Mit einer kolportierten Ablösesumme von zwölf Millionen Euro ist der erst 19-jährige Bobby Clark der bislang teuerste Bundesliga-Neuzugang der Saison 2024/25. Red Bull Salzburg lässt sich das bisher weitgehend unbeschriebene Blatt also viel kosten, hat gegenüber zahlreichen anderen Interessenten aber auch einen entscheidenden Informationsvorteil: Trainer Pep Lijnders, sein Assistent Vítor Matos und Clark kennen sich aus gemeinsamen Zeiten in Liverpool.
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— FC Red Bull Salzburg EN (@FCRBS_en) August 22, 2024
Die "Reds" haben das Talent vor drei Jahren aus Newcastle in die eigene Akademie gelotst. Unter Jürgen Klopp durfte er seitdem erste Profi-Einsätze absolvieren - die Konkurrenz in der ersten Mannschaft war und ist aber groß.
Wenig Erfahrung als Profi
Als Liverpool-Reporter für 'The Athletic' hat James Pearce dem neuen Salzburger über die letzten Jahre genau auf die Beine geschaut. Gegenüber 90minuten beschreibt er Bobby Clark als "einen der besten englischen Mittelfeldspieler seiner Altersklasse". Warum lässt ihn Liverpool trotzdem ziehen? "Man hatte nicht vor, ihn abzugeben, aber wenn ein junger Spieler sagt, dass er gerne wechseln würde und die finanzielle Seite passt, will man ihm nicht im Weg stehen", meint Pearce.
Das Geld legt Salzburg letztlich nicht für einen gestandenen Profi auf den Tisch, sondern ein großes Talent, das 2023/24 in rund 350 Pflichtspielminuten überzeugen konnte. "Er hat in Liverpool mit seiner Entwicklung über die letzte Saison aufgezeigt. Insgesamt ist er zwölfmal aufgelaufen, neunmal davon kam er von der Bank. Besonders aufgefallen ist er nach seiner Einwechslung im Finale des League Cups gegen Chelsea, trotz des großen Drucks."
"Eine sehr intelligente Verpflichtung"
Clarks Fähigkeiten passen für Pearce perfekt zu der Art Fußball, die Red Bull und Pep Lijnders sehen wollen: "Er bringt gute Technik mit und kann sich im engen Raum gut behaupten. Außerdem hat er eine herausragende Übersicht, er verteilt den Ball sehr gut und ist kreativ. Auch an seiner Mentalität gibt es nichts auszusetzen, nichts bringt ihn aus der Ruhe."
In der Österreichischen Bundesliga - klarerweise ein Rückschritt aus der Premier League - sollte Clark es einfacher haben, sein Talent auszuspielen. "Ich denke, das ist eine sehr intelligente Verpflichtung. Er hat noch viel zu lernen und wird sich weiterentwickeln. Wenn man mit den Trainern spricht, die in der Akademie mit ihm gearbeitet haben, betonen sie, wie hart und konzentriert er arbeitet. Er versteckt sich nicht, auch wenn ihm auf dem Platz ein Fehler passiert", erzählt James Pearce.
"Überrascht, dass Liverpool ihn ziehen lässt"
Auch Ian Doyle - beim 'Liverpool Echo' für Fußball zuständig - hält viel vom 19-Jährigen: "Bobby Clark hat gezeigt, dass er das Geld wert ist. Er war nie überfordert, wenn er in der ersten Mannschaft spielen durfte. Ich bin ehrlich gesagt überrascht, dass Liverpool ihn ziehen lässt."
Wenn Liverpool keine Rückkaufoption vereinbart hätte, wäre das meiner Meinung ein Fehler gewesen.
Unter dem Klopp-Nachfolger Arne Slot wird sich die Aufgabenverteilung im Mittelfeld der Engländer ändern. "Weil sich die Verletzungsprobleme gelöst haben und vielleicht noch ein neuer Mittelfeldspieler geholt wird, sind aktuell nicht viele Minuten frei. Aber es gibt ständig neue Verletzungen und er hat schon bewiesen, dass er seine Chancen nützen kann. Auch die Fans waren beeindruckt. Wenn Liverpool keine Rückkaufoption vereinbart hätte, wäre das meiner Meinung ein Fehler gewesen", so Doyle im Gespräch mit 90minuten.
Nicht der Größte
"Er ist so energisch und aggressiv gegen den Ball - man muss sich eigentlich nur sein Tor und den Assist im 6:1-Sieg gegen Sparta Prag ansehen", erinnert sich Jack Lusby von 'This is Anfield' für 90minuten. Er führt weiter aus: "Mit dem Ball denkt er progressiv, hat den Blick immer nach vorne gerichtet, aber ist smart genug, um zu wissen, wann er sich zurückhalten muss". Gibt es eine mögliche Schwachstelle? "Er ist nicht der größte, das ist aber nicht unbedingt ein Problem. Er ist jung und hat noch viel Zeit, um sich zu verbessern."
