Feldhofer geigt in Brügge auf: "Hatte schon bei der Unterschrift Klarheit"
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Feldhofer geigt in Brügge auf: "Hatte schon bei der Unterschrift Klarheit"

Ein bisher noch ungeschlagener Ferdinand Feldhofer sorgt bei Cercle Brügge für Aufmerksamkeit und Hoffnung. Im 90minuten-Interview erklärt er seinen Wechsel nach Belgien und das Rezept für den schnellen Erfolg.

Cercle Brügge und österreichische Trainer - das passt. Nach Dominik Thalhammer und Miron Muslic steht inzwischen Ferdinand Feldhofer an der Seitenlinie, nach seinen ersten acht Spielen ist die Mannschaft immer noch ungeschlagen.

Im 90minuten-Interview gibt er Einblick in seinen neuen Job und den Weg dorthin:

90minuten: Nach rund eineinhalb Jahren Pause hat es Sie im Sommer nach Georgien verschlagen. Ein besonders gutes Sprungbrett für Trainer war die dortige Liga bisher nicht, warum dieser Schritt? Hätte es auch andere Angebote gegeben?

Ferdinand Feldhofer: Die georgische Liga ist natürlich keine der großen europäischen Ligen, aber es geht ja auch immer um den Verein und Dinamo Tiflis ist bei weitem kein kleiner. Dinamo kennt man auch über die georgischen Grenzen hinaus. Das hat mich sehr gereizt und ich hätte ja auch zuvor wieder in Österreich arbeiten können, wollte aber unbedingt den Sprung ins Ausland wagen. Und es gibt auch Trainer, die es von dort dann zu wesentlich größeren Vereinen geschafft haben, wie zum Beispiel zu Watford.

90minuten: An den Ergebnissen gemessen, lief es gegen Ende nicht mehr gut. Wann hat sich Brügge bei Ihnen gemeldet? Waren Sie überrascht über das Interesse?

Feldhofer: Das stimmt! Wir haben Mitte der Saison eine erfolgreiche Serie mit vielen Siegen gehabt und als es klar war, dass wir nicht mehr ganz hinten hineinrutschen können, war die Luft leider ein bisschen draußen. Das hat sich dann in den Resultaten niedergeschlagen, was aber kein Beinbruch war. Dass sich dann Cercle Brügge wieder bei mir gemeldet hat, hat mich sehr gefreut. Wir hatten ja schon vor ein paar Jahren Kontakt und gute Gespräche. Dann ging alles sehr schnell.

Die klare Erwartung war und ist, dass wir nicht ins Abstiegs-Playoff der letzten Vier müssen. Als ich übernommen habe, war Cercle Vorletzter.

Feldhofer über die Ausgangslage bei Cercle

90minuten: Hat Brügge Ihnen erklärt, aus welchen Gründen man sich für Sie entschieden hat? Welche Erwartungen wurden Ihnen kommuniziert?

Feldhofer: Vermutlich weil ich eine klare Idee von Fußball habe, wie ich ihn sehen will und diese Idee sehr gut zu Cercle und den Spielern passt. Die klare Erwartung war und ist, dass wir nicht ins Abstiegs-Playoff der letzten Vier müssen. Als ich übernommen habe, war Cercle Vorletzter, logischerweise macht man sich dann im Verein Gedanken. Man darf nicht vergessen, dass die Liga sehr hohes Niveau hat, auch die Mannschaften weiter hinten sind richtig gut, auch spielerisch. Da ist es nicht so einfach, von hinten herauszukommen.

90minuten: Dein Start in Brügge war extrem intensiv, innerhalb von 16 Tagen habt ihr fünf Spiele - erfolgreich - bestritten. Welche Impulse, die Sie gesetzt haben, haben funktioniert? Was hat die Mannschaft gebraucht, um nach einigen schwächeren Wochen und einem Trainerwechsel wieder in die Spur zu finden?

Feldhofer: Sehr viel Kommunikation, sehr viele Gespräche, um herauszufinden, was die Spieler denken und warum vielleicht Probleme aufgetreten sind. Dadurch habe ich sehr rasch ein gutes Bild bekommen. Ich habe aber auch gewusst, dass es nicht zielführend wäre, alles auf den Kopf zu stellen, das wäre ganz sicher der falsche Ansatz gewesen. So haben wir uns gemeinsam mit meinem Trainerteam step by step herangearbeitet und punktuell Dinge angepasst.

90minuten: In der Conference League ist ganz knapp der Sprung in die nächste Runde gelungen. Wie haben Sie die Stimmung danach erlebt? Erleichterung?

Feldhofer: Wir haben gegen Olympia Ljubljana auswärts 4:1 gewonnen, das war schon beeindruckend gegen eine Mannschaft, die sonst auch international kaum Gegentore bekommt. Dann haben wir uns ein 1:1 gegen Istanbul Başakşehir erkämpft und uns unter die besten Acht geschoben. Das ist ein riesiger Erfolg. Wir spielen bald ein europäisches Achtelfinale, das ist bei Cercle ja nicht jedes Jahr der Fall, das wird ein Highlight für die Fans und für jeden im Verein.

