Nur 10 Minuten nach seiner Einwechslung durfte Marlon Mustapha am vergangenen Samstag beim Debüt für den SCR Altach ein Tor bejubeln.
Anfang Februar 2024 hätte man sich das wahrscheinlich kaum vorstellen können - damals hat er auch über die österreichischen Grenzen hinaus für Schlagzeilen gesorgt.
"Es bricht mir wirklich das Herz, nie für mein Land spielen zu können, meine Familie und Freunde nicht mehr sehen zu dürfen", erklärte der 23-Jährige gegenüber der 'Krone'. Für ihn sei es die schwerste Entscheidung seines Lebens gewesen - was war passiert?
Am 8. Jänner 2024 hätte Mustapha in der Maria-Theresien-Kaserne zum Grundwehrdienst einrücken müssen. Damals war der Stürmer gerade von seinem italienischen Stammverein Como an den deutschen Zweitligisten Fortuna Düsseldorf verliehen, ein sechsmonatiger Aufenthalt in Österreich wäre bei der Berufsausübung klarerweise zum Problem geworden.
Generell kommt das Bundesheer Profisportlern in solchen Fällen entgegen: Wer im Ausland aktiv ist, kann um Aufschub der Einberufung ansuchen, dabei gibt es in der Regel keine Probleme.
Für Talente, die in Österreich unter Vertrag stehen und schon einmal für eine ÖFB-Auswahl nominiert waren, gibt es zudem die Option Heeressport: Nach wenigen Tagen in Uniform können die Spieler ganz normal trainieren und spielen, ihren Dienst also relativ einfach ableisten.
Die Details
Mustapha stand 2018 zuletzt fix bei einem österreichischen Klub - Red Bull Salzburg - unter Vertrag, danach in Deutschland, dann Italien.
Nur ab Juli 2021 war er für ein Jahr an die Admira verliehen, musste zur Stellung und wurde zweimal einberufen, aus gesundheitlichen Gründen durfte er aber fernbleiben und später seine Karriere im Ausland fortsetzen.

Das Thema Heeressport war damit vom Tisch. Irgendwann muss Mustapha ein Fehler passiert sein: Wer seinen Wohnsitz dauerhaft ins Ausland verlegt und dies korrekt meldet, wird nicht vom Bundesheer einberufen, der Stürmer allerdings schon.
Er entschied sich dazu, Österreich zu verlassen, in den Medien brachte ihm das den Titel "Wehrdienstverweigerer" ein. Das Bundesheer gab zu verstehen: Kehrt er zurück, soll er zum Einrücken gebracht werden. Auch eine Festnahme sei nicht ausgeschlossen.
Die Rückkehr
Dass Mustapha trotz dieser Geschichte vor zwei Tagen auf Leihbasis für eineinhalb Jahre - bis Sommer 2026 - plus Kaufoption in Altach unterschreiben konnte und bald in der Bundesliga zu sehen sein wird, kam überraschend. 90minuten hat beim SCRA nachgefragt, was dahintersteckt.
Fest steht: Entgegen anders lautenden Medienberichten muss Mustapha nicht sofort zum Bundesheer, sondern wird seinen Grundwehrdienst mit Ende des Jahres antreten. Nachdem Sportdirektor Roland Kirchler den Spieler als Transferziel ausgemacht hatte, stand er gemeinsam mit dem Teammanagement in Kontakt mit dem Bundesheer.
"Unabhängig davon stand die Spielerseite bereits seit Längerem mit den Verantwortlichen des Bundesheers in Kontakt, um offene Themen aus der Vergangenheit zu klären. Für Marlon war die Möglichkeit einer Rückkehr nach Österreich immer ein wichtiges Anliegen, weshalb dieser Austausch bereits früh geführt wurde", heißt es aus Altach.
Nachdem alle offenen Punkte ausgeräumt waren, konnte Marlon am vergangenen Montag (3. Februar) nach Vorarlberg reisen, den Medizincheck absolvieren und erste individuelle Trainingseinheiten absolvieren.
ÖFB und Heer
Auch der ÖFB war als Vermittler in die Gespräche eingeschaltet, bestätigt der Verband gegenüber 90minuten.
Das kann in Verbindung mit dem genannten Zeitplan durchaus als Zeichen dafür gedeutet werden, dass Mustapha gute Karten auf einen Platz im Heeressport hat und Altach auch im Frühjahr 2026 kaum eingeschränkt zur Verfügung stehen wird. Formal erfüllt er die Kriterien, über die Vergabe entscheidet der ÖFB aber erst im Herbst.
Für das Heer selbst ist es ein einigermaßen heikles Thema: Rund um den Grundwehrdienst gibt es verschiedene gesetzliche Regelungen. Einerseits sollen Konflikte aufgrund von bereits bestehender Berufstätigkeit vermieden werden.
Eine versöhnliche Lösung scheint sinnvoll, zumal der Spieler seiner Pflicht letztlich nachkommen wird. Es ist davon auszugehen, dass auch ohne Heeressport im Zweifel eine Tätigkeit gefunden werden kann, die mit Profifußball vereinbar ist.
Andererseits sollten eigentlich auch für Profisportler keine allzu großen Ausnahmen gemacht werden. Ähnlicher Aufwand wie für Marlon Mustapha wird wohl nicht für viele potenzielle Rekruten gemacht.