Anfang Mai 2024 zog es Lukas Hinterseer zum FC Ingolstadt nach Deutschland. Dort gelang dem Stürmer eine beachtliche Karriere samt 228 Einsätzen in Bundesliga und 2. Bundesliga, unter anderem für Bochum und den HSV. Rund zehn Jahre nach dem Abschied ist Hinterseer seit Sommer zurück in Tirol, diesmal bei der WSG Tirol.
Nach einem verletzungsgeplagten Herbst hofft er jetzt auf ein erfolgreicheres Frühjahr, 90minuten hat ihn im Trainingslager auf Malta erreicht:
90minuten: Lukas, ihr absolviert gerade euer Trainingslager auf Malta, wie läuft es bis jetzt?
Lukas Hinterseer: Sehr gut. Im Grunde geht es für mich eigentlich eh nur um drei Dinge: Das Bett ist gut, das Essen ist gut und der Platz ist gut (lacht). Das Wetter passt auch noch, von dem her haben wir richtig gute Voraussetzungen und können uns perfekt auf die Rückrunde vorbereiten.
90minuten: Wie geht es dir gesundheitlich? Das erste Testspiel in Tirol hast du ja verpasst.
Hinterseer: Ich war leider ein bisschen krank, sollte aber schon bald wieder voll mit der Mannschaft trainieren können.
90minuten: Mit den Problemen im Herbst hat das dann aber logischerweise nichts zu tun.
Hinterseer: Nein, nein. Ich habe zwei kleine Kinder daheim, da erwischt es einen einfach manchmal. Mir ist es jetzt, wenn keine Meisterschaftsspiele sind, eh lieber als später.
Auch wenn ich schon ein bisschen älter bin, war das etwas Neues für mich - bis jetzt bin ich doch immer relativ gut durchgekommen.
90minuten: Sprechen wir vielleicht kurz über den Herbst, da ist wahrscheinlich vieles nicht ganz so gelaufen, wie du es dir vorgestellt hast. Wie würdest du die letzten Monate zusammenfassen?
Hinterseer: Das kann man schon so sagen. Die Rückkehr nach Österreich und in die Heimat Tirol war für mich persönlich ein schöner Schritt. Ich habe mich auch richtig darauf gefreut, auf das ganze Umfeld, die Mannschaft, das neue Trainerteam. Das hat sofort richtig Spaß gemacht, die Motivation war riesig. Leider bin ich im Laufe der Hinrunde dreimal durch Verletzungen gebremst worden. Auch wenn ich mit bald 34 Jahren schon ein bisschen älter bin, war das etwas Neues für mich - bis jetzt bin ich doch immer relativ gut durchgekommen. Ich war dann zwar zwischendurch kurzzeitig wieder dabei, es hat aber auch Rückschläge gegeben. Ich muss noch mehr auf meinen Körper achten und da bin ich jetzt auch dabei, um das in der Zukunft abzuschalten.
90minuten: Du warst vor der Winterpause auf dem Weg der Besserung, glaube ich. Wahrscheinlich helfen ein paar Wochen Ruhe in dieser Situation auch sehr.
Hinterseer: Am Schluss habe ich zwar wieder gespielt, war aber nicht bei 100 Prozent. Deswegen war ich schon froh. Das Jahr ist jetzt mit der Krankheit nicht optimal gestartet, aber wie gesagt, inzwischen kann ich wieder viel mitmachen.
90minuten: Was noch fehlt, ist das erste Tor im WSG-Trikot. Das soll nicht wie ein persönlicher Vorwurf klingen, bei euch gibt es generell noch Luft nach oben. Wie wollt ihr das Umschalten aus einer soliden Defensive im Frühjahr effektiver in Zählbares ummünzen?
Hinterseer: Wir haben einen Trainer (Anm.: Philipp Semlic), der alles sehr intensiv analysiert. Über dieses Thema haben wir schon oft gesprochen, eigentlich arbeiten wir Tag für Tag daran. Es ist ein Entwicklungsprozess und wir sind immer noch bei der WSG. Wir müssen um jeden Punkt kämpfen. Die defensive Stabilität haben wir, jetzt heißt es, unsere Jungs einfach noch mehr ins letzte Drittel zu bekommen und mehr Torchancen herauszuspielen. Wie gesagt, da sind wir fleißig am Arbeiten.
90minuten: Ihr habt gerade in der Offensive mehrere jüngere Spieler im Kader. Was kannst du als routinierter Profi weitergeben?
Hinterseer: Ich weiß schon, dass der eine oder andere genauer hinschaut, was ich mache und wie ich etwas mache. Es ist aber nicht so, dass ich etwas Unnatürliches machen muss, oder große Sprüche klopfe. Ich versuche, so zu sein, wie ich bin - damit bin ich in meiner bisherigen Karriere auch gut gefahren. Natürlich gibt es ab und zu Gespräche, ich merke, dass der eine oder andere vielleicht doch an meinem Werdegang interessiert ist. Es gibt nicht so viele Tiroler, die in den letzten Jahren länger in einer großen Liga gespielt haben.
