Neue Nummer 1 für den ÖFB? "Werde hoffentlich dabei sein"
Foto © SV 07 Elversberg

Neue Nummer 1 für den ÖFB? "Werde hoffentlich dabei sein"

Als Stammkeeper für einen deutschen Zweitligisten darf man sich Chancen in Österreichs Nationalteam ausrechnen. Nicolas Kristof spielt eine starke Saison und spricht mit 90minuten über Ziele, Spielstil und Transfers.

In wenigen Wochen trifft das ÖFB-Team von Ralf Rangnick im UEFA Nations League Playoff auf Serbien. Mit dabei sein könnte erstmals Nicolas Kristof: Der 25-Jährige stand im Herbst bereits für drei Lehrgänge auf Abruf, sammelt inzwischen aber immer mehr Argumente für ein baldiges Debüt.

Mit dem SV Elversberg belegt der deutsch-österreichische Doppelstaatsbürger aktuell Platz 8 der Deutschen Bundesliga, der Abstand nach vorne hält sich in Grenzen. Im Dezember hatte Elversberg sogar sensationell die Tabellenführung erobert.

Im Interview mit 90minuten spricht Kristof über das Nationalteam, seinen Spielstil und einen möglichen Transfer nach Österreich.


90minuten: Nicolas, du hast im Herbst dein 100. Spiel für den SV Elversberg gemacht. In Österreich ist das - noch - kein Verein, mit dem viele Fans etwas anfangen können. Was macht Elversberg besonders?

Nicolas Kristof: Hier ist alles sehr familiär. Das ganze Umfeld ist freundlich und immer cool drauf. Es geht schon in die Richtung eines klassischen Dorfclubs, die Arbeit, die im Team und im Staff geleistet wird, ist aber wirklich professionell. Ich war schon da, als wir in der Regionalliga vor vielleicht 400 oder 500 Zuschauern gespielt haben. Drei Jahre später kommen fast 10.000 zu Heimspielen. Da hat sich schon ordentlich was getan, das freut mich und da bin ich auch stolz darauf, das mitzuerleben. 

90minuten: Erst Mitte Dezember wart ihr sogar für kurze Zeit Tabellenführer. Auch wenn seitdem nicht mehr alles aufgegangen ist: Ist es fair, euch als Überraschungsteam der Saison 2024/25 in der 2. Bundesliga zu sehen? 

Kristof: Wir haben in der letzten Saison schon gezeigt, was wir können, wie gut wir sein können. Komplett überrascht, dass wir da stehen, wo wir jetzt stehen, bin ich deswegen nicht. Wirklich gerechnet habe ich damit aber auch nicht. Ich habe uns eher da gesehen, wo wir jetzt stehen - im gesicherten Mittelfeld.

Nicolas Kristof im Einsatz für Elversberg
Foto © SV 07 Elversberg
Nicolas Kristof im Einsatz für Elversberg

90minuten: Viel fehlt auf die Spitzenplätze aber auch nicht, oder?

Kristof: Stimmt, es ist alles noch eng. Wenn wir uns in engen Spielen - wie zum Beispiel gegen Köln - manchmal ein bisschen cleverer anstellen, sieht es schon ganz gut aus. Da fehlt uns vielleicht auch noch die Erfahrung. 

90minuten: Wo kann der Weg für Elversberg in Zukunft hingehen? Der Bundesliga-Aufstieg ist wahrscheinlich schon noch einmal eine große Hürde.

Kristof: Was die Zukunft bringt, werden wir sehen. Wir konzentrieren uns erstmal auf die aktuelle Saison und arbeiten daran, uns stetig zu verbessern.

90minuten: Ein Ziel, dass du noch in den nächsten Monaten erreichen könntest, ist, Nationalspieler zu werden - für Österreich. Woher kommt der Bezug?

Kristof: Über meine Großeltern väterlicherseits, die kommen aus Kärnten.

Wir haben bei einem Turnier in Irland gespielt. Gerade in so einem jungen Alter ist das schon etwas Besonderes.

Kristof über Einsätze im ÖFB-Nachwuchs

90minuten: Wie oft verschlägt es dich dort hin?

Kristof: Nicht allzu oft, ehrlich gesagt. Meine Großeltern leben inzwischen auch in Deutschland.

90minuten: Dein "ÖFB-Debüt", wenn man so will, hast du ja sogar schon hinter dir. Vor fast 10 Jahren hast du für die U16 unter anderem neben Christoph Baumgartner gespielt. Wie gut kannst du dich daran noch erinnern?

Kristof: Es war eine wirklich schöne Erfahrung, da einmal dabei gewesen zu sein. Wir haben bei einem Turnier in Irland gespielt. Gerade in so einem jungen Alter ist das schon etwas Besonderes, darauf war ich schon stolz. Ich war zu der Zeit in Hoffenheim, wie das alles zustande gekommen ist, weiß ich eigentlich gar nicht mehr. 

90minuten: Danach ist der Kontakt wieder abgerissen? Oder war es zwischendurch einmal Thema, dass du für ein anderes Junioren-Nationalteam spielst?

