Rangnick: Heavy Metal statt Harlem Globetrotters
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Rangnick: Heavy Metal statt Harlem Globetrotters

Der ÖFB-Teamchef fordert von seinen Spielern eine Rückbesinnung auf bewährte Tugenden. Denn: "Den langsamen Walzer kannst du beim Senioren-Tanzen machen."

Der Auftakt in die UEFA Nations League war so gar nicht nach Ralf Rangnicks Geschmack. Und das liegt nur zum Teil an dem Umstand, dass aus den Duellen mit Slowenien und Norwegen nur ein Punkt geholt wurde.

Vielmehr war es die Art und Weise, die dem ÖFB-Teamchef auf den Magen schlägt.

"Dass in unserem Spiel aber die Energie gefehlt hat, ist schon so. Wenn wir so auftreten wollen, wie es über weite Strecken in der Quali und auch bei der EM war, müssen wir All in gehen. Dann gibt es nicht nur ein Bisschen, dann müssen die Sprints von allen gemacht werden, müssen bis zum Ball hin durchgängig gemacht werden. Das war in den letzten beiden Spielen nur temporär der Fall sein", moniert er.

Keiner wollte gegen uns spielen, alle hatten Bammel davor.

Ralf Rangnick

Es war einmal ein österreichisches Nationalteam, das durch seine Aggressivität und Intensität im Spiel gegen den Ball vor allem das war, was man im neudeutschen Fußballsprech als "eklig" bezeichnet.

Rangnick weiß: "Keiner wollte gegen uns spielen, alle hatten Bammel davor. Die haben teilweise ihre eigene Grundordnung verändert."

Rückbesinnung auf bewährte Tugenden

In den vergangenen 180 Minuten war davon wenig bis gar nichts zu sehen.

Dass in der öffentlichen Diskussion ein Shift hin zu Fragen nach Lösungen im eigenen Ballbesitz stattgefunden hat, irritiert dem Teamchef ein wenig.

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"Wenn jemand glaubt, wir sind viel besser und Favorit gegen diesen oder jenen Gegner, dass wir uns die zurechtlegen und herspielen, hat er nicht verstanden, mit welcher Art und Weise wir geworden sind, was wir sind", sagt er.

Rangnick weiter: "Es ist entscheidend, dass wir das wieder auf den Platz bringen. Wenn wir das tun und dann immer noch mehr Torchancen kreieren könnten, dann können wir uns über den eigenen Ballbesitz unterhalten."

Es sind die unter der Ägide Rangnicks erarbeiteten Tugenden, die wieder auf den Platz gebracht werden sollen.

Kein Zauber gefragt

Der Teamchef erinnert: "Wir haben Italien, Holland und Deutschland nicht geschlagen, weil wir durch Kabinettstückchen und Harlem-Globetrotter-Fußball brilliert haben, sondern indem wir den Gegner immer wieder zu Fehlern gezwungen haben."

Nachsatz: "Wir werden den Teufel tun, uns in erster Linie zu überlegen, wie wir bei eigenem Ballbesitz besser werden. Das hat am Ende immer etwas mit der Einzelspieler-Qualität zu tun." Freilich arbeite man im Training aber auch daran.

Wir müssen die Jungs wieder dorthin bringen, dass sie auf Heavy-Metal-Rock'n'Roll gepolt sind, und nicht auf langsamen Walzer.

Ralf Rangnick

Der Fokus auf Aggressivität und Intensität im Spiel gegen den Ball bedeutet für so manchen Spieler auch eine Neuausrichtung im Vergleich zum Vereins-Alltag. Im Zusammenhang mit Kevin Stöger verdeutlicht Rangnick die darauf resultierende Herausforderung.

Er sagt: "Schauen Sie sich an, wo Borussia Mönchengladbach in der Tabelle mit seinem Ballbesitz-Fußball steht. Mir blutet das Herz, als kleines Kind bin ich zur Zeit der Fohlen-Elf mit dem Gladbach-Fähnchen ins Stadion gegangen. Im Moment nützt ihnen der Ansatz, schön spielen zu wollen, nichts. Sie kassieren regelmäßig mehr Tore als sie schießen. Das hat auch damit zu tun, wie man spielen will."

"Unsere Art von Fußball ist anders. Wir müssen die Jungs innerhalb von zwei Trainingstagen wieder dorthin bringen, dass sie auf Heavy-Metal-Rock'n'Roll gepolt sind, und nicht auf langsamen Walzer. Den langsamen Walzer kannst du beim Senioren-Tanzen machen", so Rangnick.

Für die kommenden Heimspiel gegen Kasachstan und Norwegen fordert er: "Wir müssen energetisch einen ganz anderen Auftritt hinlegen. Das muss jedem Spieler klar sein."

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