Christoph Wurm: Er soll Sturms Talente heranzüchten
Foto © GEPA

Christoph Wurm: Er soll Sturms Talente heranzüchten

Seit Kurzem ist er für Sturm II und die Youth-League-Truppe der "Blackies" verantwortlich. Im Interview zeichnet er seinen Weg nach und erklärt, inwiefern der Sprung in den Erwachsenenfußball für ihn eine Umstellung bedeutet.

Mit erst 32 Jahren blickt Christoph Wurm auf einen rund 15-jährigen Erfahrungsschatz in der Nachwuchsarbeit zurück. Sein Weg führte ihn von Unterhausklub FC Kapelln, für den er einst auch selbst auf dem Rasen stand, zum SKN St. Pölten sowie in die Akademie in der niederösterreichischen Landeshauptstadt.

Martin Scherb holte ihn zu sich in die Nachwuchs-Nationalteams, später wurde er mit Anfang 30 zum jüngsten Akademieleiter Österreichs. In der Zwischenrunde der Youth League gegen Lok Zagreb wird erstmals die Champions-League-Hymne ertönen, wenn er an der Seitenlinie steht.

Neu ist das internationale Flair für ihn, der mit dem ÖFB-Nachwuchs bereits EM-Teilnehmer war, nicht. Dennoch werden ihn die Klänge der Hymne "mit sehr viel Stolz erfüllen", wie er im 90minuten-Interview erklärt.

Außerdem schildert er, wie er über die Youth League denkt, warum er so lange Jahre trotz Angeboten im Nachwuchsbereich weitergearbeitet hat und erläutert die Nachteile des heimischen Liga-Formates für junge Spieler.

90minuten: Junge Trainer liegen im Trend und Sie sind ein solcher. Schon mit 19 Jahren haben Sie mit der Trainerarbeit im Nachwuchs des FC Kapelln begonnen.

Christoph Wurm: Tatsächlich war es sogar ein wenig früher. Ich habe schon parallel zu meiner Spielerlaufbahn begonnen, die hat mir immer irrsinnig Spaß gemacht. Das ist dann aber mit dem Studium kollidiert und ich musste mich für einen Weg entscheiden. Es war dann recht früh klar, dass sowohl mein Talent als auch mein Interesse am Trainerweg größer ist. Später war ich dann in der Akademie St. Pölten NÖ tätig. Nach einer halben Saison zeigte sich, dass es in Richtung Hauptberuflichkeit im Fußball geht. Durch diese Tätigkeit bin ich dann auch zum Nationalteam gekommen, wo ich Martin Scherb kennengelernt habe. Dort habe ich als Spielanalyst und später als Co-Trainer gearbeitet. Dadurch konnte ich schon viel Erfahrung auf internationalem Niveau sammeln.

90minuten: Sie haben Martin Scherb angesprochen. Das klingt, als hätten Sie ihm viel zu verdanken. War er einer Ihrer wichtigsten Mentoren?

Wurm: Es waren ganz viele Menschen, die mich auf meinem Weg begleitet haben. Allen voran meine Eltern waren immer große Vorbilder für mich. Martin Scherb war im sportlichen Bereich immer mein größter Förderer. Er hat mir sehr früh die Chance gegeben, bei ihm tätig zu sein. Durch das Vertrauen, das ich da gespürt habe, konnte ich auch selbst wachsen. Es hat mich immer mit großer Ehre erfüllt, für das Nationalteam tätig zu sein. Speziell, seit Ralf Rangnick beim ÖFB ist, wurde es dann noch einmal deutlich professioneller. Was Netzwerk und Know-How betrifft, durfte ich da sehr viel mitnehmen.

Martin Scherb war einer der wichtigsten Förderer von Wurm.
Foto © GEPA
Martin Scherb war einer der wichtigsten Förderer von Wurm.

90minuten: Sie haben es schon erwähnt: Sie waren auch als Spielanalyst tätig. Spiegelt das auch Ihre Herangehensweise an den Trainerjob wider? Sind sie ein analytischer Typ oder eher einer, der die Dinge nach Gefühl macht?

