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FAK-Frauen-Trainer Kenesei: "Hungrig danach, noch mehr zu erreichen"
Die Frauen des FK Austria Wien sind in dieser Saison voll in den Spitzenkampf integriert. Was im Rückblick auf den Herbst noch ausbaufähig ist, wie die Saisonziele der Veilchen lauten und wie man die Konkurrenz einschätzt.
In der Saison 2024/25 läuft es nicht nur bei den Männern des FK Austria Wien, denn auch die violetten Frauen spielen ganz oben mit.
Die Wienerinnen stellen die beste Defensive der Liga, konnten Langzeitdominator St. Pölten im direkten Duell fordern und sind in der Tabelle demnach auch verdient erster Verfolger.
Im exklusiven Interview mit 90minuten spricht Cheftrainer Stefan Kenesei über die Stärken und Schwächen seines Teams, wie die Vorbereitung auf das Frühjahr verlaufen ist und welche Saisonziele man sich gesteckt hat.
90minuten: Starten wir mit einem Rückblick auf den Herbst. Ihr wart recht gut dabei, seid jetzt Zweiter, habt nur ein Spiel verloren. Wie resümierst du die Herbstsaison?
Stefan Kenesei: Wir können sehr, sehr zufrieden sein, glaube ich. Auch im Hinblick auf die Punkteabstände. Einerseits nach oben hin natürlich, das ist sehr angenehm, dass wir nur zwei Punkte hinter St. Pölten sind, dass wir da knapp dran sind. Im Hinblick auf das erste Saisonziel, die Top vier vor der Teilung zu erreichen. Wenn ich auf Platz fünf schaue, ist der Punkteabstand da auch schon groß.
90minuten: Zwölf Punkte sind es.
Kenesei: Das weißt du sogar besser, ich weiß nur, dass es auf jeden Fall zweistellig ist. Da bin ich sehr zuversichtlich, wenn wir annähernd so performen, wie es im Herbst war, dass wir dieses Ziel mit dem oberen Playoff auf jeden Fall erreichen. Nachdem dann drei Mannschaften international spielen, ist dann unser zweites Ziel natürlich, international spielen zu können. Um nochmal auf den Herbst zurückzukommen, ja, wir haben da sehr gute Leistungen abgeliefert. Super Siege, super Spiele bestritten, auch knapp in St. Pölten nur unentschieden gespielt. Wir waren knapp dran, St. Pölten auswärts zu schlagen, also sind wir sehr zufrieden.
90minuten: Was hat im Herbst noch nicht so gut funktioniert, was war vielleicht eine Schwäche von euch?
Kenesei: Eine richtige Schwäche würde ich keine ausmachen. Ich würde es eher positiv betrachten, wir stellen die beste Abwehr der Liga. Das hat uns sicher ausgezeichnet und hat uns extrem gutgetan. In dem einen oder anderen Spiel, wo es dann knapp hergegangen ist, hätten wir vielleicht dann noch ein zweites oder vielleicht das entscheidende Tor machen können, weil wir auch 0:0 dabei hatten gegen Vereine, die etwas weiter unten angesiedelt sind. In den Schnittpartien hätten wir vielleicht noch das eine oder andere Tor erzwingen können, aber dass das jetzt eine richtige Schwäche wäre, würde ich auch nicht behaupten, weil wir ja mit der Verena (Anm. Volkmer) auch die Torschützenführende in den eigenen Reihen haben.
![Führende der Torschützinnenliste und Austria-Kapitänin Verena Volkmer](/storage/files/9c/79/17/c4-7812-4bc3-83eb-f67a5628c5eb.1280x720.jpg?v=0)
90minuten: Ihr wart ja im Trainingslager in der Türkei. An welchen Dingen habt ihr da explizit gearbeitet, beziehungsweise gab es etwas, was ihr euch speziell vorgenommen habt?
Kenesei: Der Vorteil, dass du in ein Trainingslager fährst, ist, abgesehen vom Teambuilding-Gedanken, weil du ja 24/7 zusammen bist, dass du viel mit den Spielerinnen sprechen kannst und nochmal an Feinheiten im Spiel, ohne dass du am Platz stehst, arbeiten kannst. Es sind angenehmere Temperaturen. Das heißt, du kannst am Platz öfters unterbrechen, über inhaltliche Dinge sprechen. Wir haben den Fokus einerseits daraufgelegt, dass wir gewisse Stärken, die wir im Herbst gezeigt haben - wie die Defensivarbeit, wie aber auch Standardsituationen - dass wir da nochmal nachlegen und das zu einer noch größeren Stärke machen. Andererseits haben wir auch am Offensivspiel gefeilt, sodass wir da, wie ich vorher schon gesagt habe, mit noch weniger Chancen noch effektiver werden oder uns im Umkehrschluss noch mehr Chancen erspielen.
90minuten: Wie war das Wetter? Das war sicher ein bisschen schöner als bei uns in Wien.
