"Jetzt kommt Bewegung rein“. Ein schon etwas älterer Slogan des aktuellen ÖFB-Sponsors ÖBB beschreibt die aktuelle Stimmung innerhalb des Verbands wohl ganz gut, wenn es um die Wahl zum/r zukünftigen Präsident:in des größten Sportverbands Österreichs geht.
Über die Bühne geht diese Wahl am 18. Mai in Bregenz, wo die nächste ordentliche Hauptversammlung stattfinden wird. An diesem Tag wird jedoch nicht "nur" diese Funktion neu gewählt, sondern möglicherweise auch eine Satzung in Bezug auf die Verbandsstruktur beschlossen.
Raiffeisen mischt mit
Bewegung hat ganz aktuell ein Artikel der Kronen Zeitung gebracht, in dem ein Brief von Sponsor Raiffeisen abgedruckt wird. In diesem Brief übt die Raiffeisen Bankengruppe scharfe Kritik an den Vorgängen im größten Sportverband des Landes und fordert mehr Professionalität ein. Sogar ein Ausstieg des Millionensponsors, der seit 2003 als Premium-Partner des Nationalteams an Bord ist, wird angedroht.
Doch dem nicht genug, werden von dem Bankensponsor auch zwei Namen genannt, wer das ÖFB-Präsidium künftig anführen könnte bzw. sollte: Kurt Svoboda, Vorstand der UNIQA Versicherung oder Roland Schmid, Gründer von ImmoUnited. Dass ein Sponsor einem Verband ausrichtet, wer Präsident werden soll, ist dann doch schon wieder eine Besonderheit und weniger professionell. Andererseits ist man mittlerweile einiges gewöhnt, wenn es um den ÖFB geht. Dass der Brief mehr oder weniger zeitgleich an das Präsidium geschickt und geleakt wurde, zeigt, dass die Machtspiele weiterhin Hochsaison haben.
Anforderungsprofil wird erstellt

Ob der Wunsch von Raiffeisen in der Erfüllung geht, wird sich erst zeigen. Davor sind noch einige formale Hürden zu nehmen. Den Wahlausschuss, der Kandidat:innen sichtet und die Wahl vorbereitet, wird Martin Mutz, Präsident des Kärntner Fußballverbandes leiten.
Gegenüber 90minuten meint Mutz: "Wir warten jetzt auf den ersten Entwurf der neuen ÖFB-Satzungen. Diesen erwarten wir in den kommenden Tagen. Darauf aufbauend erstellen wir dann ein Anforderungsprofil für die Position." Mit "wir" meint Mutz dann auch noch Josef Geisler, Präsident des Tiroler Fußballverbandes, der ebenfalls im Wahlausschuss mitarbeiten wird.
Noch nicht klar ist etwa, ob es künftig die Funktion eines Präsidenten oder eines Aufsichtsratsvorsitzenden geben wird. Zuletzt wurde oft darüber gesprochen, dass die Rolle künftig weniger wichtig sein wird als bisher und der neue CEO aufgewertet wird. Ein ähnliches Konzept fährt die Bundesliga seit einigen Jahren.
Name Dropping
Es ist fast schon unvermeidbar, dass in dieser Phase auch erste Namen fallen, wer denn künftig die Spitze des ÖFB bekleiden soll. Raiffeisen (siehe oben) ist jetzt vorgeprescht, andere Kandidaten haben sich selbst angeboten. Besonders sinnvoll ist es in dieser Phase nicht, aber der Vollständigkeit seien folgende Namen im Zuge der Diskussionen erwähnt:
Wolfgang Bartosch

Der Interimspräsident, der sich zunächst sicher war, nur für die Übergangsphase zur Verfügung zu stehen, dürfte gefallen an der Rolle gefunden haben und hat zuletzt nicht mehr ausgeschlossen, auch darüber hinaus das Präsidentenamt bekleiden zu können. Die Chancen stehen jedoch schlecht, weil er sich mit seiner Taktik, Inhalte zuerst den Medien zu präsentieren, bevor man das Präsidium einweiht, wohl selbst ins Abseits geschossen hat.
Brigitte Annerl
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Die Präsidentin des TSV Hartberg, wurde von Bartosch ins Spiel gebracht und hat sich in dem einen oder anderen Interview sehr geschmeichelt gezeigt. Oder anders gesagt: "Ich habe mir seit der damaligen Anfrage keine Gedanken mehr darüber gemacht. Wichtig ist, dass beim ÖFB wieder das Verbindende dominiert. Ob die Zeit reif ist, für eine Frau an der Spitze des Verbandes, weiß ich nicht", so die 55-Jährige. Pure Ablehnung sieht anders aus. Ob Annerl "zu früh" ins Rennen geworfen wurde, wird man noch sehen.
Roland Schmid

Der Geschäftsführer und Gründer von Immo-United und Vizepräsident des First Vienna FC hat es schon einmal probiert, ÖFB-Präsident zu werden, und musste gegen Gerhard Milletich eine Niederlage einstecken. Ob der Rückenwind von Raiffeisen hilfreich oder gar hinderlich ist, wird sich noch zeigen. Im Herbst, als Mitterdorfers Stern zu sinken begann, hat Schmid das Gespräch mit diversen Landespräsidenten gesucht. Aufhorchen lässt er im Kurier-Interview übrigens mit folgender Aussage: "Ich bin dafür, diese Reform sein zu lassen, und die bestehende Struktur zu leben." Ob dies damit zu tun hat, dass die künftige Rolle des Präsidenten nicht mehr so wichtig sein soll? Eine klare Meinung hat er zum Konflikt Hollerer vs Neuhold: "Der Weg, den Klaus Mitterdorfer gewählt hat, ist in der Wirtschaft üblich. Wenn beide per se nicht miteinander können, muss man sich von beiden trennen."
Kurt Svoboda

Der Vorstand der Uniqa und Präsident des First Vienna FC war bereits vor einigen Jahren als ÖFB-Präsident im Gespräch. Uniqa ist seit Jahren ein wichtiger Sponsor des Verbands und in dieser Funktion gibt es naturgemäß eine Achse zu Bernhard Neuhold, der die Sponsoren betreut. Damals, so hieß es, war vor allem Uniqa nicht begeistert, weil beide Funktionen gleichzeitig nur schwer unter einen Hut zu bringen sind. Möglicherweise sieht man das bei der Versicherung mittlerweile nicht mehr so. Ob es reiner Zufall ist, dass der Name Svoboda im Brief der Raiffeisen fällt?
Christian Jauk
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Spricht man über den künftigen ÖFB-Präsidenten, so fällt auch immer wieder der Name Christian Jauk. Im Herbst hat sich der Sturm-Präsident auffallend oft zu ÖFB-Themen zu Wort gemeldet, derzeit ist es rund um dieses Themas eher wieder ruhig um ihn geworden. Gänzlich abgeneigt dürfte wohl auch Jauk nicht sein.
Die große Überraschung
Und dann gibt es sicherlich noch den einen oder die andere Kandidat:in, die wir bis jetzt noch nicht kennen. Man darf gespannt sein, welche Personen in den kommenden Wochen noch ins Rennen geworfen werden. Vielleicht um von anderen Personen abzulenken, oder weil es ein ernsthaftes Interesse gibt. Und eines darf man in der aktuellen Verfassung des ÖFB nie vergessen: Es gibt nichts, was es nicht gibt.
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