Regionalliga-Reform: Übrig bleiben Landesligen
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Regionalliga-Reform: Übrig bleiben Landesligen

Am 28. März wird darüber abgestimmt, wie die dritthöchste Leistungsstufe 2026/27 organisiert sein wird. Das Modell: Vier Regionalligen, kein Direktaufstieg. Ein Vorhaben mit Zündstoff.

Während die ersten beiden Leistungsstufen in den letzten Jahrzehnten öfters reformiert wurden, blieb die dritte Liga in ihren Grundsätzen seit 1960/61 davon verschont. Die drei Regionen gab es immer, hin und wieder entschieden sich West und Mitte, Playoff-Systeme abzuhalten. Im Regelfall konnten die Regionalmeister dann auch aufsteigen, abhängig von der Größe der zweiten Leistungsstufe.

Nun soll aber auch in der dritten Liga alles anders werden. Angestoßen von Ex-Präsident Klaus Mitterdorfer warb der ÖFB bei den Vereinen um eine Änderung. Am Ende soll es gar vier Regionalligen geben: Im Westen für Vorarlberg und Tirol, eine im Norden für Oberösterreich und Salzburg und eine im Süden, mit Kärnten und Steiermark. In der Region Ost ändert sich wenig.

Mit allerhand Zahlen und Daten klapperte der ÖFB die Vereine ab und warb dafür. Auffällig: Auf den Präsentationsfolien, die 90minuten in Teilen einsehen konnte, fand man vergleichbare Verbände, die aber nur mit ein bis zwei dritten Ligen spielen. Dänemark und die Schweiz haben eine dritte Liga, Belgien und Tschechien zwei.

Teams in den drei höchsten Ligen:

Dänemark

Schweiz

Belgien

Tschechien

Österreich

  1. Ligen

1

1

2

2

3

Drittligisten

12

18

28

34

48

Teams Ligen 1-4

48

88

110

162

215


Skurrilitäten und das liebe Geld

Wie man nach der Analyse darauf kam, noch eine vierte Liga zu machen, das treibt landauf, landab die Augenbrauen in die Höhe. Am 28. März kommt es zur Abstimmung. Wie Salzburg24 berichtet, werden Salzburg und Tirol dagegen stimmen, die Bundesliga mit ihren drei Stimmen werde sich enthalten.

Der Rest ist offenbar für die Reform. Wobei es schon etwas verwunderlich ist, dass die davon so gut wie nicht betroffenen Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland mitstimmen dürfen. Wo betrifft es diese? In Sachen Direktaufstieg. Der entsprechende Vertrag hat eine zweijährige Kündigungsfrist und wird also mit 2026/27 schlagen. In dem Vertrag ist übrigens auch geregelt, dass der ÖFB die Schiedsrichter der 2. Liga zahlt, das sind laut Medienberichten rund 600.000 Euro im Jahr. 

Der Aufstieg soll nun mittels eines noch nicht definierten Playoff-Modells ausgespielt werden. Klar ist aber auch: Es ist in den letzten Jahren die große Ausnahme gewesen, dass überhaupt alle drei Meister auch eine Zulassung bekommen. Viel mehr beschäftigt es, wie die dritte Liga nun organisiert ist. Vorneweg: Es überwiegen Verunsicherung und auch Ärger.

Die heimische Geografie mit den Bergen wird immer wieder als Hemmschuh für eine gute 3. Liga angeführt
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Die heimische Geografie mit den Bergen wird immer wieder als Hemmschuh für eine gute 3. Liga angeführt

Westen: Für Hohenems war das alte System besser...

Ganz im Westen ist man mehr als unzufrieden. Etwa der VfB Hohenems, der seit geraumer Zeit drittklassig spielt, mit wenig Lust, wirklich aufsteigen zu wollen. "Eigentlich müssen wir erst wissen, wie das Format der Liga sein wird", sagt Johannes Klammer, sportlicher Leiter der Hohenemser. Es gebe ohnehin wenige Vereine, die Regionalliga spielen wollen.

Und auch Spieler: "Mittlerweile kommen hauptsächlich die Spieler in die Regionalliga, die Profi werden wollen zu uns." Sonst verbleibt man im Ländle lieber in der vierten Klasse, da gibt es mehr Derbies, nicht so viele Trainings und auch keine Fahrten bis nach Salzburg.

Derzeit spielen neben dem VfB noch die Altach Juniors, Dornbirn sowie die abstiegsbedrohten Klubs Röthis und Lauterach in der Liga. Die Lösung, die es von 2019/20 bis 2022/23 gab, wäre besser: "Uns hat man zuerst gesagt, wir spielen auf Landesebene und dann in einem Playoff, so wie damals." Die Befürchtung ist, dass sich die Spieler in einer gemeinsamen, ganzjährigen Liga eher für die Landesliga entscheiden, am Ende mehr Tiroler Vereine da sein werden.

