Nach 524 Tagen ist die Zeit von Robert Klauß beim SK Rapid zu Ende gegangen.
Dem Großteil dieser Phase haftete Zuversicht in Hütteldorf an: Das persönliche Auftreten des Deutschen und gute Ergebnisse im ersten Jahr nährten die Hoffnung, den Posten perfekt besetzt zu haben.
Der Talfahrt der letzten Monate war aber kein Trainer-Amt gewachsen. Das betraf nicht nur die Ergebnisse, denen gegenüber der Deutsche mehr Geduld als viele Vorgänger bekam. Die Entwicklung der Mannschaft zeigte in die falsche Richtung, wie auch Markus Katzer kurz vor der Entlassung eingestand>>>.
Eine Einordnung der Amtszeit anhand von vier zentralen Punkten:
1. Das Spielsystem: Früh erfolgreich, irgendwann durchschaut
Mit Robert Klauß hielt der Erfolg bei Rapid Einzug – vorerst. Die Ergebnisse, die unter Zoran Barisic noch fehlten, waren mit ihm wieder da.
Das galt auch für den Saisonstart 2024/25. Bis zu einem klar erkennbaren Knackpunkt: Dem Ende der Hinrunde im Bundesliga-Grunddurchgang mit dem 1:1 beim GAK, unmittelbar gefolgt von der ÖFB-Cup-Blamage gegen den SV Stripfing.
Es kamen zusammen: Unübersehbare Müdigkeit durch die Dreifachbelastung. Rotationen, die der Mannschaft nicht halfen. Und national wurde das "Spielsystem Klauß" langsam durchschaut, von den Gegnern besser darauf reagiert – während die internationalen Auftritte zufriedenstellend blieben und die Laune im Umfeld oben hielten.
Die erste Niederlage gegen Blau-Weiß Linz wurde zum Warnschuss, der deutliche Sieg gegen Kopenhagen rettete die Stimmung in die Winterpause. Dort sollte die Frische und der ominöse Plan B gefunden werden.
Das gelang nicht – und mit dem Fehlstart ins Frühjahr ging die Schlittenfahrt los.
Kleine Adaptionen gab es, der große Hebel einer ganz neuen Idee blieb unangetastet. Insbesondere im Hinblick auf Rapids langfristig angeschwollene Achillesferse: Das Spiel gegen reaktive Mannschaften.
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
Spalte 1 | Spalte 2 | Spalte 3 |
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Rapids Bundesliga-Bilanz 2024/25 | Bis inkl. Runde 11 | ab Runde 12 |
Heimspiele | 5/1/0 = 16 von 18 Punkten | 4/0/3 = 12 von 21 Punkten |
Auswärtsspiele | 1/3/1 = 6 von 15 Punkten | 0/3/6 = 3 von 27 Punkten |
Gesamt | 6/4/1 = 22 von 33 Punkten | 4/3/9 = 15 von 48 Punkten |
2. Es bleiben Fragezeichen auf individueller Ebene
Was für die ganze Mannschaft galt, tat dies auch für die Einzelspieler: In zu vielen Fällen schien das Entwicklungsbarometer nach unten zu zeigen.
Hier lässt sich ein klarer Unterschied ausmachen: Mentalitätsmonster wie Nenad Cvetkovic und Lukas Grgic wurden zum Rückgrat der Mannschaft, die nicht abbauten.
Spieler, die einen ganz anderen Umgang benötigen, kamen ins Straucheln: Allen voran Kapitän Matthias Seidl, doch auch Rohdiamanten wie Mamadou Sangaré oder Dion Beljo, die in ihrem Tun noch nicht gefestigt und sehr anfällig für Hochs und Tiefs erscheinen, dementsprechend viel Zuarbeit von außen brauchen.
Ohne direkten Einblick in die persönliche Beziehungsebene zwischen Klauß und diesen Spielern zu haben, lässt sich ein Muster erkennen. Und die These aufstellen: Mit "fertigen" Kickern lassen sich die Vorstellungen des Deutschen besser umsetzen.
Auch schienen manche Spieler keinen idealen Platz im präferierten System gefunden zu haben. Seidl etwa, der seine Stärken in einer flügellastigeren Rolle im 4-2-2-2 nicht mehr komplett ausspielen konnte und so in die persönliche Krise rutschte.
