir ja hier jetzt nach...

Schöttel: Ich kann nur sagen, dass sich Ralf Rangnick in keinster Weise eingemischt hat.

90minuten: Das hat Ende April in unserem Interview mit Ralf Rangnick aber noch anders geklungen, als er öffentlich ganz klar gefordert hat, über eine neue Trainerphilosophie bei den ÖFB-Teams nachzudenken.

Schöttel: Diese Diskussionen führen wir laufend, ob es beispielsweise eigene ÖFB-Nachwuchsteamchefs braucht. Oder kann das auch ein Vereinstrainer mitmachen in seinem Jahrgang? Fakt ist, dass ich in diesem Bereich völlig frei agieren kann und ich mich im Präsidium regelmäßig einbringe, wenn dort nach meiner Meinung gefragt wird.

90minuten: Aber hatten Sie nicht den Eindruck, dass Ralf Rangnick ab dem Zeitpunkt, als er den Bayern abgesagt hat, sich verstärkt auch in die öffentliche Diskussion rund um ÖFB-Themen eingebracht hat? Nicht zuletzt hat der damalige ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer öffentlich gemeint, dass der Teamchef mehr Kompetenzen und einen neuen Vertrag erhalten soll…

Schöttel: Das habe ich eigentlich gar nicht so wahrgenommen. Sowohl Ralf als auch ich waren damals vom Statement von Klaus Mitterdorfer überrascht. Natürlich war uns von Anfang an auch klar, dass wir mit Ralf Rangnick jemanden geholt haben, der auch auf andere Bereiche schaut und mitdenkt.

90minuten: Sie haben jetzt bewusst betont, dass Sie frei agieren können. Wie sieht die Zusammenarbeit mit Rangnick aus, wie oft kommt er mit Ideen zu Ihnen?

Schöttel: Ideen hat er natürlich viele, aber es ist jetzt nicht so, dass er diese mir gegenüber einfordert. Wir haben, glaube ich, eher die Situation, dass etwas, was Ralf Rangnick sagt, viel mehr Außenwirkung hat bei Journalisten und in der Öffentlichkeit. So etwas kann der Verband natürlich auch nutzen, um Themen voranzutreiben.

Peter Schöttel beim ÖFB-Camp in Marbella
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Peter Schöttel beim ÖFB-Camp in Marbella

90minuten: In diesem Zusammenhang fällt uns auch auf, dass Sie in den letzten Monaten Medientermine eher gemieden haben. Warum?

Schöttel: Ich wurde auch zu vielen Dingen gar nicht gefragt.

90minuten: Stört Sie das?

Schöttel: Nein. Ich habe das letztens auch schon auf der Pressekonferenz versucht zu erklären, dass ich mich daran halte, was wir in Sitzungen ausmachen und nicht alles in der Öffentlichkeit besprechen muss.

90minuten: Wie zum Beispiel, in der Öffentlichkeit sich über den eigenen Präsidenten negativ äußern (Anm.: Wie es Ralf Rangnick über Klaus Mitterdorfer gemacht hat) oder einen Brief schreiben, in dem man fordert, dass ein Geschäftsführer nicht gekündigt werden soll?

Schöttel: Was gar nicht geht, meiner Meinung nach, ist, dass zwei Geschäftsführer, die seit mehr als 20 Jahren beim ÖFB arbeiten, über die Medien erfahren, dass sie gekündigt wurden. Oder permanent interne Informationen an Journalisten weitergeben werden, und zwar egal von welcher Seite. Das geht nicht, so entsteht kein Vertrauen. Und auf eine Gruppe wird ganz vergessen in dieser ganzen  Diskussion: Wie geht es eigentlich den Mitarbeiter:innen des ÖFB?

90minuten: Ok, das ist verständlich, aber Sie weichen jetzt aus. Ich habe danach gefragt, ob die öffentliche Kritik von Rangnick an Mitterdorfer gerechtfertigt war und ob es vielleicht nicht Ihre Rolle als Sportdirektor gewesen wäre, diesen Konflikt einzufangen bzw. zu moderieren?

Schöttel: Da sind wir beim Punkt. Das ist Sache des A-Teams und diesem bin ich nicht übergeordnet. Das war auch schon bei Franco Foda so. Und was den Brief betrifft: Es war für mich nicht überraschend, dass so etwas kommt, weil ich weiß, dass Bernhard Neuhold in diesem Bereich wahnsinnig viel getan hat. Mich hat es nur gewundert, dass er so spät (Anm. erst kurz vor der Präsidiumssitzung) kommt. Meine Rolle ist jedenfalls nicht, dass ich der Mannschaft und dem Trainerteam diesen Brief ausreden kann.