Es war ja nicht so, dass ich bei Rapid meine Idee von Fußball komplett umsetzen konnte. Da waren aufgrund des Kaders viele Adaptierungen nötig.

Ferdinand Feldhofer

90minuten: Nachdem Ihre Zeit in Tiflis wahrscheinlich nur wenige Menschen in Österreich näher verfolgt haben: Haben sich Ihre Ansätze seit Ihrem Abschied von Rapid geändert? Wie würden Sie die Philosophie des Vereins auf dem Platz beschreiben?

Feldhofer: Naja, es war ja nicht so, dass ich bei Rapid meine Idee von Fußball komplett umsetzen konnte. Da waren aufgrund des Kaders viele Adaptierungen nötig, man hat mehr auf Ballbesitz gesetzt. Deshalb kann man das überhaupt nicht vergleichen. Aber natürlich habe ich mich weiterentwickelt, diese Erfahrungen sind Gold wert. Bei Cercle selbst geht es neben den Ergebnissen um Spielerentwicklung und um ein klares Gesicht auf dem Feld. Es geht um intensiven und aktiven Fußball.

90minuten: In einem 90minuten-Interview hat einer Ihrer Vorgänger, Dominik Thalhammer, im Herbst sehr viel Positives über Brügge erzählt (>> Zum Interview). Hatten Sie mit ihm Kontakt, seit sich Brügge bei Ihnen gemeldet hat?

Feldhofer: Nein, ich hatte nie Kontakt mit Dominik zu diesem Thema. Wie gesagt, ich habe ja schon vor ein paar Jahren mit Cercle gesprochen und den Klub seither auch nie aus den Augen verloren.

90minuten: Dann frage ich Sie nach Ihrem eigenen Eindruck nach wenigen Wochen. Was zeichnet den Verein aus? Oder läuft grundsätzlich schon alles ähnlich, wie bei anderen Klubs?

Feldhofer: Viele Dinge sind ähnlich, aber natürlich hat jeder Klub seine Eigenheiten und seine Schwerpunkte. Cercle ist sehr gut aufgestellt, verfügt über ein sehr gutes Scouting, der gesamte Staff ist hochprofessionell. Insgesamt ein toller Platz, um als Cheftrainer zu arbeiten.

Dass wir in fünf Ligaspielen 11 von möglichen 15 Punkten holen, ist überragend und gibt uns viel Selbstvertrauen.

Ferdinand Feldhofer

90minuten: Was Ihnen fehlt, ist ein "eigener" Co-Trainer. Sie haben weder nach Georgien, noch nach Brügge jemanden mitgebracht.

Feldhofer: Das ist auf jeden Fall ein Thema. Jetzt in Brügge war das in dieser Kürze nicht möglich und auch nicht unbedingt notwendig, weil ich dort mehrere Assistenten vor Ort habe, die den Verein in- und auswendig kennen. Das war zu Beginn sicher ein großer Vorteil. Es ist ja nicht so einfach, wenn man während der Saison einen Verein übernimmt. Es bleibt kaum Zeit, um alles, auch das Drumherum, kennenzulernen. Da ist jeder gute Input wichtig. Was dann ab Sommer passiert, werden wir sehen, aber natürlich ist es für jeden Cheftrainer von Vorteil, einen "eigenen" Co-Trainer vor Ort zu haben, der exakt gleich denkt.

90minuten: In der Tabelle liegt Cercle immer noch näher am unteren Playoff, die Chancen auf das obere Playoff sind aber intakt. Eine Hürde: Am Ende des Grunddurchganges warten einige richtig schwere Gegner. Wie klar sind eure Ambitionen für die kommenden Wochen?

Feldhofer: Wie schon gesagt, wir wollen so schnell wie möglich da hinten herauskommen, das ist bei diesem hohen Niveau schwierig genug. Die große Drucksituation mit den vielen Schnittspielen haben wir jetzt mal stark bewältigt. Dass wir in fünf Ligaspielen 11 von möglichen 15 Punkten holen, ist überragend und gibt uns viel Selbstvertrauen. Das Schöne ist, dass wir trotz der Erfolge noch immer Luft nach oben haben. Wir arbeiten jeden Tag hart daran, die Mannschaft ist hungrig, die Trainings haben gutes Niveau und wir kommen miteinander sehr gut aus. Das sind alles gute Zeichen für Erfolg.

90minuten: Ihr Vertrag läuft - stand jetzt - bis Saisonende. Wann hätten Sie für sich gerne Klarheit, wie es danach weitergeht?

Feldhofer: Ich hatte schon bei der Unterschrift Klarheit, weil sich mein Vertrag bei Klassenerhalt automatisch verlängert.

Vielen Dank für das Gespräch!



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