Clarks Europa-League-Tor gegen Sparta Prag im Video:
Wie bei seinen Kollegen hat Bobby Clark auch bei Lusby Eindruck hinterlassen: "Anders als mehrere andere Talente, die in Jürgen Klopps letzter Saison spielen durften, hat Clark immer wie ein Profi ausgesehen. Es sollte nicht vergessen werden, dass er in 21 von 30 Spielen über die zweite Saisonhälfte in den Kader nominiert wurde - obwohl er für einige Zeit verletzt war."
Josh Sexton vom Portal 'The Anfield Wrap' wählt ein englisches Sprichwort, um seiner Überzeugung Ausdruck zu verleihen: "Er wird sich so gut zurechtfinden, wie eine Ente im Wasser. Vor allem rund um den Strafraum kann er den Gegnern echte Probleme bereiten." Sexton hat auch einen Vergleich parat: Adam Lallana, ehemaliger englischer Nationalspieler und Meister mit Liverpool.
Ein Lijnders-Projekt
In Salzburg winken deutlich bessere Chancen auf Einsätze: "Dort hat er die Chance regelmäßig zu spielen, vielleicht sogar in der Champions League und auch die Klub-Weltmeisterschaft rückt näher", meint James Pearce. Das Vertrauen zu seinem neuen Cheftrainer dürfte groß sein.
"Clark war für Lijnders ein Art 'Projekt'. Er hat ihn in den Jugendmannschaften beobachtet und schon 2022 öffentlich nach einem Spiel gegen die U18 von Burnley gelobt, sieben Monate später hat er in der ersten Mannschaft debütiert. Auch Matos hatte als 'Development Coach' eine wichtige Rolle. Bevor Lijnders etwas von Clark gesehen hat, wusste Matos wahrscheinlich schon alles über ihn", so Jack Lusby.
Auch Ian Doyle streicht die Rolle von Vítor Matos heraus: "Er war die Verbindung zwischen den Profis und der Akademie und hat entschieden, wer für die erste Mannschaft berücksichtigt werden sollte - die Rolle hat er von Lijnders übernommen. Sie kennen also alle Talente, es sagt einiges aus, dass sie sich ausgerechnet für Clark entschieden haben."
Kluger Schachzug
Dabei ist Clark eben eigentlich kein klassisches Produkt der Liverpool-Akademie. "Man setzt auf einen zweigleisigen Ansatz: Einerseits sollen Spieler aus den jungen Altersgruppen nach oben gezogen werden, andererseits sollen talentierte Kinder von anderen Klubs dazugeholt werden. Liverpool war der Meinung, dass Bobby in die zweite Kategorie passt und hat ihn aus Newcastle geholt. Sie wussten wahrscheinlich schon damals, dass es ein kluger Schachzug war, weil er einen sehr guten Ruf im Nachwuchsbereich hatte", so James Pearce von 'The Athletic'.
Clark ist mit Sicherheit einer der besten Youngster, die Liverpool in den letzten Jahren herausgebracht hat.
Er zählt zu einer Gruppe um mehrere Teenager, die über die letzten Monate erste Profiluft riechen durften: Jayden Danns, Lewis Koumas, Trey Nyoni und James McConnell zum Beispiel - alle machen sich Hoffnungen auf eine Karriere bei ihrem Ausbildungsverein. "Clark ist mit Sicherheit einer der besten Youngster, die Liverpool in den letzten Jahren herausgebracht hat. Es gäbe Argumente dafür zu sagen, dass er der beste ist", meint Ian Doyle vom 'Liverpool Echo'.
Keine klare Zukunft in Liverpool
Wie zuvor erwähnt, dürfte Clark in den Reihen der "Reds" für sich keinen klaren Platz nahe der Startelf gesehen haben - zumindest nicht in näherer Zukunft. Jack Lusby von 'This is Anfield' erklärt: "Er kann auf den Flügeln, als Nummer 10 und als Nummer 8 spielen. Aber würde er wirklich vor - zum Beispiel - Dominik Szoboszlai zum Zug kommen?"
Um sich Clarks Unterschrift sichern zu können, musste Salzburg einige Konkurrenten überbieten. Wie Dave O'Connell von 'daveockop.com' weiß, sollen bis zu zwölf Klubs aus Englands zweiter Liga, der Championship, Interesse gezeigt haben. Er erwähnt gegenüber 90minuten auch eine Weiterverkaufsbeteiligung und Rückkaufoption, die in den Deal hinein verhandelt worden sein soll.
Über genaue Zahlen haben die Vereine wie üblich Verschwiegenheit vereinbart. Für Josh Sexton von 'The Anfield Wrap' ist Clark das Geld aber jedenfalls wert. "Ich denke, dass die Ablösesumme am Ende wie ein Coup für Salzburg aussehen wird. Er hat das Potenzial, um ein vielseitiger Topspieler zu werden, der eine zentrale Rolle in der Offensive eines Spitzenteams einnehmen kann."
Die Bundesliga und ihre Fans dürfen gespannt sein, ob Bobby Clark die hohen Erwartungen erfüllen kann.