Manfred Schmid: "Natürlich ist es mein Ziel, um Titel mitzuspielen"
Foto © GEPA

Manfred Schmid: "Natürlich ist es mein Ziel, um Titel mitzuspielen"

Weit über 200 Spiele absolvierte Manfred Schmid für Austria Wien. Als Cheftrainer betreute er "seine" Veilchen, den WAC und seit kurzem den TSV Hartberg. Ein 90minuten-Interview über erste Wochen beim TSV, letzte beim WAC, Kaderplanung und mehr.

Manfred Schmid bedeutete lange Austria Wien. Von den frühen 80ern bis 2002 spielte er für die Veilchen, zuerst in der Jugend, dann bei der Kampfmannschaft. 2012/13 holte er als Co-Trainer von Peter Stöger den Meistertitel, folgte diesem zu Köln und Dortmund.

2021 übernahm er "seine" Austria, führte sie auf Tabellenrang drei und in den Europacup. Wenige Monate später, nach einem 0:1 gegen den WAC, musst er gehen. Und dann wechselte er Anfang März 2023 nach Wolfsberg, wo er im vergangenen Sommer den Hut nehmen musste. Seit Ende September betreut er den TSV Hartberg.

Im 90minuten-Interview blickt Schmid zurück, mitunter etwas weiter. Im Fokus steht aber eine Gegenwart, die nicht unerfolgreich ist.

90minuten: Nach zweimal darüber schlafen – bist du mit dem Spiel gegen den SK Sturm, der Niederlage bzw. dem Schiedsrichter versöhnt?

Manfred Schmid: (lacht) Die Art und Weise, wie wir aufgetreten sind, war richtig gut. Das sieht man auch anhand der Statistiken. Leider haben wir Standardsituationen schlecht verteidigt, obwohl wir wussten, was auf uns zukommt - Sturm Graz hat da eine hohe Qualität. Über den Schiedsrichter ist eigentlich alles gesagt, Fehlentscheidungen sind nicht mehr zu ändern, aber das Spiel wäre wahrscheinlich anderes ausgegangen.

90minuten: Ändert es was an der Bilanz nach den ersten Wochen als Hartberg-Trainer?

Schmid: Gar nicht. Man darf ja nicht vergessen, dass wir sieglos Letzter waren. Nichtsdestotrotz war die Niederlage gegen Sturm ärgerlich, unser Auftreten kann nämlich sehr unangenehm sein und jetzt sind wir schon enttäuscht,  weil wir realistischerweise auch gegen solche Teams gewinnen können.

Bei Herrn Rieglers Vorwurf geht es speziell um meinen Umgang mit jungen Spielern.

Manfred Schmid

90minuten: Markus Schopp konnte sich, das darf man sagen, beruflich verbessern, der Saisonstart war aber dennoch nicht gut. In welcher Verfassung hast du die Mannschaft vorgefunden?

Schmid: Natürlich war das eine oder andere Spiel dabei, dass man gewinnen kann, aber das Team, das ich übernommen habe, war intakt. Und Markus hat einen guten Job gemacht, weil Hartberg im Sommer auch wichtige Spieler verloren hat, etwa Mamadou Sangaré oder Maximilian Entrup. Ihre Qualität stellen sie ja regelmäßig unter Beweis. Vielleicht hat ihnen der eine oder andere neue Input gutgetan, aber die Mannschaft ist keinesfalls am Boden gelegen.

90minuten: In der Regel muss der Trainer ja gehen, wenn es sportlich nicht läuft. Schopp wäre vermutlich auch etwas ergebnisunabhängig auch noch immer TSV-Trainer.

Schmid: Da kann ich nur zustimmen.

90minuten: Gehen wir einen Schritt zurück. Ich habe neulich mit Dietmar Riegler gesprochen und der meinte, dass du viele Dinge zu positiv gesehen hast. Bist zu nett?

Schmid: Na, irgendetwas hat er ja auch finden müssen (lacht). Die Menschen, die mit mir zusammenarbeiten, wissen schon, dass ich meine Linie sehr klar durchziehe, wenn es darauf ankommt. Bei Herrn Rieglers Vorwurf geht es speziell um meinen Umgang mit jungen Spielern. Ich denke aber, dass ich viele gute Spieler entwickelt habe, das aber nicht mit seinen Vorstellungen übereinstimmt. Junge Spieler brauchen einfach manchmal etwas Zeit, bis sie so weit sind.  Es war auch mein Plan, sie für die nächsten Jahre zu entwickeln und deshalb habe ich auch den Kader umgekrempelt.

