Was ist die Ausgangssituation?
Im Jänner 2022 verkaufte der FK Austria Wien Anteile im Wert von 12,5 Millionen Euro seiner nichtbörsennotierten AG an zwei Investoren-Gruppen – die "WTF" rund um Jürgen Werner sowie die "Viola Investment" rund um Raimund Harreither und andere dem Verein nahestehenden Personen. Die Eigentumsverhältnisse haben sich seitdem ein wenig verschoben. Aktuell hält die Austria 50,1 Prozent der Anteile – weniger dürfen es aufgrund der 50+1-Regeln in der Bundesliga nicht sein – und die Investoren 49,9 Prozent. Von diesen 49,9 Prozent hält die "Viola Investment" 60 Prozent, die "WTF" 40 Prozent.
Was besagt dieser Syndikatsvertrag?
Der Verein Austria Wien kann die Anteile der "WTF" jederzeit kaufen – bei einer jährlichen Verzinsung von 20 Prozent. Stand jetzt müsste sie dafür eine Summe von rund 7,5 Millionen Euro aufbringen. Die "WTF" wiederum kann ab 15. Dezember 2024 die Anteile der "Viola Investment" kaufen – bei einer jährlichen Verzinsung von 5 Prozent. Stand jetzt müsste sie dafür eine Summe von rund 8,5 Millionen Euro aufbringen.
Was ist das violette Schreckgespenst?
Sollte die "WTF" in Besitz der 49,9 Prozent kommen und in weiterer Folge die 50+1-Regel fallen, könnte die "WTF" einem geringen Preis weitere 0,2 Prozent erwerben, hat darauf ein Vorkaufsrecht, und wäre somit Mehrheitseigentümer. Was mit der Austria geschieht, läge dann praktisch alleine in ihrer Hand. Das wollen FAK-Präsident Kurt Gollowitzer und Wirtschaftsboss Harald Zagiczek unbedingt verhindern.
Wie war das mit dem Stadion-Deal?
Die Stadt Wien wird die Generali Arena um rund 40 Millionen Euro kaufen, nachdem sie 2007 unter anderem den Ausbau der Osttribüne schon in Millionenhöhe gefördert hatte. Wenngleich so mancher politischer Gegner die Entscheidung in einem natürlichen Beissreflex massiv kritisiert, kann durchaus argumentiert werden, dass ein modernes, funktionierendes Stadion an diesem Standort für die Stadt Wien um diesen Preis sonst unerschwinglich gewesen wäre.
Die Austria hat seit Monaten intensiv am Verkauf des Stadions gearbeitet, nach und nach sind diverse Interessenten aber abgesprungen, zuletzt die Raiffeisenbank. Sportstadtrat Peter Hacker argumentiert den Kauf auch damit, dass das Stadion sonst ausländischen Investoren in die Hände fallen hätte können. Ob sich die Austria ernsthaft mit den Avancen von Lörinc Meszaros, enger Vertrauter von Viktor Orban, beschäftigt hat und ihn deshalb diverse Bücher prüfen ließ, oder das nur ein geschickter Schachzug war, um die Stadt Wien zu locken, weiß wohl nur Wirtschaftsvorstand Harald Zagiczek.
Was bedeutet der Stadiondeal für die Investoren?
Der Stadion-Deal mit der Stadt Wien muss erst im Detail ausverhandelt werden, es bleibt also alles ein Wettlauf gegen die Zeit. Wenn die Austria mit 14. Dezember die "WTF"-Anteile kauft, so muss sie laut "Kurier" erst am 31. Jänner bezahlen. Auch das könnte knapp werden, scheint aber nicht unmöglich.
Warum die Eile?
In den vergangenen Wochen hat sich Jürgen Werner nach außen und nach innen sehr handzahm gegeben, stets beschwichtigt. Tatsache ist aber, dass er seit einiger Zeit intensiv nach neuen Mitstreitern fahndet, um weitere Austria-Anteile zu erwerben. Mit Sebastian Prödl verliert er allerdings einen Mitstreiter, der den Job des Nachwuchskoordinators beim ÖFB antritt. Und ob die Bosse der Spielervermittler-Agentur "ROOF" rund um Andreas Sadlo nicht auch einfach den doch recht ordentlichen Gewinn nehmen, anstatt sich die dauernden Machtkämpfe anzutun, ist fraglich. Nichtsdestoweniger herrscht bei der Austria Nervosität, Werner gilt in wirtschaftlichen Dingen als mit allen Wassern gewaschenes Schlitzohr, dem alles zuzutrauen ist.
Warum will die Austria Werner überhaupt loswerden?
Einerseits weil das mögliche Fallen der 50+1-Regel wie ein Damoklesschwert über der ganzen Causa schwebt. Andererseits weil die Austria massive finanzielle Probleme hat. Der Liquiditätsengpass war zuletzt schon dramatisch. Die Bilanz sieht durch den erfolgreichen Schuldenschnitt mit der Unicredit zwar gut aus, ist es aber nicht. Vor allem der Kader verschlingt Saison für Saison viel Geld, mehr als budgetiert. Das werfen die violetten Gremien freilich Sportvorstand Werner vor. Gleichzeitig kommt durch Spielerverkäufe nicht genug Geld rein.
Bleibt Werner dann Sportvorstand?
Theoretisch wäre das natürlich möglich. Sein Vertrag läuft bis 2026. In der Betrachtung muss man den Investor Werner ein wenig vom Sportvorstand Werner abkoppeln. Ersterer will letztendlich ein gutes Geschäft machen. "No hard feelings", sagte er zuletzt sogar selbst. Doch als Sportvorstand will Werner sein Können unter Beweis stellen, will beim FAK vollenden, was ihm beim LASK verwehrt blieb. Dass die Austria aber an Werner als Sportvorstand festhält, wenn er als Investor ausgezahlt wird, ist ziemlich unwahrscheinlich.