90minuten: Aber war dieser Brief nun richtig oder falsch aus Ihrer Sicht?

Schöttel: Ich wünsche mir generell, dass man solche Sachen nicht öffentlich bespricht und auch niemanden etwas öffentlich ausrichtet.

Ich habe mich noch nie davor gescheut, Verantwortung zu übernehmen.

Peter Schöttel

90minuten: Waren Sie über den Brief informiert?

Schöttel: Ich bin ganz am Schluss informiert worden, dass es diesen Brief geben wird.

90minuten: Sie haben vorher erwähnt, dass Sie dem Teamchef nicht übergeordnet sind. Die Strukturreform im ÖFB sieht künftig einen Sportvorstand vor. Dieser wäre dem Teamchef übergeordnet. Sie wurden oft für diese Position genannt. Können Sie sich diese vorstellen?

Schöttel: Ich bin in die Abstimmung dieser Reform an sich nicht eingebunden. Ich weiß auch nicht genau, was sich für mich dann verändern würde.

90minuten: Möglicherweise hätten Sie dann mehr Verantwortung als bisher …

Schöttel: Ich habe mich noch nie davor gescheut, Verantwortung zu übernehmen. Grundsätzlich bin ich mit dem, was ich aktuell mache, sehr zufrieden. Ich glaube auch, dass ein künftiger Sportvorstand, sofern es diese Position geben sollte, jemand mit viel Erfahrung ausüben sollte. Ich habe jetzt insgesamt 40 Jahre Erfahrung in unterschiedlichsten Positionen. Aber mir ist etwas anderes wichtig ..

90minuten: Und zwar?

Schöttel: Ich glaube, dass wir mit der Direktion Sport richtig gut unterwegs sind. Das kommt ja bei diesen vielen, öffentlichen Streitereien zu kurz – und das wird den ÖFB-Mitarbeiter:innen nicht gerecht.

90minuten: Ich möchte daher nochmal auf die Frage zurückkommen: Wäre es nicht Ihre Rolle gewesen, in dieser Phase der Nicht-Kommunikation zwischen Teamchef Ralf Rangnick und Ex-ÖFB-Präsident Klaus Mitterdorfer eine Vermittlerrolle einzunehmen?

Schöttel: Die Situation mit den verteilten Rollen war nicht leicht. Es gibt zwei Geschäftsführer, die seit Jahren angezählt sind, und jetzt gekündigt wurden. Ich habe ständig wechselnde Präsidenten.

90minuten: … und Ihre Rolle war eher so, dass Sie Ihre Füße ziemlich still gehalten haben in diesem Konstrukt ..

Schöttel: Nach außen, ja. Das ist mir auch wichtig. Ich reagiere nicht auf Zuruf von Medien, wann ich etwas zu sagen habe. Ich sage es da, wo ich es für richtig halte.

"Was ich normal gut kann, ist Menschen zusammenzubringen"
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"Was ich normal gut kann, ist Menschen zusammenzubringen"

90minuten: Aber gab es Gespräche bzw. haben Sie versucht, hier zu vermitteln?

Schöttel: Ich habe mit Klaus (Anm. Mitterdorfer) Gespräche geführt. Ich habe mit Ralf Gespräche geführt.

90minuten: Mit welchem Fazit?

Schöttel: Was ich normal gut kann, ist Menschen zusammenzubringen. Und natürlich habe ich das auf meine Art und Weise auch versucht. Aber in dieser Komplexität, dieser Konstruktion in diesem Unternehmen, ist bzw. war es nicht leicht. Und ich kann allen versichern, dass ich meine Themen anspreche.

90minuten: Sie sagen, Sie sind jemand, der die Themen nicht nach außen hin bespricht. Sie haben die gesamten Kommunikation der vergangenen Monate mitbekommen, den Auftritt des Verbands nach außen. Nervt Sie das?

Schöttel: Ja, das nervt und macht mich traurig. Es erschwert uns allen auch die Arbeit.

Die Strukturreform ist das eine. Wir brauchen aber auch eine Kulturreform. Wir müssen anders miteinander umgehen.

Peter Schöttel

90minuten: Wie kommt der ÖFB aus dieser Nummer wieder raus?

Schöttel: Die Strukturreform ist das eine. Wir brauchen aber auch eine Kulturreform. Wir müssen anders miteinander umgehen. In der Theorie wissen wir es alle, aktuell passiert es aber nicht. Spannend ist, dass jeder für sich eine vernünftige und erfolgreiche Persönlichkeit ist. Daher noch einmal: Wir müssen anders miteinander umgehen. Und: Wir müssen uns als Verband auch gegen die Einflüsse von Außen wehren.

