Laura Feiersinger: "Wir wissen, dass wir besser spielen können"
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Laura Feiersinger: "Wir wissen, dass wir besser spielen können"

Die Köln-Legionärin spricht im Interview mit 90minuten über ihren Schritt zurück nach Deutschland, die Entwicklung des Frauenfußballs seit sie angefangen hat sowie das ÖFB-Frauennationalteam.

Laura Feiersinger holte in der abgelaufenen Saison mit der AS Roma den Meistertitel in Italien. Nach den zwei deutschen Titeln mit Bayern München ihr dritter nationaler Meistertitel. Die Europameisterschafts-Halbfinalistin von 2017 ist somit eine der erfolgreichsten und erfahrensten Kickerinnen des Landes.

Mittlerweile 31 Jahre alt, ging es nun zurück nach Deutschland zum 1. FC Köln. Dort soll sie mit ihrer Routine helfen und den Klub in sicherere Gewässer führen. Das andere große Ziel ist die Frauen-Europameisterschaft in der Schweiz im Sommer 2025. Von einer Weltmeisterschaft träumt sie auch noch, wie sie im 90minuten-Exklusivinterview erzählt.

90minuten: Nach einem Jahr bei der AS Roma inklusive Meistertitel bist du retour in der deutschen Bundesliga, hast bis 2026 beim 1. FC Köln unterschrieben. Warum?

Laura Feiersinger: Es war eine neue Erfahrung, ein komplett anderer Fußball, als ich ihn in mehr als zehn Jahren in Deutschland gewohnt war. Das Gesamtpaket in Italien mit dem Land und der Stadt hat sich für mich nicht ganz so gut angefühlt.

90minuten: Nicole Bender-Rummler, Bereichsleiterin Frauen- und Mädchen-Fußball beim 1. FC Köln, sagte anlässlich deiner Verpflichtung: "Mit Laura Feiersinger haben wir eine absolute Topspielerin verpflichtet, die über viel Erfahrung verfügt." Ein großer Rucksack?

Feiersinger: Daran habe ich noch gar nicht so gedacht, die Mädels bzw. das Team haben mir das Ankommen aber recht leicht gemacht. In Italien konnte ich die Sprache nicht und wenn einem ein Land und die Liga so vertraut sind, findet man gleich eine Bindung. Ich bin aber nicht hergekommen und dachte mir: Boah, ich habe einen extremen Druck. Ich freue mich einfach auf die Aufgabe und es ist schön zu hören, dass man mich in der Rolle sieht.

Der Staff bei der Roma war der größte, den ich gehabt habe, aber in vielen anderen Bereichen sind sie hinten nach.

Laura Feiersinger

90minuten: Die Kölnerinnen sind letztes Jahr dem Abstieg entkommen, mit dir holt man eine routinierte und erfahrene Spielerin. Was ist die Erwartung an die Saison?

Feiersinger: Schwer zu sagen. Wenn ich mir den Kader und das Training ansehe, können wir uns sicher im Mittelfeld platzieren, mit dem Abstieg sollten wir nichts zu tun haben.

90minuten: Was macht Köln aus?

Feiersinger: Ich hatte Deutschland zunächst nicht ganz auf dem Schirm, aber wusste, dass, wenn ich zurückgehe, ich zu einem Traditionsverein will. Das spürt man in Köln auch sofort. Ich habe sie natürlich immer verfolgt und sie hatten immer einen guten Kader, aber es nie geschafft, sich zu etablieren, warum auch immer. Es fühlt sich etwas wie in Frankfurt an, aber es ist familiärer, weil man auch Verbindung zu Männermannschaft hat.

Meinem ersten Eindruck nach ist es noch näher. Wir haben zum Beispiel den gleichen Kraftraum und sind überhaupt am selben Gelände. Das haben nicht alle Topvereine. In Frankfurt kam das sehr spät, in Italien war das gar nicht der Fall. Stadt, Verein und Rahmenbedingungen versprechen eine gute Zukunft, jetzt braucht es Ergebnisse, um sich zu etablieren.

90minuten: Die Betreuung und die Infrastruktur soll in Deutschland auch besser sein.

Feiersinger: Der Staff bei der Roma war der größte, den ich gehabt habe, aber in vielen anderen Bereichen sind sie hinten nach. Angefangen von den klassischen Rahmenbedingungen wie Trainingsplatz oder Spielstätten bis zu Social Media, das ist erst im Kommen, aber das betrifft auch die Männer.

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Laura Feiersinger beim Arbeiten in Italien

90minuten: In dem Kontext Frauen-/Männerfußball spricht man oft von Equal Play vor Equal Pay. Wie schneidet Italien da im Vergleich zu Deutschland ab?

