Seit knapp vier Jahren ist Mitja Mörec im Betreuerstab des Floridsdorfer AC. Seit 16. April 2021 ist er Chefcoach. Das macht ihn zum mit Abstand längstdienenden Trainer der ADMIRAL 2. Liga. Die letzten Jahre waren erfolgreich, sogar das Wort Aufstieg wurde in Jedlesee schon in den Mund genommen. 2021/22 war man Vizemeister.
Ob die Floridsdorfer irgendwann tatsächlich aufsteigen, steht in den Sternen. Die Vienna hat die langjährige Nummer drei der Bundeshauptstadt überholt, selbst Regionalligist Wiener Sportclub bekommt ein Stadion. Und sportlich läuft es derzeit nicht wirklich.
Mörec' Name selbst fällt indes immer mal wieder, wenn ein ambitionierter Klub mit mehr wirtschaftlichen und infrastrukturellen Möglichkeiten einen Trainer sucht. Als Spieler blieb dem Ex-Sturm-Kicker aus Slowenien der Schritt nach ganz oben ja aus verschiedenen Gründen verwehrt.
Aus der sportlichen Misere mit heraushelfen wird übrigens Mario Sonnleitner, der auf Co-Trainer Gerald Linshalm folgt, der aus persönlichen Gründen - so der Verein - nicht mehr weiter beim FAC ist. 90minuten hat mit Mitja Mörec über seinen neuen Co, die aktuelle Situation und seinen persönlichen Werdegang gesprochen.
Wir haben am Ende zwei Kandidaten darum gebeten, das Spiel gegen St. Pölten zu analysieren und ihre Ideen, Lösungen sowie Änderungen einzubringen.
90minuten: Bevor wir über alles andere reden: Mario Sonnleitner ist neuer "Co" beim FAC. Wieso gerade er?
Mitja Mörec: Die Position des Co-Trainers ist eine wichtige im Trainerteam sowie im Verein, darum haben wir uns mit der Entscheidung Zeit gelassen. Wir haben mit mehreren Kandidaten gesprochen und dann am Ende zwei darum gebeten, das Spiel gegen St. Pölten zu analysieren und ihre Ideen, Lösungen sowie Änderungen einzubringen. Beide Kandidaten waren bei dieser Aufgabe richtig gut. Sie sind auch fachlich und menschlich top, darum haben kleine Details dazu geführt, dass es Mario wird. Dass er als Spieler einiges an Erfahrung im Profibereich hat, hat den Ausschlag gegeben. Im Moment kann er der Mannschaft, dem Trainerteam und dem Verein besser weiterhelfen.
90minuten: Was erwartet ihr euch konkret?
Mörec: Dass er akribisch, ambitioniert und motiviert arbeitet, mich und das Trainerteam in der täglichen Arbeit unterstützt. Er soll all die Erfahrung, die er als Spieler gesammelt hat, weitergeben. Wir wollen in einem guten Klima arbeiten, das ist mir extrem wichtig. So möchten wir nach der Winterpause wieder in die Spur finden.
90minuten: Die hat der FAC nicht gefunden. Platz 13, eine Niederlage gegen St. Pölten zum Saisonkehraus, seit drei Spielen ohne Sieg. Wie sieht deine Bilanz aus?
Mörec: Es ist eine Saison mit vielen Ups und Downs. Nur die Spiele gegen Rapid II und Voitsberg waren nicht gut, sonst waren wir immer auf Augenhöhe. Einige Punkte haben wir auch in letzter Sekunde verspielt. Das wirkt sich dann einfach aus. Wenn man fünf Punkte mehr hat, hätte das psychologisch eine Wirkung auf die Mannschaft.
Ich will keine Ausreden suchen, aber wir hatten nur in einem Spiel den vollen Kader zur Verfügung, sonst war immer mindestens ein Spieler krank, verletzt oder gesperrt. Daran sind wir aber selber schuld. Dennoch mussten wir unsere Aufstellung immer ändern, ständig improvisieren und Spieler auf Positionen aufstellen, die nicht ihre Hauptposition ist. Das ist jetzt ungewohnt, weil wir in den letzten drei Jahren immer im oberen Mittelfeld oder ganz oben dabei waren.
90minuten: Bevor du übernommen hast, ist der FAC oftmals nur deshalb nicht abgestiegen, weil andere runter mussten oder keiner rauf konnte. Unter deiner Ägide wurde schon einmal vom Aufstieg gesprochen. Habt ihr etwas umgestellt, weil mit Admira und Ried zwei eigentlich etablierte Bundesligisten Aufstiegsambitionen haben und man halt nicht zu viel investieren wollte?
