Dass Leon Grgić Talent hat, weiß man schon länger. Am 31. August erzielte der 18-Jährige zwei Tore für seinen Klub SK Sturm gegen die WSG Tirol. Wie mit ihm aber umgegangen wird, ist bemerkenswert.
Am selben Tag gab der Meister die Verpflichtung von Erencan Yardımcı bekannt. Der 22 Jahre alte Angreifer wurde von der TSG Hoffenheim geliehen, hat derzeit 105 Minuten in fünf Einsätzen zu Buche stehen. Getroffen hat er nicht. Kaufoption gibt es auch keine für den SK Sturm. Aber er war in den letzten Partien im Kader bzw. bekommt regelmäßig Spielzeit - im Gegensatz zu Grgić.
Die Statistik der letzten Pflichtspiele von Grgic zeigt eben in dieser Saison zehn Spiele und acht Tore, das ergibt einen Treffer alle 77 Minuten. Mit seinen drei Toren in der Youth League ist er auch Führender der Torschützenliste in der Gruppenphase. Insgesamt eine gute Bilanz für den 18-jährigen Eigenbauspieler der Grazer.
Allerdings könnten sowohl die Blackies als auch Österreich durch die Finger schauen.
Leihen ohne Impact
Neben der ewigen Stadionthematik ist ja genau dieser mangelnde Blick auf den eigenen Nachwuchs ein Kritikpunkt beim in den letzten Jahren auf der Erfolgswelle schwimmenden SK Sturm.
Ich hoffe, er bekommt eine faire Chance in der ersten Mannschaft, die Statistik spricht für ihn.
Tatsächlich kann man sich die Frage stellen, warum die Blackies neben Yardımcı, der noch keinen nennenswerten Impact hatte, Teenager leihen, statt auf Sturm II zu schauen. Lovro Zvonarek (19) ist vom FC Bayern geliehen, hat derzeit die 13-meisten Saisoneinsätze, aber null Tore und nur einen Assist. Wenig für einen offensiven Mittelfeldspieler.
Spätestens seit dem Verzicht auf den Österreicher-Topf nach dem Rekordtransfer von Rasmus Højlund ist es für Eigenbauspieler in Graz schwieriger geworden.
Grgić's Berater Thomas Freismuth sagt gegenüber 90minuten über die Situation bei den Blackies: "Leon hat sich sehr gut entwickelt und will sich bei seinem Jugendverein durchsetzen. Er hat in seinen Einsätzen bei den Profis mehrfach sein Talent bewiesen. Ich hoffe, er bekommt eine faire Chance in der ersten Mannschaft, die Statistik spricht für ihn. Entscheidend dafür ist unter anderem, dass in der Kaderplanung auch ein fixer Platz für einen Eigenbauspieler eingeplant ist."
Mag sein, dass sich in Graz nach dem Abgang von Andreas Schicker nach Hoffenheim für Grgić etwas ändert. Schicker hatte im Sommer für eine Vertragsverlängerung von Grgić gekämpft - die auch gelang. Spielzeit bei den Profis gab es trotzdem wenig, ein Transfer zu Dinamo Zagreb stand im Raum – der Spieler entschied sich aber für seinen Jugendverein.
Auf Wiedersehen – auch aus Österreich?
Das ist aber nicht das einzige Thema, das mit ihm und einem Wechsel zu tun hat. Vor einem Jahr meldete sich der kroatische Verband, ob er nicht wechseln möchte. Es gab damals sogar ein Gespräch.
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Nun hat auch der bosnische Verband sich bei ihm gemeldet. "Wir haben auch schon ein Gespräch gemeinsam mit Ralf Rangnick gehabt", erklärt dazu sein Berater, der sich auch mit Peter Schöttel im Austausch befindet. Derzeit spielt Grgić mit seinen 18 Jahren für das U21-Nationalteam und war beim Perspektivspielerlehrgang mit dabei.
Zur Nationenentscheidung bei Grgić sagt sein Berater: "Hinsichtlich des A-Nationalteams wird sich Leon Zeit lassen und keine überstürzte Entscheidung treffen. Er freut sich, dass er für das österreichische U21-Nationalteam auflaufen kann."
Nichts verpassen
Im Nations League-Aufgebot befanden sich neben Junior Adamu (23) mit Michael Gregoritsch (30), Andreas Weimann (33) und Marko Arnautović (35) doch einige Spieler, deren 18. Geburtstag schon sehr lang her ist. Auf der Abrufliste stehen mit Arnel Jakupovic (26), Maximilian Entrup und Benedikt Pichler (beide 27) auch nicht gerade Jungspunde.
Und während es für den SK Sturm vielleicht um ein Zeichen an den eigenen Nachwuchs geht, geht es für Österreich um mehr. Denn Spieler, die für mehrere Nationen spielen können, zu halten, ist schwierig. Luka Sučić, Amar Dedić, Jusuf Gazibegović oder Mert Müldür haben sich schon früh für Kroatien, Bosnien und die Türkei entschieden.
Adis Jašić vom WAC kickte von der U16 bis zur U21 für rot-weiß-rot. 2023 verkündete er öffentlichkeitswirksam seinen Wechsel zu Bosnien. Das sollte bei Leon Grgić tunlichst vermieden werden.
Das Thema hat man beim ÖFB am Schirm, wie Schöttel neulich erklärte – nun liegt es aber einmal in erster Linie an Grgić, sich durchzusetzen.