90minuten: Wie meinen Sie das?

Schöttel: Es gibt mittlerweile auch außerhalb Gruppen, die diese Situation nützen wollen. Leute, die so versuchen, in den Verband reinzukommen.

90minuten: Zum Beispiel Personen, die ins Präsidentenamt drängen?

Schöttel: Es gibt ja andere Funktionen auch noch. Leute, die vielleicht noch eine Rechnung mit dem Verband offen haben. Wir nehmen das aktuell nur zur Kenntnis, weil wir kein geschlossener Verband sind, der gemeinsam agiert. Und auch das erhoffe ich mir durch diese Strukturreform, dass einfach Dinge klarer definiert werden. Dass künftig  zum Beispiel nur noch eine Person nach außen spricht. Es ist so viel Gutes in den vergangenen Jahren entstanden, was aktuell aber komplett untergeht.

90minuten: Wer sind diese Leute, die noch eine Rechnung mit dem Verband offen haben?

Schöttel: Wenn man die Journalisten kennt, die die Leute dahinter kennen, dann weiß man, dass es in diese Richtung geht. Aber das ist nur meine persönliche Wahrnehmung.

90minuten: Im Vergleich zu einer Kulturreform klingt ja dann die Strukturreform fast wie ein Kinderspiel, oder?

Schöttel: Die Kulturreform muss das erste sein. Meine Erfahrung als Profifußballer sagt mir, dass wir nur im Team erfolgreich sein können. Das ziehe ich bei all meinen bisherigen Jobs durch. Ich habe gewusst, was ich kann, und ich habe gewusst, wo ich auch jemanden brauche, der andere  Fähigkeiten hat. Als ich vor sieben Jahren hergekommen bin, haben viele hier nur auf den Boden geschaut, wir waren auch nicht mutig und haben Angst gehabt, Fehler zu machen. Ich habe jetzt in meiner Abteilung viele gute Leute beisammen, die gern und aktiv an der Zukunft des österreichischen Fußballs arbeiten wollen.

90minuten: Sehen Sie sich eher als Kapitän oder als Chef?

Schöttel: Das weiß ich nicht. Jeder hat seine Persönlichkeit, seine Stärken. Wenn man sich für mich entscheidet, dann nimmt man mich so, weiß wie ich und was ich bisher gemacht habe. Man erkundigt sich vorher, wie ich die Abteilung leite auf meine Art und Weise – ganz anders als mein Vorgänger. Der, der irgendwann nach mir kommt, wird es vielleicht wieder ganz anders machen.

Dieser Spruch wird seit sieben Jahren nun verwendet, um mich in eine Richtung zu framen.

Peter Schöttel

90minuten: Niederösterreichs Landespräsident Johann Gartner meinte ja einst, dass er Sie geholt hat, weil Sie den ÖFB eben nicht wie Vorgänger Willi Ruttensteiner wie ein Unternehmen führen ...

Schöttel: Ja, diesen Satz lese ich seit sieben Jahren in fast jeder Geschichte von einem Journalisten…

90minuten: Und wie denken Sie über den Inhalt dieses Satzes?

Schöttel: Man kann natürlich sieben Jahre lang immer ein und denselben Satz schreiben. Hans hat immer wieder ‚gute‘ Sprüche. Und dieser Spruch wird seit sieben Jahren nun verwendet, um mich in eine Richtung zu framen. Aber wie ging dieser Satz genau?

90minuten: "Dem Schöttel, dem kann man etwas einreden."

Schöttel: Es hatte sicher einen Grund, warum man die Rolle des Sportdirektors nach meinem Vorgänger dann neu definiert hat. Der Grund lag aber nicht an meiner Person, sondern weil es das Präsidium so wollte, wie die Rolle künftig ausgeführt wird. Und eines ist auch klar:  Und zwar, dass mir die Pressekonferenz damals bei meiner Vorstellung massiv geschadet hat, weil sie nicht gut genug vorbereitet war und schnell über die Bühne gehen musste.

90minuten: Das heißt, die Außendarstellung Ihrer Arbeit und Ihre Rolle stimmen nicht überein?

Schöttel: Es wird so viel geschrieben, dann schreibt der eine von dem anderen ab. Ich kann auch sagen, dass ich zuletzt nicht oft von Journalisten gefragt oder angerufen worden bin. Dennoch wurde einiges über mich geschrieben. Das ist halt Teil des Geschäfts. Ich muss mich jedenfalls in meiner Rolle als Sportdirektor nicht inszenieren.

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