Mörec: So weit ich weiß, hat sich das Budget im letzten Jahr nicht geändert und eigentlich auch nicht im Jahr davor. Und dieses Budget ist sehr gering im Vergleich zum Rest der Liga. Wir hatten auch Abgänge, mit Oluwaseun Adewumi zu Burnley, Leomend Krasniqi zum SKN, Nermin Haljeta zu Makassar in die höchste indonesische Liga. Da wurde Geld verdient und das ist wirtschaftlich top für den Verein bzw. auch für uns als Trainerteam. Auf der anderen Seite macht es das sportlich schwierig, weil viele Neuzugänge zu integrieren sind und das ist dann nicht so gelaufen, wie wir es aus den Vorjahren gewohnt waren. Die Konstanz fehlt uns auch.
Ich bin stolz und dankbar, dass der Verein trotz der nicht einfachen Situation hinter mir und dem Trainerteam steht!
90minuten: Woanders herrscht Konstanz, nämlich am Jedleseer Trainerstuhl. Du bist mit mehr als dreieinhalb Jahren Amtszeit mit Abstand der längstdienende Coach vor David Preiß und Maximilian Senft, die Voitsberg bzw. Ried seit bald zwei Jahren coachen. Nur Peter Pacult und Gerald Scheiblehner sind derzeit im Profibereich länger auf ihrer Position. Wie sehr hilft es dir aktuell, dass du so lange da bist?
Mörec: Da muss ich aber ein paar Sachen dazu sagen: Am Anfang habe ich mit Alex Gitsov gemeinsam gearbeitet und dann habe ich natürlich ein ganzes Trainerteam sowie eine Mannschaft, die das Wichtigste ist. Ich bin stolz und dankbar, dass der Verein trotz der nicht einfachen Situation hinter mir und dem Trainerteam steht! Früher war das nicht immer so. Wir sind alle davon überzeugt, dass wir diese Saison besser spielen und die entsprechenden Ergebnisse einfahren werden.
90minuten: Der FAC überwintert jetzt als 13., hat aber je sieben Punkte Vorsprung auf Lafnitz, Stripfing und Horn. Was macht man jetzt im Winter, vielleicht reicht ja auch Rang 14 - das mit den Aufsteigern ist ja immer so eine Sache...
Mörec: Ich denke, dass wir die Situation nicht unterschätzen dürfen. Wie du gesagt hast, ist es immer fraglich, wie viele Auf- und Absteiger es gibt, aber darauf darf man natürlich nicht spekulieren. Genauso werden wir die Winterpause angehen, also aus den Fehlern lernen. Die dürfen sich einfach nicht wiederholen und da rede ich konkret von diesen Gegentoren in der letzten Sekunde und der Konstanz.
Yannic Fötschl wird uns zudem länger verletzt fehlen, da werden wir auf jeden Fall etwas tun. Umgekehrt werden wir auch keine Spieler abgeben, um Geld zu sparen. Die Situation ist sehr ernst und neben Verstärkungen werden wir hart arbeiten. Der Verein hat auch ein Trainingslager auf Malta organisiert, das ist nicht selbstverständlich für den FAC.
90minuten: Wo will denn der Verein hin. Den Status als Nummer drei ist man eigentlich schon los. Die Vienna hat schon fast ein Bundesliga-Budget.
Mörec: Mit diesen Vereinen können wir nicht mithalten. Für den FAC ist es der richtige Weg, junge Spieler zu entwickeln und zu versuchen, sie zu verkaufen. Simon Spari war ja auch bei uns Nummer eins und spielt jetzt Bundesliga, genau das ist das, was bei uns finanziell möglich ist. Ich möchte auch noch kurz über Haljeta erzählen.
90minuten: Bitte sehr!
Mörec: Der kam im Sommer 2023 und hat keine große Rolle in Slowenien gespielt. Er hat eine super Saison bei uns gespielt und kickt jetzt in Indonesien. Klar, das ist keine Top-5-Liga, aber gut für seine 28 Jahre. Man kann dort gutes Geld verdienen und sich etwas zusammensparen für die Zeit nach der Karriere – und wir als Verein haben auch davon profitiert. Der sportliche Erfolg hat aber immer Priorität, für den Spieler und uns als Verein. Wir brauchen einfach eine gute Mischung aus Jung und Alt. Dass all das funktionieren kann, haben wir in den letzten drei Jahren gezeigt.
90minuten: Was fehlt, ist auch die Infrastruktur. Die hat, sagen wir so, andere Prioritäten.
