"Geld reinschmeißen und Ex-Bundesligakicker holen - das machen andere"
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"Geld reinschmeißen und Ex-Bundesligakicker holen - das machen andere"

David Preiß hat den ASK Voitsberg von der Landesliga in die 2. Liga gebracht. Der steirische Verein muss sich unter viel Konkurrenz behaupten. Wie man das macht, erklärt er im 90minuten-Interview.

Ende der Saison 2021/22 hat David Preiß den ASK Voitsberg bereits betreut. In fünf Spielen sollte er das Ruder herumreißen und statt dem DSV Leoben von der steierischen Landesliga in die Regionalliga Mitte aufsteigen. In einem Herzschlagfinale in der letzten Runde setzten sich die Donawitzer am Monte Schlacko dank eines 0:0 durch.

Bereits im Mai hatte Michael Münzer die Obmannschaft übernommen. Münzer ist nicht irgendwer in der Steiermark. Die Münzer Bioindustrie macht unter anderem Abfall-basierten Biodiesel. Münzer ist Sturm-Partner und kann sich Voitsberg wohl leisten. Das Unternehmen landete 2023 auf Rang 277 der TOP500-Unternehmen, schrieb einen Nettoumsatz von 444,6 Mio. Euro. Das Geld kommt aber nicht nur von ihm, auch Gemeinde und Voitsberger Sparkasse sind bedeutende Sponsoren, dazu kommen viele kleine Unterstützer.

Erst vor ein paar Monaten zog sich CEO Michael Münzer als Vizepräsident beim Meister zurück, um sich auf den Neo-Zweitligisten zu konzentrieren.

Die Voitsberger legten sich im Herbst 2022 einen Zweijahresplan zurecht, adaptieren vor ein paar Monaten das Stadion, gönnten sich einen komplett neuen Außenauftritt: neues Logo, neue Website, Streetwear, Jakob Jantscher, Imagevideos. Trainer Preiß verantwortet dies als Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH.

90minuten: Der ASK Voitsberg ist unter deiner Ägide durch die Regionalliga Mitte durchmarschiert. Wie kam es dazu?

David Preiß: Mein Ziel mit meiner damals fertigen UEFA-Pro-Lizenz war eigentlich ein Engagement in der ersten oder zweiten Liga, ich hätte auch ins Ausland gehen können. Aber ich habe mich aktiv dagegen entschieden, weil mir der Verein und die Aufgabe in Voitsberg gefällt, man etwas aufbauen kann. Nach dem verpassten Aufstieg haben wir alles neu aufgestellt, einen Zweijahresplan definiert, der vorgesehen hat, innerhalb von zwei Jahren in die Regionalliga aufzusteigen. Jetzt sind es zwei Aufstiege in zwei Jahren geworden. Das war ein bisschen mein Ziel, das habe ich schon mit dem GAK 2017/18 bzw. 2018/19 geschafft und das war mein Antrieb. Aber einen sportlichen Erfolg kann man schwer planen, es müssen sehr viele Dinge zusammenpassen, angefangen bei der Mannschaft bis hin zur Harmonie im Verein. Gerade da hatte ich von Anfang an ein sehr gutes Gefühl und es macht sehr viel Spaß, hier zu arbeiten.

Wenn man sich ansieht, wie viele Bundesliga- und 2. Liga-Klubs sich in der Steiermark tummeln, sind da extrem viele Spieler unterwegs, die ebendort spielen können.

David Preiß

90minuten: Der Erfolg gibt euch recht. Nach dem Aufstieg in der Saison 2022/23 mit sieben Punkten Vorsprung habt ihr als Aufsteiger mit 19 Zählern Vorsprung auf Gurten den Meistertitel eindrucksvoll geholt. Wie hat das so gut geklappt?

Preiß: Wenn man sich ansieht, wie viele Bundesliga- und 2. Liga-Klubs sich in der Steiermark tummeln, sind da extrem viele Spieler unterwegs, die ebendort spielen können. Unsere Altersgrenze war 25 Jahre. Das Thema Charakter schreiben wir ebenfalls groß. Gescoutet habe ich sie fast alle selber, ich habe zudem mein Netzwerk benutzt, sie nicht nur sportlich, sondern auch menschlich zu durchleuchten. So haben wir das Team zusammengestellt, vornehmlich Spieler, die bei den höherklassigen Vereinen nicht so zum Zug gekommen sind. Unser Glück war auch, dass nach acht Abgängen nach der Landesligasaison alle neun Zugänge Volltreffer waren. Die Mannschaft war schon in der Regionalliga eine unglaubliche Einheit, die auch schwierige Situationen überstehen kann. Das ist eigentlich das Geheimnis des Erfolges.