Wurm: Ich denke, es braucht sicher einen Mix. Es hat mir auf jeden Fall geholfen, Erfahrungen im Analysebereich zu sammeln. Es ist für uns bei Sturm Graz aber auch sehr wichtig, dass man die Emotionen gut transportieren kann. Es geht viel um Leidenschaft und um das Menschliche, es ist ein sehr familiärer Verein und ich würde sagen, dass das sogar nochmal ein Stück wichtiger ist.

Es gab schon immer wieder Anfragen, auch aus dem Profi-Bereich. Ich habe mich aber immer sehr mit der Aufgabe, die ich hatte, identifiziert.

Wurm darüber, warum er so lange im Nachwuchsbereich blieb.

90minuten: Sie waren in Ihrer Trainerlaufbahn ausschließlich im Nachwuchsbereich tätig, also ungefähr 15 Jahre. Das ist eine recht lange Zeit. Gab es da Angebote aus dem Erwachsenenbereich und wenn ja, warum haben Sie sich dagegen entschieden?

Wurm: Es gab schon immer wieder Anfragen, auch aus dem Profi-Bereich. Ich habe mich aber immer sehr mit der Aufgabe, die ich hatte, identifiziert. Ich bin ja St. Pöltner und dass ich dann der jüngste Akademieleiter in Österreich war, war für mich parallel mit dem Nationalteam ein gutes Paket. Dementsprechend war es nicht leicht, mich da loszueisen. Erst als Sturm Graz gekommen ist, war es für mich das perfekte Paket, was den nächsten Schritt betrifft. Das ist dann ziemlich schnell gegangen. Von der Erstanfrage bis zur Vertragsunterschrift waren es zehn Tage.

90minuten: Wie fühlt es sich an, einer der "Auserwählten" zu sein, die in der U19-Königsklasse coachen dürfen?

Wurm: Es ist für mich eine tolle Gelegenheit, auch hier nochmals Erfahrungen zu sammeln. Durch das Nationalteam durfte ich ja schon internationale Luft schnuppern. Wenn die Champions-League-Hymne ertönt, wird das ein Moment sein, der mich mit sehr viel Stolz erfüllen wird. Unter meinem Vorgänger Jürgen Säumel hat die Mannschaft eine hervorragende Gruppenphase gespielt. Ich freue mich, dass der Verein die Möglichkeit hat und die Spieler die Plattform haben, sich auf internationalem Parkett zu präsentieren.

90minuten: In der Zwischenrunde wartet Lok Zagreb auf euch. Wie schätzen Sie den Gegner ein?

Wurm: Lok Zagreb hat eine sehr gute Mannschaft, die typisch kroatisch spielt. Das heißt, sie spielen extrem körperlich und haben technisch gut ausgebildete Spieler. Sie haben auf ihrem bisherigen Weg alle Spiele sehr deutlich gewonnen. Mein Gegenüber ist Nikica Jelavic, der ja auch eine Österreich-Vergangenheit (als Spieler von 2008 bis 2010 beim SK Rapid, Anm.) hat. Wir freuen uns sehr auf das Spiel.

90minuten: Wie stehen Sie generell zur Youth League? Was ist gut daran, was könnte man vielleicht noch verbessern?

Wurm: Nachdem es mein erstes Spiel in der Youth League ist, habe ich nicht die großen Vergleichswerte. Ich bin auf jeden Fall der Überzeugung, dass es für die Spieler eine tolle Möglichkeit ist, internationale Erfahrung zu sammeln. Wir haben bei Sturm II ja eine super Plattform, wo die Jungs schon in der 2. Liga, sprich im Erwachsenenbereich, spielen können. Gegen Gleichaltrige auf internationalem Niveau zu spielen, ist dann noch einmal etwas anderes.