Es war auch damals die erste Liga, es war aufregend. Der einzige Unterschied: Salzburg war unschlagbar, das hat sich jetzt ein bisschen geändert.
90minuten: Als Mannschaft habt ihr auf dem neunten Platz überwintert, alle liegen noch sehr knapp beisammen. Auch der Rückstand auf Platz 6 ist mit sieben Punkten nicht allzu groß. Was rechnet ihr euch für das Frühjahr aus?
Hinterseer: Ein genaues Ziel haben wir noch nicht definiert. Kurz vor Ende der Hinrunde haben wir uns vorgenommen, noch mindestens einen Gegner zu überholen, das haben wir mit dem Sieg in Klagenfurt geschafft. Wir wollen jetzt auch nicht nach außen herumposaunen, dass wir noch eine bestimmte Anzahl an Punkten wollen. Jedes Spiel ist wichtig, je mehr Abstand wir nach unten haben, desto besser.
90minuten: Du warst rund zehn Jahre im Ausland unterwegs, das ist schon eine lange Zeit. Was hat sich denn in der Zeit, in der du weg warst, in der Bundesliga verändert?
Hinterseer: Das ist schwer zu beantworten, als ich damals in Österreich gespielt habe, war ich ja noch grün hinter den Ohren. Man lernt mit den Jahren dazu und macht seine eigenen Erfahrungen. Als junger Kerl war ich noch ein bisschen unbeschwerter und habe mir weniger Gedanken über viele Situationen gemacht. Im Nachhinein, als älterer Spieler, würde man sich dieses Jugendliche, das Unbekümmerte, manchmal wünschen. Aber das ist ja ganz normal, wenn man viel gesehen hat, auch schon viele Nackenschläge in seiner Karriere bekommen hat. Das prägt. Es war auch damals die erste Liga, es war aufregend. Der einzige Unterschied, der mir einfällt: Salzburg war damals unschlagbar, das hat sich jetzt ein bisschen geändert.
So ehrlich muss ich sein, mir sind einige Gedanken durch den Kopf gegangen.
90minuten: Du hast deine Freude über die Rückkehr nach Österreich schon angesprochen. Hat es für dich auch ernsthafte Alternativen gegeben, oder war die WSG, als das Angebot auf dem Tisch gelegen ist, sofort Plan A?
Hinterseer: Nachdem mein Vertrag in Rostock ausgelaufen ist, haben wir uns als Familie entschieden, einmal nach Hause zu fahren. Dann hätte ich geschaut, wie ich mich fühle. Ob der Biss noch einmal kommt oder ich mir denke: 'Es war eine schöne Zeit, belassen wir's dabei'. So ehrlich muss ich sein, mir sind einige Gedanken durch den Kopf gegangen. Natürlich war ich immer wieder im Austausch mit meinem Berater, es hätte auch die eine oder andere Sache gegeben, das wäre großteils aber eher wieder etwas Exotisches gewesen. Dann hat mich der Köcki (Anm.: WSG-Sportmanager Stefan Köck) angerufen. Er wohnt nicht weit weg von mir, wir haben uns getroffen, ich konnte mir alles anschauen und mit dem Trainer sprechen. Mich hat es gereizt, wieder nach Hause zu kommen, mit der Familie und vor allem meinen zwei Kindern. Und was gibt es Schöneres, als mit der WSG Tirol noch einmal vor der Haustüre in der Bundesliga zu spielen.
90minuten: Viele Österreicher, die so lange im Ausland gespielt haben und dann noch einmal nach Österreich zurückgekommen sind, fallen mir spontan gar nicht ein. Guido Burgstaller wäre ein Beispiel.
Hinterseer: Genau, der Burgi ist ja schon ein bisschen länger wieder zu Hause.
90minuten: Er ist rund zwei Jahre älter als du, hat erst für den kommenden Sommer sein Karriereende angekündigt. Du hast gemeint, dass du darüber auch schon nachgedacht hast. Wie viel ist bei dir denn noch im Tank?
Hinterseer: Das ist natürlich schwer zu sagen. Ich fühle mich gut, das Problem mit den Verletzungen im Herbst war für mich auch neu. Man merkt schon, dass das an einem zehrt. Es ist immer mühsam, sich zurückzukämpfen, wieder matchfit zu werden - das möchte ich nicht noch einmal so erleben. Ansonsten habe ich aber Spaß daran, hier mit der Truppe Gas zu geben. Wie alt ist der Burgi? 36? Mal schauen, ob ich ihm das nachmachen kann. Ich freue mich, jeden Tag auf dem Platz stehen zu dürfen.
Vielen Dank für das Gespräch!