Karim Onisiwo: "Kann mir vorstellen, in Salzburg meine Karriere zu beenden"
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Karim Onisiwo: "Kann mir vorstellen, in Salzburg meine Karriere zu beenden"

Der Stürmer kehrte im Herbst seiner Karriere nach Österreich zurück, wo er mit dem FC Red Bull Salzburg schnellstmöglich wieder zurück auf die Erfolgsspur kommen will.

"Karim Onisiwo, Neuzugang beim FC Red Bull Salzburg", verkündeten die "Bullen" zu Beginn des neuen Jahres via Aussendung und überraschten damit den einen oder anderen heimischen Fußballfan.

Denn Onisiwo passt auf den ersten Blick nicht in die Transferstrategie der Salzburger, die ihren Fokus in den vergangenen Jahren meist auf junge, entwicklungsfähige Spieler legten. Doch die Verantwortlichen rund um Sportchef Rouven Schröder haben sich bei der Verpflichtung des routinierten Angreifers etwas gedacht. Onisiwo soll in Salzburg als Führungsspieler vorangehen, mit seiner Hilfe soll der Klub wieder auf die Erfolgsspur zurückkehren. Nach den Meistertiteln in der Regionalliga West (SV Austria Salzburg) und der 2. Liga (SV Mattersburg) könnte er den "Titel-Hattrick" mit dem FC Red Bull Salzburg perfekt machen.

Mit 90minuten hat der langjährige Mainz-Stürmer über seine Rolle in Salzburg und ein mögliches Karriereende bei den "Bullen" gesprochen. Zudem schilderte Onisiwo, wie es ihm mit seiner Adduktorenverletzung geht und warum er sich auf dem Platz das eine oder andere Mal erschrocken hat. Ein mögliches Comeback im ÖFB-Nationalteam war ebenfalls Thema des Gesprächs.

90minuten: Wie geht es dir? Wie waren die ersten Wochen zurück in der heimischen Bundesliga?

Onisiwo: Super. Wenn ich an die ersten Wochen denke, wie ich von den Mitarbeitern und dem Staff des FC Red Bull Salzburg aufgenommen wurde. Es war auf Profi-Ebene eigentlich mein erster großer Wechsel, kann man sagen – und das zurück in die Heimat. Man hat zwar immer seine Bedenken, wie das dann sein wird, aber mir wurde es hier sehr einfach gemacht. Ich musste dann natürlich ein bisschen warten, weil ich in der Champions League nicht spielberechtigt war. Es hat ein bisschen gedauert, bis ich auf den Platz durfte, aber umso mehr habe ich mich auf das erste Spiel gefreut.

90minuten: Ich würde gerne nochmal ein paar Wochen zurückgehen. In der Aussendung von Mainz 05 zu deinem Wechsel war zu lesen, dass du mit einem kurzfristigen Wechselwunsch an den Klub herangetreten bist. Wie waren da die Prozesse im Hintergrund? Hast du dich beim FC Red Bull Salzburg gemeldet, haben sich die Salzburger bei dir gemeldet?

Onisiwo: Ich hatte mit Christian Heidel (nach einem knapp dreijährigen Intermezzo beim FC Schalke 04 seit Ende 2020 wieder Vorstand Sport beim 1. FSV Mainz 05, Anm.) von Anfang an ein sehr, sehr gutes Verhältnis. Er und Martin Schmidt (damals Trainer der Mainzer, Anm.) haben mich im Jahr 2016 geholt.

Zuletzt hatte ich in Mainz nicht mehr sehr viel Spielzeit, weswegen ich an ihn (Christian Heidel, Anm.) herangetreten bin. Wir hatten ein super Gespräch und haben das dann alles ziemlich schnell über die Bühne gebracht. Ich bin Christian Heidel sehr dankbar, dass er super reagiert hat. Er ist ein Mann mit Handschlagqualität, das habe ich schon früher zu ihm gesagt. Da schließt man alles auf ehrlicher Basis ab. Ich schätze Christian Heidel und Martin Schmidt extrem. Über die Zeit in Mainz bin ich glücklich und froh. Ich war ja letztendlich neun Jahre dort. Zudem bin ich froh und glücklich, so einen Klub wie den FC Red Bull Salzburg gefunden zu haben. Hier kann ich nochmal zeigen, was ich draufhabe.