Kenesei: Das auf jeden Fall. Es waren zwar eineinhalb Regentage dabei, aber es war immer so, dass wir am Regentag quasi regeneriert haben. Das heißt, dass wir indoor waren. Das hat uns nicht beeinflusst in unserer Trainingsarbeit, die Einheiten und auch die Spiele konnten wir bei super Temperaturen bestreiten, das ist natürlich deutlich angenehmer. Die Platzverhältnisse waren dort auch überragend. Das war vollkommen positiv.
![Im Herbst hatten die violetten Frauen einiges zu bejubeln.](/storage/files/9e/26/76/a2-566e-4f1c-b79b-f36178efdb42.1280x720.jpg?v=0)
90minuten: Ihr habt bisher (Stand 30. Jänner) drei Testspiele gehabt. Ihr habt gegen Brünn knapp verloren, im Trainingslager habt ihr einmal 16:0 und einmal 4:1 gewonnen. Wie lautet deine Bilanz aus diesen Spielen?
Kenesei: Gegen Brünn war es so, dass wir da einen Großteil des Spiels mit dem gesamten Kader der Bundesliga gespielt haben, in der restlichen Spielzeit dann auch Spielerinnen aus der Akademie die Möglichkeit gegeben haben, sich bei uns zu zeigen. Da ist das Ergebnis nebensächlich gewesen, es ist eher darum gegangen, wieder hineinzufinden, Abläufe wiederzufinden und den jungen Spielerinnen die Möglichkeit gegeben, sich zu zeigen. Am Trainingslager war es dann so, dass bewusst Gegner ausgesucht wurden, die wir aktiver bespielen müssen. Der türkische Zweitligist, der Tabellenführer aus der zweiten Liga, war ein unbekannter Verein. Das haben wir aber dann so gut gemacht, dass es sich am Ende des Tages so klar gestaltet hat. Das war gut für das Toreschießen und für das Chancenherausspielen. Defensiv wurden wir da nicht gefordert. Gegen den Schweizer Erstligisten war es schon ein deutlich interessanteres Spiel, was auch das Ergebnis betrifft. Aber auch da war es so, dass wir es dann eigentlich sehr, sehr eindeutig gestalten konnten und auch wieder diese Erkenntnisse sammeln konnten. Unser Spiel in der Offensive verbessern, Chancen erspielen und auch Tore zu schießen, ist uns sehr gut gelungen.
Wir sind eher hungrig danach, noch mehr zu erreichen als voriges Jahr, mit dem Cup-Finale und der Platzierung in der Endtabelle dann.
90minuten: Wie ist dein Eindruck von Neuzugang Maria Olsen?
Kenesei: Maria, muss man ja ehrlicherweise sagen, haben wir schon sehr lange beobachtet. Das heißt, wir kennen die Spielerin sehr genau und kennen ihre Stärken. Sie bringt genau das, was wir von ihr erwarten. Zusätzlich ist sie ein sehr fröhlicher und lustiger Mensch, bringt da noch einmal Teamspirit in unsere sehr gut harmonierende Mannschaft hinein und hat sich da eigentlich nahtlos eingefügt, das ist sehr positiv.
90minuten: Wie ist denn die Stimmung in der Mannschaft, jetzt wo es endlich wieder losgeht? Ist schon eine gewisse Vorfreude da?
Kenesei: Ja, natürlich, weil wir, wie ich schon erwähnt habe, den Zielen relativ nahe sind, auch wenn es noch ein weiter Weg ist. Aber dieses erste Zwischenziel mit dem Playoff, das ist in Reichweite. Wir sind auch im Cup-Viertelfinale, dürfen natürlich nicht den Fehler machen und uns auf diesen Dingen ausruhen. Wir sind eher hungrig danach, noch mehr zu erreichen als voriges Jahr, mit dem Cup-Finale und der Platzierung in der Endtabelle dann. Die Stimmung ist eher so, dass wir hungrig nach mehr sind.
90minuten: Im Cup-Viertelfinale wartet Neulengbach. Was nehmt ihr euch vor? Ich nehme an, das Ziel ist weiter und wieder wie letztes Jahr ins Finale zu kommen.
Kenesei: Genau, das auf jeden Fall. Im Cup-Spiel mit den K.o.-Duellen zählt dann nur das Weiterkommen, egal wie es am Ende des Tages passiert. Ich glaube, dass wir mit Neulengbach ein sehr schwieriges Los haben. Wir haben es auch beim Heimspiel hier gemerkt, wo wir 2:0 gewonnen haben. Neulengbach ist eine Mannschaft, die 90 Minuten oder darüber hinaus einfach nie lockerlässt, immer unangenehm ist, sehr gute Spielerinnen in ihren Reihen haben. Also es ist eine Mannschaft, die jede Mannschaft in der Bundesliga schlagen kann. Deswegen müssen wir echt auf der Hut sein. Aber wir nehmen uns vor, dass wir den gleichen Weg wie letztes Jahr einschlagen, was die Cup-Reise betrifft, im Idealfall mit einem besseren Ende. Step by Step, es wartet eine große Hürde.
Der Druck ist aber positiv, finde ich. Denn wenn du Druck hast, bedeutet es, dass du um etwas spielst, es um etwas geht. Wenn du keinen Druck hast, bewegst du dich meistens irgendwo in einem Niemandsland.
