ÖFB: (Verpasste) Millionenprämien und neuer Kostenfaktor
Der Streit um die Verteilung der Gelder innerhalb des ÖFB ist ein Faktor im Machtkampf des Verbandes. Doch wie sehen die Finanzen des Verbandes eigentlich aus und welche Rolle spielt der 4-Jahreszyklus? 90minuten mit einem exklusiven Einblick.
Wenn morgen, Freitag, das ÖFB-Präsidium nach der turbulenten Woche mit den Rücktritten von Klaus Mitterdorfer und Georg Pangl zusammenkommt, steht eine umfangreiche Agenda auf der Tagesordnung. Zunächst braucht es einen Interimspräsidenten, und diese Entscheidung könnte schon für weitere Diskussionen sorgen. Zudem muss sich das Gremium darauf verständigen, ob die von Mitterdorfer angestoßene Strukturreform nun auch wirklich kommt oder nicht.
Ein wichtiger Punkt wird auch der Forecast für das Budget 2025 sein, das bisher im Präsidium aufgrund der chaotischen Zustände noch kein Thema war. 90minuten hat daher einen exklusiven Blick auf die Finanzzahlen des größten Sportverbands geworfen. Basis dafür sind die offiziellen Geschäftszahlen des Jahres 2023, die 90minuten von Bernhard Neuhold, Geschäftsführer der ÖFB Wirtschaftsbetriebe, zur Verfügung gestellt wurden.
Kampf um die Budgets
Die Budgets sind innerhalb des ÖFB von besonderer Brisanz, da dies auch ein Zankapfel im aktuellen Machtkampf des Verbandes ist. Wie schon mehrmals medial berichtet, will Teamchef Ralf Rangnick mehr Professionalität, die auch mehr kostet, wie etwa die gewünschte Installierung von Sebastian Prödl.
Auf der anderen Seite kämpfen die jeweiligen Landespräsidenten und die Bundesliga um ihre Budgets. Die Befürchtung, die unter anderem Niederösterreichs Landespräsident Johann Gartner im Profil geäußert hat: "Wir sind ja nicht Red Bull." Oder anders gesagt: Die finanziellen Mittel sind begrenzt, und Geld das Rangnick für sich fordert, fehlt den Landesverbänden.
Generell ist der ÖFB in zwei Wirtschaftseinheiten aufgeteilt: ÖFB als Verein und die ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH. Nach dem Wartungserlass des Finanzministeriums im Jahr 2017 waren alle Sportvereine mit Profistrukturen verpflichtet, diese in eine Kapitalgesellschaft auszugliedern, so auch beim ÖFB. Vereinfacht gesagt heißt dies für den ÖFB: Nationalteam Herren, U21 und Cup mit allen Erlösen und Aufwendungen sind dem Profisport zuzuordnen, Frauen- und Nachwuchs-Nationalteams aktuell dem Verein.
Ein Großevent in vier Jahren ist die Basis dafür, um im 4-Jahreszyklus positiv zu sein.
Umsatzsteigerung
Demnach hat der ÖFB insgesamt im Jahr 2023 über beide Einheiten hinweg einen Bilanzgewinn von 1,12 Millionen Euro verzeichnet. Der Umsatz teilt sich mit 33,7 Millionen Euro (ÖFB) und 26,2 Millionen Euro (GmbH) auf – und liegt damit deutlich höher als im Jahr 2022. Insgesamt kommt der Verband daher auf einen Umsatz von knapp 60 Millionen Euro. Interessant ist auch der Blick auf den Personalaufwand, der sich bei der GmbH von 6,87 auf 7,28 Millionen Euro erhöht hat, was laut Neuhold jedoch an kollektivvertraglichen Lohnerhöhungen liegt und nicht an zusätzlichen personellen Ressourcen. Auch der Verband verzeichnete im selben Vergleichszeitraum eine Steigerung dieser Kosten von 5,26 auf 5,42 Millionen Euro (siehe Bilder unterhalb).
Vierjahreszyklus
Damit der ÖFB als Ganzes positiv bilanzieren kann, gibt es eine interne Marschroute mit einem 4-Jahreszyklus, wie Bernhard Neuhold im Gespräch mit 90minuten bestätigt: "Ein Großevent in vier Jahren ist die Basis dafür, um im 4-Jahreszyklus positiv zu sein. Dies hat aber nicht nur mit den dort lukrierten Einmaleffekten in Form von FIFA-/UEFA-Zahlungen zu tun, sondern strahlt auch im Vorfeld bzw. im Nachklang des Großereignisses auf Ticketing- und Sponsoringerlöse aus."
Die Jahresbetrachtung ist dynamisch, aufgrund diverser Variablen oftmals nicht miteinander vergleichbar. Warum war dann 2023 dennoch positiv, obwohl in diesem Jahr kein Herren-Großevent abgehalten wurde? "2023 war insofern erfolgreich, als dass wir eben sehr gut besuchte Länderspiele zu verzeichnen hatten. Zeitverzögerte Prämien gabs in Bezug auf 2023 keine."
Höhere Sponsoring-Erlöse
Die Sponsoringerlöse haben sich laut Neuhold von 2022 auf 2023 um rund zehn Prozent erhöht.