Karim Onisiwo verließ den 1. FSV Mainz 05 als bester Scorer in der Bundesliga-Geschichte des Klubs (33 Tore, 28 Assists).
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Karim Onisiwo verließ den 1. FSV Mainz 05 als bester Scorer in der Bundesliga-Geschichte des Klubs (33 Tore, 28 Assists).

90minuten: Hat deine Austria-Salzburg-Vergangenheit bei dem Wechsel eine Rolle gespielt? Hast du von ehemaligen Mitspielern oder Trainern Nachrichten bekommen?

Onisiwo: Es gibt mehrere Spieler aus der Zeit, mit denen ich noch Kontakt habe, wie zum Beispiel mit Michael Perlak. Es haben sich alle gefreut, dass ich wieder nach Österreich zurückkomme. Im Großen und Ganzen hat die Vergangenheit bei Austria Salzburg aber keine Rolle gespielt, das liegt schon so lange zurück.

90minuten: Der FC Red Bull Salzburg hat einen turbulenten Herbst hinter sich. Zuvor hat der Klub in der Liga immer oben mitgespielt. Da kann man sich die Frage stellen: "Warum geht Karim Onisiwo genau in so einer Phase nach Salzburg?" Oder war es ein Reiz, mit dem FC Red Bull Salzburg wieder auf die Erfolgsspur zu kommen?

Onisiwo: Klar, das Ziel ist, so schnell wie möglich wieder auf die Erfolgsspur zu kommen und Titel zu holen. Das ist immer das Ziel beim FC Red Bull Salzburg. Die Idee an sich hat mich einfach auch gereizt, dass ich hier eine Führungsrolle übernehmen darf, sodass wir unsere Ziele letztendlich erreichen. Das hatte ich in Mainz auch eine Zeit lang, diese Zeit wollte ich wieder zurückhaben. Ich habe zudem eine Verbundenheit mit Salzburg, meine Frau kommt von hier. So hat sich das super eingespielt. Für mich war es nicht schwierig, die Entscheidung zu treffen. Die Entscheidung, diesen Weg zu gehen, habe ich dann ziemlich schnell getroffen. Mit der Perspektive, dass wir international spielen und wieder auf die Erfolgsspur zurückkommen.

90minuten: Du hast es bereits erwähnt: Du sollst in Salzburg als Führungsspieler vorangehen. Wie interpretierst du diese Rolle? Führst du Gespräche mit jüngeren Spielern, suchen sie die Gespräche?

Onisiwo: Ich musste zunächst alle kennenlernen, es sind sehr viele verschiedene Charaktere. Das ist immer spannend für mich. Es macht einfach Spaß, mit den Jungs zusammenzuarbeiten. Es steckt so viel Qualität in ihnen. Manche Spieler mögen Teamkollegen, die etwas sagen, manche mögen das eher weniger. Man kann versuchen, dem einen oder anderen das, was man in der deutschen Bundesliga selbst in den Stadien und durch die Atmosphäre erlebt hat, mitzugeben. Auch schwierige Situationen – in Mainz hatte ich fünfmal einen Abstiegskampf hinter mir. Das prägt natürlich auch und man weiß dann, wie man mit schwierigen Situationen umzugehen hat.

Es ist auch erfrischend, mit so vielen Jungen zusammenzuspielen. Wenn ich mir einen Joane Gadou hernehme: Er ist sehr aufnahmebereit und fragt immer wieder mal nach – und er ist vor ein paar Wochen erst 18 geworden. Von der 18 bin ich schon ein bisschen weiter weg (lacht). Das macht mir einfach Spaß, mit solchen Jungs zusammenzuarbeiten und zu sehen, wie sie sich entwickeln und die nächsten Schritte machen.

Von 2012 bis 2014 lief Karim Onisiwo für SV Austria Salzburg auf, hier im Kopfball-Duell mit Stefan Lainer.
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Von 2012 bis 2014 lief Karim Onisiwo für SV Austria Salzburg auf, hier im Kopfball-Duell mit Stefan Lainer.

90minuten: Martin Hinteregger nimmt beim SK Austria Klagenfurt eine ähnliche Rolle wie du in Salzburg ein. Er hat nach dem Spiel gegen euch gesagt, dass man als Verteidiger das Auge nicht verliert, also dass das Stellungsspiel umso besser wird, je älter man wird. Wie schaut das bei einem Stürmer aus? Gibt es Attribute, die besser werden, je älter man wird?

