Didi Kühbauer: "Müssen unmoralische Angebote in Betracht ziehen"
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Didi Kühbauer: "Müssen unmoralische Angebote in Betracht ziehen"

Unter seinem neuen Trainer setzt der WAC auch im Frühjahr zu Höhenflügen an. Im 90minuten-Interview zitiert Didi Kühbauer Arsene Wenger und spricht über Transfers, Ehrlichkeit und den Österreicher-Topf.

Nach seinem Aus als LASK-Trainer musste Didi Kühbauer rund ein Jahr auf sein nächstes Engagement warten. Im Sommer 2024 trat dann der Wolfsberger AC auf den Plan - für den 53-Jährigen war es eine Rückkehr: 2015 führte er den Verein bis in die Europa-League-Qualifikation.

Sollten die Kärtner ihre Form aus dem Herbst halten können, winkt bald wieder internationaler Fußball. In der Bundesliga liegt der WAC auf Platz vier, im ÖFB-Cup wartet Viertelfinalgegner Schwarz-Weiß Bregenz.

Vor dem ersten Pflichtspiel des Jahres hat sich Didi Kühbauer Zeit für ein 90minuten-Interview genommen:

90minuten: Nach 10 Tagen Trainingslager in Spanien seid ihr zurück in Österreich. Wie war’s?

Didi Kühbauer: Die Bedingungen waren sehr, sehr gut. Ich habe selten auf so guten Plätzen trainiert, da macht es natürlich gleich noch mehr Spaß - wenn die Bälle nicht verspringen, kann man das Training auch besser gestalten. Das Trainingslager war sehr zufriedenstellend, als Trainer ist man immer zufrieden, wenn in der Vorbereitung vieles in die richtige Richtung geht. Mit der Saison selbst hat das aber nichts zu tun.

90minuten: Die Form dürfte derzeit jedenfalls passen, ihr habt alle Testspiele ungeschlagen hinter euch gebracht. Wie schätzen Sie die Leistungen vor dem ersten Pflichtspiel ein?

Kühbauer: Jeder Spieler hat mir das Gefühl gegeben, dass er in die Mannschaft hinein will. Aber noch einmal: Es ist nicht derselbe Stresspegel, der bei Bewerbsspielen kommt, in denen es um etwas geht. Ich bin guter Dinge, weil die Mannschaft es bis jetzt einfach gut gemacht hat. Ganz gleich, was jetzt kommt.

90minuten: Wahrscheinlich war es keine Hilfe, dass mit Thierno Ballo gerade ein Leistungsträger seinen Grundwehrdienst macht. Wie eingeschränkt war er in der Vorbereitung?

Kühbauer: Er konnte die meiste Zeit dabei sein, es war also kein großes Thema. Auch das Trainingslager hat er mitgemacht, jetzt ist er sowieso wieder voll bei uns. Er war auch körperlich in keinem schlechten Zustand.

Wenn wir glauben, einen Schritt weniger machen zu müssen, kann der WAC gegen jede Mannschaft verlieren.

Didi Kühbauer

90minuten: Vor der Bundesliga wartet Schwarz-Weiß Bregenz im Cup-Viertelfinale. Ist der Finaleinzug heuer greifbar?

Kühbauer: Wer hat nicht das Ziel, ins Finale zu kommen und - wenn man dann dort ist - auch zu gewinnen? Wir sind als WAC aber kein Favorit, es sind noch mehrere gute Mannschaften dabei. Natürlich wollen wir gegen Bregenz weiterkommen, dann schauen wir, was die Auslosung bringt. Wir spielen jetzt einmal gegen Schwarz-Weiß, dann schauen wir weiter.

90minuten: Ich denke nicht, dass viele Bundesliga-Fans eine Finalteilnahme des WAC für unrealistisch halten. Ist die Qualität in dieser Saison nicht wieder hoch genug, um solche Ziele auch offen ansprechen zu können?