Feiersinger: Der Männerfußball ist meiner Ansicht nach ja generell überbezahlt. Sonst ist es schwierig. Die italienische Frauenliga ist im Gegensatz zu Deutschland aber eine Profiliga.

Als ich angefangen habe, war der Frauenfußball noch überhaupt nicht auf der Stufe, auf der er heute ist. Es ist vollkommen ok, wie er sich entwickelt hat und welche Gehälter gezahlt werden. Allerdings gibt es auch Unterschiede zu den Topspielerinnen und -vereinen.

90minuten: Es werden immer mehr Spiele. Passt das zur Entwicklung oder ist das zu schnell?

Feiersinger: Die Frage ist schon, ob die Bedingungen schon so weit sind. Die Männer haben auch sehr viele Spiele, aber verdienen mehr, es gibt Köche, Physios und so weiter. Der Frauenfußball will auch auf dieses Level kommen, das betrifft den Spielplan vielleicht schon, aber das ganze Rundherum ist noch nicht so weit. Das führt dann auch zu vielen Verletzungen, weil das Gesamtpaket noch nicht passt.

90minuten: Das betrifft ja auch die Trainingssteuerung, die bei Frauen anders sein muss als bei den Männern.

Feiersinger: Es kommt schon immer mehr. In Rom haben sie doch sehr darauf geachtet. Teilweise wird noch zu wenig auf die Spielerinnen eingegangen.


90minuten: Dein Vater war in den 90ern Topfußballer. Wie ist denn der Vergleich zwischen Männerfußball damals und Frauenfußball heute?

Feiersinger: Vielleicht sind wir da beide "zum selben Zeitpunkt" unterwegs und wenn ich aufhöre, wird das auch eine andere Welt sein. Mein Vater war auch kurz vor der Wende zu den immer höheren Gehältern aktiv. Jetzt merkt man, dass sich der Frauenfußball verändert und auch mehr gezahlt wird.

90minuten: Stört es dich, diese paar Jahre zu früh Profikickerin zu sein?

Feiersinger: Ich habe noch das "Reine" von dem Sport mitbekommen. Ich bin recht dankbar, in dieser Zeit Fußball zu spielen und die Entwicklung miterleben zu dürfen. Man denkt sich aber schon, wie es in fünf, zehn, 15 Jahren sein wird.

Du bist von null gekommen, kanntest die damaligen Bedingungen, hast den Wandel mitbekommen und schätzt es viel mehr, so wie es jetzt ist. Das wird für andere anders sein, wenn sie in fünf oder zehn Jahren spielen, weil Fußball immer mehr zum Business wird.

90minuten: Dennoch: Deine Alterskollegen bei den Männern haben siebenstellige Jahresgehälter, haben die Entbehrungen des Spitzensports sehr gut entschädigt bekommen. Reicht dir, was du verdienst?

Feiersinger: Ausgesorgt habe ich sicher nicht, das hat kaum eine Fußballerin. Es entscheidet schon auch die Nationalität. Für eine Deutsche, Engländerin oder US-Amerikanerin ist das wohl noch anders als eine aus Österreich, Dänemark und Norwegen. Wir wissen das aber von Anfang an und setzen uns früher mit der Karriere danach auseinander.

Es hätten viele andere Sportler und Sportlerinnen, die auch sehr viel und mehr Aufwand betreiben, verdient, besser bezahlt zu werden.

Laura Feiersinger

90minuten: Wann wird es denn so weit sein, dass ihr Spielerinnen diese Fragen nicht mehr beantworten müsst?

Feiersinger: (lacht) Das ist eine gute Frage. Ich weiß nicht, wie es in anderen Sportarten ist, aber durch den Umstand, dass der Männerfußball eine dermaßen populäre Sportart und den allermeisten anderen in jeder Hinsicht überlegen ist – Gehalt, Aufmerksamkeit und so weiter – könnte man das in jeder anderen Sportart auch fragen.

Es hätten viele andere Sportler und Sportlerinnen, die auch sehr viel und mehr Aufwand betreiben, verdient, besser bezahlt zu werden. Ich sehe es so: Ich bin zufrieden, weil ich weiß, wie es in anderen Frauensportarten bzw. generell Sportarten ist. Man muss das immer auch von der anderen Seite sehen. So wie es ist, ist es gut, man muss nicht Millionen verdienen.

90minuten: Kommen wir noch zum Nationalteam. Wir haben deine Routine schon öfters angesprochen und dass Frauenfußball heute anders ist als "früher". Wie sind die Jungen im Nationalteam so?