Onisiwo: Du wirst gewiefter, würde ich sagen. Du weißt genau, in welche Räume du dich bewegen musst. Vor allem, wenn du gegen den einen oder anderen jüngeren Spieler spielst, dass du den einen Schritt vor ihm bist, um den Ball (ins Tor, Anm.) reinzuhauen. Aber es ist immer eine Herausforderung, sich in einer neuen Liga nochmal zu beweisen.

90minuten: Die Fans und Beobachter messen einen Stürmer ja gerne an den Scorerpunkten. Hat man es da als Angreifer generell etwas schwerer als ein Verteidiger, ist da der Druck ein bisschen größer? Beim Abwehrspieler ist es ja meist wichtig, dass ihm keine groben Schnitzer unterlaufen, während der Stürmer mit seinen Toren und Vorlagen Spiele entscheiden sollte.

Onisiwo: Klar, wobei ich es mag, mit Druck umzugehen. Ich bin so ein Spieler, der das irgendwie auch braucht, um liefern zu können. Natürlich bin ich auch gekommen, um das eine oder andere Tor zu schießen oder die eine oder andere Vorlage zu geben. Aber für mich war von Anfang an klar – das war mein oberstes Ziel, als ich mit allen Verantwortlichen gesprochen habe –, dass wir am Ende ganz oben stehen wollen. Das ist tausendmal wichtiger für mich, als ob ich persönlich jetzt zehn, 15 Tore mache. Wenn wir am Ende ganz oben sind und die Mitspieler haben die Tore geschossen, dann bin ich genauso glücklich.

Beim Spiel gegen Sturm Graz stand dann schon viel auf der Waagschale. Da mussten wir gewinnen, um dranzubleiben. Wir als Team haben es geschafft, zu liefern.

Karim Onisiwo über den 3:1-Heimsieg gegen den amtierenden Doublesieger SK Sturm Graz

90minuten: Wie gehst du mit Situationen um, wenn du eine längere Zeit nicht triffst oder sich die Spiele im Allgemeinen nicht "gut anfühlen"?

Onisiwo: In den ersten beiden Spielen für den FC Red Bull Salzburg habe ich nicht getroffen und auch keine Vorlage gegeben. Dann war ich wegen meiner Blessur zwei Wochen raus. Beim Spiel gegen Sturm Graz stand dann schon viel auf der Waagschale. Da mussten wir gewinnen, um dranzubleiben. Wir als Team haben es geschafft, zu liefern. Das ist das Wichtigste: Wenn dieses Gefühl da ist, dass wir mit einem Drive Spiele auch drehen und gewinnen können. Das war nach dem Sturm-Graz-Spiel das erste Mal für mich persönlich da. Und das fühlt sich richtig gut an.

90minuten: Hattest du das in der Vergangenheit schon einmal? Also eine Phase, in der man gemerkt hat, dass die Mannschaft richtig in einem Flow war?

Onisiwo: In der Mainz-Zeit als Bo Svensson da war, war das so. Da haben wir, glaube ich, zehn Spiele hintereinander nicht verloren. Das ist schon richtig stark, weil wir in der Phase Dortmund und andere Kaliber drinnen hatten. Da hat jeder vor Selbstvertrauen gestrotzt. Und ich hoffe, dass wir das in Salzburg – auch mit dem Sieg gegen den WAC – wieder reinbekommen. Jetzt beginnt dann die Meisterrunde. Wenn wir positiv starten, können wir wieder in so einen Flow kommen, weil der wird dann am Ende entscheidend sein.

90minuten: Du hast gegen Sturm Graz dein erstes Tor seit fast einem Jahr geschossen, bist in dem Spiel aber auch ordentlich abgeklopft worden. War das schon während deiner Zeit in Mattersburg oder dann auch in Mainz so, dass die Verteidiger in den Zweikämpfen gegen dich immer ordentlich reingegangen sind?