Kühbauer: Bis jetzt haben wir gut gespielt, würde ich sagen. Trotzdem muss man festhalten, dass der WAC in den letzten Jahren nicht mehr die Erfolge hatte, wie in der Zeit davor. Unser Kader ist nicht der Größte - wenn ich auf andere Mannschaften schaue, haben die oft weit mehr Spieler. Wir bewegen uns auf einem schmalen Grat. Wenn bei uns zwei, drei Spieler ausfallen, kann alles in eine komplett andere Richtung gehen. Ich klopfe jetzt auf Holz und hoffe, dass es nicht passiert (klopft). Wir haben es im Herbst gut gemacht und wollen es auch im Frühjahr gut machen, dann wird man sehen, wo die Reise hingeht.

90minuten: Die Bilanz nach Ihrem ersten halben Jahr sollte aber schon positiv ausfallen und Selbstvertrauen bringen.

Kühbauer: Es hat ganz gut funktioniert bis jetzt. Wir haben die zweitmeisten Tore geschossen, das spricht schon dafür, dass wir nach vorne spielen wollen. Zu Beginn der Saison haben wir vielleicht das ein oder andere Tor zu viel bekommen, in den letzten Spielen war die Balance zwischen Offensive und Defensive besser. Wir müssen immer ans Limit gehen. Wenn wir glauben, einen Schritt weniger machen zu müssen, kann der WAC gegen jede Mannschaft verlieren. Von Salzburg, Sturm oder Rapid rede ich da gar nicht. Über die letzten Jahre hat es der WAC nicht mehr geschafft, im oberen Playoff oder international zu spielen. Bescheidenheit tut jedem gut. Trotzdem wollen wir versuchen, es heuer anders zu machen.

Schon Arsène Wenger hat gesagt, dass Spieler nur besser werden können, wenn der Platz in Ordnung ist.

Didi Kühbauer

90minuten: Im Herbst hat Dietmar Riegler im 90minuten-Interview erklärt, dass er mit Ihnen den Trainer geholt hat, den die Mannschaft gebraucht hat. Was war denn ein wichtiger Impuls, der im Sommer notwendig war?

Kühbauer: Wir haben mehr als zehn Spieler verloren, viele davon waren Stammspieler. Wir haben dementsprechend viele Neue dazu geholt und schnell integriert. Das muss man ansprechen. Für mich war es das erste Mal, dass wir als Verein vor der Saison so viele Neuzugänge gebraucht haben, um überhaupt auf eine vernünftige Kadergröße zu kommen. Die Spieler, die dazu gekommen sind, haben bisher eine gute Saison gespielt. Für den WAC und für das Trainerteam war das wichtig. Trotzdem haben wir bis jetzt noch nichts erreicht.

90minuten: Sie selbst sind ja nicht wirklich neu beim Verein, sondern nach rund 10 Jahren zurückgekommen. Was hat sich über diese Zeit in Wolfsberg verändert?

Kühbauer: Als ich das erste Mal da war, hat es zum Beispiel keinen echten Kraftraum gegeben. Auch die Trainingsplätze sind besser geworden. Das ist sowieso ein Thema, das ganz Österreich betrifft, mit wenigen Ausnahmen. Wahrscheinlich ist das auch dem Wetter geschuldet, ab Oktober ist es wirklich schwierig, gute Platzverhältnisse zu haben. Schon Arsène Wenger hat gesagt, dass Spieler nur besser werden können, wenn der Platz in Ordnung ist. In Österreich schauen wir oft zuerst auf das Stadion, obwohl 90 Prozent der täglichen Arbeit auf den Trainingsplätzen stattfindet. Beim WAC ist das alles weit besser geworden. Auch der Staff und die medizinische Betreuung hat sich verbessert. Bei der Infrastruktur müssen wir vielleicht noch ein bisschen etwas tun, man darf aber nicht vergessen, dass es noch immer ein kleiner Klub ist.

Früher war ich oftmals sehr laut und sehr direkt. Jetzt habe ich einen anderen Weg gefunden.