90minuten: Und es gab nur vier Niederlagen, eine, nachdem man in der Vorwoche den Aufstieg gefeiert hat; wohl mit ein, zwei kalten Getränken.

Preiß: Kalt waren sie (lacht).

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Routinier Jakob Jantscher hat Lust auf den ASK Voitsberg und hilft mit seiner Erfahrung.

90minuten: Ein großes Problem bei einem Aufstieg ist meistens, dass man in der höheren Liga nicht mehr so viel gewinnt, das war jetzt in der Regionalliga nicht so, könnte aber in der 2. Liga so sein.

Preiß: Ein Faktor ist sicher, wie sich die Vereinsführung nach dem Aufstieg von der Landes- in die Regionalliga verhalten hat. Es wurde gesagt: Schauen wir einmal, wie wir uns tun. Der Sieg im letzten Spiel vor der Winterpause gegen Wels - eigentlich der Aufstiegsfavorit - war ein Schlüssel. Selbst vor dieser Partie sagten wir uns: Wir sind die Jäger, nicht die Gejagten. Der Obmann und das gesamte Umfeld stellten noch einmal klar, dass wir nicht aufsteigen müssen. Im Winter wurde ja das Stadion für die 2. Liga adaptiert, da hätte es schon den Druck geben können, dass das jetzt machen müssen. Es ist bei uns aber auch sonst kein Beinbruch, wenn einmal etwas schiefgeht. Mit dieser Lockerheit sind wir dann auch in die Rückrunde der Regionalliga gegangen und haben es durchgezogen.

90minuten: Ich erkläre mir solche Saisonen wie eure letzte gerne schon auch mit einem Flow, der auch in der 2. Liga wichtig sein wird, auch wenn es da dann zu Niederlagen kommen kann.

Preiß: Davon redet man immer und jeder Sportler sucht diesen Flow. Ich habe mich in meinem Sportwissenschaftsstudium damit beschäftigt und da kommt man rein, wenn man eine gewisse Lockerheit hat in dem, was man tut. Wenn man etwas verkrampft will, geht es nicht, im Flow geht vieles einfach, wie von Zauberhand. Heuer wird es schwieriger werden, einfach weil es schneller ist, die Gegenspieler und Trainer besser sind. Ich glaube dennoch, dass wir stabil genug sind, um auch aus Niederlagen zu lernen. Wir freuen uns auf die Challenge.

Bei einem großen Traditionsverein wie dem GAK ist das etwas anders. Es gibt mehrere Positionen, der Druck ist ungleich höher.

David Preiß

90minuten: Wie groß ist der Unterschied zwischen dem ehemaligen Meister und Bundesligisten GAK und Voitsberg?

Preiß: Bei einem großen Traditionsverein wie dem GAK ist das etwas anders. Es gibt mehrere Positionen, der Druck ist ungleich höher. Wie sie es heuer gemacht haben, ist schon überragend, das muss man schon auch sagen. Kontinuität und Trainerwahl sind entscheidend, man darf nicht nach drei verlorenen Spielen den Trainerrauswurf fordern, was ja in Foren vonseiten mancher Fans nach jeder Niederlage gemacht wird. Das ist bei uns und beim GAK mittlerweile anders. Wenn der Trainer die Qualität hat und mit den Spielern gut auskommt, sollte man das gemeinsam durchziehen. Man muss auch die Fans mit ins Boot nehmen, denn so entsteht das Gefühl der Gemeinschaft. Dann geht es auch gut, wenn es schlecht rennt. Mein Vorbild ist Liverpool, sie sind auch durch dick und dünn gegangen.

90minuten: Die Steiermark ist eigentlich ziemlich voll. Mit Sturm, Hartberg und dem GAK gibt es 2024/25 drei Bundesligisten, Kapfenberg, Lafnitz und Sturm II spielen 2. Liga. Wie positioniert man sich da?