Mit der ganzen Industrie in Oberösterreich haben die das doppelte bis dreifache Budget und das werden sie ausspielen. Dann gibt’s am Ende eine Regionalliga Oberösterreich.

Bischofshofen-Boss Patrick Reiter

...und für Tirol das jetzige

Rückendeckung gibt es aus dem ebenfalls betroffenen Nachbarland. "Eigentlich wollten nahezu alle betroffenen Vereine die Regionalliga West behalten", berichtet Martin Schneebauer von Aufstiegskandidat SC Imst. Bei ligainternen Abstimmungen hätten sich die meisten Klubs für die Beibehaltung ausgesprochen. 

Er würde lieber die Professionalisierung im jetzigen System vorantreiben, zurück zu Landesliga und Playoffs wie in Vorarlberg gewünscht, wäre für ihn der "Super Gau. Aus der Erfahrung des Pilotprojektes gibt es immense Themen in diesem Format!" Ein Beispiel: "Was soll ein Talent, das über Jahre hochprofessionell in der Akademie ausgebildet wurde, in der er gewohnt ist, sechsmal die Woche zu trainieren, in der vierten Liga machen? Da wird teilweise nur dreimal trainiert."

Zuerst investiere man so viel Zeit und natürlich auch Geld in die Ausbildung und dann das? Das gefällt ihm gar nicht: "Die Regionalliga hat für mich einen klaren Auftrag: Für den Großteil der Talente aus den Akademien den letzten sportlichen Schliff zum möglichen Profi zu geben." Ich weiß aus Erfahrung, dass in der Regionalliga die sportlichen Verantwortlichen alles unternehmen, so professionell wie möglich zu arbeiten."

In Oberösterreich gibt es viele Arbeitsplätze, einige Akademien. Das führt zu mehr Geld und mehr Kickern
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In Oberösterreich gibt es viele Arbeitsplätze, einige Akademien. Das führt zu mehr Geld und mehr Kickern

Bischofshofen gegen die Regionalliga Oberösterreich

Ein Land mit wenigen Klubs und eines mit vielen, das würde es auch in der Regionalliga Nord mit Salzburg und Oberösterreich geben. Die Salzburger wollen ebenfalls das jetzige System beibehalten, bestätigt Ex-Judo-Europameister und SK Bischofshofen-Präsident Patrick Reiter.

Auch er teilt die Vorarlberger Befürchtung, allerdings vor allem aus wirtschaftlicher Sicht: "Salzburg trägt zum Bruttoinlandsprodukt 7,7 Prozent bei, Oberösterreich 17,3 – das ist das 2,3-fache. Mit der ganzen Industrie in Oberösterreich haben die das doppelte bis dreifache Budget und das werden sie ausspielen. Dann gibt’s am Ende eine Regionalliga Oberösterreich."

Er, der mit seiner Firma derzeit ein großer Geldgeber ist und eigentlich will, dass der Verein ohne ihn auf gesunden Beinen steht, stellt klar: "Wir werden diese Regionalliga mit Oberösterreich nicht mitspielen."

Das ist ein Traum. Wir bekommen mehr Derbies, brauchen nicht so weit fahren.

Treibach-Präsident Anton Tremschnig

Weniger Experimente würden Wallern helfen

Ortswechsel ins angesprochene Bundesland, diesmal nach Wallern, wo der früher jahrelang bei Ried tätige Thomas Weissenböck sportlicher Leiter ist. Er teilt die Meinung, dass Oberösterreich sich durchsetzen wird. In Oberösterreich wirf eine sehr gute Nachwuchsarbeit geleistet. Aus den Akademien und den Nachwuchszentren kommen viele Spieler in die dritte und vierte Leistungsstufe, die dadurch ein sehr hohes Niveau haben.

Wenn die 2. Liga weiterhin aus 16 Teams besteht, sei die gegenwärtige Struktur "sicher das Beste und Fairste. Wenn es oben so bleibt, kann man auch drei Fixaufsteiger verkraften".

Es geht ihm letztlich um Planbarkeit: "Man kann vieles überdenken, alles hat Vor- und Nachteile.“ Aber zuerst sollte überlegt werden, was mit der zweiten Liga passiert und dann kann man überlegen wie man die dritte Liga strukturiert: "Ich sehe bei den derzeitigen Überlegungen keine Verbesserung!"

In der Region Ost ändert sich übrigens bis auf den noch nicht geregelten Aufstieg in die 2. Liga nichts
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In der Region Ost ändert sich übrigens bis auf den noch nicht geregelten Aufstieg in die 2. Liga nichts

Kärnten: Treibach ortet Vorteile

Auch in der neuen Region Süd wird es eine klare Tendenz geben und diese geht dann Richtung Steiermark. Das hat mehrere Gründe. Einer der wenigen Kärntner Klubs, die neben den zwei Bundesligisten überregional spielen, ist der SK Treibach. Dort ist Anton Tremschnig seit 30 Jahren Präsident.

