Was machen österreichische Journalisten im Parc de Princes bei Usbekistan gegen die Dominikanische Republik?
Mal die etwas andere Olympia-Atmosphäre abseits der absoluten Top-Stars atmen. Wobei das PSG-Stadion auch bei diesem Duell der Außenseiter gar nicht schlecht besucht ist. Und das Spiel unterhaltsam läuft.
Vor allem hoffen sie auf erste Einsatzminuten für Thomas Jungbauer in diesem Turnier. Der Anlass zum 30. Juli würde ja passen: Es ist der 19. Geburtstag des Innenverteidigers von Ceske Budejovice.
Der zwar einst in der Heimat seiner Mutter geboren wurde, aber mit den Eltern und den beiden Geschwistern als kleines Kind nach Österreich kam.
Das Heimatland seines Vaters Thomas Senior, der mit 25 in jenes Land auswanderte, in das auch Falco später vor der Klatschpresse flüchtete und wo er später seinen Unfalltod finden sollte. Die einzige größere Verbindung beider Nationen.
Fast das noch größere Geburtstagsgeschenk
Und er bekommt den Einsatz am Geburtstag. 88. Minute, Jungbauer wird eingewechselt. Zu vier, fünf Ballkontakten kommt er noch - und zur großen Chance auf den Siegtreffer: Ein Freistoß segelt an die zweite Stange, der nun 19-Jährige steigt hoch, etwas zu viel Rückenlage, vorbei.
Die Partie endet 1:1 und damit das olympische Turnier der Dominikanischen Republik. Auch ein Sieg hätte am Ende nicht mehr gereicht.
"Das wäre es gewesen. Der Ball ist durch die Menge geflogen und ich hab mir gedacht: Kommt er jetzt noch?", sagt Jungbauer nach Spielende.
Mit 16 Jahren 31 Stunden lang durch die Welt getingelt
Trotzdem: Es war Jungbauers wohl bisher größter Auftritt. Rund 30.000 Zuschauer im Parc de Princes, mehr als die 21.000 bei der U20-Weltmeisterschaft 2023 in Argentinien. Bei der er Stammspieler der Dominikaner war.
"Wenn du weiterkommen möchtest, musst du nach Italien gehen. Also habe ich die Koffer gepackt."
Bei der U20-Meisterschaft der CONCACAF ein Jahr zuvor war der ehemalige LASK-Akademiespieler gar einer der Helden: Beim über die Olympia-Qualifikation entscheidenden Elfmeterschießen im Halbfinale gegen Guatemala verwertete er seinen Versuch.
Sechs Einsätze für die U20, drei für die U23 sind es bis dato. Eine erste Einberufung ins A-Team wäre schon angestanden, wurde von Jungbauer aber noch abgelehnt - die Letztentscheidung gegen den ÖFB ist noch nicht gefallen.
Das wäre zumindest mit weniger Reisestrapazen verbunden. 31 Stunden flog er einst für sein Debüt über New York nach Honduras, wo das CONCACAF-Turnier stieg. Allein. Mit 16 Jahren. Der erste Ausflug nach Übersee seit der Kindheit, Urlaub im alten Zuhause gab es mit der Familie keinen.
Zum Glück nicht im Spam-Ordner
Ein halbes Jahr zuvor hatte sich die Dominikanische Republik bei ihm gemeldet. Via Instagram. "Da dachte ich zuerst, das ist nur Spam", war Jungbauer von dieser Anfrage überrascht.
War es aber nicht. Schon länger wurde er gescoutet. Immerhin war Jungbauer damals in der Jugend von SPAL Ferrara und gewann mit der U18 den italienischen Meistertitel.
Im achten Jahr beim LASK-Nachwuchs fehlte die Spielzeit. Über einen Mitspieler entstand der Kontakt zu einem gewissen Michael Schimpelsberger, der seither als sein Berater fungiert.
"Wir haben geredet und er meinte: Wenn du weiterkommen möchtest, musst du nach Italien gehen. Also habe ich die Koffer gepackt", erinnert sich Jungbauer.
Das Thema ÖFB ist nicht durch
Letztes Jahr ging es dann von SPAL nach Tschechien. Einen Einsatz bei den Profis gab es im abgelaufenen Jahr. Auch zu wenig für die Ansprüche des Innenverteidigers. Aktuell wird die Zukunft ausgelotet - vorerst war aber alles auf Olympia ausgerichtet.
"Ich würde sagen, erledigt ist gar nichts."
Das Thema ist nun leider vorbei. "Aber in meinen Augen war es eine sehr, sehr große Erfahrung. Hier dabei sein zu dürfen, ist nicht selbstverständlich", waren die Spiele auch mit den zehn Einsatzminuten am Geburtstag ein besonderes Geschenk. Genau wie das Foto mit Simone Biles aus dem olympischen Dorf.
Eins, das die Verbindung zur Dominikanischen Republik sicher gestärkt hat. Aber noch bleibt es bei Gesprächen, ob ein Einsatz für das A-Team erfolgt.
"Ich würde sagen, erledigt ist gar nichts, also die Chance besteht auf jeden Fall", meint Jungbauer auf den ÖFB angesprochen. Kontakt gebe es derzeit aber keinen.
Geht es ganz nach Übersee?
Egal, um welches Nationalteam es geht: Entscheidend ist die Zukunft auf Vereinsebene, um überhaupt in diesen Sphären zu bleiben. "Ich bin auch offen für andere Kontinente, wie etwa Amerika. Wir werden schauen, was kommt", so Jungbauer. Anfragen gebe es.
Auf jeden Fall wären die Wege kürzer. Zum dominikanischen Nationalteam.
Potenzial auf Großes sieht der Youngster auch im dortigen Fußball. Allein in den zwei vergangenen Jahren seien enorme Fortschritte passiert. "Er kommt schon immer näher zum österreichischen, muss ich sagen. Durch unseren Trainer (Ibai Gómez, Anm.) kommt auch der spanische Einfluss zur Geltung."
Verständigt wird sich im Team auch auf Englisch, denn Jungbauer ist nicht der einzige Spieler, der nicht (nur) aus der Dominikanischen Republik stammt. Aber das Spanisch passt auch.
"Das ist meine Muttersprache, aber ich bin ja schon mit drei Jahren nach Österreich gekommen. Daher habe ich schon noch die eine oder andere Schwierigkeit."
Für den Spanisch-Laien allerdings keine bemerkbare.
Die Geburtstagsfeier folgt noch
Eine Geburtstagsfeier mit dem Team gab es vor dem Spiel nicht, vielleicht danach - trotz des Ausscheidens? "Ich glaube, die wissen nicht einmal, dass ich Geburtstag habe", lächelt Jungbauer.
Leider geht sich auch die kleine Feier mit den Liebsten nicht aus. Mama, Papa und Freundin waren beim Olympia-Debüt mit im Stadion, für die Spieler steht aber sofort die Abfahrt ins Dorf an. Und dann die baldige Abreise. Zurück zum Klub. Es gilt, eine Zukunft zu entscheiden.
Und eine andere Aufgabe: "Ich werde auf jeden Fall noch ein bisschen Kopfball üben."
Damit die nächste Top-Chance sitzt. In welchem Klub, für welches Nationalteam auch immer.
"Into the light", das Motto. Mit 19 ist das olympische Rampenlicht ja hoffentlich erst das erste Aufleuchten.