Oder die Außenverteidiger Jonas Auer und Bendegúz Bolla, die sich beide – mit viel Offensivdrang ausgestattet – deutlich wohler fühlen, wenn hinter ihnen mehr Absicherung besteht.
3. Keine Antwort auf fehlende Basics
In den finalen Wochen der Klauß-Zeit bei Rapid schien der 40-Jährige zunehmend ratlos. Nicht nur die beschriebenen Probleme schlichen sich ein, sondern auch der Kampf, der Wille, die Grundtugenden passten nicht mehr.
Ein Motivationsproblem, das sich in den "großen Spielen" wie dem Derby und im Europacup von selbst löste? Jedenfalls ein Problem, auf das Robert Klauß keine Antwort fand, als es auftrat. Weil er als Fußball-Verrückter solche Tugenden voraussetzt.
Das betraf nicht nur die Willens-Ebene, sondern auch unkontrollierbare Umstände. Schwierige Spielverläufe wurden oft zum Genickbruch.
Mal durch kapitale Eigenfehler initiiert – die Stichwörter LASK auswärts, Djurgarden daheim und zuletzt auch Blau-Weiß Linz.
Mal durch fragwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen – wie beim Hedl-Ausschluss in Wolfsberg.
Mal durch glückliche Fügungen für den Gegner – etwa die Tore der Austria beim Auswärtsderby zum richtigen Zeitpunkt.
Oder Verletzungen von wichtigen Spielern, wie der sehr schmerzhafte Ausfall von Guido Burgstaller, der aufgrund seiner tragischen Umstände auch für einen gehörigen Schock innerhalb der Mannschaft sorgte.
Was auch immer zugrunde lag, es gab keine passenden Antworten, die auf einer grundlegenden Ebene abseits von Taktik und Spielanlage zu suchen wären.
Antworten, die ein "Feuerwehrmann" bringt, zu den Grundstärken von Robert Klauß zählt dieser Bereich wohl nicht. Auch beim 1. FC Nürnberg wurde ihm eine Krise nach starkem Einstand zum Verhängnis.
(Text wird unterhalb fortgesetzt)
4. Rapid ist nicht nur, was am Platz geschieht
Robert Klauß war das Brennen für die Aufgabe bei einem großen Verein wie Rapid von der ersten Minute anzumerken. Die Identifikation war sofort gegeben.
Allein: Was ein Klub dieser Größe auch an Nebengeräuschen mit sich bringen kann, konnte er nicht absehen. Schon gar nicht in der Intensität, wie sie in seiner Zeit folgte.
Von der "Säulenhallenparty" nach dem ersten Derbysieg, den Ausschreitungen beim zweiten Erfolg gegen die Austria genau wie jenen in Hartberg, dem Drama um Guido Burgstaller bis zur plötzlichen Entlassung von Marcus Knipping: Immer gab es Nebenschauplätze bei Rapid, die ein ruhiges Arbeiten erschwerten.
Vom Druck der Ansprüche, die nach dem guten Einstand auch zu schnell in die Höhe schossen, gar nicht erst anzufangen.
Fazit: Fachlich und rhetorisch top, einer anhaltenden Rapid-Krise aber nicht gewachsen
Robert Klauß hat den Rapid-Fans viel hinterlassen, woran sie gerne zurückdenken werden: Drei Derbysiege nach einer Durststrecke im Allianz Stadion, einen Run in der UEFA Conference League und einen sympathischen, rhetorisch bestens aufgestellten Fachmann an der Linie, der sich Zeit seiner Tätigkeit in Wien mit dem Verein identifizierte.
Zum Schluss führten gewisse Defizite aber zu einem Stillstand der Entwicklung, einer Ergebniskrise und zur logischen Folge des Fußball-Business: Einer Entlassung anstelle eines Abschieds Richtung höherer Aufgaben.
Klauß wird seinen Weg in der Fußballwelt machen. Womöglich ist er für ein ruhigeres Vereinsumfeld besser geeignet, in dem der Druck auch nicht so schnell ansteigt wie in Hütteldorf.
Mit einem routinierteren Kader voller Spieler, die zu seiner Spielidee passen, kann er einen Klub auf die nächste Ebene heben – wie er es in seiner Anfangszeit bei Rapid tat.
Aktuell steht Grün-Weiß aber wieder vor der Aufgabe, einen Trainer zu finden, der die gewünschte Entwicklungsrichtung wieder aufnehmen kann.