90minuten: In der Liga wartet Dornbirn/Lustenau zum Frühjahresauftakt. Wie schätzt ihr diesen Gegner ein? Tabellarisch ist diese Mannschaft unter euch angesiedelt.
Kenesei: Das ist zum Beispiel so eine Mannschaft, wo wir zuhause 0:0 gespielt haben. Da haben wir gesehen, dass aufopferungsvoller Verteidigungskampf uns zu einem Punktverlust geführt hat. Das sind so Spiele, die wir dann gern knapp entschieden hätten, zu unseren Gunsten. Du musst jetzt auswärts nach Vorarlberg fahren. Das ist immer ein bisschen eine zusätzliche Anstrengung. Das wird sicher kein leichtes Spiel dort, wenngleich wir trotzdem das klare Ziel haben, drei Punkte zum Auftakt zu holen.
90minuten: Wie vorher angesprochen habt ihr bei noch fünf zu spielenden Runden zwölf Punkte Vorsprung auf Rang fünf. Die Chancen, es in die Top vier zu schaffen, sind rechnerisch gesehen also sehr gut. Ist der Druck so ein bisschen geringer und können die Mädels etwas befreiter aufspielen?
Kenesei: Der Druck, den wir und die Mädels sich da selbst setzen, ist der, dass wir an St. Pölten dranbleiben und unsere Position verteidigen wollen. Nachdem es keine Punkteteilung gibt, ist jeder Punkt, den man holt, extrem wichtig für die Endabrechnung. Der Druck ist aber positiv, finde ich. Denn wenn du Druck hast, bedeutet es, dass du um etwas spielst, es um etwas geht. Wenn du keinen Druck hast, bewegst du dich meistens irgendwo in einem Niemandsland. Das heißt, dass ich den Druck sehr positiv sehe. Wir wollen so lange wie möglich St. Pöltens erster Verfolger sein und Druck auf sie ausüben. Ich hoffe, dass das so weitergeht.
90minuten: Das letzte Spiel des Grunddurchgangs ist ja gegen St. Pölten, sozusagen der große Showdown zuhause. Ihr brennt wahrscheinlich vor allem auf dieses Spiel.
Kenesei: Wenn es in so einer ähnlichen Konstellation wie jetzt ist, dass der Punkteabstand so ist, dass man mit einem Sieg den direkten Konkurrenten überholen kann, dann wäre es natürlich super. Das Heimspiel haben wir hoffentlich mit vielen Zuschauern, denn das haben sich beide Mannschaften verdient. Beide performen einfach sehr gut und es wird ein sehr attraktives Spiel für die österreichische Frauenbundesliga. Wenn es dann so ist, dass wir sie mit einem Sieg im letzten Spiel des Grunddurchgangs überholen, nehmen wir das natürlich gern, aber davor warten noch viele andere Spiele, die wir einmal positiv bestreiten müssen.
Das Beste wäre das Double, aber ich würde wahrscheinlich die Meisterschaft bevorzugen. Es spiegelt eine lange Saison wider, mit vielen Duellen gegeneinander. Wenn du am Ende in der Tabelle oben stehst, dann hat das schon eine Aussagekraft.
90minuten: St. Pölten hat mit Lisa Alzner eine neue, sehr junge Trainerin. Wie schätzt du das Team und ihren Einfluss darauf ein?
Kenesei: Es wird natürlich interessant sein, inwieweit sie ihre Vorstellungen gleich umsetzen kann. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass St. Pölten über die mit Abstand beste Kaderqualität verfügt, die es in Österreich gibt. Am Ende des Tages spielen dann noch immer die Spielerinnen, auch wenn natürlich der Trainerinneneinfluss gegeben sein wird. Lisa ist eine engagierte junge Trainerin, die nicht unberechtigt dort an diese Position gekommen ist, sie wird ihre Aufgabe sicher gut machen. Aber wir achten da eher auf uns selbst und schauen, dass wir St. Pölten wie schon beim Auswärtsspiel wehtun können und wir hoffentlich in diesem direkten Duell endlich einen Sieg einfahren können.
90minuten: Als abschließende Frage: Wenn du dich entscheiden müsstest, würdest du eher den Cup-Titel oder die Meisterschaft wählen?
Kenesei (lacht): Ich würde eines von beiden nehmen, auf jeden Fall.
90minuten: Am besten wäre natürlich das Double.
Kenesei: Das Beste wäre das Double, aber ich würde wahrscheinlich die Meisterschaft bevorzugen. Es spiegelt eine lange Saison wider, mit vielen Duellen gegeneinander. Wenn du am Ende in der Tabelle oben stehst, dann hat das schon eine Aussagekraft. Aber ehrlicherweise können wir aktuell einmal davon träumen und hoffentlich träumen wir dann lange genug davon, bis idealerweise am letzten Spieltag. Wenn es dann so ist, dann haben wir es uns ohnehin verdient. In erster Linie geht es aber um unser Saisonziel, einen internationalen Startplatz zu erreichen. Gelingt uns das, sind wir im Verein und in der Mannschaft sehr happy.
90minuten: Danke für das Gespräch!