Foto © GEPA
Auf Thierno Ballo ist Manfred Schmid stolz

Da gibt es jetzt einige Führungsspieler wie Altunaschwili, der auch im georgischen Nationalteam spielt oder Ex-Spieler wie Bamba, Boakye oder aktuell Ballo, die Topleistungen gebracht haben oder bringen. Auch Nwaiwu habe ich geholt. Ich finde, dass es eine erfolgreiche Zeit war, weil man ja sehen muss, in welcher Situation ich den Verein übernommen habe, da hatten sie Angst in den Abstiegskampf hineingezogen zu werden, die Kaderzusammenstellung war nicht so, wie man sie sich vorgestellt hat. Der Weg, den ich eingeschlagen habe, stimmt ja, wie man sieht, Trainer Didi Kühbauer passt gut hin. Insofern bin ich schon mit den Dingen zufrieden.

90minuten: Ich war hauptsächlich stutzig, weil es nicht (mehr) so oft vorkommt, dass ein Präsident so über einen Ex-Trainer redet.

Schmid: Ich habe ein super Verhältnis mit Dietmar Riegler. Ich wollte über Jahre etwas aufbauen, er will einen anderen Weg mit erfahreneren Spielern gehen. Das ist auch ok.

90minuten: Brigitte Annerl wirkt wie du auch immer positiv. Markus Schopp hatte viele Kompetenzen, wie wichtig war dir das, dass man nicht nur von Klassenerhalt bis Rauswurf denkt, sondern einmal ein paar Jahre in die Zukunft.

Schmid: Hier kann man viel entwickeln. In Sachen Infrastruktur, Trainingsmöglichkeiten und so weiter sind wir nicht Ligaspitze. Das wollen wir verbessern. Mir imponiert aber schon sehr, mit wie viel Herzblut alle dabei sind, von der Brigitte über den Obmann Korherr bis zu Co-Trainer Gratzei versuchen alle hier etwas zu verbessern. Aber am Anfang ging es dann schon um die Spielphilosophie, ich lasse gerne technisch guten Ballbesitzfußball spielen und Junge entwickeln. Da hatte ich auch das Gefühl, dass alle an einem Strang ziehen, deswegen ist meine Entscheidung auch recht schnell gefallen.

Salzburg hat sich für einen Weg entschieden und ich weiß nicht, ob sie zu jung sind. Die genauen Gründe für dieses Tief kenne ich nicht, denke aber, dass der eine oder andere Führungsspieler ihnen schon guttun würde.

Manfred Schmid

90minuten: Gibt es übrigens ein Update zum Stadion?

Schmid: Ich kann nichts Genaues sagen, weil ich bei diesen Gesprächen nicht mit dabei bin, aber meine Informationen sind so, dass vieles in die richtige Richtung läuft. Es muss sich ja einiges ändern.

90minuten: Die Mannschaft ist im Schnitt um einiges jünger, die meisten Einsatzminuten haben doch eher erfahrene Kicker. Wie schafft man den Spagat aus deiner Sicht, damit einerseits Junge eingebaut werden, andererseits nicht zu viel sportlich schiefgeht?

Schmid: Als ich gekommen bin, gab es viele Spiele in wenig Zeit, da dreht man nicht alles gleich um. Jetzt sind wir aktuell erfolgreich und da müssen sich Youngster auch hinten anstellten. Wichtig ist, dass junge Spieler herangeführt werden und mir das Gefühl geben, dass sie so weit ist. Und wenn man sich die Einwechslungen von Maximilian Fillafer oder Marco Hofmann ansieht, sieht man schon, in welche Richtung es bei uns geht. Wenn ich die ganze Woche das Gefühl habe, dass einer voll fokussiert ist und etwas anbietet, bekommen sie ihre Chance. Wir arbeiten mit ihnen, damit sie dann, wenn diese kommt, auch bereit sind.

90minuten: Jung vs. Alt ist hier immer wieder ein Thema. Die Wiener Austria ist mit Routiniers erfolgreich, Salzburg würde – meine Meinung – der eine oder andere Erfahrene gut tun. Wie schafft man diese Balance?

Schmid: Salzburg hat sich für einen Weg entschieden und ich weiß nicht, ob sie zu jung sind. Die genauen Gründe für dieses Tief kenne ich nicht, denke aber, dass der eine oder andere Führungsspieler ihnen schon guttun würde. Sie haben aber genug Qualität und ich bin mir sicher, dass sie diese bald wieder auf den Platz bringen werden. Die Austria hat den Weg mit den Jungen verlassen und man setzt auf Routine.

Foto © copyright todo
Die Wiener Austria ist mit erfahrenen Kickern derzeit erfolgreich. Auch eine Möglichkeit.

