Transfer-Analyse: Diese Spieler sucht die Bundesliga
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Transfer-Analyse: Diese Spieler sucht die Bundesliga

Über 250 Mal haben Österreichs Bundesligisten seit Sommer 2023 auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Doch wo und vor allem wen suchen sie dort eigentlich?

Kolportierte 25 Millionen Euro hat Red Bull Salzburg in den letzten zwei Wochen des Transferfensters locker gemacht, um Bobby Clark, Joane Gadou und Edmund Baidoo nach Österreich zu holen. Auch wenn man unbeschriebene Blätter in der Mozartstadt gewohnt ist, hat das für Aufsehen gesorgt: Zusammen haben die drei Teenager gerade einmal 36 Profispiele in den Beinen, gar etwas wenig für dermaßen viel Geld.

Hierzulande hat sich in den letzten Jahren generell viel getan, Vereine haben ihre strategische Ausrichtung geändert. Erst vor kurzem hat Rapid-Sportgeschäftsführer Markus Katzer bei 90minuten erklärt: "Es ist ein Kommen und Gehen. Österreich ist - auch wenn noch alle das so aussprechen wollen - eine Sprungbrettliga für Talente, die in eine Top-5-Liga wollen."

Insgesamt 252 Spieler wurden seit Beginn der Saison 2023/24 von den Bundesligisten verpflichtet, nicht gezählt werden Talente, die aus dem eigenen Nachwuchs befördert oder eindeutig für die zweite Mannschaft geholt wurden. 90minuten analysiert Daten zum Transferverhalten.

Der Prototyp

Alter

22,82

Position

Innenverteidiger

Nationalität

AUT

Ablösesumme

Ablösefrei

Liga

Ö. Bundesliga

Erfahrung

92 Profispiele

Körpergröße

1,83


Der durchschnittliche Neuzugang eines österreichischen Bundesligisten ist in der Innenverteidigung beheimatet, bringt mit seinen fast 23 Lebensjahren Erfahrung aus 92 Spielen auf Profiebene mit und ist in etwa 1,83 Meter groß - soweit die Theorie.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die meisten Vereine trotz insgesamt steigender Umsätze weiterhin mit geringen Mitteln arbeiten müssen. Zwar sind 76 Prozent aller Transfers feste Verpflichtungen und nur 24 Prozent Leihgeschäfte, Ablösen werden aber trotzdem nur selten fällig.

Nur bei 20 Deals - also in etwa 8 Prozent der Gesamtzahl - flossen mehr als zwei Millionen Euro aus österreichischen Kassen.

Fokus auf Stürmer und Innenverteidiger

Eine Einteilung nach Positionsgruppen ist schwierig, viele Spieler sind flexibel einsetzbar und kommen je nach System unterschiedlich zur Geltung. Die folgende Tabelle orientiert sich an den Daten von transfermarkt.at und Presseaussendung der Vereine:

Position

Anzahl

Torhüter

24

Linksverteidiger

17

Rechtsverteidiger

15

Innenverteidiger

47

Def. Mittelfeld

21

Zentr. Mittelfeld

26

Off. Mittelfeld

17

Flügel

39

Mittelstürmer

46


Als einzelne Position haben Innenverteidiger hier die Nase vorne. Von den 47 dazugeholten Spieler ist immerhin die Hälfte für den ÖFB spielberechtigt, der höchste Anteil in einer einzelnen Positionsgruppe.

Besonders unerfahren sind die eingekauften Stürmer: Nimmt man die zwei größten Ausreißer - Lukas Hinterseer und Markus Pink - aus der Rechnung haben sie rund 68 Profispiele in den Beinen. Zum Vergleich: Auf diese Anzahl bringt es beispielsweise Romeo Vucic.


Dass der erste Weg auf der Suche nach neuen Spielern - sofern er überhaupt über Österreich hinausgeht - nach Deutschland führt, ist wenig überraschend. 54 Spieler wurden von dort in die Bundesliga geholt. Hinter Österreich und Deutschland folgt als drittliebster Markt Italien, allerdings schon mit deutlichem Abstand.

Insgesamt werden viele Spieler direkt aus den Nachbarländern geholt: Von jenen, die nicht innerhalb Österreichs wechseln, sind es 46 Prozent.