"Es ist stets unsere Zielsetzung, analog der Vorjahre die Sponsoringerlöse weiter zu entwickeln. Wir sind uns der komplexen gesamtwirtschaftlichen Situation bewusst, sind aber ebenso überzeugt davon, unseren Partnern und allen Interessenten attraktive Vermarktungspotenziale anbieten zu können."
Klar ist für Neuhold jedoch auch: "Eine stabile wirtschaftliche Gebarung ohne die Qualifikation für ein Großevent (des Herren-Nationalteams) in vier Jahren ist aus diesem Blickwinkel wenig wahrscheinlich."
Verpasste Millionenprämie
Unter diesem Blickwinkel ist der verpasste Gruppensieg des A-Teams unter Ralf Rangnick in der Nations League besonders bitter. Hätte Österreich Slowenien besiegt und den 1. Platz der Gruppe somit erreicht, hätte der ÖFB eine Sonderprämie von 1,5 Millionen Euro erhalten (siehe Bild unterhalb). Ein nachträglicher Aufstieg gegen Serbien im Playoff wird leider keine weitere direkte Zahlung zur Folge haben.
Doch dem nicht genug: Sollte der Aufstieg gegen Serbien nicht gelingen, und Österreich erneut in der Liga B antreten müssen, entgeht dem ÖFB eine weitere Solidaritätszahlung, denn das Antrittsgeld in der zweithöchsten Leistungsstufe ist mit 1,5 Millionen Euro um 750.000 Euro geringer als in der Liga A.
Schwächere Gegner, weniger Geld
Klar ist auch, dass dann Länderspiele gegen Gegner wie Norwegen, Slowenien und Kasachstan weit weniger Geld einbringen als Spiele in der Liga A, wo Nationalteams wie England, Deutschland, Frankreich & Co warten. Insgesamt würden dann dem ÖFB zumindest 2,25 Millionen Euro entgehen.
Im aktuellen Budget fehlt das Geld der Gruppensiegsprämie jedoch nicht, da "im Sinne der kaufmännischen Sorgfalt und nicht aus anderen Gründen" damit laut Neuhold nicht kalkuliert wurde.
Millionenregen im Jahr 2024
Aufgrund der Teilnahme an der Euro 2024 ist der Blick auf das aktuelle Geschäftsjahr naturgemäß positiv.
Neuhold: "Wir haben im Zuge der UEFA EURO 2024 einen Einmaleffekt von EUR 12,75 Mio erwirtschaften können, der die Umsatzerlöse 2024 entsprechend erhöht." Der Forecast für das laufende Geschäftsjahr weist laut Neuhold "für beide Unternehmen ein positives Jahresergebnis aus."
"Kostenfaktor" Aspern
Am Freitag soll es dann in der ÖFB-Präsidiumssitzung auch schon vor allem um die 2025er-Zahlen gehen. Mit besonderen Einnahmen ist aufgrund des fehlenden Großevents nicht zu rechnen. Ein anderes Projekt wird jedoch das Budget künftig zunehmend belasten: Das neue ÖFB-Zentrum in Aspern, das im zweiten Halbjahr des kommenden Jahres eröffnet werden soll. "2025 wird es erstmals budgetäre Auswirkungen des Trainingszentrums in der GuV geben, die aber noch überschaubar hoch sein werden", erklärt Neuhold.
Diese neu geschaffene Infrastruktur wird für das Budget des ÖFB zweifellos einen Kostenfaktor darstellen.
Der Großteil der in diesem Zusammenhang bislang angefallenen Kosten sei bilanziell als Investition zu werten und wird als Anlagevermögen aktiviert und dann beginnend mit der Inbetriebnahme über die Jahre abgeschrieben.
Mit 2026 wird der Campus im Rahmen der Budgetierung von Relevanz. "Primär geht es ja um eine Verbesserung sämtlicher Rahmenbedingungen für den ÖFB, u.a. bei den Nationalteams, der Trainerakademie, den Schiedsrichtern oder natürlich auch den Mitarbeitern selbst. Diese neu geschaffene Infrastruktur wird für das Budget des ÖFB zweifellos einen Kostenfaktor darstellen. Durch Nutzung von Vermarktungsmöglichkeiten soll der jährliche Abgang allerdings möglichst eingegrenzt werden."
"Minus so gering wie möglich halten"
Kernaufgabe werde es daher zunächst sein, die sich im Zusammenhang mit dem Campus bietenden neuen Vermarktungspotenziale ("Naming Right", Drittnutzung, etc.) bestmöglich nutzen zu können, "um das erwartbare Minus so gering wie möglich zu halten. Der wirtschaftlich seriöse Betrieb des Campus wird für den ÖFB definitiv eine Priorität sein", so Neuhold abschließend.
Eine Frage ist dann noch offen, die auch von Neuhold nicht beantwortet werden kann: Wer sich künftig um dieses Thema kümmern wird, denn sowohl Thomas Hollerer als auch Bernhard Neuhold wurden mehr oder weniger als letzte offizielle Handlung vom damaligen ÖFB-Präsidenten Klaus Mitterdorfer gekündigt.