Kristof: Ich bin von Hoffenheim zu Sandhausen gewechselt, damit bin ich wahrscheinlich vom Radar gefallen. Zwischendurch habe ich auch in der Regionalliga gespielt. Mir war damals wichtig, regelmäßig Spielzeit zu bekommen.

90minuten: Jetzt wissen wir ja, dass der Kontakt wieder besteht. Wann hat sich denn jemand vom ÖFB bei dir gemeldet?

Kristof: Das war in der aktuellen Saison, gemeldet hat sich der Torwart-Trainer, Michael Gspurning. Er hat mir erklärt, dass sie mich auf dem Schirm haben, wir tauschen uns von Spiel zu Spiel immer wieder aus. Beim letzten Mal stand ich ja auch auf Abruf. Es freut mich einfach, dass ich mit guten Leistungen aufzeigen kann und hoffentlich irgendwann wirklich dabei sein werde. Mit Ralf Rangnick hatte ich bis jetzt noch keinen persönlichen Kontakt - ich weiß aber auch nicht, wie regelmäßig er direkten Austausch mit seinen Torhütern sucht.

Es gab immer wieder Kontakt zu mehreren österreichischen Spitzenteams, ich würde auch sagen, dass Interesse von beiden Seiten da war.

Nicolas Kristof

90minuten: In Österreich wurde in den letzten Jahren viel darüber diskutiert, welcher Torwart die Rolle als Nummer 1 übernehmen soll. Unter Ralf Rangnick geht es dabei vor allem auch um das Spielerprofil, er soll mitspielen können. Kannst du dich damit identifizieren?

Kristof: Wer schon Spiele von Elversberg gesehen hat, weiß, dass wir immer von hinten herausspielen wollen. Der Spielaufbau ist eine Riesenstärke von mir, ich sehe Räume ganz gut und traue mich auch, den ein oder anderen Ball zu spielen, bei dem andere vielleicht zögern. Klar ist das auch mit Risiko verbunden, aber wenn es funktioniert, bringt es uns in gute Positionen. Ich sehe mich als Aufbauspieler. Wenn der ÖFB genauso spielt, freut es mich natürlich. 

90minuten: An diesen Eigenschaften hat wahrscheinlich nicht nur der ÖFB Interesse. Hast du einen Karriereplan? Ich nehme an, die Bundesliga - idealerweise mit Elversberg - ist ein großes Ziel. 

Kristof: Darüber mache ich mir nicht wirklich Gedanken. Klar, irgendwann in der Bundesliga zu spielen, ist ein Ziel - mit Elversberg oder einem anderen Verein. Ich kann mir aber auch gut vorstellen, einmal im Ausland zu spielen. Gerade auch in Österreich - wenn der ein oder andere Top-Klub anfragt, könnte das Sinn machen. 

90minuten: Gab es schon einmal die Option, in Österreich zu spielen?

Kristof: So genau weiß ich es selbst gar nicht, darum kümmert sich mein Berater. Es gab immer wieder Kontakt zu mehreren österreichischen Spitzenteams, ich würde auch sagen, dass Interesse von beiden Seiten da war. Bis jetzt hat sich aber einfach noch nichts ergeben.

Früher habe ich Iker Casillas immer sehr gerne zugeschaut. Heute ist es Marc-André ter Stegen.

Kristof über seine Vorbilder

90minuten: Zum Abschluss habe ich noch ein paar kurze Fragen für dich, auch um dich den österreichischen Fans noch einmal ein bisschen näher vorzustellen. Hast du einen Lieblingsort in Österreich?

Kristof: Ich will nichts Falsches sagen, manche Teile von Österreich habe ich ja noch nicht gesehen (lacht). Spontan denke ich natürlich an Kärnten. Das ist die Heimat meiner Großeltern, die Natur, die Landschaft mit Bergen und vielen Seen ist wirklich wunderschön.

90minuten: Hast du einen Lieblingsspieler aus Österreich?

Kristof: David Alaba. Er dirigiert das Spiel sehr gut von hinten, hat einen soliden Spielaufbau und führt die Mannschaft an. Außerdem ist er ein cooler Typ - da kann man sich ein Beispiel nehmen und viel lernen.

90minuten: Gibt es einen österreichischen Torwart - egal ob noch aktiv oder nicht - der dir besonders in Erinnerung geblieben ist? Die einfache Antwort wäre jetzt Michael Gspurning.

Kristof: Daniel Bachmann fällt mir gerade ein. Er ist vielleicht nicht der moderne Torwart-Typ, hat bei Watford aber gute Leistungen gebracht und viele Bälle gehalten. 

90minuten: Hast du generell einen Torwart, zu dem du besonders aufschaust?

Kristof: Früher habe ich Iker Casillas immer sehr gerne zugeschaut. Er war nicht der Größte und trotzdem Weltklasse. In der heutigen Zeit würde ich wahrscheinlich Marc-André ter Stegen nennen, weil mit dem Ball am Fuß viel Ruhe und Sicherheit ausstrahlt. Das ist immer wichtig für die Mannschaft. 

Vielen Dank für das Gespräch!


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