Eigenes Bild bei den großen Klubs

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Stephan Reiter und Bernhard Seonbuchner

Die fünf größeren Vereine - Sturm Graz, LASK, Red Bull Salzburg, SK Rapid und Austria Wien - haben sich in ihrer strategischen Ausrichtung inzwischen deutlich vom Rest der Liga entfernt. Nur die Austria setzt noch auf den Österreicher-Topf, alle anderen versuchen, mit Transfers von Legionären Millionen zu erwirtschaften.

Alter

Größe

ÖFB-Spieler

Inlandstransfers

Top 5

22,2

1,84

24 %

18 %

Rest der Liga

23,5

1,82

52 %

46 %


Neben Faktoren wie Alter, Größe und Staatsbürgerschaft haben die fünf großen Vereine auch wieder "neue" Märkte für sich entdeckt. Auf Afrika haben inzwischen alle ein Auge, der Konkurrenzkampf um eine Unterschrift der großen Talente wurde dadurch intensiver. Auch die kleineren sieben Klubs haben sieben Spieler direkt aus afrikanischen Staaten verpflichtet.

Besonders beliebt sind aktuell Spieler, die ihren Durchbruch in den Europas besten Ligen noch nicht geschafft haben. 35 Prozent der Neuzugänge von Salzburg, Rapid, Austria, Sturm und LASK seit Sommer 2023 kommen direkt aus dem Profikader oder Nachwuchs eines Vereines, der in der Premier League, Deutschen Bundesliga, Serie A oder La Liga antritt. Rechnet man die innerösterreichischen Transfers heraus, sind es sogar 43 Prozent. Bei den anderen sieben Klubs kommen gerade einmal 14 Prozent der Neuzugänge aus den Topligen.

Die wichtigsten Märkte der "großen 5"

Land

Anzahl Neuzugänge

Deutschland

24

Österreich

19

England

10

Afrika

9

Italien

8

Frankreich

6


Stürmer als heißesten Aktien

Sportdirektoren wollen Spieler mit Wiederverkaufswert, das heißt: Möglichst jung, möglichst unbekannt, aber hoch veranlagt und interessant für größere Vereine. Beispiele wie Rasmus Højlund und Fally Mayulu haben es vorgemacht. Die 23 Stürmer und Flügelspieler, die Sturm, Rapid, Austria, Salzburg und LASK über die letzten drei Transferfenster verpflichtet haben, waren im Schnitt 20 Jahre alt und haben 50 Einsätze auf Profiebene absolviert. Nur zwei von ihnen - Thierry Gale und Maximilian Entrup - haben mindestens ein A-Länderspiel in den Beinen.

Mit im Schnitt 145 Spielen sind die eingekauften Mittelfeldspieler deutlich erfahrener, mit 23,3 Jahren auch ein gutes Stück älter. Ähnlich sieht es bei den Verteidigern aus: Auch sie waren bei ihrem Eintreffen in Österreich durchschnittlich 23,3 Jahre alt und haben in ihrer Karriere bereits rund 125 Partien angesammelt.

Größe hat Priorität

Auffällig ist, dass auch die Physisch zunehmend eine große Rolle spielen dürfte. Feldspieler-Neuzugänge unter Salzburg-Sportchef Bernhard Seonbuchner waren im Schnitt 1,85 Meter groß. Auch Sturm Graz und Andi Schicker bewegen sich in diese Richtung, auch wenn Brighton-Leihgabe Malick Yalcouyé den Schnitt auf 1,83 drückt. Am eindeutigsten ist die Suche nach den optimalen körperlichen Voraussetzungen in der Defensive. Nur drei von 35 Neuverpflichtungen der Großklubs - Hakim Guenouche, George Bello und Matteo Pérez Vinlöf - sind unter 1,80 Meter groß. Im Schnitt bringen es die Verteidiger auf 1,86 Körpergröße.

In einer ganz eigenen Liga bewegen sich die Torhüter, sie sind mit 26,3 deutlich älter und mit 1,91 Metern auch noch einmal ein gutes Stück größer als ihre Kollegen.

Zum aktuellen Zeitpunkt ist davon auszugehen, dass sich derartige Trends weiter verfestigen werden. LASK und Sturm Graz haben den Österreicher-Anteil an ihrer Spielzeit 2023/24 bereits um rund 17 Prozent verringert, bei Rapid ergibt sich aktuell eine ähnliche Entwicklung. Austria Wien und auch der WAC werden wohl mittelfristig nachziehen. Die Bundesliga hat sich als Ausbildungsliga etabliert und wird diesen Weg auch nicht mehr verlassen.


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