Er führt – neben den Spielern, die als Amateure kaum am Freitag stundenlang im Bus sitzen wollen und den Kosten für diesen – vor, was es zuschauerseitig bedeutet, in der Region Mitte zu spielen: "Wir haben im Schnitt 600 bis 700 Zuschauer. Aus der Steiermark kommen teilweise mehrere Busse, wenn sie bei uns spielen, aus Oberösterreich kommt niemand."

Im Ligaschnitt kommen weniger, Tremschnig ist auch der einzige der Befragten, der sich über die Reform freut: "Das ist ein Traum. Wir bekommen mehr Derbies, brauchen nicht so weit fahren." Aber: Man wird auf Sicht "mit den Steirern nicht mithalten, weder von der Menge an Fußballern, noch finanziell."

Wenn man es ordentlich verkauft, soll es dann für längeren Zeitraum so bleiben. Die Veränderungen sind mittlerweile mühsam, alle drei Jahre wird diskutiert

Wallerns Sportboss Thomas Weissenböck

Leoben: An den Auswärtsfahrten darf es nicht scheitern

Die Steiermark hat eine Reihe an Erst- und Zweitligisten, langjährige Regionalligisten. "Die Ligen Mitte und Ost haben schon einen starken Wettbewerb und wenn wir nicht nach Oberösterreich müssen, ist das auf jeden Fall eine Kostenersparnis", sagt Manager Mark Prey, Ex-Spielerberater und aktuell Clubmanager beim strauchelnden DSV Leoben.

Der Verein wird sich über kurz oder lang mit der dritten Leistungsstufe auseinandersetzen. Der DSV sei auch nicht der einzige Verein dritte Liga abwärts, der Probleme hat, das notwendige Geld für den überregionalen Fußball aufzustellen.

Aber selbst er weiß: An den Kosten für Auswärtsfahrten kann es nicht scheitern, man erspare sich ein paar Tausender, wenn man nur in den Süden fährt.

Dass am Ende eine typisch rot-weiß-rote Lösung herauskommt - ein Kompromiss, der niemanden zufriedenstellt - ist nicht aus der Luft gegriffen
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Dass am Ende eine typisch rot-weiß-rote Lösung herauskommt - ein Kompromiss, der niemanden zufriedenstellt - ist nicht aus der Luft gegriffen

Harte Kritik

Probleme gibt es also einige. Folgende Sätze fallen in den diversen Gesprächen. "Eine einzige Themenverfehlung", "Das Produkt 3. Liga ist unattraktiv", "Viele Probleme im Amateurfußball", "Vereine sind unzufrieden", "Muss man das jetzt mit aller Gewalt machen?", "Es will ja niemand in die Regionalliga", "Die Spieler wechseln jedes Jahr, der ÖFB hat das nicht unter Kontrolle".

So richtig gegen eine Reform spricht sich aber auch niemand aus, verwehrt sich eher gegen unprofessionelle Schnellschüsse. Und man hinterfragt auch die Bundesliga bzw. die zweite Leistungsstufe. "Wen interessiert die 2. Liga?", fragt nicht nur einer. Ein anderer meint: "Dort kämpfen viele Vereine ums Überleben, es kommen zu den meisten Spielen nur ein paar hundert Zuschauer."

Die Regionalliga müsse als Produkt attraktiv gemacht werden, in welche Richtung auch immer. "Wenn man es ordentlich verkauft, soll es dann für längeren Zeitraum so bleiben", sagt etwa Wallerns Weissenböck, "Die Veränderungen sind mittlerweile mühsam, alle drei Jahre wird diskutiert."

Ich sage das pragmatisch: Wenn etwas so viele Unsicherheiten auslöst, setze ich es nicht um.

Patrick Reiter vom SK Bischofshofen

Bitte keine österreichische Lösung

Offenbar gibt es die Befürchtung, dass die Reform wieder reformiert wird - was auch zu Österreich passen würde. Reiter ergänzt noch: "Eine Reform mache ich auch nur dann, wenn das Produkt, das ich auf den Markt bringe, besser ist als das bisherige." Was hier geplant ist, ruft eher Assoziationen zur "Österreichischen Lösung" hervor; einem Kompromiss, der niemanden zufrieden stellt.

Es schwirren letztlich viele Idee herum und es hat natürlich etwas für sich, dass Österreichs Geografie so ist, wie sie ist. Dänemark ist nur knapp halb so groß wie Österreich und bei weitem nicht so lang, Belgien und die Schweiz sind noch kleiner.

Alles große Denkaufgaben für den ÖFB. Aber, so Reiter: "Ich sage das pragmatisch: Wenn etwas so viele Unsicherheiten auslöst, setze ich es nicht um."


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