Kühbauer über Menschenführung

90minuten: Was sich beim WAC auch verbessert hat: Die Spieler bekommen inzwischen viel mehr Aufmerksamkeit, einige haben den Sprung in größere Ligen geschafft. Sie haben einmal über sich gesagt, dass Sie ein ehrlicher Trainer sind, der Spielern direkt sagt, was ihnen noch für den nächsten Schritt fehlt. Haben Sie diese Linie beibehalten?

Kühbauer: Natürlich, ich habe mich aber auch als Trainer verändert. Früher war ich oftmals sehr laut und sehr direkt - wobei ich nicht beleidigen wollte, das ist nicht meine Art. Jetzt habe ich einen anderen Weg gefunden, bin mir aber treu geblieben. Ich glaube schon, dass ich mich für die Spieler einsetze und sie weiterbringen will. Ich sage ihnen ehrlich, warum sie bei mir spielen oder nicht spielen, was sie verbessern müssen. Es geht auch gar nicht anders. Wenn ich einem Spieler meine Meinung nicht sage, haben wir beide keinen Nutzen davon. Es können nur elf auf dem Platz stehen, ich will aber jedem vermitteln, dass er mir im Training das Gefühl geben muss, dass er hinein will. Jeder Spieler, der das nicht macht, wird es bei mir schwer haben. Wir haben es gut hinbekommen, dass die Spieler wirklich mitziehen. Als Trainer muss ich ein gutes Verhältnis zu meiner Mannschaft pflegen, ich brauche jeden Spieler, jeder ist mir wichtig. Das heißt nicht, dass nach einem schlechten Spiel nicht auch einmal harte Worte kommen können, es muss aber immer Respekt gegeben sein. Den hatte ich Spielern gegenüber früher auch, die Tonlage ist bei mir aber mittlerweile eine weit andere.

90minuten: Gibt es aktuell wieder Spieler, wo Sie ehrlich sagen würden, dass sie bereit sind für eine größere Liga, einen größeren Verein? 

Kühbauer: Es gibt mehrere, die das Zeug dazu haben. Ich versuche wirklich, mit allen ehrlich darüber zu reden. Es bringt einen Spieler nicht weiter, wenn er weggeht und bei einem größeren Verein die 'Garbage Time' kriegt. Nicolas Veratschnig hätte ich zum Beispiel gerne noch länger bei uns gesehen. Der Bursche ist talentiert und kommt zu seinen Einsatzzeiten bei Mainz, er ist noch jung. Ich glaube aber, dass ihm ein Jahr beim WAC auch noch gutgetan hätte für seine Entwicklung. Auch bei Erik Kojzek werden wir noch sehen, wohin die Reise geht. Was mir sehr wichtig ist: Die Spieler müssen bei uns kontinuierlich Topleistungen bringen. Wenn sie bereit sind, muss man schon merken, dass sie herausstechen.

Für mich ist es auch nicht immer einfach gewesen, das den Spielern zu sagen.

Kühbauer über Entscheidungen rund um den Österreicher-Topf

90minuten: Demnächst stehen entscheidende Pflichtspiele an, weil das Transferfenster noch offen ist, können euch kurzfristig trotzdem Spieler abhanden kommen. Wie groß ist die Gefahr, dass jetzt noch jemand den Verein verlässt?

Kühbauer: Die Gefahr besteht immer. Der WAC ist noch immer ein kleinerer Klub, das ist einfach so. Wenn wir ein gutes, vielleicht ein unmoralisches Angebot bekommen, müssen wir es in Betracht ziehen. Als Trainer ist das immer schwierig. Einerseits muss man die Vereinsseite verstehen, andererseits verliert man Qualität. 

90minuten: Andererseits wurde medial spekuliert, ob der WAC selbst noch einmal tätig wird. Stürmer Erik Kojzek fällt mit einer Fußverletzung für einige Zeit aus. Gibt es Bedarf für Verstärkung oder geht es darum, aus den Spielern, die da sind, noch mehr herauszuholen?