Bei meinen vorherigen Stationen ist es primär um Spielerentwicklung gegangen. Das ist auch bei Sturm Graz das Hauptziel: die Klasse zu halten, um diese Plattform anbieten zu können und die Spieler schon in jungen Jahren zu fördern, indem sie Profiluft schnuppern dürfen.

Christoph Wurm

90minuten: Sie trainieren ja nicht nur die Youth-League-Mannschaft, sondern auch Sturm II. Das ist die erste Station im Erwachsenenfußball für Sie. Inwiefern bedeutet das für Sie auch eine Umstellung?

Wurm: Ich glaube, es ist gar nicht eine so große Umstellung. Ich habe ja beim Nationalteam und in der Akademie schon U18-Mannschaften mitverantwortet. Der Altersschnitt meiner Mannschaft bei Sturm Graz ist ähnlich. Wir haben drei Spieler im Kader, die älter als 20 sind. Ich halte es für einen sehr angemessenen nächsten Schritt, von einer Akademiemannschaft zu einer zweiten Mannschaft zu gehen. Bei meinen vorherigen Stationen ist es primär um Spielerentwicklung gegangen. Das ist auch bei Sturm Graz das Hauptziel: die Klasse zu halten, um diese Plattform anbieten zu können und die Spieler schon in jungen Jahren zu fördern, indem sie Profiluft schnuppern dürfen.

Ich glaube auch, dass das Ligaformat bei uns in Österreich so ist, dass du durchgehend eine Wettbewerbssituation hast. Du kannst deshalb nie sagen, dass du im gesicherten Mittelfeld bist, es jetzt nicht um so viel geht und du primär junge Spieler einsetzen kannst.

Das Ligasystem in Österreich ist laut Wurm für junge Spieler nicht unbedingt vorteilhaft

90minuten: Sie haben im Nachwuchs- bzw. Akademiebereich jede Menge Erfahrung. Warum fällt es aus Ihrer Sicht vielen Klubs in Österreich immer schwerer, Spieler aus dem eigenen Nachwuchs bei den Profis zu etablieren?

Wurm: Das ist ein sehr spannendes Thema, mit dem ich mich in der Vergangenheit schon mehrmals auseinandergesetzt habe. Ich glaube, dass grundsätzlich der Schritt in den Erwachsenenbereich ein sehr schwieriger ist, weil sich die Jungs in der Akademie in einem Jahrgang matchen. Wenn du dann den Schritt in den Erwachsenenfußball machst, dann konkurrierst du auf einmal mit 15, 16, 17 verschiedenen Jahrgängen und bist aber gleichzeitig der Jüngste, also ganz unten in der Nahrungskette. Um sich da durchzusetzen, braucht es einfach ein sehr hohes Maß an Widerstandsfähigkeit, Resilienz und auch Geduld.

Ich glaube auch, dass das Ligaformat bei uns in Österreich so ist, dass du durchgehend eine Wettbewerbssituation hast. Du kannst deshalb nie sagen, dass du im gesicherten Mittelfeld bist, es jetzt nicht um so viel geht und du primär junge Spieler einsetzen kannst. Du hast ständig einen intensiven Wettbewerb, das spricht aus Trainersicht nicht unbedingt dafür, 17- oder 18-jährigen Spielern zu vertrauen. Das ist schon zu überdenken, wenn man sich vergleichbare Ligen anschaut, wie in Belgien, Portugal oder Dänemark. Dort ist der Altersschnitt der eingesetzten Spieler deutlich jünger.

90minuten: Wie schauen Ihre nächsten Ziele aus? Wo soll der Weg des Christoph Wurm noch hinführen?

Wurm: Ich freue mich, dass ich jetzt die Möglichkeit habe, bei Sturm Graz tätig zu sein. Ich bin voller Zuversicht und Überzeugung, dass das eine sehr gute Zeit werden wird. Ich freue mich auf die nächsten Aufgaben mit der Youth League und dem Ligastart und wir werden schauen, dass wir das bestmöglich hinbekommen.

Kommentare