Onisiwo: Ja, ich glaube, das ist mein körperbetonter Spielstil. Ich versuche, die Bälle für die Mannschaft abzuschirmen oder prallen zu lassen, sodass die Jungs nachrücken können. Wenn lange Bälle kommen, ist es klar, dass mich der eine oder andere Gegenspieler erwischt. Solange es nicht zu schlimm ist – das eine oder andere Mal habe ich mich schon erschrocken (lacht). Aber es wird nicht das letzte Mal gewesen sein. Es ist okay, es war in Deutschland nicht anders.

Karim Onisiwo hat gegen die Grazer sein erstes Bundesliga-Tor für den FC Red Bull Salzburg geschossen.
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Karim Onisiwo hat gegen die Grazer sein erstes Bundesliga-Tor für den FC Red Bull Salzburg geschossen.

90minuten: Du warst jetzt sehr lange in Deutschland. Hast du dort die Entwicklung der österreichischen Bundesliga verfolgt? Wie würdest du diese einschätzen?

Onisiwo: Das eine oder andere Spiel habe ich verfolgt. Wobei ich eher beim FC Red Bull Salzburg dran war, wegen der Champions League, und dann habe ich auch einmal Ligaspiele angesehen. Aber im Großen und Ganzen habe ich die österreichische Liga in den neun Jahren jetzt nicht so intensiv verfolgt.

90minuten: Du hast vor eineinhalb Jahren deinen Rücktritt aus dem Nationalteam bekannt gegeben. Ist das Thema für dich komplett zu oder könntest du dir vorstellen, jetzt, wo du wieder zurück in Österreich bist, nochmal für das Team aufzulaufen?

Onisiwo: Im Moment ist das Thema für mich ad acta gelegt. Ich denke auch nicht darüber nach. Ich weiß natürlich nicht, was die Zukunft bringt, aber im Moment kann ich es mir nicht vorstellen.

Es war schon ein bewusster Schritt zurück in die Heimat für mich, auch familiär – und es war ein sehr guter Schritt, weil ich jetzt beim besten Klub in Österreich spielen darf.

Karim Onisiwo über seine Rückkehr nach Österreich

90minuten: Du hast in Salzburg einen Vertrag bis 2026 unterschrieben. Den "Salzburger Nachrichten" hast du in einem Interview einmal gesagt, dass du dir vorstellen kannst, deine Karriere in Österreich ausklingen zu lassen. Ist das aktuell der Plan oder hast du dich noch nicht festgelegt?

Onisiwo: Es war schon ein bewusster Schritt zurück in die Heimat für mich, auch familiär – und es war ein sehr guter Schritt, weil ich jetzt beim besten Klub in Österreich spielen darf. Im Moment bin ich sehr glücklich und froh, hier angekommen zu sein. Ich habe in dieser Saison noch große Ziele mit dem Klub. Ich kann es mir auf jeden Fall vorstellen, hier in Österreich – auch in Salzburg – meine Karriere zu beenden.

90minuten: Noch eine Frage zu deinen Adduktorenverletzungen. Würdest du sagen, war das eine Folge der Trainingsintensität? Wie geht es dir damit?

Onisiwo: Wenn du zu einem neuen Klub kommst, hast du natürlich immer eine Trainingsumstellung. Ein paar Dinge sind anders, es wird ein bisschen anders trainiert. Wenn ich mich zurückerinnere, ist das erst meine zweite Muskelverletzung, die ich mir in meiner Karriere zugezogen habe. Aber mittlerweile geht es mir schon viel besser. Ich bin gerade im Aufbautraining mit dem Athletiktrainer. Wir haben einen super Plan zusammengestellt. Ich hoffe, dass ich bald wieder ins Mannschaftstraining einsteigen kann, sodass ich die gesamten zehn Spiele in der Meisterrunde dabei sein und der Mannschaft helfen kann.

90minuten: Habt ihr in der Länderspielpause freie Tage oder wirst du dich auf die Regeneration fokussieren?

Onisiwo: Wir haben drei bis vier freie Tage bekommen. Wir werden noch abklären, wie weit ich schon bin, wie viele Fortschritte ich in der Reha schon gemacht habe und wie viele Tage ich dann frei bekomme – vielleicht mit einem Laufprogramm für daheim. Dann werden wir schauen, was das Beste ist, sodass ich die Woche darauf wieder für die Mannschaft am Platz stehen kann.

VIDEO: Chancenwucher! Wer kann die ÖFB-Tore schießen?

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