Kühbauer: Das ist unser Ziel. Jeder Trainer wird versuchen, das Beste aus seinen Spielern herauszuholen. Wir glauben an unsere Mannschaft. Trotzdem halten wir die Augen offen. Ich hoffe, dass wir nicht zu lange auf Erik verzichten müssen. Auch bei seiner letzten Verletzung ist er schnell zurückgekommen.

90minuten: Spielt der Österreicher-Topf bei solchen Entscheidungen eine große Rolle?

Kühbauer: Wenn ein Spieler geholt wird, versuchen wir als Trainerteam ihm zu helfen, damit er sich schnell akklimatisieren kann und uns möglichst bald hilft. Mir ist dabei grundsätzlich egal, woher er kommt. Wir haben uns festgelegt, dass wir den Österreicher-Topf nutzen, hinten raus war es für mich schon schwierig, weil ich den ein oder anderen ausländischen Spieler herausnehmen musste, der es sich verdient gehabt hätte, im Kader zu stehen. Für mich ist es auch nicht immer einfach gewesen, das den Spielern zu sagen, auch wenn sie es verstanden haben.

Sollten wir einen Spieler verkaufen, könnte man ihn in Zukunft umgehen.

Kühbauer über den Österreicher-Topf

Ich glaube, dass wir den Österreicher-Topf irgendwann beenden müssen. Es ist schwierig, österreichische Spieler für einen vernünftigen Preis zu finden. Fabian Wohlmuth ist ein Beispiel aus dem Sommer, die geforderte Summe waren rund 800.000 Euro. Viele Klubs verzichten inzwischen auf den Österreicher-Topf, für kleine Klubs - auch für den WAC - ist das nicht möglich. Nur wenn wir einen Spieler verkaufen, könnte es in eine andere Richtung gehen.

90minuten: Das Problem ist ja, dass Vereine, die auf den Österreicher-Topf verzichten, schnell nur mehr auf Legionäre setzen. Sturm hat in dieser Bundesliga-Saison erst sechs Österreicher eingesetzt, bei Salzburg waren es nur mehr zwei. 

Kühbauer: Ja, weil sie Geld haben - und das meine ich jetzt nicht abwertend. Sturm hätte es früher anders gemacht, in den letzten Jahren haben sie sich aber wirklich gut entwickelt: Sie haben einen guten Support, haben Erfolg. Mit viel Geld ist aber alles ein Stück einfacher. Grundsätzlich will man österreichische Spieler bringen, ich versuche auch, darauf zu schauen. Es gibt auch welche, die haben aber ihren Preis. Ich habe auch Verständnis für die anderen Vereine, die auch nur das Bestmögliche herausholen wollen. Es sollte aber nicht so sein, dass der Spieler am Ende des Tages überbleibt. Bei uns hat sich das leider so eingebürgert. Wenn ein Spieler aufzeigt, kommt er schnell zu einem großen Klub. Erst wenn er dort nicht funktioniert und trotzdem Qualität hat, haben auch wir eine Möglichkeit, ihn zu verpflichten. Da geht es dann aber meistens um ablösefreie Transfers. 

90minuten: Nur um es richtig zu verstehen: Beim WAC wird das Thema von Saison zu Saison neu beurteilt. Sollte ein Transfer gelingen, der viel Geld einbringt, kann es sein, dass in Zukunft auf den Österreicher-Topf verzichtet wird.

Kühbauer: Sollten wir einen Spieler verkaufen, könnte man ihn in Zukunft umgehen. So ist das mit dem Präsidenten besprochen, es ist auch logisch: Wir haben schon jetzt einen kleinen Kader, verlieren einen Spieler und bekommen vielleicht keinen adäquaten Ersatz mehr. Dann können wir nicht auch noch auf den Österreicher-Topf schauen. 

Vielen Dank für das Gespräch!



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