Feiersinger: Ich kenne die meisten ja schon lange und könnte gar nicht sagen, dass sie so unterschiedlich sind. Trotz des Altersunterschiedes kennt man sich ja lange. Einen gewissen Unterschied gibt es immer, aber wir haben eigentlich immer eine gute Zeit und es gab nie eine Situation, wo ich mir dachte: Ah, die Jungen. Wenn wir zur "Natio" kommen, weiß jede, was sie zu tun hat und welche Werte wir haben.

90minuten: Aber den Umbruch kann man nicht wegdiskutieren.

Feiersinger: Nach der Euro sind ein paar gegangen und wenn man sich das Team ansieht, kann man sicher von einem Umbruch sprechen.

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Feiersinger will mit der 'Natio' zur EM

90minuten: Ist dieser schon abgeschlossen? Wenn man sich die Quali ansieht, hat da und dort doch noch etwas gefehlt.

Feiersinger: (denkt nach) Das ist schwer zu sagen. Vielleicht ist es auch ein Entwicklungsprozess, der gezielt eingesetzt wird. Man muss mit diesen Ergebnissen oder solchen Hindernissen auch umgehen können. Dass es nicht optimal gelaufen ist, wissen aber alle. Das Gute ist, dass das Ziel über einen Umweg noch erreicht werden kann. Und wenn wir letztlich bei der Euro mit dabei sind, ist das für mich auch OK.

90minuten: Gegen die Polinnen hat es gut geklappt, gegen Island wäre mehr drinnen gewesen, oder?

Feiersinger: So ähnlich kann man das sehen. Wir wissen, dass wir besser spielen können als gegen Island. Da waren wir alle sehr unzufrieden und enttäuscht, weil wir die Chance auf die direkte Qualifikation hatten. Ich habe schon um die Euro und die WM Playoffs gespielt und diese Spiele sind schwer und ekelhaft.

90minuten: Woran hat es konkret gehakt, was hat die Analyse ergeben? Fehlt Speed, hätte die Bank anders reagieren können?

Feiersinger: Es geht gar nicht so sehr ums Offensiv- oder Defensivspiel, es hat in allen Bereichen ein bisschen etwas gefehlt. Wir haben alles gut und solide gemacht, aber in keinem Bereich "toptop". Wir müssen dorthin kommen, wo wir das gemeinsam als Mannschaft durchziehen und von dem überzeugt sind, was wir machen.

Das Team hat so viel Potenzial und gute Spielerinnen, aber die Topnationen haben so viel Abgebrühtheit und das fehlt uns noch etwas. Ich würde mir wünschen, dass wir unsere Qualität öfter und konstanter auf den Platz bekommen.

Ich fühle mich wohl und gut, es macht Spaß. Solange das so ist und ich mithalten kann, höre ich nicht auf.

Laura Feiersinger

90minuten: Jetzt geht es ins Playoff. Slowenien und dann Rumänien oder Polen ist mehr als möglich, oder?

Feiersinger: Mein Anspruch – und der von uns allen – ist es, die Spiele zu gewinnen. Wenn man sich die letzten Jahre ansieht, ist es auch klar, dass wir das schaffen.

90minuten: Die Euro ist 2025, du hast jetzt bis 2026 unterschrieben, bist 31 Jahre alt. Wie sieht der Karriereplan aus?

Feiersinger: Ich fühle mich wohl und gut, es macht Spaß. Solange das so ist und ich mithalten kann, höre ich nicht auf, nur weil ich 31 oder 32 bin. Cool wäre es, zu einer WM zu fahren, bis dahin würde ich gerne auf einem Toplevel spielen. Das wäre ein cooler Abschluss.

90minuten: Ein paar Kolleginnen sind nach Österreich zurückgegangen. Zu welchem Verein würdest du gehen?

Feiersinger: Mit Red Bull Salzburg wäre das aufgelegt, weil es bei mir daheim ist. Aber ich weiß nicht, ob ich zum Schluss noch ein Jahr in Österreich spielen würde. Das muss man sich dann anschauen und wenn ich nicht mehr mag, mag ich einfach nicht mehr und kein Jahr anhängen.

90minuten: Ist es gemeinsam mit der Schwester der Plan, mit "Athletics und Aestetics" Mode zu machen?

Feiersinger: Deshalb haben wir es so gemacht. Ich werde mich in nächster Zeit darauf vorbereiten, was danach kommt. Mit Denise passt das super und wir schauen, wo es hinführen wird. Es macht sehr viel Spaß und wir werden sehen, was sich ergibt.

90minuten: Oder Trainerin werden?

Feiersinger: Den Trainerschein habe ich schon gemacht. Das ist zwar nicht so in meinem Kopf, aber es kann sich ja noch entwickeln, dass ich mir in ein paar Jahren denke, dass ich im Sport bleiben will.

90minuten: Wir danken für das Gespräch!

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