Mörec: Die Stadionrenovierung ist ja schon länger ein Thema und seit Jahren passiert leider wenig. Wir wissen ja auch alle, was eine bessere Infrastruktur bedeutet: mehr Zuschauer, mehr Sponsoren und so weiter. Der Verein ist ja ständig in Kontakt mit der Stadt, ich hoffe, dass man dort unsere gute Arbeit registriert. Es geht darüber hinaus nicht nur um die Kampfmannschaft, sondern auch darum, junge Menschen nicht nur fußballerisch, sondern auch menschlich weiterzuentwickeln. Aber ich konzentriere mich auf das, was ich beeinflussen kann und das ist das, was am Platz passiert.
Das soll jetzt nicht falsch klingen, aber irgendwann – das gebe ich ehrlich zu – schaust du als älterer Spieler schon auch darauf, noch Geld zu verdienen.
90minuten: Sprechen wir auch über dich, du hast ja eine interessante Karriere. 2002 bist du von Mura zu Sturm gekommen, warst dort bis 2007 und hast dann weltweit gekickt: Israel, Bulgarien, Griechenland, Dänemark, Niederlande, Slowenien, Kasachstan, Aserbaidschan und Vietnam.
Mörec: Die fünf Jahre bei Sturm waren eine schöne Zeit. Ich war schon im Nationalteam, habe aber in Graz nicht regelmäßig gespielt. Der Nationalteamtrainer meinte, dass es für mich schwer wird, wenn ich nicht Stammspieler bin. Also bin ich nach Israel zu Maccabi Herzliya gegangen, wo das geklappt hat. Dann ist es schwierig gelaufen. Bei ZSKA Sofia musste ich wegen deren finanzieller Probleme den Vertrag auflösen. Ich war aber auch selber schuld, habe nicht gut performt.
In Griechenland bei Panetolikos hatte ich einen Bandscheibenvorfall. Auch bei Lyngby, ADO Den Haag und daheim in Mura hatte ich diese Probleme im Rücken, musste die Verträge auflösen. Das soll jetzt nicht falsch klingen, aber irgendwann – das gebe ich ehrlich zu – schaust du als älterer Spieler schon auch darauf, noch Geld zu verdienen. Aber das war nicht der einzige Grund, warum ich bei Qaisar Qysylorda, Rəvan Baku und Hoàng Anh Gia Lai gespielt habe. Ich habe die Sprachen gelernt, verschiedene Kulturen kennengelernt und viele Kontakte gesammelt. Das hilft mir jetzt alles im Trainerjob.
90minuten: Als du von Sturm weggegangen bist, warst du Mitte 20, da hat man schon zehn Jahre alles für den Fußball gegeben. Vor allem ist es ja auch so, dass du die Situation der Spieler hier gut nachvollziehen kannst. Wenn du Mitte 20 bist und "nur" beim FAC kickst, verdienen deine Freunde vermutlich schon mehr.
Mörec: Natürlich habe ich von einer Top5-Liga geträumt und das tun viele, aber irgendwann merkst du, dass sich das nicht ausgehen wird und auch nicht die zweite deutsche Bundesliga. Umgekehrt hast du, wie du richtig sagst, viel investiert, trainiert und willst weiterspielen. Und wenn dann solche Angebote kommen und du Profi bleiben willst, nimmst du sie an. Ich will das nicht so verstanden wissen, dass es mir nur um das Geld gegangen ist.
90minuten: Ich glaube, die Leser:innen verstehen schon, dass man ein Dach über dem Kopf braucht.
Mörec: Genau. Und die Karriere dauert nicht lang, also muss man schauen, dass man sich etwas aufbaut.
90minuten: Wenn man sich das alles ansieht, hast du das Beste aus deiner Karriere gemacht. Vielleicht holst du die große Karriere als Trainer nach, dein Name fällt ja schon öfter?
Mörec: Stimmt, ich war schon bei ein paar Vereinen im Gespräch und dafür bin ich jedes Mal dankbar. Mein Ziel ist es auch, irgendwann in einer Topliga zu arbeiten und da ist die Bundesliga der nächste Schritt. Als FAC-Trainer geht man nicht gleich zu weiß-Gott-wem, sondern es geht um normale Steps, darum, bei einem besseren Verein – auch in der 2. Liga – eine Chance zu bekommen.
90minuten: Du meinst einen, der aufsteigen will und kann?
Mörec: Ja. Aber bis das passiert – oder es direkt in die Bundesliga geht – will ich alles für den FAC geben. Der Verein hat mir sehr viel gegeben, genauso wie die Jungs, die da sind. Ich trage Verantwortung und will Vertrauen zurückgeben bis zum letzten Tag. Es muss ja nicht morgen passieren.
90minuten: Der Vertrag läuft aktuell nur bis Saisonende.
Mörec: Wir sind schon in Gesprächen über eine Vertragsverlängerung.
90minuten: Wir danken für das Gespräch!