Walter Probst: Ein wildes Leben zwischen Wien und Schweden

Walter Probst: Ein wildes Leben zwischen Wien und Schweden

Er wurde mit Rapid Meister und ließ sich dann absichtlich sein Knie zerstören. Die ungewöhnliche Geschichte eines Wiener Kickers und Trainers:

Wer sich als Fußballer in den 1940er-Jahren mit voller Absicht sein Knie zerstören ließ, musste schon einen sehr triftigen Grund haben.

Walter Probst hatte ihn definitiv. Gerüchte über eine Verlegung seiner Truppe nach Stalingrad machten die Runde.

Probst handelte. "Ich habe einen Freund gehabt, der ist Arzt gewesen, der hat mir eine Narkose gegeben. Dann hat er auf das Knie drauf gehaut, bis der Meniskus und das Kreuzband kaputt waren", erzählte er einst in einem Interview mit den "Ballesterer"-Redakteuren Simon Hirt und Georg Spitaler.

"...dann hab ich mich über die Eisenstiegen oweg’haut"

Er habe dann an seiner Dienststelle, der Kantine im Kriegsministerium, einen Unfall vorgetäuscht: "Ich hab mir einen Zeugen mitgenommen, und dann hab ich mich über die Eisenstiegen oweg’haut."

Für Probst endete die Angelegenheit weitaus glimpflicher als etwa für Teile jener Zelle Widerständler rund um Fußball-Star Ernst Stojaspal, der wegen eines ähnlichen Vergehens selbst nur kurzfristig inhaftiert wurde, in der auch eine Todesstrafe ausgesprochen und exekutiert wurde.

Probst selbst wird der "Wehrmachts-Zersetzung" verdächtigt und verhört, aus Mangel an Beweisen aber nie belangt. Und er wird danach auch wieder fit genug, um noch jahrelang Fußball zu spielen.

Meister mit Rapid

Zum diesem Zeitpunkt ist er in Wien längst ein bekannter Kicker, sogar in Sepp Herbergers Nachlass werden Notizen über den "Obergefreiten Walter Probst" gefunden, er war also Kandidat für das Nationalteam des Deutschen Reichs.

In Wien-Brigittenau als Sohn eines Gastwirtes aufgewachsen, bei wilden Kickerln im Augarten geschult, meldete sich Probst zunächst beim WFC 20 an, ehe er über den WAC den Schritt zum SK Rapid schaffte. Die Hütteldorfer waren eben erst ungeschlagen und mit neuem Torrekord Meister geworden.

Der Linksverbinder debütierte just in einem Freundschaftsspiel gegen das österreichische Nationalteam für Rapids Erste. Obwohl der SCR mit Franz "Bimbo" Binder damals einen Goalgetter par excellence im Team hatte, folgten zwei eher enttäuschende Saisonen mit den Rängen drei und fünf.

1938, in Probsts letztem Rapid-Jahr, wurde der Klub dann aber zum 12. Mal Meister. Finanzielle Streitigkeiten mit Rapid führten zu einem Wechsel zu Wacker München, die Kontakte wurden auf einer Deutschland-Tournee geknüpft.

Im deutschen Moor

Walter Probst im Trikot von Wacker München
Foto ©
Walter Probst im Trikot von Wacker München

Im "Anschluss-Jahr" 1938 war das Leben in München für Probst aber alles andere als einfach, er wurde sechs Monate lang zum Arbeitsdienst eingeteilt. Im "Ballesterer" erinnerte er sich 2006: "Ein Moor trocken zu legen und dabei den ganzen Tag bis zum Oberkörper im Schlamm zu versinken, das hat mir mein Ischias nie verziehen."

Nach einem Jahr kehrte er nach Wien zurück, schloss sich der Austria an – und entzog sich in weiterer Folge dann eben erfolgreich dem Wehrdienst. Bis 1948 blieb der Wiener, der eine Ausbildung zum Elektrotherapeuten und Heilmasseur absolviert hatte, bei den Veilchen, wurde zum Abschluss dieser Zeit Cup-Sieger, ehe er sich der Hakoah und danach dem Wiener Sport-Club anschloss. 1952 endete seine aktive Karriere.

Doch der Fußball ließ Probst nicht los. 1954 übersiedelte er nach Schweden, um dort  - wie auch seine Landsleute Karl Adamek, Pepi Stroh und Adi Vogl – als Trainer zu arbeiten.

Die Wiener Schule genoss einen ausgezeichneten Ruf. Probst wurde ihm gerecht. Von 1954 bis 1959 betreute er IFK Göteborg. 1958 führte er den Klub zu einem ganz besonderen Titelgewinn. Weil der Liga-Rhythmus umgestellt wurde, dauerte die Saison von Sommer 1957 bis Herbst 1958, die zwölf Teams spielten je drei Mal statt zwei Mal gegeneinander.

Die als "Marathon Allsvenskan" in die Geschichte eingegangene Saison endete mit dem sechsten von bisher insgesamt 18 Meistertiteln der "Blåvitt". Und Walter Probst war ihr Meistertrainer.

Violette Entwicklungshilfe

Für die Saison 1959/60 kehrte Probst in seine Heimat zurück, wurde Trainer der Wiener Austria. Er führte die Violetten mit einem 4:2-Sieg gegen Rapid im Wiener Praterstadion zwar zum Cup-Triumph, die Meisterschaft verlief aber gar nicht nach Wunsch, der FAK wurde nur Fünfter, Rapid Meister.

Nichtsdestoweniger legte Probst gewissermaßen den Grundstein für kommende Erfolge (Meistertitel 1961, Double 1962 und 1963), verschaffte er doch den Talenten Dolfi Blutsch (19), Dralle Fiala (20) und Horst Nemec (21) viel Spielzeit, sie wurden später zu tragenden Säulen des Teams.

Erfolge bei Djurgardens IF

Probst indes zog es nach einem Jahr zurück nach Schweden. In Stockholm setzte er sich auf die Trainerbank des Djurgardens IF. Keine einfache Aufgabe, der Klub war eben erst als amtierender Meister in die 2. Division abgestiegen.

Probst erfüllte seine Mission prompt, führte Djurgarden in seiner Premieren-Saison zurück in die höchste Spielklasse, wurde dort auf Anhieb Vizemeister.

Als Djurgarden 1964 Meister wurde, war Probst schon zu Liga-Konkurrent Örgryte IS weitergezogen, nach einem Jahr trat er seine letzte Trainerstation im hohen Norden an, bei IF Saab in Linköping.

Nach Probsts Rückkehr nach Wien wurde es ruhig um ihn. 1975/76 fiel er als Trainer des Stadtliga-Klubs Nußdorfer AC noch einmal auf. 2007 verstarb Walter Probst im Alter von 88 Jahren.

UEFA Conference League: Djurgardens IF - SK Rapid, Donnerstag, ab 21:00 Uhr im LIVE-Ticker >>>

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