Das ist auch eine Möglichkeit und wenn ich mir die anschaue, kommt es nicht überraschend, dass sie vorne mitspielen. Es gibt also immer verschiedene Ansätze, und der Ausgangspunkt sind meistens die finanziellen Möglichkeiten an. Hartberg hat da nicht so große und muss den Weg gehen, junge Spieler auszubilden. Die wissen mittlerweile auch, dass man sich hier entwickeln kann.

90minuten: Apropos Austria. Hierzulande sagt man ja immer, man braucht junge Spieler, die man verkaufen kann. Aber wenn ich die nicht habe, muss man eben zukaufen.

Schmid: Die Austria setzt auf Routiniers und erfolgreich. Es dauert eben, wenn man etwas anderes entwickeln möchte. Ilzers Powerfußball hat auch nicht vom ersten Tag an funktioniert. Außerdem finde ich, dass immer gerne schnell gesagt wird, dass ein Jahrgang im Nachwuchs nicht gut ist. Ich denke aber, dass es immer zwei, drei, vier Spieler gibt, die gut genug sind – man muss ihnen aber auch Einsatzminuten geben, Rückschläge hinnehmen können und wissen, dass es manchmal zwei, drei Jahre dauert. Das ist letztlich aber eine Frage der Ausrichtung des Vereins.

90minuten: Wenn man sich deine Vita als Cheftrainer - FAK, WAC, TSV - ansieht, könnte man sagen: Je kleiner der Klub, desto erfolgreicher Manfred Schmid. Warum?

Schmid: Ich sehe das nicht so, weil ich damals mit der Austria auf Anhieb Dritter geworden bin, das war ein großartiger Erfolg. Aber es ist ja nicht mein Ziel immer Vereine in schwierigen Situationen zu übernehmen. Aber wann bekommst du denn einen Trainerjob? Meistens, wenn es nicht läuft. Eine Meistermannschaft, Salzburg oder Sturm bekommt man eher selten. Und natürlich ist es mein Ziel, um Titel mitzuspielen. Wenn das aber nicht der Fall ist, muss man die Spieler entwickeln und zu versuchen, oben anzudocken.

Ich habe es schon öfters gesagt, dass ich kein Fan des Systems bin und wie die Europacupstartplätze vergeben werden.

Manfred Schmid

90minuten: Denken wir Richtung Transferzeit: Es ist mit der Ligateilung immer sehr knapp, wie sehr muss man versuchen, in die Meistergruppe zu kommen? Nach Verlustpunkten ist man vor Salzburg, man muss nur noch gewinnen.

Schmid: Wenn man sich die Tabelle ansieht, sind einige Plätze schon an Sturm, Rapid, die Austria und Salzburg vergeben. Auch der LASK sollte aufgrund der Kaderqualität und des Budgets dabei sein. Also wird es immer sehr eng sein. Wenn irgendjemand nur einen Millimeter nachgibt, wollen wir da sein, denn dann lebt die Chance auf die Meistergruppe. Ich habe es eh schon gesagt: Warum sollten wir gegen die Großen nicht gewinnen, wir haben ja gezeigt, dass wir mithalten können und lediglich die Torchancen nicht genutzt.

90minuten: Salzburg und auch der LASK tun sich gerade ein bissl schwerer, können im Winter aber Geld auf den Tisch legen und sich hinauf hieven, das kann Hartberg weniger. Das Ligasystem benachteiligt hier die kleineren Klubs.

Schmid: Das werden wir nicht verändern können. Wer die finanziellen Möglichkeiten nicht hat, kann das nur mit guter und konsequenter Arbeit kompensieren. Wir müssen vorbereitet sein und wissen, welche Spieler zu uns kommen können. Wir haben schon bewiesen, dass wir gute Spieler holen können und auch, dass wir oben mitspielen können.

90minuten: Den Stress könnte man sich ersparen, wenn die Liga größer wäre. Ist es an der Zeit, an eine Vergrößerung zu denken?

Schmid: Ich habe es schon öfters gesagt, dass ich kein Fan des Systems bin und wie die Europacupstartplätze vergeben werden. In der Qualifikationsgruppe muss man immer gegen den Abstieg spielen. Da bleibt die Spielerentwicklung irgendwann auf der Strecke. Die 2. Liga ist auch nicht so anziehend, wie man es gerne hätte. Ich wäre also für eine größere erste Liga mit 16 Mannschaften, zwei zweiten Ligen mit zwei fixen Aufsteigern. Die Spannung gebe es dann nicht mehr, aber die ist künstlich hergestellt.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!


Kommentare