Preiß: Der größte Unterschied ist, dass wir keinen einzigen Spieler haben, der eine Vereinswohnung braucht. Wir sind sehr regional. Zwar haben wir Jakob Jantscher und Philipp Seidl geholt, wir wollen aber junge Spieler holen, die uns als Sprungbrett sehen, ein, zwei Jahre bei uns spielen und dann sollen sie den nächsten Schritt machen dürfen. Das ist auch außergewöhnlich: Sie haben eine Transferbeteiligung im Vertrag, das heißt, sie erspielen sich ihre Karriere selber. So soll sich das Rad'l drehen. Damit und unserem guten Umfeld unterscheiden wir uns auch von den anderen Klubs.

Wir werden uns mit unserem Konzept einen Namen machen – und nicht von heute auf morgen Geld reinschmeißen und Ex-Bundesligakicker holen.

David Preiß

90minuten: Und Voitsberg ist, nahe an Graz gelegen, groß genug, um das zu liefern?

Preiß: Ich glaube schon. Der Verein macht alles step by step. Wir hätten auch genug Anfragen von Bundesligaspielern gehabt. Außer bei Jakob haben wir uns bewusst dagegen entschieden, weil er menschlich super in die Mannschaft passt. Von außen mag es so aussehen, dass er seine Karriere ausklingen lassen will, aber er will noch was erreichen und geht in jedem Training voran, gibt alles. Sonst hätte er auch zu Sturm II oder seinem Heimatverein gehen können. Wir werden uns mit unserem Konzept einen Namen machen, wollen uns etablieren und uns über die Jahre nach vorne arbeiten – und nicht von heute auf morgen Geld reinschmeißen und Ex-Bundesligakicker holen. Das machen andere Vereine, wir machen es anders.

90minuten: Wie ist Obmann Münzer so? Er könnte wohl sogar mehr zahlen.

Preiß: Es stimmt, dass er ein sehr gut funktionierendes Unternehmen hat. Wenn man dort in die Firma geht und sieht, wie er mit den Angestellten umgeht, merkt man, dass viele bei ihm in Pension gehen. Seine Firma funktioniert so, dass Herr Münzer seinen Mitarbeitern das Vertrauen entgegenbringt, eigenständig zu arbeiten und Entscheidungen zu treffen. Er versucht dieses Vertrauen auch auf den Fußball umzumünzen – da geht es gar nicht darum, wie viel Geld er zahlt. Er macht auch nur vor dem Trainingsauftakt im Sommer und Winter eine Ansprache, mischt sich nicht in sportliche Belange wie Aufstellungen, Transfers und so weiter ein. Es ist ja auch wichtig zu betonen, dass wir sehr viele kleine Sponsoren haben. Der Obmann sagt auch immer, dass wir den Verein gemeinsam für die nächsten Jahre einfach immer weiterentwickeln wollen. Selbst wenn es einmal eine Niederlagenserie gibt, will er an den handelnden Personen nichts ändern, auch nicht am Trainer. Insgesamt hat so jeder im Verein das Gefühl, wichtig zu sein und das führt zu einem Familiengefühl.

90minuten: Zum Aufstieg gab es eine moderne Bildsprache, ein neues Logo. Du bist als Geschäftsführer Letztverantwortlicher. Wer hat sich den Auftritt einfallen lassen?

Preiß: Die Frage war: Wie kann man einen kleinen Verein in der Öffentlichkeit attraktiv machen. Der große Denker ist im Hintergrund Herr Münzer. Er hat extrem viel Ahnung von PR und uns ging es darum, sich Gedanken zu machen, wie alle auf uns schauen und sich denken: Hopperla, da passiert etwas. Anscheinend hat es funktioniert. Alleine das Logo: Die meisten sind ja rund, keines sticht hervor. Man sieht etwa bei Wolverhampton, dass das gehen kann. Unser Doppel-V sticht ins Auge, die Streetwear kann man auch privat tragen, unsere Präsentationsvideos sind von einer professionellen Filmemacherin gemacht worden. Wir wollten ein Ausrufezeichen setzen und zeigen, dass auch ein kleiner Verein attraktiv sein kann. Es wird hergezeigt, wo wir herkommen: Voitsberg ist eine Bergbauregion.

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